Das Abbruchsignal für Hunde
Was ist ein Abbruchsignal bei Hunden?
Von:
Carsten Becker
Zuletzt aktualisiert am: 22.4.2024
- Befehl
- Kommando
- Signal
Mit einem Abbruchsignal soll eine Handlung und Verhalten des Hundes abgebrochen werden. Der Hund soll durch ein bestimmtes Kommando, Befehl oder Signal sein Tun stoppen und das gezeigte Verhalten unterlassen. Sprich unerwünschtes Verhalten, das der Hund situativ zeigt, soll mit Hilfe eines Abbruchsignal gestoppt werden. Er soll also sofort von seiner Aktion ablassen und aufhören. Demnach ist das Abbruchsignal ein hilfreiches und wichtiges Werkzeug beim Führen des Hundes, wird zum Gehorsam und Einwirken auf den Hund eingesetzt, was letztendlich die Kontrolle des Hundeführers über seinen Vierbeiner situativ gewährleisten soll.
Abbruchsignale können auf unterschiedliche Art und Weise verwendet werden:
- Verbale Abbruchsignale (z.B. Aus, Schluss, Stop, Genug, Nope, Lass das etc.)
- Hörzeichen/Hörsignale (z.B. Pfiff aus der Hundepfeife)
- Körperliche Abbruchsignale (z.B. Schnauzengriff, Wegschubsen, Anrempeln, Zwicken etc.)
Ein Abbruchsignal ist daher so wichtig, weil es in vielen Fällen und Alltagssituationen hilft, den Hund, Menschen oder Tiere vor unerwünschten und prekären Zwischenfällen zu schützen. Ebenso wird unangebrachtes Verhalten unterbunden. Kurzum, das Abbruchsignal ist hier und da quasi ein Notfallsignal. Aber auch ganz banales unerwünschtes Verhalten wird mit dem Abbruchsignal gestoppt, wie situatives Bellen oder Betteln am Tisch.
Nach dem Abbruchsignal muss ein Alternativverhalten abgerufen werden, damit der Hund nach dem Abbruch des unerwünschten Verhaltens weiß, was er zu tun hat und nicht wie ein nasser Pudel im Regen steht. Denn dies kann für Unsicherheit, Stress und Frustration sorgen. Und das Alternativverhalten muss zum richtigen Zeitpunkt erfolgen, damit ein Zusammenhang mit dem Abbruchsignal geschaffen wird, sprich eine Verknüpfung erfolgt.
Damit ein Abbruchsignal auch seine volle Wirkung entfalten kann und im Ernstfall den erwünschten Zweck erfüllt, sollte das Abbruchsignal, egal ob es sich um ein verbales Kommando oder Hörsignal wie aus einer Hundepfeife handelt, um etwas Besonderes handeln, das möglichst im sonstigen Sprachgebrauch und Hundealltag nicht ständig verwendet wird und entsprechend zu Irritationen beim Hund führen kann. Daher ist das Verwenden von Schlagwörtern wie beispielsweise "Nein" eher für ein Abbruchsignal weniger geeignet, da es häufig in allen möglichen Situationen gebraucht wird. Der Hund muss auf das Abbruchsignal konditioniert werden, so dass im Grunde jedwedes Wort oder Signal sich eignet. Seid kreativ und achtet darauf, dass es gut zu artikulieren ist, nicht ähnlich klingt wie sonstige Kommunikationselemente, die ihr regelmäßig beim Kommunizieren mit dem Vierbeiner verwendet. Der Einsatz eines Abbruchssignal muss wohl dosiert sein und je nach Hundepersönlichkeit mit viel Fingerspitzengefühl von Seiten der Intensität, Tonlage, Körpersprache etc. benutzt werden, damit der Vierbeiner nicht verängstigt und traumatisiert wird, schließlich würde sich dies äußerst negativ auf die Hund-Mensch-Beziehung und Bindung auswirken. Konsequentes, diszipliniertes, souveränes und bestimmendes Anwenden ist hingegen angebracht, damit wenn nötig das Abbruchsignal verlässlich das Ziel ins Schwarze trifft. Zudem kommt es auch auf die Situation an, in der ihr ein Abbruchsignal einsetzt, denn es macht natürlich einen Unterschied, ob euer Hund unangeleint auf eine vielbefahrene Straße zuläuft und ihr ihn mit dem Abbruchsignal stoppen wollt, oder ob er gerade einen Keks vom Wohnzimmertisch aufnehmen will.
Das Abbruchsignal ist Gegenstand der Kommunikation Hund/Mensch, mit dem der Hund in einer bestimmten Situation in seinem Verhalten beeinflusst werden soll. Dies ist in der Kommunikationsweise bei Hunden untereinander nicht anders, denn auch hier werden Abbruchsignale durch bestimmtes Verhalten ausgesendet, um Handlungen eines Gegenübers zu stoppen und die aktuelle Stimmungslage zu spiegeln. Sei es z.B. bei der Welpenaufzucht in einem Rudel bei freilebenden Hunden oder innerhalb eines Wurfs, wenn ein beteiligter Welpe oder Hund durch eine forsche "Ansage" eines Gegenübers beim Spielen gemaßregelt werden soll und es zu einem kurzen aber heftigen Vorpreschen kommt mit dem die Grenzen aufgezeigt werden und der Gemaßregelte in seinem Tun unterbrochen wird. Diese Kommunikationsmittel gehören zum Sozialverhalten von Hunden und verhindern häufig weitere ernstere Konflikte und Auseinandersetzungen.
Wo erfüllen nun konkret Abbruchsignale im Hundealltag ihren Zweck?
Sieht beispielsweise der Hund beim Spazieren im Feld ein Reh und der externe Reiz spricht seinen Jagdtrieb dermaßen an, dass er alles um sich herum vergisst, die nächsten Stufen des Beutefangverhalten gestartet werden und er dem Reh hinterherjagt, soll ein Abbruchsignal dazu führen, dass er in dieser Notsituation durch ein bestimmtes Kommando oder Hörzeichen dazu gebracht wird, sofort das Jagdverhalten abzubrechen, zu stoppen und mit einem erwünschten Folgeverhalten zu seinem Hundeführer zurückkommt. In diesem Beispiel bewahrt ihr einerseits den Hund und euch vor schlimmeren Folgen auf Grund etwaiger Wilderei, zudem könnte es zu schlimmen Verkehrsunfällen kommen, wenn der Hund bei der Verfolgung des Wilds auf eine Straße einläuft und mit einem PKW direkt kollidiert oder durch ein Ausweichmanöver ein verheerender Unfall mit Personen- und Sachschaden entstünde.
Genauso verhält es sich im Hinblick auf den Einsatz eines wirksamen Abbruchsignal im Welpenalter, wenn das neue Familienmitglied zu Hause eingezogen ist. Bisher durfte der Welpe mit seinen Wurfgeschwistern als erste Sozialpartner spielen, raufen und toben, schließlich erfolgen beim Ausleben des Spielverhalten neben dem Spaß auch bedeutende Rollenspiele, durch die wichtige Lerninhalte für das wahre Hundeleben trainiert werden. Häufig geht es dabei auch etwas rabiater zu, wenn ein Welpe seinem Bruder in den Hals zwickt oder am Ohr zieht. Dieses draufgängerische Verhalten kann man dann aber auch mitunter im neuen Rudel beobachten, wenn die Bezugsmenschen, ob Groß oder Klein, mit dem Welpe spielen. In manchen Fällen wird der heranwachsende Hund sogar noch zum Zuknappen und Beißen animiert, in dem ihm die Hand gezielt ins Maul gesteckt wird und vielfach sogar hin- und hergezogen wird, was perspektivisch in Sachen Beißhemmung zu fatalen Folgen führen kann und deshalb unbedingt dieses Verhalten mit einem Abbruchsignal strikt unterbunden werden sollte. Will also der Welpe in die Hand kneifen oder am Hosenbein ziehen, so sollte ein bestimmtes Kommando wie "LASS", "PFUI!" oder "AUS!" das gezeigte Verhalten sofort unterbrechen, das Spiel abgebrochen werden und eine andere Handlung abgerufen werden. Um an dieser Stelle mehr rund um die Beißhemmung in Erfahrung zu bringen und weshalb diese Vorgehensweise so wichtig ist, haben wir in einem gesonderten Artikel mit dem Titel "Die Beißhemmung bei Welpen und Hunden" beschrieben.
Ein weiteres alltägliches Beispiel, dass viele Hundehalter kennen ist das Zustürmen mit folgendem Anspringen von Personen, die zu Hause zu Besuch kommen oder unterwegs auf der Hunderunde getroffenen werden. Dieses Verhalten ist nicht nur unangenehm und unangebracht, sondern kann durchaus bei älteren Menschen und Kindern, je nach Statur des Hundes, äußerst gefährlich werden. Auch hier hilft ein Notsignal, sollte mal wieder der erhöhte Stresspegel des Hundes alle guten Manieren vergessen lassen und er auf direktem Weg beim Anblick der Person losstürmt. "STOP!" oder "SCHLUSS!" Anschließend sollte das Alternativverhalten folgen, entweder zu Hause auf seinen Platz mit dem bekannten Kommando schicken oder unterwegs beispielsweise mit Sitz kombinieren.
Des Weiteren werden viele Halter im Alltag beim Essen von ihrem Hund durch das ständige Betteln am Tisch genervt. Idealerweise ist der Hund so erzogen, dass ihr ihn vorab auf seinen Platz schicken könnt und er dort solange verweilt, bis ihr ihm die ausdrückliche Freigabe erteilt. Ist dem nicht so, er sich doch dem Tisch durch den leckeren Duft und den Reizen des Essens nähert, so hilft ein energisches "GENUG!" oder "AUS!"mit anschließendem Befehl sich auf seinen Platz abzulegen. Auch dieses Nein ist ein Signal, mit dem sein unerwünschtes Verhalten unterbrochen und gestoppt wird.
Oder wie schaut es mit einem effektiven Abbruchsignal aus, wenn ihr im Feld oder auf der Hunderunde im Dorf unterwegs seid, euer Hund unangeleint herumschnüffelt und ihr von Weitem sehen könnt, wie er sich über etwas Fressbares hermacht? An dieser Stelle kann ein Abbruchsignal wie "NOPE!" oder "LASS DAS!" mit entsprechendem Anschlussverhalten z.B. "Hierher!" oder "Komm!" viel Unheil vermeiden und den Hund u.a. vor fatalen Folgen wie einer tödlich verlaufenden Vergiftung oder schlimmen inneren Verletzungen durch die Aufnahme von Nägeln, Rasierklingen etc. schützen. Eigentlich besteht die sicherste und idealste Form darin, dass der Hund so erzogen ist, dass er sich vor etwas Fressbarem zum Anzeigen ablegt und erst etwas nach der Freigabe anrührt, sei es zu Hause vor dem Napf oder beim Gassigehen, wenn er ein weggeworfenes Pausenbrot, Aas oder im schlimmsten Fall, einen ausgelegten präparierten Giftköder findet. Wie ihr euren Hund hier optimal konditionieren könnt, erfahrt ihr durch die Lektüre unseres gesonderten Artikels "Das Anti-Giftköder-Training ist ratsam für die Erziehung des Hundes".
Abschließend wollen wir noch zwei Beispiele für Verhalten unter Hunden beschreiben, die mit entsprechenden Signalen untereinander Grenzen aufzeigen und Handlungen ihres Gegenübers stoppen wollen:
Der erste Vorgang hat sich auf einer Hundewiese auf dem Land zugetragen. Hier toben regelmäßig mehrere Hündinnen und Rüden miteinander auf einer eingezäunten Fläche, während sich deren Hundehalterinnen und -halter bei Kaffee regelmäßig treffen und anregend unterhalten. Die Hunde kennen sich allesamt seit längerer Zeit und bisher liefen die Hundebegegnungen immer reibungslos ab. Nun reagierte aber eine Hündin nach kurzer Spielzeit etwas forscher auf die Spielaufforderungen eines Rüden, der immer wieder animierte, aber die Hündin sich nicht darauf einließ und ihre Ruhe haben wollte. Da der junge und noch relativ unerfahrene Rüde nicht ablassen wollte, reagierte die Hündin für einen Moment harsch und maßregelte mit aggressivem Gebell und eindeutiger offensiver körpersprachlicher Handlung und kurzem angedeuteten Zuschnappen. Mit diesem Verhalten wollte sie den Rüden zum Abbrechen seines Verhaltens zwingen, sprich sie setzte ein Abbruchsignal ein. Damit signalisierte sie ihrem Artgenossen: Freundchen, bis hierhin aber nicht weiter, damit wurde das Spielgeschehen unterbrochen und die Situation aufgelöst. Dem Rüden wurde unmissverständlich durch die Signale der Hündin begreifbar gemacht was Phase ist, dieser zog sich darauf unvermittelt zurück und eine weitere Eskalation wurde durch das Abbrechen verhindert.
Weiters wollen wir auf die Kommunikation und Hundesprache innerhalb eines bestehenden Rudels in Mehrhundehaushalten hinweisen. Leben mehrere Hunde unter einem Dach und es ist Fütterungszeit, kommt es hin und wieder zu etwaigen Konfliktsituationen. Denn immer wieder gibt es Situationen, in denen einer der Rudelmitglieder nach dem Leeren seines Napfs meint, bei einem anderen Rudelmitglied noch etwas stibitzen zu können und nähert sich diesem gefährlich nah. Wie nun die Reaktion des noch fressenden Hundes ausfallen wird, kommt auf dessen Gemüt und Persönlichkeit an, sicherlich wird er aber zumindest durch sein Ausdrucksverhalten zeigen, dass ihm das Unterschreiten seiner Individualdistanz missfällt. Dies kann durch Knurren, Zähnefletschen und Hochziehen der Lefzen geschehen und schon für ein klares "SCHLUSS! Bis hierhin und nicht weiter." reichen. Andere Hundeindividuen könnten sogar harscher vorpreschen und kurz und heftig mit dem typischen Schnauzenbiss zuschnappen.
Nachdem wir nun mehrere Beispiele aus dem täglichen Hundeleben mit Abbruchsignalen und gezieltem Unterbrechen von Handlungen des Hundes erörtert haben, findet ihr weiterführende Informationen über die Konditionierung des Hundes im Allgemeinen und dem Aufbau von strafbewährten Abbruchsignalen im Speziellen in diesem Abschnitt unseres Leitartikels "Lerntheorie II: Clicker- & Targettraining, Shaping & Chaining, Capturing & Co als angewandte Wissenschaft". Hier haben wir nochmals dezidiert den wissenschaftlichen Hintergrund und die Praxisumsetzung der modernen Hundeerziehung aufbereitet und sehr anschaulich beschrieben.
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