Lerntheorie III: Der Kurzüberblick über die Trainingsmethoden der modernen Hundeerziehung
Eine kleine Einführung in das Clicker- & Target-Training, in Shaping, Chaining & Capturing
Von:
Ulf Weber
Zuletzt aktualisiert am: 29.8.2022
Nachdem der erste und zweite Teil der Reihe starke Bezüge zur Wissenschaft haben, zeigt dieser Teil auf, dass mit moderner Hundeerziehung nicht nur ein toller Grundgehorsam des Hundes erreicht werden kann. Ist ein Trainingsprogramm entsprechend aufgebaut, erhöht das Hundetraining seine Bindung an Dich. Wie Du moderne Trainingsmethoden wie das Clicker-, das Target-Training, Shaping, Chaining und Capturing dabei nutzen kannst zeigen wir ebenso, wie möglichen Wege, mit unkontrollierbaren Unarten des Hundes umzugehen.
Warum sollten wir unsere Hunde mit modernen Methoden trainieren?
Warum sollten wir einen Hund, und sei er noch so klein, erziehen? Wenn wir ihn erziehen und trainieren, warum sollten das dann mit einem modernen Trainingsansatz erfolgen? Hier geben wir entsprechende Denkanstöße.
Steigerung der Hund-Mensch-Bindung durch Training
Gründe, den Hund zu trainieren oder zu erziehen gibt es viele. Der wichtigste ist sicherlich, dass die Beschäftigung mit dem Hund auch dessen Bindung an Dich erhöht, vorausgesetzt, Eure gemeinsame Aktivität macht ihm Spaß. Trainierst Du auf möglichst stressfreie Art unter Verwendung straffreier Trainingsmethoden, wird das der Fall sein.
Moderne Trainingsmethoden wie das Clickertraining, das Shaping, Targettraining, Capturing oder Chaining basieren alle auf der operanten Konditionierung Skinners und arbeiten mit der positiven Verstärkung, also mit Belohnungen. Werden diese Methoden richtig angewendet, unterscheidet sich das Training oder die Erziehung für Deinen Hund nicht mehr von einem lustigen Spiel, das seine Bindung an Dich steigert und ihn zu Deinem treuen Freund und einem sehr angenehmen Zeitgenossen für Deine Umwelt werden lässt.
Training und Grunderziehung zur Steigerung des Grundgehorsams
Die Grunderziehung, die Dein Leben mit Hund für Dich, den Hund und alle möglichen Menschen und Lebewesen in Deiner Umgebung leichter und angenehmer macht, ist daher der wichtigste Grund für die Hundeerziehung und das damit verbundene Training. Der Grundgehorsam mit Übungen wie ein dauerhaftes „Sitz“ und „Platz“, ein „Fuß“ mit und ohne Leine über eine gewisse Strecke sowie der Rückruf stellen somit die Basis eines entspannten Zusammenlebens ohne Wilderei des Hundes, ohne Verkehrsunfälle oder durch Aggressionsverhalten des Hundes ausgelöste Streitigkeiten über Bissverletzungen zwischen den Hundebesitzern.
Dies zu erreichen, sollte das Ziel eines jeden Hundehalters sein.
Training für artgerechte Beschäftigung durch Hundesport und Spiele nach festen Regeln
Allerdings will Dein Hund ja nicht nur fressen, trinken und schlafen, sondern er möchte auf für ihn spaßige, weil artgerechte Art und Weise beschäftigt werden. Dafür wurden einige Hundesportarten entwickelt, die nach Regeln ablaufen. Um also solche Sportarten ausüben zu können, muss der Hund ein regelkonformes Verhalten antrainiert bekommen.
Nun ist solcher Vereinssport vielleicht nicht Dein Ding, auch, weil Du Deinen Hund und Dich gar nicht erst in mögliche konkurrenz- und ehrgeizbedingte Drucksituationen bringen möchtest. Wenn Du aber mit ihm nur in einer an diese Hundsportarten angelehnte Art und Weise spielen willst, sollte auch ein solches Spiel nach festen Regeln ablaufen. Diese definierst Du zwar selbst, aber die Aufgabe bleibt dieselbe wie beim Hundesport: Der Hund muss regelkonformes Spielen lernen.
Hierfür stellen die Amerikaner, wer auch sonst, einen Begriff zur Verfügung: Das Enrichment. Damit ist eine Bereicherung des Tierlebens gemeint. Der Begriff wurde in Zoos geprägt, in denen sich Tiere teilweise bis zur psychischen Erkrankung langweilen. Auch Hundesport und -spiel können hierunter eingeordnet werden.
Medical-Training für entspannte Körperpflege und Tierarztbesuche
Ebenfalls aus amerikanischen Zoos heraus ist der Begriff des Medical-Trainings bekannt geworden. Hierunter wird ein Training verstanden, das darauf abzielt, die Körperpflege durch Dich oder im Hundesalon und Untersuchungen und Behandlungen durch Tierärzte und medizinisches Personal zu erleichtern und für alle Beteiligten stressfreier ablaufen zu lassen.
Trainiert werden kann zu diesem Zweck beispielsweise das Pfötchengeben, das ein entspanntes Krallenschneiden, das Entfernen eines eingetretenen Dorns oder das Legen eines Venenzugangs erlaubt. Auch das Öffnen des Fangs zur Überprüfung der Zähne oder das entspannte Ziehen von Zecken kann geübt werden.
Worauf beruhen die modernen Trainingsmethoden?
Um den zentralen Ansatz des modernen Hundetrainings zu verstehen, versetzen wir uns in den Hund. Erst wenn wir begreifen, wie das Verhalten des Hundes entsteht, können wir zielsichere Wege in Form der modernen Trainingsmethoden entwickeln. Als Hundehalter sollte man die Ansätze verstehen, um die Trainingsmethoden erfolgreich anwenden zu können.
Was genau bringen wir unseren Hunden bei: Verhalten oder Signale?
Sicherlich stimmst Du mir zu, wenn ich behaupte, dass Dein Hund grundsätzlich beispielsweise laufen, sitzen, liegen, die Pfote heben, bellen oder einen Gegenstand mit dem Maul aufnehmen kann. Wenn wir davon ausgehen, dass er also diese Verhaltensweisen von sich aus zeigen kann, ist sofort klar, dass es also nicht darum geht, dem Hund diese beizubringen.
Vielmehr geht es aus unserer Sicht darum, dass der Hund ein bestimmtes Verhalten dann zeigt, wenn wir es verlangen. Dieses Verlangen kommunizieren wir durch ein Kommando, bestehend aus einem Signalwort und einem körpersprachlichen Signal, einer Geste. Mit anderen Worten: Wir und unsere Hunde müssen lernen, miteinander zu kommunizieren.
Unser Ziel ist es also, dem Hund beizubringen, welche Bedeutung die Kombination aus einem bestimmten Wort und einer bestimmten Körperhaltung hat: Der an der erhobenen Hand ausgestreckte Zeigefinger mit dem gleichzeitig gesprochenen „Sitz“ soll zum Hinweisreiz werden, der ihn sich setzen lässt.
Wie sich die Angelegenheit aus Sicht des Hundes darstellt
Aus der Sicht des Hundes liegt der Fall etwas anders: Er lebt in einer Umwelt, die viele Reize bereithält, die er aufnimmt und von denen ihm einige als Hinweisreiz dienen und ihm anzeigen, dass ein bestimmtes Verhalten nun lohnen könnte: Nimmt er den appetitlichen Duft einer Frikadelle wahr (Hinweisreiz), wird er vielleicht zu ihr laufen (Reaktion) und mit ihr seinen Appetit und damit ein Bedürfnis verringern (positive Verstärkung/Belohnung). Nimmt er das freudige Gebell spielender Hunde wahr, wird er vielleicht zu ihnen laufen und mit Spaß am Spiel belohnt. Mit anderen Worten reagieren unsere Hunde also auf Reize, die sie darauf hinweisen, dass jetzt ein bestimmtes Verhalten zu einer Belohnung führt. Sie werden in der Folge häufiger diese für sie erfolgreiche und lohnende Verhaltensweise zeigen, wenn sie den entsprechenden Hinweisreiz wahrnehmen.
Was bedeutet das für unser Training
Bei unseren Kommandos handelt es sich zunächst aber um Reize, denen die Tiere gar keine oder lediglich eine unklare Bedeutung beimessen. Im Kern besteht unsere Aufgabe also, darin, in unserem Hund eine Reiz-Reaktions-Reiz-Kopplung zu schaffen: Das Kommando Sitz soll ihm anzeigen, dass es sich lohnt, sich hinzusetzen, da dieses Verhalten jetzt zu einer Belohnung führt. Um zu vermeiden, dass ein anderer Reiz auf den Hund einwirkt und er deswegen ein „Fehlverhalten“ zeigt, während wir versuchen, unser Signal für Sitz zu konditionieren, sollte in dieser Phase das Training an einem Ort stattfinden, der keine anderen Reize bietet: Dein dem Hund bekannter Garten oder besser noch ein für ihn schon langweiliger Raum in Deiner Wohnung.
Immens wichtig ist hierbei, dass die Belohnung ohne Zeitverzögerung gegeben wird: Verstreicht mehr als eine Sekunde, fällt es nicht nur Hunden (sondern emotional auch einem belohnten Menschen) schwer, die Belohnung dem Verhalten zuordnen und beide zu verknüpfen. Die Verwendung des Clickers als Lösung des Zeitproblems bei der Belohnung auf Entfernung verselbständigte sich zum Clickertraining, das im engeren Sinne das im dreitten Block beschriebene Free Shaping bezeichnet.
Auch die Frage, was eigentlich alles belohnend wirkt, ist ein weites Feld. Was du beachten solltest, wenn Du mit Futter belohnen möchtest, findest Du in diesem Block des zweiten Teils der Reihe. Dort wird auch gezeigt, wie und wann es sinnvoll ist, mit einem lustigen Spiel zu belohnen.
Dieser Ansatz entspricht der positiven Verstärkung, die auf Skinners Forschung zur operanten Konditionierung zurückgeht und die Basis der unten aufgeführten modernen Trainingsmethoden darstellt. Diese Gemeinsamkeit führt zu einigen weiteren generellen und elementaren Voraussetzungen erfolgreicher Hundetrainings, die im Ergebnis dafür sorgen, dass unser Kommando zu demjenigen Hinweisreiz wird, der, trotz der vielen in der Umwelt vorhandenen und den Hund ablenkenden Reize, über sein Verhalten entscheidet. Sie sind in Block 03 dieses Artikels dargestellt.
Die Verwendung des Clickers macht noch kein Clickertraining
Die Grundidee ist also bei allen Trainingsmethoden, das gewünschte Verhalten durch eine Belohnung so attraktiv zu machen, dass es wiederholt wird. Dazu, so wurde klar, muss die Belohnung innerhalb einer Sekunde nach dem gewünschten Verhalten erfolgen. Geschieht dieses Verhalten nicht zu unseren Füßen und haben wir nicht das Futter schon in der Hand, werden wir zu lange brauchen.
Um schnell genug zu sein, verteilen wir seit Generationen schon Lob, das für einen Hund zunächst einmal ziemlich bedeutungslos ist, selbst, wenn er an Gestik und Stimmlage erkennt, dass Du es jetzt grade gut mit ihm meinst: So richtig wichtig bleibt die Belohnung, falls mit dem Lob eine verbunden sein sollte.
Profi-Tiertrainer, die nach der Methode des unten erläuterten Free-Shapings trainierten, was eine noch schnellere und präzisere Belohnung erfordert, entwickelten dann die Lösung: Sie verwendeten den Knackfrosch, um anzuzeigen, dass das im Moment des Clicks ablaufende Verhalten eine Belohnung verdient. Sie markierten also das gewünschte Verhalten hoch präzise mit einem kurzen, prägnanten Geräusch.
Auch wenn wir bei den meisten anderen Trainingsmethoden bis zu einer Sekunde Zeit haben, ist es immer besser, eher weit unter der Sekunde zu bleiben. Daher können wir uns auch ein Geräusch aussuchen, das gewünschte Verhalten möglichst präzise zu markieren.
Um den Hund mit einem solchen für ihn zunächst bedeutungslosen Geräusch belohnen zu können, muss dieses Geräusch mit der eigentlichen Belohnung verknüpft werden. Dazu greifen wir auf die Technik der klassischen Konditionierung zurück: Statt dem Hund sein Futter in den Napf zu werfen, füttern wir ihn über einige Tage mit kleinen Stückchen aus der Hand und machen vor jedem Stück das entsprechende Geräusch.
Alternativ zu einem Clicker können wir mit der Zunge schnalzen oder ein spezielles Markerwort festlegen. Wichtig ist, dass diesem Geräusch oder Wort immer eine Belohnung folgt. Daher sollte das Wort oder das Geräusch nicht zu unserem alltäglichen Repertoire gehören: Nutzen wir hierzu das Wort „Ja“, würde der Hund es aus unserem Mund ständig hören, ohne eine Belohnung zu bekommen. Dieses Markerwort soll sich auch von den sonst noch verwendeten Lobworten unterscheiden: Diesen folgt keine Belohnung.
Heute ist die Verwendung des Clickers so eng an die Trainingsmethode des Free-Shapings gebunden, dass die Begriffe von vielen gleichbedeutend verwendet werden, was sachlich nicht ganz korrekt ist, weil der Clicker bei allen Trainingsmethoden verwendet werden kann. Dennoch ist es nachvollziehbar.
Die elementare Gemeinsamkeit der modernen Trainingsmethoden
Die oben beschriebene Wirkung der positiven Verstärkung, also der Belohnung, wurde anhand eines bestimmten Verhaltens, wie „Sitz“, erklärt. Hierbei kommt es auch auf die zeitnahe Belohnung an.
Das Prinzip kann auch auf das Training insgesamt angewendet werden: Möchtest Du, dass Dein Tier sich auf Dich als Trainer und die Trainingsinhalte konzentriert, sich also anstrengt, schnell zu lernen und bei der Sache zu bleiben, sollte sich die mit Dir verbrachte Zeit für den Hund lohnen und ihm Spaß machen. Der Begriff „Training“ existiert nur in Deinem Kopf, während Dein Hund lediglich entweder eine gute Zeit mit Dir hat, die er gerne öfter erleben möchte und die seine Bindung zu Dir steigert.
Erlebt er aber eine schlechte Zeit, will er deren erneutes Erleben sicherlich vermeiden, was eher nicht zu Höchstleistungen führen wird, wie man aus der Forschung zum Thema Strafe ableiten kann. Diese sollte daher im Training keine Rolle spielen, auch wenn jeder Hundehalter über die Funktionsweisen von Strafen informiert sein sollte, damit ihm klar ist, wann er bereits straft, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Damit ihr beide eine gute, von Dir „Training“ genannte Zeit haben können, solltest Du eine angenehme und entspannte Trainingsatmosphäre schaffen. Was neben Deiner möglichst guten Laune und Deinem möglichst niedrigen Stresslevel zu beachten ist und konkret getan werden kann, um während des Trainings Freude bei Dir und Deinem Schützling aufkommen zu lassen, kannst Du in diesem Block des zweiten Teils der Reihe, wo wir detaillierte Tipps zu Trainingszeiten, -dauer, -zielen und -plänen geben, die es erlauben, dass Du und Dein Hund Spaß durch Erfolg an der Erziehung von der Kopplung eines Verhaltens an ein Kommando bis zum sicheren Befolgen des Kommandos unter Ablenkung habt.
Wozu nutzen wir die verschiedenen Trainingsmethoden?
Nun kannst Du berechtigt die Frage stellen, wie Du in der kurzen Trainingszeit viele Belohnungen verteilen sollst, wenn Dein Hund das zu trainierende Verhalten nur selten zeigt. Antworten darauf liefern die einzelnen Trainingsmethoden.
Verhalten erzeugen durch Locken & Target-Training
Das Locken mit Futter ist ein Klassiker und damit eine der meistverbreiteten Techniken. Am Beispiel bei Fuß gehen ist es leicht erklärt: Du nimmst ein Futterstück in die Hand, hältst es vor die Nase Deines nicht pappsatten Hundes, damit er es riechen kann. Nun wird er seine Nase in Richtung Deiner Hand bewegen und ihr folgen, wenn sie sich an Dein Knie bewegt: Voilá, der Hund steht in der Grundposition – Belohnung. Klassischer Weise wird die Technik auch bei Sitz und Platz angewendet. Allerdings hat sie Nachteile:
- Der Hund ist auf das Futter und nicht auf sein Verhalten konzentriert und lernt so langsamer.
- Vor allem ist es nicht so einfach, später das Verhalten abzurufen, wenn die Hand nicht nach einem Futterspender riecht.
- Gehört Dein Hund zu den kleinen Vertretern seiner Art, entwickelst Du bald massive Haltungsschäden.
Gerade zum Ausgleich des letztgenannten Nachteils wäre es sicherlich gut, wenn Dein Arm länger wäre. Und genau das und auch die anderen Nachteile können über ein Targettraining ausgeglichen werden.
Target heißt Ziel. Ziel bedeutet, dass der Hund mit einem seiner Körperteile einen Gegenstand oder einen Deiner Körperteile berühren soll. Der Name eines Targets setzt entsprechend aus zwei Komponenten zusammen: Das Hundekörperteil und das eigentliche Ziel.
Im Falle des bei Fuß-gehens würde sich ein Nose-Stick-Target anbieten: Der Hund soll mit seiner Nase den Kontakt zu einem Target-Stick, gerne auch Besenstil genannt, halten. Tut er das, kannst Du ihn auf diese Weise ohne Verrenkung in die Grundposition bringen und beginnen, hierüber das Bei-Fuß-Gehen aufzubauen.
Welche weiteren Targets es gibt, wie sie aufgebaut werden und für welche tieferen Zwecke sie eingesetzt werden können, erfährst Du in diesem Abschnitt des zweiten Teils unserer Reihe.
Verhalten einfangen durch Capturing
Das englische Wort „Capturing“ bedeutet „Einfangen“ und der Name ist bei dieser Technik Programm: Es wird zufällig gezeigtes Verhalten, das wir häufiger sehen wollen, belohnt.
In der Frühphase eines Hundelebens lohnt es sich, gewünschtes Verhalten immer zu belohnen, also zu capturen: Kommt Dein Welpe oder Junghund beispielsweise von sich aus zu Dir gelaufen, ist eine Belohnung durchaus angebracht, als Basis für die Bindung und des Rückrufs. Auf diese Weise kannst Du Deinem Welpen eine Bandbreite der Verhaltensweisen vermitteln, die Du gut findest, ohne in einer Trainingssituation zu sein.
Diese Methode bietet sich für aber vor allem für einige Tricks an, nämlich immer dann an, wenn ein Verhalten hin und wieder tatsächlich gezeigt wird, Du aber keine andere Möglichkeit hast, es irgendwie herbeizuführen. Als Beispiel seien hier das Gähnen, Bellen, Pfote schämend über die Augen legen (macht der Hund um sich die Augen zu säubern) oder Strecken genannt. Im Interesse der Klarheit solltest Du Dich aber immer nur um eine der gewünschten Verhaltensweisen kümmern, bis Du sie unter Signalkontrolle gestellt hast.
Wie das geht und noch einige weitere Informationen zum Caputring findest Du in diesem Abschnitt des zweiten Teils unserer Serie.
Verhaltensketten durch Chaining bilden
Über das Chaining lassen sich Verhaltensketten aus einzelnen, bereits trainierten Einzelverhalten aufbauen: Es kommt sicherlich vor, dass sich Dein Hund aus freien Stücken hinlegt oder von Dir weg und wieder zurückläuft. Aber es ist ehr unwahrscheinlich, dass er eine Abfolge aus diesen Elementen an Einzelverhalten in der von Dir gewünschten Reihenfolge zeigt.
Solche Verhaltensketten werden primär im Spiel verwendet: Möchtest Du ein Suchspiel machen, wäre der von Dir gewünschte Ablauf vielleicht:
- Hund macht neben Dir sitz
- Er bleibt, während Du weggehst, um die Fährte zu legen oder etwas zu verstecken
- Du rufst den Hund ab
- Er kommt zu Dir und macht neben Dir sitz
- Du gibst das Signal zum Suchen
- Der Hund sucht, findet und wird belohnt
Sicherlich kann Dein Hund jedes Einzelelement leicht ausführen, aber der Ablauf nach festen Regeln funktioniert über Chaining.
Wie Chaining funktioniert und an welchen Stellen wir unbewusst über Chaining Fehlverhalten festigen, erfährst Du hier im zweiten Teil der Serie.
Verhalten formen durch Free Shaping
Die Trainingsmethode, die am ehesten den Anspruch hat, ein Lebenskonzept oder gar eine Philosophie zu sein, ist das häufig, wenn auch ungenau oder gar fälschlich, als „Clicker-Training“ bezeichnete und in diesem Abschnitt des zweiten Teils der Serie beschriebene Free Shaping, das von Profi-Tiertrainern entwickelt wurde.
Dem Erbe der Profi-Trainer wird das freie Formen des Verhaltens gerecht, denn wenn Dein Hund und vor allem Du die notwendigen Voraussetzungen mitbringt, könnt Ihr über das Shaping schier alles erreichen. Aber das setzt bei Dir ein hohes Maß an Wissen voraus.
Denn die Grundidee besteht darin, das Verhalten des Hundes zu formen, indem jede noch so kleine Regung in die richtige Richtung, durch einen belohnten Klick zu markieren. Dadurch wird dem Hund die Freiheit gelassen, sich und seine Verhaltensideen frei auszuprobieren und dabei selbst zu erfahren, welche geringste Regungen durch Dich für ihn lohnend gemacht werden und welche nicht: Er soll auf Basis dieser zuletzt geklickten Regung weitere Verhaltensregungen anbieten, bis es wieder klickt und dadurch klar wird, was die neue Basis für die Weiterentwicklung hin zum gewollten Verhalten ist.
Das setzt voraus, dass Du genau weißt, welche dieser kleinen Regungen in Richtung des gewollten Verhaltens geht, damit Du diese sofort erkennst und reflexartig in einen Klick mit anschließender Belohnung umsetzt.
Dieses Grundvorgehen muss Dein Hund ebenfalls als „Lebensphilosophie“ begreifen: Er muss lernen, dass das zuletzt belohnend verstärkte Verhalten die Ausgangsbasis für weitere Verhaltensmöglichkeiten darstellt, die er ausprobieren soll und kann. Dazu muss er die entsprechende Sensibilität oder Analysefähigkeit entwickeln, um schnell zu begreifen, welches Verhalten genau das zuletzt geklickte ist: War es die Bewegung mit dem Kopf oder die der Hinterläufe, die gewünscht war? Und dann kommt der Kreative Akt: Was kann Hund aus der Position, die zuletzt eingenommen war, weiter anbieten?
Diese übergeordneten Fähigkeiten können auf Hundeseite nur aufgebaut werden, wenn er nicht mit anderen Trainingsmethoden in seiner Freiheit beschränkt wird. Dann aber kann der Hund sehr schnell auch sehr komplexe Verhalten erlernen und auf hohem Niveau zeigen. So ist zu lesen, dass Sue Ailsby innerhalb einer Stunde ihre Hunde auf einer Hundeausstellung soweit brachte, dass sie eine ihnen bis dahin nicht bekannte Hundesportart auf demselben Niveau ausführten, wie die Show-Hunde, die seit Jahren in der betreffenden Sportart trainiert wurden.
Vor allem zu Beginn setzt diese Methode ein sehr hohes Maß an Arbeit und Geduld voraus: Zunächst musst Du Deinen Hund auf den Marker, häufig den Clicker, konditionieren. Das ist auch bei vielen anderen Methoden sinnvoll und geht recht schnell.
Dann beginnt die eigentliche Arbeit: Denn nun musst Du dafür sorgen, dass Du im Training häufig klickst und belohnst, damit Dein Hund die Trainingszeit als spaßige und insgesamt gute Zeit erlebt. Andererseits muss das Klicken auch tatsächlich verhaltensformend eingesetzt werden: Es darf nur geklickt werden, wenn das Verhalten in die richtige Richtung geht, damit der Hund das Grundprinzip erkennen kann. Nun muss sehr lange nach dieser Methode trainiert werden, bis der Hund die beschriebenen analytischen und kreativen Fähigkeiten aufgebaut hat, um in entsprechender Geschwindigkeit Neues zu erlernen.
Wie wir im Folgenden sehen werden, kann aber auch diese Technik mit einigen anderen kombiniert werden.
Wie und warum lassen sich die Trainingsmethoden kombinieren?
Im Falle des Free-Shapings bietet es sich an, zu Beginn der Ausbildung häufig auftretendes Verhalten einzufangen und zu klicken, um das Grundprinzip der Verhaltensformung und des Klickers zu vermitteln. Hierbei wird also das Capturing genutzt, um die Anzahl der belohnten Klicks zu steigern, damit der Hund den Wert eines Klicks verinnerlichen kann.
Hundeprofis, die Film- oder Assistenzhunde ausbilden, nutzen Free Shaping um Blick-Targets aufbauen. Dadurch kann der Blick des Hundes über einen Laserpointer in eine für die Szene wichtige Richtung gelenkt werden. Das Verhalten eines Assistenzhundes kann man so shapen, dass er sich bei entsprechendem Kommando in eine Position bringt, aus der er dem Hundehalter in die Augen blicken kann. Das wäre dann ein Auge-Auge-Target. In beiden Fällen wird also über freies Formen des Verhaltens ein aus dem Target-Training stammendes Ziel trainiert.
Auch alle anderen Trainingstechniken und -methoden lassen sich hervorragend kombinieren, vor allen Dingen für den Hausgebrauch: Solange Du keine Meistertitel anstrebst, kannst Du zu Beginn einer Positionsübung wie Sitz oder bei Fuß Deinen Hund mit einem Leckerchen in der Hand dorthin locken, wo Du ihn haben willst. Alternativ kannst Du über ein Nasen-Target arbeiten, das einfach aufgebaut werden kann und die Vorteile mit sich bringt, dass Dein Hund sich nicht auf das Leckerchen, sondern auf das Verhalten konzentrieren kann und dass das Vorhalten des Leckerchens nicht ausgeschlichen werden muss.
Solche Positionen und Verhalten, die Dein Hund häufig zeigt, kannst Du recht einfach im Alltag einfangen und dann verstärken. Dieses Capturing kannst Du auch nutzen, um Hund Verhalten, das Du im Training über Locken oder Target einführst, auch im Alltag immer wieder zu verstärken.
Aus verschiedenen Einzelverhalten kannst Du später Verhaltensketten über das Chaining aufbauen.
Wesentlich ist, dass Du Dir Gedanken über die Unterteilung der jeweiligen Aufgabe in möglichst kleine Teilziele machst, damit Dein Hund häufig bestätigt wird und Du nicht enttäuscht und daher gestresst bist, wenn das gesteckte Ziel noch nicht erreichbar ist. Sollten Trainingsziele nicht erreicht werden, ist es wichtig, dass Du Dir erneut Gedanken um das Thema machst, um die Ziele noch kleinteiliger und erreichbarer zu machen.
Auch darauf, dass die Bestätigung für korrektes Verhalten immer schnell gegeben wird, musst Du achten. Ebenfalls ist wichtig, dass die von Dir gewählten Verstärker von Deinem Hund auch als solche wahrgenommen werden: Also bedenke immer, dass nur diejenigen Reize und Angebote belohnend und somit verstärkend wirken, die helfen, eines der aktuellen Bedürfnisse Deines Hundes zu mindern oder zu decken.
Wichtig ist auch, dass Du schrittweise all die konditionierten Verhaltensweisen über die Generalisierung in Euren Alltag übernimmst. Tue dies aber in Abhängigkeit zum Ausbildungsstand Deines Hundes: Lass ihn nur so lange eine Position einnehmen, wie er sie sicher halten kann. Entferne Dich nur soweit, von ihm, wie er es sicher aushält. Lege im Fuß keine weiteren Wege zurück, als er es sicher kann. Erwarte nicht, dass er im Alltag noch hört, wenn ihr einer wesentlichen Ablenkung näher kommt, als im Training.
Im Rahmen eines Trainingsplans kannst Du daran arbeiten, seinen Ausbildungsstand bis zu seinem persönlichen Limit zu verbessern. Ist dieses Limit erreicht und von Dir erkannt, musst Du im Alltag damit arbeiten: Wenn Du weißt, wo das räumliche Limit für eine bestimmte Ablenkung liegt, ist es an Dir, ein wünschenswertes Alternativverhalten abzurufen, bevor Dein Hund diese Grenze überschritten hat. Dies stellt eine Möglichkeit dar, unerwünschtes Fehlverhalten zu vermeiden.
Wie kann ich mit diesen Methoden unerwünschtes Fehlverhalten des Hundes abstellen?
Welches sind die beiden Möglichkeiten aus diesen Ansätzen, unerwünschtes Fehlverhalten des Hundes zu unterbinden? Stellen Strafen eine weitere Möglichkeit dar und wie passen sie in den Ansatz des angenehmen Trainingsklimas?
Fehlverhalten des Hundes durch Alternativverhalten verhindern
Um unerwünschtes Verhalten zu verhindern, haben wir gelernt, dass es drei Möglichkeiten hierzu gibt. Im Idealfall rufen wir ein anderes, vorher gut trainiertes Verhalten ab. So kann ein Hund beispielsweise nicht mehr am Tisch betteln, wenn wir ihn auf seinen Platz schicken. Er kann auch nicht weglaufen, wenn er Sitz macht.
Um den sicheren Abruf eines Alternativverhaltens zu erreichen, greifen wir auf die oben vorgestellten Trainingsansätze zurück und legen größten Wert auf die Generalisierung, um den Hund auch unter Einfluss der betreffenden Ablenkung noch weitestgehend kontrollierbar zu machen.
Stößt Du auf ein Leistungslimit Deines Hundes, indem Du eine bestimmte Ablenkungsart identifiziert hast und im Training festgestellt hast, dass Dein Hund ab einer bestimmten räumlichen Nähe zu dieser Ablenkung unkontrollierbar wird, sind Deine Managementfähigkeiten gefragt: Ziel ist es jetzt, die Situation früh genug erkennen zu können um das Alternativverhalten früh genug abzurufen. Mit dem gesicherten Hund kannst Du dann der Situation aus dem Weg gehen.
Fehlverhalten des Hundes nicht mehr belohnen und so löschen
Wir können aber ein unerwünschtes Verhalten auch abbauen, wenn wir es nicht mehr belohnen und verstärken, denn dann wird das Verhalten gelöscht. Dazu müssen wir erkennen, durch was das unerwünschte Verhalten belohnt und verstärkt wird. Beim Entzug der verstärkenden Belohnung ist wichtig, dass wir sie konsequent entziehen: Sind wir inkonsequent und belohnen hin und wieder das unerwünschte Verhalten, verstärken wir das Verhalten nach einem variablen Quotenplan, der das Verhalten noch stärker verfestigt.
Während unserer Überlegungen zum Unterschied zwischen Lernen und Performance haben wir aber festgestellt: Die von uns gebotenen Verstärker stehen in Konkurrenz zu den Verstärkern in der Umwelt, die wir nicht kontrollieren können. Welches Verhalten nun ausgeführt oder performt wird („bleib“ oder unkontrolliertes Rennen beispielsweise zu anderen Hunden), hängt nicht nur von der erfolgreichen Generalisierung, sondern auch davon ab, welcher belohnende Verstärker von Deinem Hund auf Grundlage seiner aktuellen Bedürfnisstruktur oder auch auf Grund seiner Instinkte höher eingeschätzt wird.
Da wir also nicht alle belohnenden Verstärker kontrollieren können und die von uns angebotenen Belohnungen mit denen in der Umwelt konkurrieren, kann es Situationen geben, in denen weder eine Löschung noch der Abruf eines erwünschten Alternativverhaltens ein Fehlverhalten verhindern können.
Fehlverhalten des Hundes durch Strafen unterdrücken
Die Verwendung von Strafen sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn sie die letzte Möglichkeit darstellt, Fehlverhalten zu unterdrücken. Da Strafen viele Risiken bergen, ist die voran- und eingehende Beschäftigung mit den theoretischen Grundlagen sowie den praktischen Umsetzungsmöglichkeiten der Strafen unumgänglich.
Vor der Anwendung der Strafe sollte versucht werden, ein Alternativverhalten über moderne und straffreie Trainingsmethoden aufzubauen. Sollte das nicht ausreichen und eine Löschung des Verhaltens nicht in Betracht kommen, weil die belohnenden Verstärker von Dir nicht kontrollierbar sind, ist zu prüfen, ob der Grund für die Unkontrollierbarkeit des Hundes aber Angst oder Aggression sind. Die Strafe darf in dem Fall niemals angewendet werden, da Angst und Aggression durch Bestrafung noch gesteigert werden und dadurch das Fehlverhalten noch weiter intensiviert werden kann. Um hierüber Klarheit zu erhalten und die Risiken, die Bestrafungen mit sich bringen zu minimieren, sollte hier immer ein wirklich erfahrener Hundeprofi mitwirken.
Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann es notwendig erscheinen, eine Strafe anzuwenden. Ziel ist es, den Preis des nicht entziehbaren Verstärkers, der die Situationen ausmacht, in denen Dein Hund unkontrollierbar wird, für den Hund zu erhöhen. Gleichsam stellen wir den unangenehmen Strafreiz in eine Verbindung mit der Belohnung, sodass diese einen Teil ihres Wertes einbüßt und dadurch unattraktiver wird. Dieses Ziel erreichen wir, indem wir jedem Versuch, diesen Verstärker zu erlangen, sofort einen unangenehmen Strafreiz folgen lassen.
Es kann nicht oft genug gesagt werden: Wer die Strafe anwenden möchte, sollte sich mit dem Thema vorher intensiv auseinandersetzen, theoretisch und praktisch damit die Strafe richtig angewendet werden und dadurch wie gewollt und nicht katastrophal wirken kann. Auch hier sei nochmals darauf hingewiesen, dass ein erfahrener Trainer hinzugezogen werden sollte.
Daneben gibt es noch die negative Strafe, die damit arbeitet, dass ein angenehmer Reiz in Folge eines unerwünschten Verhaltens entzogen wird. Dieser Ansatz kann genutzt werden, um ein Abbruchsignal zu etablieren. Auch wird sie oft im Zusammenhang mit Übungen zur Unterordnung angewendet. Sie kann aber auch im Training verwendet werden, beispielsweise, indem ein spielerisches Training kurz unterbrochen wird, wenn der Hund Fehlverhalten zeigt, wie es im Abschnitt über Chaining des zweiten Teils der Serie dargestellt ist.
Zur Abrundung Deines Hintergrundwissens stellen wir im folgenden Block die wissenschaftlichen Grundlagen der modernen Trainingsansätze kurz vor.
Eine kurze Zusammenfassung der wissenschaftlichen Hintergründe
Wir haben uns in Teil 1 mit der Entwicklung der Lernpsychologie und insbesondere der Konditionierung während der letzten 100 Jahre befasst und gesehen welche Ideen und Beobachtungen von Forschern wie Pawlow, Thorndike und Skinner beigetragen wurden. Auch auf die teils rein theoretische und teils experimentelle Weiterentwicklung der positiven Verstärkung als Grundlage des auf Belohnungen basierenden Trainings durch Forscher wie Hull und Premack bis hin zur Theorie des Behavioral Bliss Points haben wir geschaut.
Positive Verstärkung ist Basis modernen Trainings, wirkt aber im Alltag auch mal gegen uns
Auf der Erkenntnis, dass wir gewünschtes Verhalten über belohnende positive Verstärkung konditionieren sollten, beruhen die modernen Methoden des Hundetrainings. Dabei kommt es darauf an, den belohnenden Verstärker in unmittelbarer zeitlicher Nähe und damit innerhalb einer Sekunde nach dem Verhalten zu geben. Um dieses Timing zu ermöglichen und die Zeit, die es dauert, eine Belohnung aus der Tasche zu kramen einzusparen, verwenden wir sogenannte Sekundärverstärker, also Geräusche wie Lob- bzw. Markerworte oder Clicker, die wir über Pawlows klassische Konditionierung mit dem Primärverstärker, der die eigentliche Belohnung darstellt, koppeln.
Wir haben gelernt, dass immer eine Kopplung aus einem Hinweisreiz, einer Reaktion und einer von vier möglichen, im Kontingenzschema definierten Folgen gebildet wird. Solche Kopplungen entstehen nicht nur aus unseren Signalen oder Kommandos und den entsprechenden Reaktionen des Hundes sowie unserer Belohnung. Sie entstehen auch aus den von uns als Ablenkungen bezeichneten Reizen der Umwelt, einem Verhalten, das uns nicht passen muss, aber von einer bestimmten Konsquenz gefolgt wird. Diese kann auch in einer Strafe bestehen. Als Beispiel sei der Anblick einer Gruppe spielender Hunde (Hinweisreiz) genannt, zu denen Dein Hund aufbricht (Reaktion) um den Spaß des Mitspielens (Verstärker) zu erhalten, aber vielleicht auch mal von einem der Hunde gebissen und somit für das Dorthinlaufen positiv bestraft wird.
Verhalten festigen durch Verstärker- oder Belohnungspläne
Wir konnten im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Verstärkerplänen sehen, dass es zu Beginn eines Trainings, also während des Aufbaus eines Verhaltens, wichtig ist, das Verhalten immer zu belohnen, damit der Hund schneller lernt, welches Verhalten sich für ihn lohnt.
Wenn aber ein Verhalten im weiteren Trainingsprogramm gefestigt werden soll, ist es wichtig, schrittweise seltener zu belohnen.
Solch seltene und unregelmäßige belohnende Verstärkungen sorgen für ein sehr löschungsresistentes, also gefestigtes Verhalten, das auch dann abgerufen werden kann, wenn wir mal keine Belohnungen dabeihaben.
Derselbe Mechanismus verfestigt aber auch unerwünschtes Verhalten, wie das Betteln am Tisch, wenn wir den Hund inkonsequent und entgegen unserer eigentlichen Absicht, ihm das Verhalten abzugewöhnen, dafür doch unregelmäßig belohnen, indem er selten etwas vom Tisch bekommt. Außerdem können über unterschiedliche Verstärkerpläne Zeiten und Entfernungen bei Übungen gesteigert werden, wenn sie für eine Übung wichtig sind (Sitz oder Platz, bei Fuß gehen). Dazu kann die in Teil 2 beschriebene 300-Pick-Methode verwendet werden, die eine Art standardisierten Trainingsansatz durch geschickte Verwendung von Verstärkerplänen darstellt.
Was kann als Belohnung dienen?
Die Diskussion darüber, was überhaupt als Belohnung dienen kann, hat gezeigt, dass der Primärverstärker immer nur dann ein Verhalten belohnen und verstärken wird, wenn er ein körperliches oder geistiges Bedürfnis ausgleicht. Wir haben gesehen, dass Futter sich besonders als Belohnung anbietet, weil Hunger ein leicht kontrollierbares Bedürfnis ist: Der Großteil der Tagesration kann tagsüber aus der Hand als Belohnung, der Rest abends verfüttert werden.
Daneben existieren auch viele Ansätze, ein gewünschtes Verhalten mit anderem Verhalten zu belohnen. In einem geschickten Verstärkerplan kann sogar ein eher unbeliebtes Verhalten ein viel beliebteres Verhalten belohnen.
Allerdings haben wir auch gelernt, dass in der Natur ebenfalls einige verhaltensverstärkende Belohnungen verfügbar sind, die in Konkurrenz zu den von uns gebotenen Belohnungen stehen. Diese bezeichnen wir häufig als Ablenkungen und ihnen müssen wir in unseren Trainingsplänen Rechnung tragen, indem wir das gewünschte Verhalten generalisieren und in stetig ablenkungsreicheren Situationen abrufen.
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