Verhaltensdeprivation beim Hund

Was ist Verhaltensdeprivation und wie wirkt sie in der Hundeerziehung?

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Zuletzt aktualisiert am: 5.11.2024

Ein Yorkshire Terrier schaut gebannt auf die Hand seiner Halterin die auf der Wiese sitzt.jpg
Synonyme
  • Verhaltenseinschränkung

Verhaltensdeprivation kann mit Verhaltenseinschränkung übersetzt werden. Sie kann verwendet werden, um in der positiven Verstärkung der operanten Konditionierung Verhalten mit Verhalten zu belohnen. Hierzu sind Verstärkerpläne notwendig, die ein Verhalten im Vergleich zu einem anderen einschränken. Auch die verbotsmäßige, strafbewährte Unterdrückung eines Verhaltens stellt eine Verhaltensdeprivation dar.

Moderne Hundeerziehung baut auf positiver Verstärkung, also auf der Belohnung eines zu fördernden Verhaltens, auf. In der Wissenschaft wurde seit der Entwicklung der operanten Konditionierung durch Skinner daran geforscht, wodurch eine belohnende Wirkung erzielt werden kann. Skinner betrachtete hier ausschließlich Reize und beobachtete deren Wirkung auf das künftige Verhalten. Um in etwa vorhersagen zu können, dass die Gabe von Futter als angenehmer Reiz empfunden wird, setzte er seine Versuchstiere auf eine Diät, bis diese 80 % ihres Normalgewichts wogen. Wissenschaftlich kann hier von Nahrungsdeprivation, also der Einschränkung der Nahrung, gesprochen werden. 

Leonard Clark Hull stellte fest, dass der nicht der Reiz, der von der Verfügbarkeit des Futters ausging, belohnend wirkte. Seiner Ansicht nach wirkte das Verhalten des Fressens belohnend, denn dieses verringerte eines von vielen biologisch-physiologischen Bedürfnissen, die gemeinsam das innere Milieu bestimmen. 

So kann die von Skinner verordnete Diät als auch als Verhaltensdeprivation betrachtet werden: Das Verhalten „Fressen“ wird hierbei eingeschränkt, was folgende Auswirkungen hat: 

  1. das überlebenswichtige Bedürfnis nach Futter nimmt zu 
  2. das ist am um 20 % niedrigeren Gewicht Tiere messbar 
  3. der Trieb, das bedürfnismindernde Verhalten „Fressen“ zu zeigen, nimmt zu
  4. wodurch es verhaltensverstärkend für andere Verhalten verwendet werden kann

Das Verhalten „Fressen“ dient der Deckung eines von vielen biologisch-physiologischen Bedürfnisses, die gemeinsam das innere Milieu bestimmenden. Hull schloss daraus, dass ein solches Verhalten, das eingeschränkt wird ein biologischen Bedürfnis erhöht. Wird ein solches Bedürfnis hingegen durch ein Verhalten verringert, wirkt dieses Verhalten als Belohnung für ein Verhalten, das zur Voraussetzung für das bedürfnisminimierende Verhalten gemacht wird.

Praktische Anwendung in der Hundeerziehung findet dieser Ansatz. Häufig raten Hundetrainer dazu, die Tagesration an Futter aufzuteilen: 1/3 der Ration soll als Frühstück gereicht werden. Der Rest der Tagesration soll über den Tag verteilt als Belohnung oder Verstärkung für diejenigen Verhaltensweisen gegeben werden, die wir fördern wollen. So wird also das Verhalten „Fressen“ über den Tag eingeschränkt und nur als verstärkende Belohnung gewährt und aus der Hand verfüttert.

David Premack griff den Ansatz, Verhalten mit Verhalten zu verstärken auf und entwickelte ihn zum Premack-Prinzip weiter.  Im Kern erkannte Premack, dass nicht jedem Verhalten ein biologisch-physiologisches Bedürfnis zu Grunde liegt. Beispielsweise liegt dem von vielen Hunden geliebten Ball-Apport kein solches Bedürfnis zu Grunde, da sie den Ball selten fressen und es sich bei diesem Verhalten eher um ein Spiel handelt. Nun ging er hin und ließ seine Versuchstiere sich frei verhalten. Dabei maß er die Häufigkeiten der einzelnen Verhaltensweisen: Häufiger gezeigte Verhaltensweisen können als beliebter bezeichnet werden, als diejenigen, die seltener gezeigt werden. Premacks Prinzip besagt nun, dass man mit einem beliebteren Verhalten ein weniger beliebtes Verhalten belohnen oder verstärken kann: Es wird dann häufiger gezeigt, wenn das beliebtere Verhalten in einem Verstärkerplan so eingeschränkt oder depriviert wird, dass es nur gezeigt werden kann, wenn vorher das unbeliebtere gezeigt wurde. 

Dieser Ansatz kann aber noch weitergetrieben werden, denn die Theorie vom Behavioral Bliss Point besagt, dass auch das beliebtere Verhalten mit einem weniger beliebten Verhalten belohnt werden kann. Das kann durch einen Verstärkerplan erreicht werden, der das unbeliebtere Verhalten im Verhältnis zum beliebteren in der Art depriviert, dass die unter freier Wahlmöglichkeit gezeigte Menge des unbeliebteren Verhaltens nur erreicht werden kann, wenn das beliebtere Verhalten öfter als normal gezeigt wird. Das Prinzip wird in diesem Abschnitt des ersten Teils unserer dreiteiligen Reihe über die wissenschaftliche Entwicklung der Lerntheorien und ihre praktische Anwendung im Hundetraining beschrieben.

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