PTBS-Assistenzhund

Was ist ein PTBS-Assistenzhund?

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Zuletzt aktualisiert am: 4.9.2023

Ein Mann legt seinen Kopf in seine Hand.jpg
Synonyme
  • Assistenzhund für posttraumatische Belastungsstörung

Ein PTBS-Assistenzhund ist ein besonderer Typ von Assistenzhund, der als dauerhafter Lebensbegleiter und tierischer Assistent an der Seite eines Menschen lebt, der an einer posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS, leidet. Daher auch die Bezeichnung PTBS-Assistenzhund. Der Assistenzhund für Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung, die an einer psychischen Erkrankungen mittelbar oder unmittelbar ausgelöst durch ein schweres Trauma, etwa durch Gewaltbeeinträchtigung, schwere Krankheit oder Unfall, Tod eines nahestehenden Angehörigen, Überlebender und Zeitzeuge einer Naturgewalt oder Naturkatastrophe, Rückkehrer aus Kriegseinsätzen, Vertreibung und Flucht, Opfer von Sexualverbrechen etc. leiden, soll deren Alltag erträglicher machen und bei der Bewältigung von Alltagsaufgaben und -herausforderungen durch ihr aktives Zutun und Mitwirken, unterstützen.

Durch die auslösenden Ereignisse, sehen sich Patienten mit posttraumatischen Belastungsstörungen als Konsequenz häufig mit Panikattacken, Angstzuständen, Depressionen bis hin zu Suizidversuchen konfrontiert. Ihnen soll durch die permanente Anwesenheit eines tierischen Sozialpartners mit besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten physisch und psychisch geholfen werden und begleitend zu notwendigen medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlungen mehr Stabilität, Sicherheit und mit Abstrichen gewisse Unabhängigkeit durch die Stütze und den Halt des PTBS-Assistenzhundes verliehen werden.

Der Ursprung des PTBS-Assistenzhundes liegt in den USA. Dort bildeten in Eigenregie und Selbstausbildung, betroffene Soldaten eigene Hunde zu ihrer persönlichen seelischen und körperlichen Unterstützung aus, nachdem sie aus dem Irak-Krieg nach Hause kamen und durch die Erlebnisse an posttraumatischen Belastungsstörungen erkrankten. Inzwischen werden PTBS-Assistenzhunde von professioneller Seite ausgebildet und betroffenen Patienten zur Seite gestellt. Erst Ende der 2000er Jahre wurden in Deutschland die ersten Assistenzhunde für entsprechende Patienten ausgebildet und gezielt eingesetzt.

Welche Aufgaben soll der PTBS-Assistenzhund z.B. konkret übernehmen?

Hat ein betroffener Patient etwa Albträume, so ist der Assistenzhund so konditioniert und trainiert, dass er seinen Sozialpartner durch entsprechendes Verhalten und Handeln weckt, um den Schlaf gezielt zu beenden und die Folgeerscheinung des traumatischen Erlebnis zu unterbrechen. Es geht also darum, etwaige negative Einflüsse und akute Belastungen wie Panikattacken oder Angstzustände zu unterbinden.

In schlechten Momenten, in denen der Patient durch die Belastungsstörung extrem beeinflusst ist, wird der PTBS-Assistenzhund durch entsprechendes Verhalten inklusive Körperberührungen seinen Sozialpartner versuchen zu trösten, seelischen Halt zu spenden und ihn aufzurichten.

Weiter soll der PTBS-Assistenzhund durch sein aktives Tun den Patienten z.B. zum Spazieren motivieren, für den Fall, dass der Betroffene sich durch einen negativen Verlauf aktuell in seiner Wohnung komplett von der Außenwelt abschirmt. Der Vierbeiner wird dabei gezielt die Wegstrecke so auswählen, dass sein Bezugsmensch nicht mit anderen Menschen in direkten Kontakt kommt und wenig bis gar nicht frequentierte Bereiche zum Aufhalten ansteuert. Damit schafft der Hund eine virtuelle Barriere zu anderen Menschen, die seinen Partner beruhigt und ein wenig Luft und Entspannung liefert. Durch entsprechendes ruhiges und stressfreies Verhalten des PTBS-Hundes im öffentlichen Raum, vermittelt er zudem seinem Partner, dass alles in Ordnung ist, kein Grund zur Sorge und Beunruhigung besteht, er sicher und geschützt ist, er stets wachsam die Situation in Auge hält und für ihn da ist.

Ferner ist der Hund darauf konditioniert, seinen kranken Sozialpartner anhand dessen Stimmung und Verhalten genau einzuschätzen, um ihn mit anderen Aktivitäten in Momenten, in denen es dem Betroffenen schlecht geht und die Atmosphäre äußerst negativ ist, abzulenken.

Da Menschen mit PTBS nicht davor gefeit sind, an jedem Ort und zu jeder Zeit einen Flashback zu erleiden, der zu Panikattacken führen kann, muss der PTBS-Assistenzhund in der Lage sein, seinen akut extrem belasteten Partner im Falle eines "Anfalls" in der Öffentlichkeit z.B. in einer Fußgängerzone oder gar in einem Einkaufzentrum, aus dem Bereich mit erhöhter Menschenfrequenz zielsicher heraus zu manövrieren, um ihn an einen stressfreien und ruhigen Ort zu verbringen, damit er sich erholen und herunterfahren kann. Sollten andere Menschen die Situation mitbekommen und sich zur Hilfe nähern, wird der Vierbeiner zudem durch Lautäußerungsverhalten und sonstige Handlungen diesen Menschen versuchen klarzumachen, sich fern zu halten. Natürlich wird der PTBS-Assistenzhund dies auf eine Art und Weise tun, dass sich das Gegenüber nicht bedroht oder gefährdet fühlt.

Sollte sein Bezugsmensch auf Grund akuter Schübe so stark beeinflusst sein, dass er unterwegs völlig die Orientierung verliert und ziellos umherläuft, so wird der Hund auch diesen Zustand bemerken und seinen Partner aktiv unterstützen. Der Vierbeiner ist durch seine eigenen Fähigkeiten problemlos in der Lage die Führung an sich zu ziehen, seinen Partner fußläufig bei entsprechender Nähe nach Hause zu leiten, das abgestellte Fahrzeug auf dem Parkplatz anzusteuern oder die gewohnte Haltestelle aufzusuchen, um mit Bahn oder Bus heimwärts zu fahren.

Schon ganz banale Tätigkeiten wie das Einkaufen im naheliegenden Discounter oder Supermarkt, kann einen PTBS-Patienten vor eine fast unüberwindbare Herausforderung stellen, da er sich nicht unter Menschen traut und ihn quälende Ängste schon nur beim Gedanken an die notwendigen Besorgungen umtreiben. An dieser Stelle soll der PTBS-Assistenzhund sein stabilisierender Anker sein, der ihm Mut, Halt und Kraft gibt, über seinen eigenen Schatten zu springen und sich traut die Einkäufe zu erledigen.

Gleiches gilt nicht minder für alltägliche Tätigkeiten, die für gesunde Menschen belanglos sind, wie beispielsweise der regelmäßige Zahnarzttermin, Frauenarzttermin, Behördengang oder Friseurbesuch, aber auch private Kontakte und Besuche bei Freunden. Müssen für die Wegstrecken sogar öffentliche Verkehrsmittel wie Bus oder Bahn benutzt werden, wo sich zwangsläufig viele fremde Menschen aufhalten, ist dies ohne die tatkräftige Unterstützung des PTBS-Assistenzhundes als Rückhalt und Begleiter in aller Regel nicht möglich, denn er kann durch seine gezielte Positionierung immer genug Abstand und Distanz zu anderen Personen schaffen, was dann die Gesamtsituation erst erträglich macht.

Häufig fürchten sich PTBS-Patienten auch in den eigenen vier Wänden vor der Anwesenheit von anderen Menschen. Auch in dieser Sache kann der PTBS-Hund entsprechend ausgebildet werden. Durch seine ausgeprägte Sensibilität wird er die Ängste wahrnehmen und von sich aus Verhalten zeigen, dass seinen Bezugsmenschen in dem Moment psychisch stabilisieren soll, in dem er von sich aus in bewusst ruhiger und entspannter Art das Zimmer und die Wohnung absucht und damit dem Partner vermittelt, dass niemand anwesend ist und er sich nicht sorgen muss. Diese Vorgehensweise kann bei der Heimkehr und Öffnen der Haustür gezeigt werden, in dem der Vierbeiner als erstes die Wohnung betritt und sich umsieht, um jegliches mulmiges Gefühl beim PTBS-Patienten bereits im Keim zu ersticken oder zu reduzieren, aber auch während des Aufenthalts im Wohnraum bei akuten Angstschüben von statten gehen.

Da im Zusammenhang mit Angst auch Dunkelheit immer wieder ein großes bedrückendes Thema ist, wird dem Assistenzhund auch das Anschalten von Lichtschaltern antrainiert. Auch dies ist eine weitere Deeskalationsmaßnahme, um durch Helligkeit die Furcht bei seinem hilfsbedürftigen Menschen zu reduzieren.

Neben den bisherigen Tätigkeiten kann der PTBS-Assistenzhund durch Trainingsmaßnahmen während seiner Ausbildungszeit angelernt werden, verschiedene Dinge seinem Partner zu holen, seien es die notwendigen Medikamente, eine Flasche Wasser oder das Telefon. Genauso sind sie in der Lage durch Vermittlung entsprechender Lerninhalte, Türen, Schubladen, Schränke etc. selbständig zu öffnen und zu schließen oder in Notfallsituationen einen Notruf durch das Betätigen eines Notrufschalters abzusetzen.

Da die Begleiterscheinungen eines an posttraumatischer Belastungsstörung leidender Mensch sehr vielfältig sein können, wird bei der Ausbildung des PTBS-Assistenzhunds sich sehr an den Bedürfnissen des jeweiligen Patienten orientiert und das Ausbildungsprogramm folglich an der jeweils vorliegenden Symptomatik und den daraus hergeleiteten potentiellen Hilfsaufgaben und Unterstützungsmaßnahmen durch den Hund, ausgerichtet.

Auf Grund der hohen Belastung und verantwortungsvollen Aufgaben kommt nicht jeder Rassehund, Hybridhund oder Mischlingshund für die Ausbildung als PTBS-Assistenzhund in Frage. Der entsprechende Kandidat benötigt wichtige Eigenschaften, um für die Herausforderungen an der Seite eines PTBS-Patienten als Dauerbegleiter und Sozialpartner zu funktionieren.

Zunächst einmal muss der entsprechende Hund topfit sein, eine stabile und robuste Gesundheit haben, sowie körperlich und geistig über eine bestens ausgestattete Konstitution verfügen. Um auf der an posttraumatischen Belastungsstörungen erkrankten Person das Gefühl von Sicherheit und Schutz durch die Anwesenheit des Hundes zu vermitteln, wird in aller Regel eher auf größere Hunde zurückgegriffen, die in der Lage sind ihren Patienten sicher durch Menschenmassen in Akutfällen herauszuführen oder durch ihre Positionseinnahme zwischen ihren Bezugsmenschen und anderen Personen durch ihre Körperlichkeit eine Art Schutzwall ausstrahlen.

Daneben muss der PTBS-Assistenzhund nervenstark, belastbar, ausgeglichen und wesensfest sein. Zudem werden Hunde benötigt, die äußerst sensibel sind und über einen 7. Sinn verfügen. Es dürfen weder aggressive Hunde sein, ferner wird von ihnen erwartet, dass sie nicht unsicher oder ängstlich veranlagt sind. Anderen Menschen und Tieren gegenüber sind die eingesetzten Hunde neutral eingestellt und haben ein von Haus aus freundliches und kommunikatives Wesen. Ihre Auffassungsgabe muss ausgeprägt sein, damit sie schnell Stimmungen und besondere Situationen bemerken und zügig angemessen reagieren. Will-to-please ist generell stark vorhanden, sie bringen eine hohe Bindungsfähigkeit und Loyalität ihrem Bezugsmenschen gegenüber mit. Alle weiteren Charakter- und Wesensmerkmale findet ihr in unseren Ausführungen zum Assistenzhund.

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