Das Sozialverhalten von Hunden
Welche Verhaltensweisen gehören zum Sozialverhalten bei den Hunden?
Von:
Carsten Becker
Zuletzt aktualisiert am: 30.9.2021
Wenn Hunde untereinander oder mit Menschen aufeinandertreffen und gemeinsam in Interaktion treten, werden situativ verschiedenartige Verhalten der Hunde gezeigt.
Dies können Verhaltensweisen sein, die einem angenehmen und harmonischen Miteinander dienlich sind, aber auch gegensätzliches Verhalten, das als rivalisierend einzuordnen ist und in Konfliktsituationen auftritt - also Verhalten das entweder positiv oder negativ auf das Zusammenwirken etwaiger Sozialpartner wirkt, sprich eine Distanzverringerung oder Distanzvergrößerung beabsichtigen.
Das Sozialverhalten ist sehr vielschichtig und umfasst unzählige verschiedene Verhaltensweisen, wie das Ausdrucksverhalten und Lautäußerungsverhalten, die im Zusammenspiel zur Kommunikation mit Artgleichen und damit für den Informationsaustausch notwendig sind, aber auch weiteres arttypisches Verhalten wie Unterwürfigkeit und Demut innerhalb des Rangordnungsverhaltens, das für ein Funktionieren im Zusammenleben innerhalb eines Rudels unter bestimmten Regeln und Strukturen erforderlich ist, gehört zu den einzelnen Funktionskreisen des Sozialverhaltens von Hunden. Zudem sind unterschiedliche Eskalationsstufen des Aggressionsverhalten Bestandteil des Sozialverhaltens, die sich z.B. im Hinblick auf die Ressourcenverteidigung, sei es territorial, sexuell oder anders motiviert, äußern.
Sobald Welpen und Hunde in Kontakt mit Artgenossen oder Menschen kommen, werden sie sich mit ihrer eigenen Hundesprache ihrem Gegenüber also mitteilen, mit ihnen in Kontakt treten und interagieren. Je nachdem welche Situation vorherrscht, werden die Vierbeiner entsprechend darauf mit vielfältigen Verhaltensweisen reagieren und antworten, sei es beispielsweise mit beschwichtigendem, drohendem, ängstlichem Verhalten oder gar die offene Konfrontation bzw. Konfliktverhalten. Der Mensch in seiner Funktion als Sozialpartner hat ebenfalls seine eigene Herangehensweise, wie er mit dem Ausdrucksverhalten seines Hundes umgeht und entsprechend antwortet, vorausgesetzt, er versteht dessen Art der Kommunikation. Ein Zusammenleben mit einem Hund bedingt also, dass einerseits der Hund unser Verhalten, Körpersprache, Ausdrucksform, Sprache etc. lernt zu lesen und deuten, als auch wir dessen konträre Hundesprache studieren, um beide Welten zusammenzuführen und das jeweilige Verhalten der anderen Spezies anzupassen. Mehr zur Kommunikation Hund/Mensch findet ihr hier.
Um das individuelle Sozialverhalten zu erlernen und als Hundeindividuum zu entwickeln, ist eine frühzeitige Sozialisierung des Welpen mit Artgenossen das A und O und mit dem regelmäßigen Sozialkontakt zu anderen Hunden notwendig, um die unterschiedlichen Verhaltensweisen beim Interagieren und Zusammenwirken der Hunde untereinander zu üben, sowie die entsprechenden Verhalten auf- und auszubauen, sie zu verfeinern und im individuellen Verhaltensrepertoire aufzunehmen und zu verankern. Ohne das Miteinander unter Gleichgesinnten und damit die praktische Konfrontation, Beobachtung, Nachahmung und Anwendung artüblicher Verhaltensmuster, kann schließlich der einzelne Welpe/Hund sich nicht die typischen Umgangsformen und hundgerechten Regeln aneignen. Es braucht also bei den unterschiedlichen Begegnungen in denen zwischen Sozialpartnern interagiert wird, verhaltensseitige Aktionen und Kommunikationssignale, auf die der Welpe/Hund reagieren und sich ausprobieren kann, um dann aus den Antworten seines Gegenübers Schlüsse und Lehren für sein eigenes Verhalten zu ziehen. Durch regelmäßigen Sozialkontakt wird dann das Sozialverhalten sukzessive erweitert und und wie ein guter Wein reifen, wodurch sich die individuelle Sozialverträglichkeit und Sozialkompetenz entwickeln, die mit dem gegenseitigen Respekt, Rücksichtnahme, Akzeptanz, Vertrauen und sozialen Bindung, die Eckpfeiler und das Fundament für das Miteinander in einer Gruppe sind.
Um also das richtige Rüstzeug im Gesamten und im Hinblick auf das Sozialverhalten zu erhalten, sind wir als Hundehalter nach der Übernahme des Welpen gefragt, ihn mit Hilfe entsprechender Aktivitäten dahingehend zu unterstützen, dass er durch die richtigen Maßnahmen mit allen notwendigen Lernerfahrungen und Lerninhalten ausgestattet wird, um ein hohes Maß an Sozialverträglichkeit, Sozialkompetenz und ein breit angelegtes und qualitativ hochwertiges Sozialverhalten entwickeln zu können. Denn dies sind dann die besten Voraussetzungen, um sich angemessen und angepasst unter Artgenossen zu bewegen, die Kommunikationssignale und facettenreichen Verhalten einschätzen, deuten und verstehen zu können, sich damit am Ende des Tages mit seinem Gegenüber und Sozialpartner besser zu verstehen und der Lage entsprechend gebührendermaßen zu verhalten.
Aber auch im Hinblick auf ein Zusammenleben mit Menschen benötigt der Welpe eine intensive Sozialisierung, um mit dem Wesen Mensch und all seinen unterschiedlichen und ihm artfremden Verhalten vertraut gemacht zu werden und sich an die Spezies mit all ihren Eigenarten, zu gewöhnen und einzustellen. Der große Vorteil von Hunden ist in diesem Zusammenhang, dass sie äußerst soziale Wesen sind, die es von jeher gewohnt waren in Rudeln und demnach größeren Gruppen mit festen hierarchischen Sozialstrukturen zu leben, sich entsprechend zu integrieren, angepasst und respektvoll miteinander unter ihresgleichen zu leben, um für das Überleben aller gemeinsam zu sorgen. Da wir Menschen ebenso das Leben in Sozialgefügen, basierend auf vertrauensvollem und geordnetem Miteinander leben und präferieren, war dies die ideale Grundlage für das Domestizieren wildlebender Hunde zum heutigen Haushund und das Integrieren und Vergesellschaften für ein Zusammenleben an der Seite des Menschen. Hunde sind demnach perfekte Sozialpartner im Familienrudel, vorausgesetzt er wurde auf unsere Spezies umfassend sozialisiert, wir verstehen dessen Verhalten und Kommunikationsweise, führen als Rudelchef den rangniedrigeren Sozialpartner mit Souveränität, Konsequenz und Disziplin orientiert an festen Regeln, gewinnen dadurch dessen Akzeptanz als Autoritätsperson, Respekt und Vertrauen, schenken ihm ein ausgeprägtes Geborgenheits- und Sicherheitsgefühl und Befriedigen seine Bedürfnisse. Dann wird unser Vierbeiner mit allem Wenn und Aber stets mit uns durchs Leben schreiten, auch wenn hier und da einmal Diskrepanzen bestehen, die wir unmissverständlich mit klarer und eindeutiger Ansprache klären müssen, damit der Hund unsere Art und Weise der Kommunikation deuten kann, versteht und unsere Sprache wiederum verinnerlicht.
Wir wollen uns nun das Sozialverhalten von Hunden im Allgemeinen näher betrachten, da es wie bereits erwähnt, einerseits für unsere Hunde existentiell hinsichtlich dem Sozialkontakt mit Artgenossen ist und demnach ein wichtiger Baustein der Maßnahmen zur Persönlichkeitsentwicklung einnimmt, andererseits jeder Halter/Hundeführer ein tiefes Wissen und Verständnis über die verschiedenen Verhaltensweisen und dessen Ausdrucksformen aufbauen sollte, um stets etwaige Stimmungen richtig einschätzen, Verhalten früh zu antizipieren und entsprechend angemessen situativ auf den Hund einwirken zu können. Dies sichert Herrchen/Frauchen die Kontrolle über ihren Vierbeiner, da sie dessen Signale und Botschaften verstehen.
Was ist das Sozialverhalten bei Hunden?
Verhaltensweisen von Hunden, die miteinander oder mit Menschen interagieren.
Vom Wolf zum domestizierten Haushund
Unser heutiger Haushund, sei es ein Rassehund, Mischling oder Hybrid- bzw. Designerhund, stammt vom Wolf ab und über zigtausend Jahre hat der Mensch den Vierbeiner physisch, psychisch und damit auch von Seiten des Verhaltens, durch kontinuierliche Weiterentwicklung und Einflussnahme gezielt sukzessive domestiziert.
Wölfe wie auch Hunde haben aber eines weiterhin gemeinsam, denn sie bringen beide nach wie vor das Rudelverhalten mit, sprich die Hunde genießen das Zusammenleben in der Gemeinschaft und im Sozialgefüge, sei es mit Menschen und anderen Hunden oder zumindest bei jeglichem Aufeinandertreffen mit Artgenossen auf der Hundewiese, in der Hundeschule, beim Hundesport oder beim Spaziergang in der Natur. Sie gelten als sehr soziale und gesellige Tiere, die den Umgang und das Miteinander mit artgleichen und artfremden Spezies dem Alleinsein in aller Regel vorziehen, was nebenbei bemerkt auch die Schwierigkeit hinsichtlich dem Alleinbleiben zu Hause oder die problematische Zwingerhaltung und deren negativen psychischen/seelischen Folgen für die allermeisten Hundeindividuen durch die Ausgrenzung und Isolation, unterstreicht. Beides entspricht nicht den natürlichen Anlagen, die ein hochsoziales Lebewesen wie der Hund mitbringt. Er will lieber unter seinen Menschen oder Rudelpartnern verweilen.
Und deshalb kommt der Sozialisierung in der frühen Welpenentwicklung ein derart bedeutender Stellenwert zu, da hier die jungen Hunde durch beabsichtigte Begegnungen mit anderen Vierbeinern, Menschen und artfremden Tieren wie Katzen, Hasen, Vögeln etc. behutsam positive Erfahrungswerte sammeln müssen, um die unterschiedlichen Arten und deren arttypisches Verhalten kennen- und einschätzen zu lernen, sich an die jeweiligen Individuen schrittweise gewöhnen. Lernerfahrungen und soziale Interaktionen werden dem Welpe auf dem Weg zu einem gefestigten, gereiften und umweltsicheren Hund helfen, einen großen Erfahrungsschatz mit möglichst positiven Erlebnissen aufzubauen und davon ein ganzes Hundeleben zu profitieren, da er situativ jederzeit darauf zurückgreifen kann und angemessene Antworten parat hat. Denn anhand der Sozialisierungsmaßnahmen baut der Welpe/Hund sich das erforderliche Verhalten für den Sozialkontakt und das Zusammenwirken mit Menschen, Hunden und etwaigen weiteren Tierarten auf, um sein Verhalten ihnen anzupassen. Dies ist auch notwendig, schließlich soll der Vierbeiner in aller Regel in einer Familie leben und sich angemessen verhalten und dies setzt voraus, dass das eigene Verhalten durch den Kennenlernprozess und Umgang mit der jeweiligen Spezies, beim Gegenüber wunschgemäß ankommt, verstanden wird und ebenso dessen Botschaften und Kommunikationssignale verstanden werden. Dies bedarf aber durch stetigen Austausch und Umgang notwendige Erfahrungswerte, um sukzessive daraus ein sicheres und routiniertes Miteinander, möglichst ohne Kommunikationsdefizite und -missverständnisse, zu entwickeln. Neben der Sozialisierung mit Artgenossen und artfremden Individuen, steht in der Sozialisierungszeit auch die sogenannte Habituation im Fokus, sprich das Vertrautmachen und Gewöhnen mit allen möglichen Umwelteinflüssen und -reizen, wie etwa Motorengeräusche, Geräuschkulissen der diversen Haushaltsgeräte, optische und visuelle Signale, Gerüche etc.. Durch wiederholte bedachtsame Konfrontation mit diesen externen Reizfaktoren, wird der Hund diese alsbald als Normalität wahrnehmen, die für ihn uninteressant und bedeutungslos und entsprechend durch den Gewöhnungsprozess sein reaktives Verhalten sukzessive abmildern. Ein wichtiger Entwicklungsschritt in Richtung stabile Hundepersönlichkeit und im Hinblick auf das Sozialverhalten nötige Voraussetzungen, um eine soziale Bindung und Beziehung eingehen zu können.
An dieser Stelle sei auch angemerkt, das für die Entwicklung des Sozialverhaltens in Gänze, viele Einflussfaktoren zusammenwirken, denn Haltebedingungen, Prägung, Habituation, Sozialisierung, Erziehung und Ausbildung und nicht zu Letzt rassebedingte Anlagen, genetisch vererbte Vorgaben und alle sonstigen individuellen Kriterien und Merkmale eines jeden einzelnen Hundeindividuums, spielen eine bedeutende Rolle, was die Persönlichkeitsstruktur, das damit verbundene Gesamtverhalten, inklusive der Qualität des Sozialverhaltens, sowie der individuellen Sozialverträglichkeit und erlangten Sozialkompetenz, betrifft. Natürlich kommen zu den vorgenannten Faktoren situative Einflüsse, die aktuelle Stimmungslage des Hundeindividuums, gesundheitliche und hormonelle Größen hinzu, die allesamt gemeinsam für das fall- und situationsabhängige Verhalten verantwortlich sind.
Durch eine umfassende und breitangelegte Sozialisierung, kommen dem Welpe Erfahrungen verschiedenster Art zuteil, die sein Verhalten beeinflussen und ihn in die Lage versetzten, mit wechselnden Situationen im Alltag, beeinflusst durch diverse Umwelteinflüsse, auf Grund gelernter Anpassungsfähigkeit klarzukommen. Dies betrifft alle und alles, auf die der jeweilige Vierbeiner sozialisiert ist.
Aber dies darf nicht auf Teufel komm raus stattfinden, denn Überforderung und Stress werden dem Welpe zusetzen und für negative Erfahrungen sorgen. Und negative Erfahrungswerte prägen sich in der Sozialisierungsphase ebenso ein, wie die positiven und angenehm empfundenen Erlebnisse. Negative Einflüsse aus Begegnungen mit Artgenossen, Menschen, anderen Tieren und sonstigen Umwelteinflüssen, sind dann perspektivisch betrachtet genauso schädlich für die Formung der Persönlichkeitsstruktur und des resultierenden Verhaltens, als eine etwaige behütete Aufzucht unter Ausschluss jeglichen Sozialkontaktes, sprich in Isolation. Die Folgen wären katastrophal, denn soziale Unsicherheit, Angst bis hin zu Störungen, können sich dann beim Hund als Konsequenz ausbilden und jegliche Überlebensfähigkeit mit anderen artgleichen oder artfremden Individuen in Frage stellen.
Daher sollten wir als verantwortungsbewusste Halter alles dafür tun, dass wir der Bedeutung unserer Verantwortung bei der Aufzucht unseres Hundes bewusst sind und alles Erdenkliche im Sinne des Vierbeiners unternehmen, um ihn von Anfang an richtig zu prägen, habituieren, sozialisieren und zu erziehen.
Durch die richtigen Maßnahmen im Umgang mit Menschen und anderen Tieren, wird das Wesen und die Persönlichkeit des Hundes erst so ausgeformt, wodurch er sich im wahren Leben zurechtfindet und beziehungsfähig im Sozialverband, ob mit Menschen und/oder Hunden, ist.
Die erste Gemeinschaft in der Welpenkiste
Ab dem Tag der Geburt werden sich die einzelnen Welpen ins Kollektiv mit ihren Elterntieren und den Wurfgeschwistern einordnen und finden schnell ihren Platz innerhalb der Gemeinschaft des Rudels.
Aber auch innerhalb des Wurfs und der Rudelstruktur werden bereits Positionen verteilt, mit der Mutter und ggf. Vater an der Spitze. Hier bekommen die Welpen nun die ersten Erfahrungen innerhalb einer Gruppe und ihrer Familie vermittelt, sei es bei Spiel und Spaß, bei den Mahlzeiten am Gesäuge der Mutter und später am gefüllten Napf oder gar bei den ersten Erziehungsmaßnahmen durch die Elterntiere, wo situativ auch mal ein Welpe bei unerwünschtem Verhalten zurechtgewiesen wird.
Und eines ist klar: Es wird hier immer Charaktere/Persönlichkeiten unter den Welpen geben, die etwas extrovertierter, mutiger, stärker und durchsetzungsfähiger geprägt sind, sprich zur Durchsetzung eigener Interessen auch mal die Ellenbogen einsetzen, hierbei mitunter dominanter auftreten und sich im Umgang mit Brüderchen/Schwesterchen und den anwesenden Elterntieren, mehr trauen und ihre Grenzen ausloten. Dies zieht sich oftmals dann im wahren Hundeleben so weiter, denn hieraus erwachsen und entwickeln sich häufig selbstbewusste Hundepersönlichkeiten, die dann innerhalb einer innerartlichen Gruppe, auch eine privilegierte Rolle und Position in der hierarchischen Gruppenstruktur für sich beanspruchen und einnehmen.
Bezüglich des Verhaltens kommen den erwachsenen Rudelmitgliedern, sei es nur das Muttertier, Mutter und Vatertier, oder gar weiterer anwesender Adoleszenten wichtige Funktionen im Hinblick auf erzieherische Maßnahmen und Vermittlung von Lerninhalten, zu. Dies gilt für freilebende Hunderudel, als auch für etwas größere Hundepopulationen in einer Zuchtstätte oder dem Wurf in Privathand gleichermaßen. Denn die erwachsenen Vierbeiner überwachen das Einhalten von Regeln und Grenzen und werden bei unangemessenem Umgang unter den Welpen oder bezüglich Verhalten eines Welpenindividuums einem erwachsenen Hund gegenüber, reagieren und einschreiten. Damit werden die ersten Schritte in Richtung gezielter Verhaltensabbrüche zu beobachten sein und Beschwichtigungssignale oder Unterwürfigkeitsgesten ausgesendet.
Aber auch unter den Hundewelpen sorgen bestimmte Handlungen als regulatorische Erziehungsmaßnahme für das Gegenüber, die durch die damit gemachte Erfahrung, Einfluss auf das Ausbilden des Sozialverhaltens des einzelnen haben. Sprich dem Welpenindividuum wird durch sein Wurfgeschwisterchen eine reaktive Antwort auf ein unangemessenes Verhalten zuteil, wodurch der betreffende Welpe lernt, was im Umgang mit seinem Sozialpartner erlaubt ist oder bereits die Grenzen des Guten überschreitet. Dadurch wird der Welpe einen Veränderungs- und Lernprozess durchlaufen und sein Verhalten zukünftig anpassen.
Wie sieht dies in der Praxis in der Welpenkiste aus?
Geht ein Hundewelpe z.B. im Spiel mit seinen Brüderchen/Schwesterchen zu weit, so wird sein Verhalten durch das Abbrechen der geliebten und spaßbringenden Handlung bestraft, die Welpen wenden sich ab und ignorieren den "Übeltäter". Dieser begreift dann, dass er sich gegenüber seinem Sozialpartner falsch verhalten hat und zukünftig mit weniger groben Umgangsformen am Spiel mit seinen Geschwistern teilnehmen sollte.
Oder aber einer der Welpen klettert permanent auf der Mutter herum, beißt ihr ständig in Nacken und in die Ohren, nervt trotz eindeutiger Signale immer weiter und missachtet dabei gewisse arttypische Verhaltensnormen. Die Mutter wird dem Welpen mit Hilfe klarer Kommunikationsmittel der Hundesprache und durch ihr entsprechendes Verhalten, die Grenzen aufzeigen. Die Erziehungsmaßnahme kann beispielsweise durch kurzes Anknurren oder dem Aufstehen und Distanzieren vermittelt werden. Ist das Beißverhalten des neugeborenen Welpen zu grob, so kann die Reaktion der Mutter bis hin zum sogenannten Schnauzengriff gehen, bei dem die Hündin mit ihrem Maul die Schnauze des Welpen vollumgreift und ihn vorsichtig herunterdrückt, um ihm damit klar zu machen, dass sein soeben gezeigtes Verhalten unerwünscht und nicht tolerabel ist. Natürlich wird sie so behutsam vorgehen, dass ihr Zögling nicht verletzt wird, sondern nur die Geste als solche versteht. Die Ansage der Mutter wird einerseits eine wichtige Lektion auf dem Weg der Entwicklung seiner Beißhemmung und anderseits eine bedeutsame Lehre für die Ausbildung der richtigen Verhaltenszüge beim Umgang mit seinen Artgenossen darstellen.
All dieses sind wichtige erste Lernsequenzen für das Ausbilden des Sozialverhaltens in seiner ganzen Komplexität, warum die Welpen auch möglichst lange im Wurf und bei ihrer Mutter verbleiben sollten, da sie hier wichtige erste Fähigkeiten und Fertigkeiten für ihr weiteres Hundeleben entwickeln. Sprich die Welpen gehen bereits sehr früh bei der Aufzucht und den ersten Lebenswochen während des Zusammenlebens mit ihren Blutsverwandten, durch die ersten bedeutsamen Unterrichtsstunden in der Schule des Lebens. Hier werden die entscheidenden Weichen für ihren ausbildungsseitigen Lebenspfad gelegt, um im weiteren Verlauf durch fremde Artgenossen außerhalb der Wurfkiste und seine Bezugsmenschen mit neuen Lernerfahrungen in der Interaktion gefüttert und weitergebildet zu werden.
Die Prägung und Sozialisierung innerhalb der Welpenentwicklung
Über die einzelnen Phasen der Welpenentwicklung haben wir bereits einen sehr ausführlichen und lesenswerten Artikel geschrieben, da die einzelnen Welpenphasen während der Aufzucht sowohl biologisch als auch verhaltenspsychologisch einen so hohen Stellenwert für die Entwicklung jedes einzelnen Welpenindividuums einnehmen und folglich die Verantwortung und damit verbundene Aufgaben des jeweiligen Halters äußerst umfangreich, mitunter nervenaufreibend und sehr zeitintensiv sind. Denn Versäumnisse, Mängel und Fehler können nachträglich nicht einfach ausgebügelt werden, wodurch den weiteren Maßnahmen der notwendige feste Unterbau fehlt. Und das ist dann durchaus verzwickt und kompliziert, da vieles sich gegenseitig bedingt, aufeinander aufbaut und miteinander verzahnt ist. Daher brauchen die Welpen in den ersten Lebenswochen enorm viel Fürsorge, Aufmerksamkeit und Unterstützung, erst von ihren innerartlichen Erziehungsberechtigten und Geschwistern und dann ab der Übernahme, von ihren Bezugsmenschen, um ihnen in dem kurzen Abschnitt ihrer Frühphase, die richtigen Lernerfahrungen und das daraus entwickelte Rüstzeug für ihren weiteren Lebensweg mitzugeben, damit sie zu einem umweltsicheren und sozialverträglichen Hund erwachsen.
Warum dies so ist? Weil die Persönlichkeit und das Verhalten von Hundewelpen, wie bereits weiter oben beschrieben, von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Und mit ihrer Geburt mögen zwar genetische und rassespezifische Vorgaben vorhanden sein, die ebenfalls die artüblichen und individuellen Verhaltensweisen eines jeden Welpen-/Hundeindividuums beeinflussen, aber externe Umwelteinflüsse und hierdurch erlangte Erfahrungswerte, sind zu diesem Zeitpunkt Mangelware. Sprich, das individuelle Verhaltensrepertoire mag mit vereinzelten Verhalten ausgestattet sein, aber komplett ist es ohne die nun folgenden Lerninhalte durch Elterntiere und Geschwister im ersten Schritt und die anschließenden Lernerfahrungen durch das Zutun von Herrchen/Frauchen, bei Weitem nicht. Für eine sichere und angepasste Alltagstauglichkeit mit Artgenossen, Menschen, artfremden Tieren und allen Umwelteinflüssen des täglichen Hundelebens, gibt es einiges zu tun.
Und hier beginnt alles im Kreis der eigenen Familie, sobald die körperlichen Voraussetzungen und Sinnesorgane vom Entwicklungsstand dies zulassen und dann geht vieles rasend schnell. Durch das Spielverhalten mit den Wurfgeschwistern und im Umgang mit den Elterntieren, sammeln die neugeborenen Hunde wichtige Erfahrungen, ziehen Lehren und eignen sich eigene Fähigkeiten durch die Rückmeldungen, innerartliche Kommunikation, Körpersprache und Ausdrucksverhalten, wenn sie im Spiel, beim Toben, Raufen, Zerren, Beißen, Kämpfen und Jagen untereinander interagieren, an. Selbiges gilt dann zukünftig bei weiteren Erlebnissen und Zusammentreffen mit fremden Welpen und Hunden, so z.B. im Welpenkurs der Hundeschule, die allesamt auf das Konto des Sozialverhaltens und damit für die Entwicklung der Sozialverträglichkeit und Sozialkompetenz, einzahlen.
Weitere Unterstützung erhalten sie optimalerweise zuvor in der Zuchtstätte von ihren kompetenten und fürsorglichen Züchtern, die durch spielerische Vermittlung von notwendigem Basiswissen im Umgang mit der Umwelt, Hunden und Menschen, ein gutes Fundament für den Start ihrer Prägung und Sozialisierung jedem Welpenindividuum mitgeben. Viele Zuchtverantwortliche gehen hier sehr sorgsam mit der Nachzucht um und legen größten Wert, dass ihre Welpen bereits zahlreiche prägende und sozialisierende Maßnahmen vor Abgabe erfahren haben, damit die zukünftigen Besitzer nicht bei Null anfangen müssen, sondern die Welpen bereits erste positive Berührungspunkte mit diversen Umweltreizen und sozialen Kontakt zu menschlichen Wesen, Artgenossen und ggf. anderen Tieren hatten.
Die Sozialisierungsphase findet in der 8. bis 12. Lebenswoche der Entwicklungszeit des Hundewelpen statt. In dieser Lebensphase steht ein entscheidender Einschnitt im bisherigen Leben des jungen Hundes an: Die Trennung von der Mutter und den Geschwistern als bisherige Sozialpartner und die gleichzeitige Übernahme durch die zukünftigen Besitzer und damit neuen Vertrauenspersonen. Idealerweise hatte der Welpe in den letzten Wochen schon mehrfach Sozialkontakt zu seiner neuen Familie, da diese ihn in der Zuchtstätte besucht hat und somit bereits einen guten Anfang für die soziale Bindung und ersten Schritte in Sachen Vertrauensaufbau und Gewöhnung gehen konnte. Ist dem so, wird die Zäsur durch die Trennung von seinem bisherigen vertrauten Rudel nicht ganz so extrem, da sich die neuen Sozialpartner bereits etwas näher kennen und damit sich der Wechsel einfacher verarbeiten lässt.
Nun stehen für die neuen Halter des Hundewelpen viele wichtige Lernschritte und Lerninhalte auf dem Programm, denn der junge Hundewelpe benötigt vielfältige und bedeutsame Erlebnisse und Erfahrungen, die das Wesen, Temperament und damit die Persönlichkeit weiter formen und prägen werden. Hinsichtlich der Sozialisierung müssen die Welpen in ihr neues Lebensumfeld ihrer Sozialpartner integriert und mit ihnen intensiv sozialisiert werden, hinzu kommen die Begegnungen mit anderen Hunden, sei es im Welpenkurs der Hundeschule, dem Spielen im Hundekindergarten mit Welpen und Junghunden oder bei anderen Treffen mit Artgenossen, um die innerartlichen Regeln und Verhaltensweisen unter Artgenossen auf den bisher erlangten Fähigkeiten innerhalb des familiären Rudels, weiter auszubauen und zu spezifizieren. Hier sorgen die anderen Vierbeiner dafür, dass der junge Hund das notwendige Rüstzeug durch die gemeinsame Interaktion für ein gesundes Sozialverhalten erhält und die artübliche Kommunikationssprache und das Ausdrucksverhalten untereinander verstehen lernt. Der Welpe darf sich im Umkreis anderer Hunde versuchen, üben, beobachten, nachahmen und auf Rückmeldungen sein eigenes Verhalten anpassen, sprich das Einstudieren des Sozialverhalten ist ein dynamischer Prozess, der sich bis zum Beherrschen der Normen verändert und stetig verfeinert. Schließlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen - die gilt auch für das Aneignen des Sozialverhaltens. Ferner wird der Welpe auch mit fremden Menschen bei den Hundebegegnungen zusammenkommen, so dass auch der Umgang mit dem artfremden Wesen immer mehr zur Normalität erwächst. Ab und an können dann gezielt Besucher nach Hause eingeladen werden, um auch in der gewohnten Umgebung die Sozialisierung mit weiteren Personen voranzubringen, denn auch hierbei wird er durch die Auseinandersetzung mit den Verhaltensweisen und Ausdrucksformen des Menschen weiter geschult, sein Verhalten darauf anpassen und sein Sozialverhalten im Umgang mit menschlichen Wesen einüben.
Auch in der Familie werden Regeln und Grenzen aufgestellt, damit ein geordnetes und funktionierendes Zusammenleben möglich ist. Der Welpe wird in den Sozialverband integriert und bekommt seine zukünftige Position zugewiesen. Damit erhält der junge Hund seinen Platz in der Rangfolge des bestehenden sozialen Familiengefüge, muss sich anpassen und dort einbringen. So wie im bisherigen Rudel in der Welpenkiste wird der Familienrudel von einer Autoritätsperson, dem Rudelführer, durch souveränes auftreten, konsequent und diszipliniert geführt. Durch das intensive tägliche Miteinander und den Führungsstil, wird der Welpe schnell die Hauptbezugsperson als Leitfigur akzeptieren, ihr überall in den nächsten Wochen hinterherlaufen und sich von ihr leiten und steuern lassen. Perspektivisch wird dann der Welpe durch den aufgebauten und erarbeiteten Respekt, sich bereitwillig unterordnen und wenn alle verantwortlichen Familienmitglieder an einem Strang ziehen, dieselbe Sprache im Hundealltag sprechen und niemand die geltenden "Hunderegeln" vernachlässigt oder im Umgang mit dem heranwachsenden Vierbeiner bricht, so wird dessen rangniedrigste Position in der Rangordnung zwangsläufig manifestiert. Somit erhält der Vierbeiner wichtige Leitplanken, an denen er sein Verhalten ausrichten kann und wird sich an seiner Familie stets orientieren, da er ihnen vertraut und sich auf Grund der gemachten Erfahrungen in deren Händen sicher fühlt. Wir wissen, das sich diese Idealvorstellung einfach anhört, aber in der Praxis nicht immer leicht zu praktizieren ist, dennoch unbedingt für ein harmonische soziales Miteinander angestrebt werden sollte.
Dies geschieht im Grunde nach demselben Schema, wie bei freilebenden Wildhunden und Wölfen, in deren Rudel ein Tier die Position des Rudelführers innehat und eine feste Rangordnung als Struktur innerhalb der weiteren Rudelmitglieder vorherrscht. Und ohne das Grundgerüst des eingeübten und vorhandenen Sozialverhaltens, ist dies weder im Familienverbund als Haushund, noch innerhalb eines Rudels möglich. Schließlich funktioniert ein soziales Miteinander nur wenn die Sozialpartner sich gegenseitig respektieren, vertrauen, verstehen und soziale Regeln und Verhaltensnormen erlangen, leben und im Sinne der Gruppe einhalten.
An dieser Stelle wollen wir unbedingt auch Hundeanfänger und -neulinge sensibilisieren, bei der Auswahl des entsprechenden Hundewelpen oder Hundes darauf zu achten, dass sie nicht unbedingt den dominantesten, temperamentvollsten und charakterstärksten Welpen aus einem Wurf auswählen oder einen älteren Vierbeiner mit ebendiesen Wesensmerkmalen anschaffen, da hier für die Haltung und den weiteren Umgang, viel Erfahrung und Sicherheit für einen reibungslosen und sozialverträglichen Alltag unerlässlich sind. Ansonsten könnte es durch die fehlende Praxis und etwaige Versäumnisse oder Fehler bei der Aufzucht, Erziehung und Ausbildung sowie tägliche Führen des Hundes, perspektivisch zu Verhaltensproblemen und unerwünschten Verhaltensweisen kommen. Lernt der Welpe oder Hund nicht das richtige Sozialverhalten von Anfang für das Leben in einem fest vorgegebenen Sozialgefüge, ob unter Menschen und/oder Hunden, so wird durch dessen soziale Unsicherheit das Miteinander herausfordernd und zu Teilen mitunter für das Gesamtgefüge oder einzelne Individuen belastend.
Wie wichtig die richtigen Maßnahmen als Halter bei der Aufzucht der Welpen bis zum Status des Junghundes und der Geschlechtsreife sind, veranschaulicht das Beispiel anhand der Beißhemmung eines jeden einzelnen Hundeindividuums. Darf der Welpe von Anfang an ständig ungehemmt in die Hände und Beine seiner Familienmitglieder sich verbeißen und wird, wie es vielfach unwissentlich geschieht, sogar animiert und beim Spielen und Raufen mit der Hand im Maul des Welpen hin- und hergeschüttelt, so verfestigt sich der Anschein, dass dieses Verhalten das Normalste der Welt ist und jederzeit nach Belieben aus dem Verhaltensrepertoire hervorgeholt und angewendet werden kann. Folglich wird der heranwachsende Hund zu einem späteren Zeitpunkt ohne Wenn und Aber aggressives Verhalten freier, ungehemmter zeigen und etwaig ausleben, wodurch das Level der Beißhemmung beim Austragen einer Auseinandersetzung und Konfliktsituation mit großer Wahrscheinlichkeit niedriger verankert sein wird, als bei einem Artgenossen, der von Anfang an hinsichtlich der Ausprägung der Beißhemmung klare Regeln und Grenzen aufgezeigt bekommen und somit gelernt hat, mit gewissen Verhaltensweisen und Aggressionen dosiert und verhältnismäßig umzugehen.
Anhand des Beispiels der Entwicklung der Beißhemmung wird augenscheinlich, wie wichtig die richtigen Maßnahmen und Herangehensweise in Sachen Ausbildung eines Hundewelpen in der Aufzuchtphase ist und welche Verantwortung bei der Mutter/Elterntiere und auf Seiten des verantwortlichen Halters liegt. Denn hier gibt es nur einen Weg, der eingeschlagen werden kann und dieser muss äußerst umsichtig, akribisch und ernsthaft bestritten werden, da einfach der Entwicklungsprozess der jeweiligen Hundepersönlichkeit hinsichtlich dessen zukünftigen Verhalten seiner Umwelt gegenüber, zu bedeutend ist, als das man hier "laissez-faire" vorgehen könnte, frei nach dem kölschen Leitspruch: Et hätt noch immer jot jejange. (Für Nicht-Reinländer: Es ist noch immer gutgegangen.)
Natürlich ist es aus Sicht des Halters und allen sonstigen Bezugspersonen inklusive der Kinder nicht einfach, von Tag 1 konsequent vorab besprochene Regeln und Umgangsformen stets einzuhalten, wenn man dann den frisch eingezogenen Welpe vor sich sieht, er tapsig, neugierig und forsch sich an allem ausprobiert und beim Spielen mit seinen Menschen mitunter seine Zähnchen einsetzt und in die Hände haut, sich dabei fallen lässt und einen dabei auch noch mit seinen dunklen Kulleraugen anschaut. Wenn man hier statt Einhalt zu gewähren und wie das Muttertier oder die Geschwister das Spiel aus Lernzwecken und erzieherischer Sicht nicht sofort beendet, sondern durch eigenes unbedachtes Zutun in der Interaktion den Welpe gar weiter animiert, dann wird dieser auf Grund des Fehlers seiner "Erziehungsbeauftragten" falsche Schlüsse für seinen zukünftigen Umgang mit Artgenossen und artfremden Spezies daraus ziehen - sprich unerwünschtes Verhalten aufbauen und in seinem Verhaltensrepertoire aufnehmen. Mit der Konsequenz, dass dieser Bestandteil des Sozialverhaltens für einen zukünftigen Umgang mit anderen Individuen unangemessen in einer Konfliktsituation ausfallen wird, da er es schließlich nicht anders gelernt hat und durch unangebrachtes Beißverhalten nun ggf. unbeabsichtigterweise durch die Fehlprägung im Welpenalter, sogar in Verruf geraten kann. Mehr zum Thema Beißhemmung könnt ihr gerne in unserem ergänzenden Artikel lesen.
Abschließend kann man zusammenfassend sagen, dass die Welpen von Geburt an durch natürliche Instinkte und ihr Verhalten die Welt entdecken, kennenlernen und mit Hilfe ihrer Sozialpartner, sei es der Mensch oder Hund, durch gemeinsame Handlungen und Aktivitäten im Wesen geprägt und sozialisiert werden. Durch Rollenspiele mit ihren Geschwistern, später auch mit fremden Hunden und den Menschen, werden sie u.a. durch Spielen und Raufen, Beißspiele, Zerrspiele und Jagdspiele nach dem Trail & Error mit Gestik, Mimik, Körpersprache und weiteren Kommunikationselementen geschult, die allesamt die Entwicklung ihres Sozialverhalten zu Mensch und Hund in allen Facetten vorantreibt. In beiden Welten, sei es im Umgang mit Menschen oder Hunden, gelten schließlich Regeln und Grenzen, die durch die entsprechenden Leitplanken innerhalb eines Sozialgefüges zu erlernen und folglich einzuhalten gilt, sei es nun für das Leben in der Familie oder auf der Hundewiese.
Positiver Kontakt zu Menschen und Hunden ist lebensnotwendig
Positiver Kontakt und Umgang mit Menschen und anderen Hunden ist damit der Grundstein für das Abspeichern positiver Erlebnisse, die der Welpe sich einprägt und auf die er immer wieder im weiteren Verlauf seines Lebens situativ zurückgreifen wird.
Gleiches gilt entsprechend für negative Erfahrungen, die ebenfalls für immer gegenwärtig sein werden und demnach in der Welpenfrühentwicklung während der Präge- und Sozialisierungsphase tunlichst vermieden werden sollten. Denn sonst wird der Welpe und Hund einer bestimmten Situation gegenüber, zukünftig negativ voreingenommen sein und sich Angstverhalten, Scheu und Stress im Gehirn und dem Seelenleben des Welpen und Hundes auf ein konkretes Erlebnis ausbilden und abspeichern.
Noch eine Eskalationsstufe schlimmer und extremer wird der Einfluss auf den Welpen sein, wenn dieser von Kindesbeinen an von der Außenwelt und von Artgenossen abgeschirmt und später in einer reinen Zwingerhaltung, ohne jeglichen Sozialkontakt zu anderen Hunden und Menschen gehalten wird. Dieser Hund wird nicht in der Lage sein, mit Artgenossen zusammenzukommen und sich mit diesen derart auseinanderzusetzen, wie es bei einem richtig gesund sozialisierten Hund der Fall ist, der die Regeln und Verhaltensweisen eines Rudels kennengelernt hat - sprich über die artüblichen Fähigkeiten und Verhaltensnormen verfügt. Zwangsläufig würden in diesem Fallbeispiel vermutlich große Problemverhalten auftreten, die je nach Hundeindividuum schwer kalkulierbar sind, da ihm nie das Sozialverhalten in der gesamten Breite und Tiefe beigebracht wurde und jeglicher Außenkontakt zu Menschen und Hunden durch die Isolation verwehrt blieb. Wie soll sich ein Hund mit einer solchen Vorgeschichte und bisherigem Lebenslauf zurechtfinden und richtigerweise verhalten? Eine Überforderung in jeglicher Hinsicht ist nur zu verständlich, er ist den Reizeinflüssen seiner Umwelt schlichtweg nicht gewachsen, quasi für ein normales Hundeleben nicht überlebensfähig, was zwangsläufig zu sozialer Unsicherheit und Mangel an sozial lebenswichtiger Anpassungsfähigkeit führt.
Kurz: Ohne artgleichen und artfremden Sozialkontakt, der durch positive Lernerfahrungen geprägt ist, ist jegliches Hundeindividuum nicht in der Lage artübliches und artfremdes Verhalten kennenzulernen und sein eigenes angepasstes Verhalten aufzubauen, mit Sozialpartnern angemessen zu interagieren und soziale Bindungen einzugehen. Sprich, regelmäßiger Sozialkontakt ist für diese hochsozialen Wesen überlebenswichtig.
Was gehört alles zum Sozialverhalten bei Hunden?
Von Sozio-positivem Verhalten, über Submissives Verhalten bis zu Beschwichtigungsverhalten.
Arten und Kategorien von Sozialverhalten
Das hochkomplexe Sozialverhalten bei Hunden, wird wissenschaftlich in verschiedene Arten von Verhalten unterteilt und von den Vierbeinern beim gemeinsamen Interagieren auf vielfältige Weise zur Bildung und Erhaltung von sozialen Gefügen angewendet.
Im Grunde umfasst das Sozialverhalten die notwendigen Regeln, Umgangsformen und folglich Verhaltensweisen bei jeglicher Begegnung unter Hunden und mit Menschen, die auf reaktive oder proaktive Handlungen durch die Kommunikation und das Ausdrucksverhalten miteinander folgen.
Die Bandbreite des Sozialverhalten reicht von positiv und friedlich motivierten Zügen, bis hin zu Verhalten mit einem rivalisierenden und konkurrierenden Hintergrund. Man differenziert hier Verhaltensweisen, die der Distanzverringerung oder Distanzvergrößerung dienlich sind, sprich durch den Wunsch und die Intention, sich einem Sozialpartner anzunähern oder zu distanzieren, motiviert ist.
Von Seiten der Verhaltensforschung wird beim Sozialverhalten der Canidean zwischen zwei Kategorien differenziert. Einerseits sind dies die Sozio-positiven Verhalten und demgegenüber stehen die Sozio-negativen Verhalten.
Alle Verhaltensweisen, die sich im Gesamtgefüge und den Funktionskreisen des Sozialverhaltens bei den Hunden wiederfinden, werden bei Rollenspielen im Alltag, beim Spielen und miteinander Verweilen trainiert und geprobt, wodurch der Sozialkontakt für den Entwicklungsprozess jedes einzelnen Hundeindividuum so wichtig ist. Denn das Sozialverhalten kann nur in der Interaktion mit Artgenossen oder anderen Individuen eingeübt und stetig in seiner Qualität ausgebaut und verfeinert werden.
Das spielerische Raufen, Rangeln, Toben und ritualisierte Schaukampfspiele gehören zwangsläufig für das Erlernen der Kommunikationsmittel und hundüblichen Verhaltensweisen untereinander dazu, denn sie schulen jedes Hundindividuum dahingehend, wie er sich in Gegenwart von Artgenossen und in einer bestehenden Rudelstruktur zu verhalten und integrieren hat. So sind Aufforderungsgesten mit starkem Bellen und Zähnezeigen, Imponiergehabe, Drohverhalten, offensive Drohgebärden mit Beißhemmung, Anspringen und Umwerfen des Kontrahenten, Unterwürfigkeitspositionen, Dominanz, Vorderkörpertiefstellung, über dem Gegnerstehen zum Signalisieren des Sieges, normale Bestandteile des Ausdrucksverhalten innerhalb Kommunikation und innrartlichen Verständigung der Sozialpartner.
Damit lernt der Vierbeiner schnell zu erkennen, ob es sich nun bei den gezeigten Verhaltensweisen, sei es Sozio-positives oder Sozio-negatives Verhalten, um Spaß und Spiel handelt oder es bitterer Ernst und Realität ist. Es ist die klassische Hundeschule, die die Vierbeiner durchlaufen und immer wieder üben müssen, um einen hohen Grad an Sozialkompetenz aufzubauen und sozialverträglich mit anderen Hunden umgehen zu können. Kurzum, Übung macht den Meister.
Zudem sorgen die Verhaltensarten für eine verbesserte Fitness des einzelnen Hundeindividuum, was wiederum die Fitness der gesamten Gruppe stärkt, gesünder macht und damit das Sozialgefüge in Gänze schlagkräftiger ausgestattet ist, wenn man an freilebende Rudel denkt, die für ihr Überleben in der Natur bestens aufgestellt sein müssen.
Sozio-positives Verhalten und Funktionskreise
Sozio-positives Verhalten ist ein freundliches, wohlgesonnenes und in friedlicher Absicht gezeigtes Verhalten durch den Hund im Kontext von Begegnungen von Hunden untereinander oder mit Menschen zu Beginn des Sozialkontakts. Die sozialen Verhaltenszüge und Handlungen des Sozio-positivem Verhalten werden beim Annähern und auf dem Weg der Distanzverkürzung zu den einzelnen Interaktions- und Kommunikationspartnern abgerufen. Aus der Interaktion wird folglich eine Art von Kommunikation folgen.
Beispielhaft gehören folgende Verhaltensweisen wie das Schwanzwedeln, Vorweglaufen und Folgen, Putzen, Belecken, Beknabbern, Fellbeißen, Schnauzenzärtlichkeiten, Umgarnen, Aneinanderreiben und Ankuscheln, Beschnuppern, Anal- und Genitalwittern und jeglicher Körperkontakt wie Ablegen des Kopfes auf dem Rücken des Sozialpartners, dazu. Auch ruhiges, entspanntes und verträgliches Zusteuern, Hand ausstrecken zum Beschnuppern, Streicheln, Schmusen, jedwede Zuwendung, soziale Unterstützung bzw. social support in Stresssituationen, freundliches Ansprechen und Reden, sowie Belohnungselemente durch den menschlichen Kontakt- und Sozialpartner, sind Gegenstand des Sozio-positiven Verhalten.
Kurzum, Sozio-Positives Verhalten sind Kommunikations- und Verhaltenssignale, die bei Kontaktaufnahme zum Beziehungsaufbau oder der Beziehungspflege innerhalb eines Sozialgefüges, in guter und friedvoller Absicht, vom Hund an sein Gegenüber ausgesendet werden, damit das Aufeinandertreffen in positiv gestimmter Atmosphäre ablaufen kann. Das Verhalten wird im Rudel als stabilisierend und festigend für das Sozialgefüge und die Gemeinschaft angesehen und zahlt damit auf die Bindung der Mitglieder untereinander ein. Es stärkt den Zusammenhalt der Gruppe bzw. das Verhältnis der Interaktionspartner.
Der Hund wird sich somit aufgeschlossen und in entspannter Stimmung seinen Sozialpartnern gegenüber präsentieren und offen für die Kontaktaufnahme und die soziale Annäherung zeigen. Er wird alles dafür tun und mit entsprechenden Verhaltensweisen auftreten, die günstig und einen wertvollen Beitrag für den weiteren Verlauf der Begegnung und den Beziehungsstatus Einfluss nehmen und seinen/seine Kontaktpartner positiv stimmen.
Allelomimetisches Verhalten
Das Allelomimetische Verhalten bedeutet im Grunde ansteckendes, nachahmendes und animierendes Verhalten, sprich ein Verhalten eines Hundes oder einer Hundegruppe überträgt sich auf einen anderen Artgenossen oder mehrere andere Hunde und diese ahmen dasselbe Verhalten nach. Das Allelomimetische Verhalten ist dem Sozio-positiven Verhalten zugeordnet.
Im Grunde wird ein weiteres Hundeindividuum oder mehrere Hunde durch ein bestimmtes Verhalten zum Mitmachen aufgefordert, wodurch die Handlung ebenfalls ausgeführt und übernommen wird.
Das Allomimetische Verhalten wird als gruppenbindende Verhaltensweisen bezeichnet, was sich unweigerlich positiv auf den Zusammenhalt und die Stabilität des Sozialgefüge auswirkt, die gesamte Stimmung und Verbundenheit einer Gemeinschaft hebt und stärkt, sowie das Miteinander für jeden einzelnen angenehmer macht.
Einen weiteren Vorteil, den das Allelomimetische Verhalten noch bietet ist die Tatsache, dass durch das Nachahmen, das Zusammenumsetzen und Mitmachen desselben Verhaltens, der Lerneffekt, die Lernkurve und die Leistungsbereitschaft bei der Umsetzung verschiedenster Handlungen durch die Gruppendynamik ebenfalls steigt. Dies kann der Halter sich für die unterschiedlichsten Arbeiten mit dem Welpen und Hund zu Nutze machen, ob Erziehungs- und Ausbildungsthemen anstehen oder es sich um Aktivitäten beim Hundesport handelt. Die beschriebene Stimmungsübertragung wird ähnlich für den Teamspirit bei Sportwettkämpfen oder früher bei der Motivation von Soldaten eines Heeres vor dem Kampfeinsatz und der Schlacht genutzt.
Aber auch im negativen Sinn kann sich ein Verhalten von einer Person auf die andere, von einem Hund auf den anderen oder gar von einem Halter auf dessen Hund übertragen. Denke man nur an die Hunderunde eines Hund-Mensch-Team, bei dem der Halter und Hundeführer der eigentliche Rudelführer und das Leittier abgeben sollte, der selbstsicher im Auftritt, entspannt und gutgelaunt mit seinem tierischen Partner an der Leine unterwegs sein sollte, damit er im Falle einer Gefahr oder bedrohlichen Begegnung mit einem anderen Artgenossen, seinen Sozialpartner sicher und ungefährdet aus der Situation herausgeleitet, damit deeskalierend reagiert und seinem Hund das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Sein Halter ist immer und in jeder Situation für ihn da, was auch das Rückgrat des Hundes stärkt und somit ebenfalls zu einer entspannten Stimmungslage beim Vierbeiner führt. Ist nun aber dieser Halter unsicher und nervös, wird sich die Stimmung auf den Hund übertragen, dessen Stresspegel immens ansteigen und für ihn die Situation beängstigend sein. Pure Stimmungsübertragung von A nach B, bzw. von Sender zu Empfänger.
Beispiele für Allelomimetisches Verhalten:
Liegen beispielsweise mehrere Hunde dicht und kuschelnd beieinander, so kann ein weiterer Hund dazu animiert werden, sich zu ihnen zu legen, ihnen gleichzutun und das Verhalten des Kontaktliegens und Anschmiegens an einzelne Gruppenmitglieder nachzuahmen. Somit integriert sich der hinzukommende Hund in die Gruppe, was die Gruppenstimmung erhöht und das Wohlsein des Einzelnen verbessert. Die Gemütslage und die Stimmung übertragen sich auf jeden einzelnen innerhalb der Struktur. Ein derartiges Verhalten kann sehr gut innerhalb des Zusammenleben von Rudeln beobachtet werden, ob bei freilebenden Hunden, Wölfen oder in häuslicher Gemeinschaft lebenden Mehrhundehaushalten.
Leben zwei, drei Hunde in einem Haushalt gemeinsam und haben einen Garten in dem sie sich frei bewegen können, mit der Absicht, dass die Hunde Haus und Hof bewachen, so kann man auch in diesem Fall das Allelomimetische Verhalten beobachten, denn setzt sich einer an das geschlossene Einfahrtstor zur Wache, werden ihm seine beiden Sozialpartner höchstwahrscheinlich folgen und gleiches tun.
Werden die beiden Hunde über Tag im Haus alleine gelassen, da die Halter zur Arbeit aufbrechen und einer der Hunde gestresst und nervös darauf mit permanenten Jaulen und Bellen oder Ablegen vor der geschlossenen Haustür zum Warten reagiert, so wird sein Hundepartner sich anschließen und durch ihn zu gleichem Verhalten animiert werden.
Ist ein Mehrhundehalter mit seinen drei Hunden auf der Hunderunde unterwegs und einer der Vierbeiner hat eine Duftspur oder Markierung eines fremden Hundes aufgenommen und inspiziert diese eingehend mit seiner Nase, so werden sicherlich die verbleibenden zwei Sozialpartner folgen und ebenfalls die Ausscheidungen durch Beschnüffeln und Riechen unter die Lupe nehmen. Ebenfalls typisches Allelomimetisches Verhalten.
Eine Gruppe Schlittenhunde, die durch die positive Stimmungsübertragung der einzelnen Hunde im Team und der Gemeinschaft, durch das Anstacheln jedes Teammitglieds im Gesamtverbund in der Lage ist, Berge zu versetzen und eine deutlich höhere Leistungsbereitschaft auf jeden einzelnen zu übertragen und damit bessere Ergebnisse in der Gruppe einzufahren. Das Leittier führt die Gruppe nicht nur richtungsweisend an, sondern auch leistungs- und motivationsseitig an, was sich auf alle im Sozialgefüge überträgt und dadurch jeder im Grunde dem anderen bereitwillig und gerne nachahmt.
Eine Gruppe von Jagdgebrauchshunden, die bei einer Drückjagd gemeinsam die Jagdaktivitäten ausführen sollen, werden durch den gemeinsamen Arbeitseinsatz und die Handlungen der Einzelnen von der Gesamtstimmung angesteckt und legen sich entsprechend ins Zeug, um den Jagdkollegen ins nichts nachzustehen.
Ein weiterer Moment der Nachahmung und Ansteckung der Stimmungslage geschieht beim Hundespaziergang von Halter und seinem Vierbeiner, wenn beide gutgelaunt durch auf dem Feldweg spazieren gehen und der Hundeführer von einem Moment zum anderen losrennt und dabei große Leidenschaft und Aktivität ausstrahlt. Der Hund wird von der positiven Stimmung angesteckt und wird mit ganz großer Sicherheit ebenfalls loslaufen und seinem Herrchen folgen.
Auch ein gleichzeitiges Beobachten und Abchecken einer Situationslage oder Umgebung, sowie vorheriges Stoppen des gemeinsamen Lauffluss und Ausharren bzw. Warten durch Halter und Hund, sind klassisches allelomimetisches Verhalten, da beide Individuen ihr Verhalten dem anderen angleichen. Setzt der Halter nun nach einer Zeit seinen Weg wieder fort und beginnt mit der Bewegung, so folgt der Hund durch den bereits genannten Mitmach-Effekt.
Zu guter Letzt wollen wir auch noch ein Beispiel aus der frühen Welpenphase aufzeigen. Hundewelpen neigen auf Grund ihres Folgetriebs in den frühen Entwicklungsstadien, ihrem Herrchen und Frauchen auf Schritt und Tritt zu folgen, was man gut bei den ersten Schritten zum Training der Leinenführigkeit nutzen kann. Bewegt sich somit Herrchen oder Frauchen im Haus vorwärts, so wird der junge Hund ihnen gleichtun und ihnen hinterherlaufen. Das Folgen des anderen Rudeltieres ist auch an dieser Stelle Verhalten der Allomimese.
Sozio-negatives Verhalten und Funktionskreise
Zum Sozio-negativen Verhalten und dessen Funktionskreisen beim Hund, zählt man die nachfolgenden Verhaltensarten:
Agonistisches Verhalten
Unter dem Agonistischem Verhalten werden alle Verhaltensweisen in Summe zusammengefasst, die bei Konflikten, Konfrontationen, kämpferischen, rivalisierenden und wettbewerbsbedingten Auseinandersetzungen zwischen zwei Individuen und Konkurrenten, also Hunde untereinander oder Hund und Mensch, gezeigt werden.
Die Verhaltensweisen und Handlungen des Agonismus bzw. Agonistik sind breitgefächert und reichen dabei von Aggressivität, über Imponierverhalten bis hin zur Flucht einer der Widersacher, sprich offensives und defensives Verhalten von Seiten der Beteiligten.
Treffen demnach zwei Hunde aufeinander und einer der beiden fühlt sich durch das Unterschreiten seiner Individualdistanz durch den anderen Artgenossen bedroht, können die Signale und das Verhalten in verschiedenen Eskalationsstufen von gezieltem Distanzieren und flüchten, über Drohgebärde mit Knurren, Zähne fletschen und aggressivem Bellen, bis hin zu Angriffsbereitschaft und offensiver Konfrontationssuche tendieren.
Das Agonistische Verhalten dient im Gegensatz zur Distanzverringerung des Sozio-positivem Verhalten, der Distanzerhöhung bzw. -vergrößerung zwischen den Hundeindividuen. Mit dem aufgezeigten Verhalten will der betreffende Vierbeiner seine persönliche empfundene Bedrohung, Gefahrenlage und Unsicherheit reduzieren. Wie bei jeder anderen Auseinandersetzung zwischen Individuen, werden die einzelnen Beteiligten bei ihren Handlungen und Maßnahmen entweder auf Angriff schalten, in Abwehrhaltung gehen oder gar die Flucht ergreifen. Innerhalb dieser Kategorien gibt es eine breite Variationsmöglichkeit, wie sich das jeweilige Verhalten äußern wird und welche Signale gesendet werden.
Jeder Hund hat bei einem etwaigen Konflikt verschiedene Möglichkeiten und damit Entscheidungspfade, die er als Reaktion interaktiv auf die empfundene Angst einschlagen kann.
Fühlt sich also ein Vierbeiner bedrängt, bedroht und unsicher, so sind folgende Handlungen aus dem Verhaltensrepertoire denkbar:
- Fight (Kampf)
Empfindet der jeweilige Hund die aktuelle Bedrohungslage als ausgeschöpft, so besteht eine der Möglichkeiten in seiner Reaktion aus Elementen des Drohverhalten mit etwaige folgenden aggressiven Angriffs- und Kampfhandlungen. - Flight (Flucht)
Eine weitere Option auf eine bedrohlich empfundene Situation zu reagieren, ist die Flucht und Suche nach Sicherheit und Deckung, sprich es soll eine Distanzvergrößerung zwischen der Bedrohungslage und dem sich zum Fliehen entschiedenen Hund hergestellt werden. - Freeze (Erstarren/Einfrieren)
Manche Hunde wählen die Option des Erstarrens, auch als Einfrieren bezeichnet. Hierbei will der Hund der Gefahr und Bedrohung durch sein Erstarren und stocksteifen Stehenbleiben aus dem Weg gehen und mit Ausharren zur Deeskalation der Lage beitragen, ohne einerseits zu fliehen, noch den direkten Kampf zu wählen, sondern im Grunde die Situation „aussitzen“. - Fiddle about / Flirt (Herumspielen/Überspielen/Kokettieren)
Die bedrohliche Lage wird versucht mit gewissen Verhaltensweisen zu überspielen und im Grunde herunterzuspielen. Dabei treten Verhaltensweisen wie Spielaufforderung bzw. Spielangebote, Beschwichtigungsgesten und Übersprunghandlungen auf, die den Zweck verfolgen, eine prekäre Situation durch herumalbern und sich einschmeicheln, spielerisch zu entspannen.
Nachfolgend beschreiben wir die möglichen Verhaltensarten innerhalb der vorgenannten Kategorien eingehend, um einen breiten Überblick aller defensiven und offensiven Verhaltensstrategien der Hunde zu erhalten.
Aggressives Verhalten
Aggressive Verhaltensweisen, die u.a. dem Agonistischen Verhalten zuzuordnen ist, sind Verhaltenszüge, die mehreren Zwecken dienlich sind und in Konfliktsituationen zwischen Hunden auftreten. So gehören zur sozialen Aggression unterschiedliche Ausprägungen des Angriffs- und Verteidigungsverhaltens. Dabei findet das Aggressionsverhalten in unterschiedlichen Eskalationsstufen statt und beginnt in der Regel mit dem Drohverhalten, geht in das gehemmt-aggressive Verhalten mit dem Kommentkampf über und kann im äußersten Fall bis zum sogenannten Ernstkampf des freien und hemmungslosen Aggressionsverhalten ausschlagen.
Defensivere Verhaltensweisen haben dabei oftmals den Zweck einer deseskalierenden Funktion, sprich aus der Situation unbeschadet herauszukommen, wofür u.U. eine Erhöhung der Distanz zwischen den Parteien angestrebt wird, wohingegen die Intention bei offensiven Aggressionszügen das Gegenteil vorsieht und durch die Handlungen eine Reduzierung der Distanz und entsprechend direkte und offene Konfrontation erreicht wird. Je stärker die jeweiligen Eskalationsstufen in der Konfliktsituation fortschreiten, umso größer ist in der Regel das Verlangen der Canidaen, bei defensiven Verhaltensweisen die Distanz zum Widersacher zu vergrößern und bei offensiv-aggressiven Verhalten in umgekehrter Form zu verringern.
Die Aggressivität eines jeden Hundeindividuum ist dabei einerseits rasse- und charakterbedingt veranlagt und angeboren, anderseits sorgen äußere Einflussfaktoren (z.B. Rangfolge/Hierarchie), hundespezifische Vorgaben wie das Geschlecht, Alter und situativbedingte Umstände für das entsprechende Ausleben und die Intensität des aggressiven Verhaltens in der einen oder anderen Situation, beim Aufeinandertreffen zweier oder mehrerer Sozial- und Kommunikationspartner.
Somit ist klar, dass das aggressive Verhalten zu der Gesamtheit des Sozialverhalten und dessen Funktionskreisen unweigerlich als Bestandteil zuzuordnen ist, da es innerhalb des sozialen Miteinanders und Sozialkontakts zwischen den Individuen anzutreffen ist und bei Aufnahme der Kommunikation über das Ausdrucksverhalten der Hunde gezeigt wird. Es handelt sich um einen normalen und natürlichen Prozess innerhalb aller Verhalten der Canidaen, der situativ überlebensnotwendig ist und die Rahmenbedingungen für das Zusammenleben, das Miteinander und den Begegnungen unter Hunden regelt.
Geht es beispielsweise darum, dass der betreffende Hund das Gefühl hat, sich selbst gegenüber einem oder mehrerer Artgenossen verteidigen zu müssen, sprich Selbstsicherungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen, so wird dies u.U. mit aggressivem Verhalten von statten gehen. Es werden dann eindeutige Kommunikationssignale in mehreren Eskalationsstufen ausgesendet, wie Drohverhalten, dass sich über die Mimik, Körpersprache und Lautäußerungen anzeigt, zu dessen Facetten u.a. das Fixieren und Stellen des einzelnen Rivalen und Widersacher, Zähnefletschen, angedeutetem Schnappen, Knurren und aggressivem Bellen, gehören.
Mit dem aggressiven Verhalten werden unter den Sozialpartnern der Status ihrer Beziehungen geregelt, was innerhalb des Rudels und Sozialgefüges auch die Rangstreitigkeiten bzw. Rangauseinandersetzungen für die Rangfolge und Rangordnung einschließt. Dies führt nicht zwangsläufig zu aggressivem Angriffsverhalten mit körperlicher Auseinandersetzung, sondern wird oftmals alleine durch die sonstigen Kommunikationsmittel der Hundesprache erfolgen und reguliert werden, die die Stimmungslage durch das Taktieren mit angedeuteten Angriffsverhaltenszügen, Drohgebärde, sonstigen Signalen und Zeichen, dem Kontrahenten schnell den Ernst der Lage widerspiegeln und damit oft ausreichen, um die Situation ohne Eskalation zu regeln.
Weiterhin sind bei Hunden aggressive Verhaltenszüge immer dann anzutreffen, wenn es um die Sicherung von Ressourcen, territoriale Auseinandersetzungen oder sexuell motivierte Konflikte geht.
Natürlich wird auch eine Mutterhündin ihre Welpen und Zöglinge bis aufs Schärfste mit der nötigen Aggressivität beschützen, wie es bei freilebenden Hunde- und Wolfsrudeln ebenfalls der Fall ist, wenn Widersacher und Kontrahenten, die dem Rudel nicht angehören, sowohl jung oder alt zu Nahe kommen und damit eine ernsthafte Bedrohung darstellen.
Treiber wie Angst, Unsicherheit, Bedrohung, Stress sind weitere Auslöser, dass ein Hund mit aggressivem Verhalten gegenüber Artgenossen oder gar Menschen reagiert und es zu Konflikten und Vorfällen mit offensivem Angriffsverhalten und Bissverletzungen kommen kann. Fühlt sich ein Hund in die Ecke gedrängt und findet keinen Ausweg, so wird er zum Selbstschutz zu aggressivem Verhalten tendieren, dabei werden Hunde, die von Grund auf eher unsicher und ängstlich sind, schneller zu reaktivem Handeln übergehen, als Artgenossen, die ein starkes Selbstbewusstsein und Vertrauen in sich selbst mitbringen.
In der Verhaltenswissenschaft wird zwischen verschiedenen Arten von aggressivem Verhalten innerhalb des Agonistischen Verhalten unterschieden, wozu das hemmungslose offensiv-aggressive und defensiv-aggressive Verhalten, sowie das gehemmt offensive-aggressive und defensiv-aggressive Verhalten gehören.
Hemmungslose offensiv-aggressive und defensiv-aggressive Verhalten
Hierzu gehören u.a. Verhaltenszüge wie der körperliche Angriff und die direkte kämpferische Konfrontation, mit dem Ziel den Kontrahenten zu besiegen.
Dabei kann das entsprechende Angriffsverhalten von Drohgebärde mit ernstem Knurren und angedeutetem Zuschnappen, über die unterschiedlichen Ausprägungsstufen und Intensitätslevels des Beißens durch die jeweils vorherrschende Beißhemmung des einzelnen Hundes gehen, bis hin zu brutalen Kämpfen mit schwersten Verletzungen durch das Beißschütteln und dem finalen Biss, der auf eine klare Tötungsabsicht und Ausschaltung des Widersachers abzielt.
Beim Beißschütteln beißt sich der Hund in seinem Opfer fest und schüttelt dieses ungehemmt mit seinen Kopfbewegungen hin- und her, was zu schwersten Bissverletzungen durch das Reißen führt. Dieses Verhalten kennt man beim Beutemachen, bei dessen Prozess und Ablauf die Beute solange hin- und hergeschüttelt wird, bis sie erlegt ist. Im schlimmsten Fall können bei Konfliktsituationen zwischen zwei Hunden derartige Verletzungen und Schäden ebenfalls tödlich verlaufen, insbesondere wenn zwei von den Körperproportionen sehr unterschiedlich gebaute Hunde in den sogenannten Ernstkampf gehen, bei dem die Hunde dem jeweiligen Widersacher möglichst schwere Verletzungen und Schäden zufügen wollen.
Wird ein kleiner Chihuahua oder Papillon von einem körperlich überlegenen Rottweiler oder Deutsche Dogge mit den Zähnen und dem Gebiss gegriffen, so ist die Chancenverteilung unstrittig geklärt, was bei uns Haltern grundsätzlich eine Position der äußersten Aufmerksamkeit und Vorsicht bei der Führung des jeweiligen Hundes in der Öffentlichkeit auslösen sollte.
Beim hemmungslos defensiv-aggressiven Verhalten reagieren die Hunde mit Abwehrbeißen gegen den Kontrahenten und versuchen hauptsächlich diesen im Nackenbereich und rund um den Kopf, speziell an den Ohren durch die Bisse gezielt zu treffen und zu verletzen.
Die Verhaltenszüge können beim Beherrschen der Hundesprache durch uns Menschen, anhand verschiedener wiederkehrender Merkmale der Körpersprache und Körpersignale, Gestik und Mimik, sowie der Lautäußerungen gelesen und damit frühzeitig eingeordnet werden, so dass wir Halter auf den Hund frühzeitig einwirken können, um eine etwaig prekäre Lage durch gezielte Maßnahmen zu deeskalieren. Diesbezüglich haben wir einen ausführlichen und lesenswerten Artikel mit dem Titel „Die Hundesprache und deren Ausdrucksverhalten lesen können“ verfasst., in dem anschauliche Beispiele der Kommunikationsmittel und -signale dargelegt sind.
Gehemmt offensive-aggressive und defensiv-aggressive Verhalten
Nachdem wir uns mit den ungehemmt aggressiven Verhaltensweisen beschäftigt haben, wollen wir uns nun die gehemmt offensiv-aggressiven und defensiv-aggressiven Verhalten anschauen.
Diese treten ebenfalls bei Auseinandersetzungen und Konfliktsituationen zweier oder mehrerer Hunde untereinander auf. Sie sind aber deutlich weniger aggressiv und intensiv wie die ungehemmt und frei aggressiven Verhalten, bei denen die Widersacher mit besonderer Härte zur Tat schreiten und jegliche Verletzungen durch Bisse und anderen Repressalien in Kauf nehmen. Es geht schlichtweg um den Sieg über den Kontrahenten und das unter allen Umständen.
Beim Kommentkampf, der zu der hier beschriebenen Verhaltenskategorie gehört, ist im Gegensatz zum vorherig beschriebenen Ernstkampf der hemmungslosen Aggressionen, nicht die Absicht und gezielte Intention, den Kontrahenten bösartig zu verletzen und bis ans Äußerste mit den Kampfhandlungen auf Teufel komm raus nach vorne zu preschen, ohne auch nur im geringsten das eigene und das Verletzungsrisiko des Widersachers zu beachten. Der Kommentkampf dagegen findet unter den Artgenossen nach bestimmten Regeln statt, bei der Interaktion geht es um Kraftspielchen, Machtproben, der Demonstration von Überlegenheit und Vorrangstellung über den Widersacher und sieht aber keinerlei Verletzungsabsicht des Kontrahenten vor. Einen weiteren bedeutenden Unterschied zwischen Ernstkampf und Kommentkampf ist die Tatsache, dass der Besiegte und unterlegene Hund, den Kampf jederzeit durch das Aufgeben und Unterwerfen beenden kann, wohingegen er beim Ernstkampf nur durch Flucht aus der äußerst bedrohlichen Situation herauskommen kann, oder aber selbst als Sieger aus dem Kampf hervorgehen muss.
Die gehemmt offensiv-aggressiven und defensiv-aggressiven Verhaltensweisen sehen Kampfverhalten und Kampfhandlungen ähnlich die des menschlichen Ringer-Sports vor, bei dem es darum geht unter dem Körpereinsatz und anderen strategischen Handlungen, den Gegner zu besiegen, diesen aber nicht bösartig zu verletzen. Das Kampfrepertoire sieht dabei Maßnahmen, sowie verschiedenartige Elemente von Angriff und Verteidigung vor. Ein fließender Übergang bzw. ein Wechselspiel von defensiven zu offensiven Zügen und Handlungen und umgekehrt, sind dabei Gang und Gäbe und können gut während der Kämpfe und Auseinandersetzungen der Canidaen beobachtet werden.
Folgende Szenarien sind beim Aufeinandertreffen der Hunde und deren Kräftemessen beim gehemmten Aggressionsverhaltens über deren Ausdrucksverhalten zu sehen:
Die Hunde setzen ihre Körper auf verschiedene Weise ein, es wird sich gebalgt, gerempelt, gerungen, auf den Hinterbeinen stehenden ineinander verschränkt gefightet, den Gegner angesprungen, mit den Vorderbeinen nach dem Kontrahenten getreten und gestoßen, die Hunde beißen sich innerhalb ihres Drohverhaltens leicht in Rücken, Ohren und Nacken, ohne Intention den Kontrahenten damit schlimm zu verletzen, Imponierverhalten wird beim Aufeinandertreffen an den Tag gelegt, ab und an beißen die Hunde kräftig über der Schnauze ihres Gegners zu, läuft einer der Kontrahenten weg, wird er verfolgt und Beißverhalten immer unter der Prämisse der hohen Beißhemmungstoleranz beim nebeneinander herlaufen angedeutet. Liegt einer der Hunde auf dem Rücken, so wehrt er sich gegen den Angriff des/der Widersacher mit Hilfe seiner Läufe und wenn nötig durch Zuschnappen. Es handelt sich dabei um eine klassische Abwehrmaßnahme des gehemmt defensiv-aggressiven Verhaltens, selbiges kann bei den Kampfhandlungen der Hunde beobachtet werden, wenn einer der Hunde sich gegen seinen/seine Kontrahenten wehren und verteidigen will und gezieltes Vorstoßen unter Einsatz seines gesamten Körpers, unterstützt durch Schnappen und Beißverhalten, mit anschließendem Zurückziehen, zeigt. Wird einer der Hunde von seinen Widersachern eingekesselt und fühlt sich immer stärker bedroht, so wird sich der betroffene Hund um die eigene Achse drehen und gegen die Angreifer im gesamten mit Abwehrverhalten reagieren, das Abwehrschnappen, Bisse und Stöße einschließt.
Imponierverhalten
Tritt ein Hund mit Imponiergehabe auf, so will dieser mit dem Imponierverhalten mit großem Eindruck auf sein Gegenüber einwirken. Selbstbewusste und stolzierende Verhaltenszüge werden aufgerufen, um für gewaltige Beeindruckung zu sorgen. Die Signale sollen dem Kommunikationspartner eindeutig aufzeigen, wie stark und überzeugt der Sender von sich selbst ist und überhaupt keine Unsicherheit oder gar Angst mitbringt.
Mit den Imponiergesten versuchen die Hunde im Vorfeld jeglicher potentiellen Auseinandersetzungen ausreichend Signale zu senden, damit es erst gar nicht zu einem Konflikt und weiterem Aggressionsverhalten kommt. Es dient grundsätzlich der Vermeidungsstrategie, dennoch soll das Imponierverhalten dem entsprechenden Gegenüber vermitteln, dass der Sender zu allem bereit ist. Ab und an löst sich nach den gezeigten Verhalten die Situation auf, oder es geht u.U. unmittelbar in die nächste Stufe und damit zum Drohverhalten über.
Das typische Imponiergehabe fällt uns Haltern immer wieder beim täglichen Spaziergang auf, wenn wir mit unserem Rüden im Feld spazieren gehen und es zu einer Begegnung mit einem anderen Rüden kommt, der ebenso von sich überzeugt ist und mit großem Selbstbewusstsein daherkommt. Es ist dann ein Schauspiel, wie auf Knopfdruck beide Rivalen sich großmachen, die Rute aufrecht getragen wird, das Fell aufgerichtet ist, mit einer Anspannung des gesamten Körpers reagiert wird. Weitere Signale werden über die Mimik (Schnauze, Mundwinkel, Lippen, Nasenrücken usw.), Körpersprache (Körperhaltung, Haarkleid usw.) und Lautäußerungen (Knurren, Fauchen) oder gar durch Handlungen wie das Wegscharren von Erdreich mit den Hinterläufen in Richtung des Rivalen, gezeigt.
Das beschriebene Verhalten erinnert an Szenen aus dem menschlichen Alltag: Wie im wahren Leben, wenn zwei gutgebaute Männer in einer Kneipe aufeinandertreffen und wechselseitig mit ihrem gockelhaften Auftreten dem anderen aufzeigen wollen, wie muskulös gebaut, stark, gutaussehend und hünenhaft der jeweilige Beteiligte sich selbst erachtet und was für ein toller Hecht er ist. Oder aber zum Eindruck schinden, dem weiblichen Geschlecht gegenüber sein Aussehen und das aufgezeigte Gehabe, für Anziehen und Aufmerksamkeit sorgen soll. Imponiergehabe und -verhalten vom Feinsten.
Mit dem geschilderten Beispiel wird auch schnell klar, dass das Imponierverhalten zwei unterschiedliche Funktionen übernimmt, einmal eine warnenden und drohende Aufgabe übernimmt, aber auch genauso eine sexuell motivierte Funktion beim Umgarnen des anderen Geschlechts übernehmen kann, wenn ein Rüde beim Umwerben einer Hündin, sich und seine Aura verkaufen und in den Vordergrund spielen will.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Imponierverhalten auf gleichgeschlechtliche Artgenossen beeindruckend, warnend, bedrohend und dominant scheinen und eine Demonstration der eigenen Leistungsfähigkeit, Mächtigkeit und Konstitution ausstrahlen soll, wohingegen die Wirkung beim anderen Geschlecht für Gefallen und Verlockung sorgen und Attraktivität erzeugen soll. Das Gegenüber soll durch das Imponiergehabe sich angezogen und verführt fühlen.
Drohverhalten
Das Drohverhalten gehört ebenfalls zum Agonistischen Verhalten und kommt bei den Canidaen untereinander in Konfliktsituationen vor, beispielsweise bei der Ressourcenverteidigung, Auseinandersetzungen rund um die Rangordnung oder sexuell motivierten Problemen.
Es wird bei den Verhaltensweisen und Handlungen zwischen einer defensiven und offensiven Art des Drohverhaltens, mit entsprechender Gebärdesprache, unterschieden.
Die unterschiedlichen Verhaltenszüge und entsprechenden Handlungen drücken sich über das Ausdrucksverhalten der Hunde aus und sind wie die vorher beschriebenen Verhalten als Kommunikationssignale über die Mimik, Körpersprache und durch Bellen, Knurren und anderen Lautäußerungen für das/die Gegenüber zu vernehmen.
Je nachdem wie das Drohverhalten geäußert wird, ob eher defensiv oder offensiv, signalisiert es dem Gegenüber die aktuelle Stimmungslage und wie weit der Sendende bereit ist den Konflikt weiter auszutragen und innerhalb der Eskalationsstufen weiter voranzutreiben. Es soll die Funktion der Einschüchterung bewirken, eine Warnung aussenden und eine abschreckende Wirkung verursachen, wodurch sich die Situation ohne weitere Eskalation und Angriffsverhalten auflösen kann. Im Grunde wird mit dem Drohgebärde versucht, den Widersacher und Kontrahenten zum Rückzug zu veranlassen. Sollte der drohende Canide zu weiterem Kampfverhalten mit dem/den Widersachern bereit sein und dessen potentieller Gegner ebenfalls nicht die Situation deeskalierend beenden, so findet ein fließender Prozess zum Kommentkampf oder gar bis zum Ernstkampf statt. Sprich das Drohverhalten ist bei diesem Szenario den weiteren Ausbaustufen des Aggressionsverhalten vorgeschaltet.
In Konfliktsituationen von in Rudel lebenden Hunden, reicht das Drohverhalten oftmals für die Klärung eines Problems untereinander aus. Hierdurch wird gewährleistet, dass keine Mitglieder des bestehenden Sozialgefüges unnötig verletzt werden, wodurch das Gesamtgefüge des Rudels geschwächt würde und im Grunde für Angreifer von außen von der Schlagkraft dezimiert wäre. Im Hinblick auf die Jagdbereitschaft zur täglichen Nahrungsbeschaffung eines freilebenden Rudels, wäre es unklug und gefährlich, das Drohverhalten ernsthaft in die weiteren Stufen des Aggressionsverhaltens ausarten zu lassen, da alle Mitglieder sich in bester Verfassung befinden sollten, um das Überleben des Gesamtrudels zu sichern. Daher ist bei weiter eskalierenden Auseinandersetzungen von einzelnen Rudelmitgliedern in der Regel u.U. Kampfverhalten anzutreffen, wobei der Angriff in den gehemmt aggressiven Kommentkampf übergehen wird und im Normalfall aus den geschilderten Gründen, nicht zu einem ungehemmt aggressiven Ernstkampf sich steigert. Die Verletzungsgefahr und die damit verbundenen Auswirkungen für das Gesamtgefüge des Rudels wären durch einen Ernstkampf einfach zu drastisch.
Wie äußert sich nun aber das Drohverhalten und welches Gebärde legt der Hund dabei an den Tag?
Zunächst wird der Hund seinen Widersacher mit seinem Blick fixieren, ihn anstarren und genauestens beobachten und auf dessen reaktives Verhalten warten. Zwischen Sender und Empfänger wird ein reger Blickkontakt herrschen, um über das wechselseitige Ausdrucksverhalten die Situation und Stimmungslage genau einschätzen zu können. Reichen die mahnenden und drohenden Blicke aus, um den Gegner einzuschüchtern und ihn gar frühzeitig zum Rückzug zu bewegen? Wirkt eventuell der Widersacher unsicher und ängstlich durch das Drohszenario? Oder stehen die Zeichen auf Angriff und die Konfrontation wird sich vermutlich ausweiten?
Neben dem Fixieren treten u.a. folgende weitere typische Merkmale und Signale des Drohgebärde auf: Zähneblecken, selbstbewusstes Auftreten, aufgerichtete und nach vorne ausgerichtete Ohren, Stirnrunzeln, veränderte Lippenstruktur, kurze und runde Mundwinkel, Faltenbildung auf dem Nasenrücken, starke Körperspannung, aufrechte und über dem Rücken getragene Rute, Vorderkörper leicht tiefer gestellt, leicht eingeknickte Läufe, Rückenkamm und Fell im Nacken und Halsbereich aufgestellt, sowie akustische Signale wie Bellen und Knurren.
Befindet sich einer der Hunde beim Drohverhalten in der defensiven Verhaltensposition, so zeigt er mit seinen Handlungen dem Gegenüber, dass er sich durch die Bedrohung und gefühlten Bedrängung in einer Abwehrposition befindet, die auch zu den oben beschriebenen Verhaltenszügen, das Wegschauen und Zuwenden des Hinterteils, sowie das Schnappen und Abwehrbeißen in die Luft, ohne den Widersacher zu berühren, beinhalten. Weiterhin greifen die Hunde zu mehrfach lautstarkem Zähnezusammenbeißen, was einschüchternd wirken soll. Mit dem gezeigten Ausdrucksverhalten, will der Bedrängte seinem Kontrahenten klar vermittelten, dass er zu jeder Zeit bereit ist, sich zu wehren.
Da das Drohverhalten in unterschiedlichen Intensitätsabstufungen stattfindet, verändert sich natürlich entsprechend die jeweilige Körpersprache, Mimik und die Lautäußerungen, je nachdem in welchem Zustand sich die Konfliktsituation gerade befindet. So können beim defensiven Drohverhalten, Abwehrmaßnahmen von einem der Hunde eine deeskalierende Motivation aufzeigen und daher sogar spielerische Nuancen aufweisen. Daher sind die beschriebenen Anzeichen nur Momentaufnahmen, um einen ersten Eindruck über die Bandbreite des Drohverhalten und die damit verbundene Gebärdesprache zu gewinnen.
Fluchtverhalten
Das Fluchtverhalten gehört ebenfalls zu der Gesamtheit der Verhaltensweisen die unter der Begrifflichkeit der Agonistik zusammengefasst sind.
Steht eine Konfliktsituation unmittelbar bevor bzw. befindet sich der Hunde bereits mittendrin, so hat er mehrere Möglichkeiten aus dieser unbequemen Situation heraus zu gelangen und/oder dieser mit damit aus dem Weg zu gehen. Die für ihn sicherste Methode ist die des Fliehens, anstatt innerhalb der weiteren Eskalationsstufen des Aggressionsverhalten mit gehemmten oder ungehemmten Angriffshandlungen konfrontiert zu werden.
Fühlt sich ein Hund durch eine bestimmte Situation, durch einen Artgenossen, ein anderes Tier oder einen Menschen extrem beängstigt, bedrängt und bedroht, so liegt die Intention des Fluchtverhaltens in der Distanzvergrößerung, dem damit verbundenen Entkommen aus der Bedrohungslage und gleichzeitigem Wunsch sich durch die Flucht in Sicherheit zu bringen.
Elemente des Fluchtverhalten können dabei sowohl das Weglaufen und Entfernen sein, als auch dem gezielten Verbringen in ein Versteck, Deckung, oder gesicherten Zufluchtort.
Denkt man an den eigenen Hund bei einem unangenehmen Aufeinandertreffen mit einem Artgenossen, so kann selbst das hilfesuchende Zulaufen zum Halter, als Ort der Sicherheit und Schutz angesehen werden.
Genauso ist aber auch das Verstecken unter der Kellertreppe durch die laute Knallerei an Silvester eine typische Handlung des Fluchtverhaltens, da der Hund Angst verspürt und sich einen vermeintlich geschützten Ort auswählt.
Andere Hunde geraten in Aufruhr, wenn sie mit einem Haushaltsgerät konfrontiert werden und suchen sofort das Weite. Das hier in der sensiblen Phase der Welpenentwicklung vermutlich die gezielte Habituation hinsichtlich dieser Arbeitsgeräte untergegangen oder fehlgeschlagen ist, kann perspektivisch zu größerem Problemverhalten führen. Negative Erlebnisse in den frühen Lebensphasen mit Menschen, Tieren oder anderen bedrohlichen Situationen, können derart prägend sein, dass den Hunden bei späterer Konfrontation die schlechten Erfahrungen wieder gegenwärtig sind und sie dann automatisch die für sie angenehmste und sicherste Variante aus dem Verhaltensrepertoire ziehen und die Flucht als Ausweg wählen. Daher raten wir zur Lektüre unseres Artikels „Die Entwicklungsphasen von Hundewelpe“, der die Bedeutung dieser Thematik eingehend aufgreift.
Weiterhin kann eine Maßnahme des Fluchtverhaltens des Hundes auch ein Verweigern der Distanzverringerung bedeuten, sollte eine Gefahr oder bedrohliche Situation in weiterer Entfernung auf seine Gemütslage negativ Einfluss nehmen. Sieht beispielsweise der Vierbeiner einen Artgenossen beim Spazierengehen im Feld, mit dem er vor kurzer Zeit eine Konfliktsituation ausgetragen hat und seither Angst und Respekt hat, so wird er stehen bleiben und nicht weiter in Richtung des verfeindeten Hundes laufen wollen. Hier ist dann der jeweilige Halter gefragt, der als Rudelführer seinen Hund aus der prekären Lage herausführen muss.
Das Fluchtverhalten wird insgesamt ausgelöst, wenn die sogenannte Fluchtdistanz, die je nach Hund unterschiedlich groß ist, unterschritten wird und dann nicht zu Abwehrhandlungen oder Kampfverhalten führen, da sich die Hunde konkret bedrängt, buchstäblich in die Enge getrieben fühlen und damit aus ihrer Sicht in der Falle sitzen. Gibt es also die Möglichkeit aus der Situation ohne Konflikt und Angriffsverhalten herauszukommen, wird oftmals das Fluchtverhalten die bedrohliche Situation deeskalierend beenden. Frei nach dem Motto: Hauptsache weg und nichts ist passiert.
Abschließend kann man durchaus Parallelen ziehen, zwischen den Verhaltensweisen von Kindern und Hunden, die sich einer bedrohlichen, gefährlichen und angsteinflößenden Begegnung oder Situation gegenübersehen. Auch Kinder haben dann den natürlichen Instinkt, wenn es eng wird und ihnen Schadenzugeführt werden könnte, die Flucht anzutreten und den Rückwärtsgang einzulegen. Entweder laufen sie dann zu ihrer beschützenden Vertrauensperson, laufen schnell zum schutzbietenden zu Hause oder verstecken sich an einem sicheren Ort und harren aus, bis sich die Situation in Luft auflöst. Genauso gehen die Hunde in Teilbereichen vor.
Submissionsverhalten / Submissives Verhalten
Sollten zwei oder mehrere Hunde einen Konflikt körperlich austragen und einer der Hunde sich geschlagen geben, wird er submissives Verhalten durch Unterwerfung und damit Anerkennung seiner Niederlage, zeigen. Diese Art der Handlung wirkt deeskalierend und wird den dominanten Widersacher zur Beendigung der Auseinandersetzung, durch die Aufgabe, dem Demutsverhalten und der Geste der Unterwürfigkeit des unterlegenen Hundes, bringen. Der Besiegte wird zu diesem Zeitpunkt alle möglichen Aggressions- und Angriffsbemühungen eingestellt haben und dem Widersacher die Bitte nach Frieden und Beendigung der Konfliktsituation spiegeln. Damit wird ersichtlich, dass es sich hierbei um konträres Ausdrucksverhalten im Gegensatz zu den sonstigen Elementen des Aggressionsverhalten handelt.
Wie bereits in den obigen Themen beschrieben, werden insbesondere Sozialpartner eines Rudels ihre Streitigkeiten und Konflikte über das Submissive Verhalten frühzeitig durch die Unterwürfigkeitsgesten, den Demutssignalen und dem Eingestehen der Niederlage regeln, damit kein Rudelmitglied unnötig durch Eskalation der Situation verletzt wird, um die Gesamtstruktur des Rudelgefüges nicht zu gefährden. Auch aus Sicht der Integration von einzelnen Hunden in ein bestehendes Sozialgefüge tritt das Submissionsverhalten zu Tage, wenn einem Rudelmitglied durch Elemente des Sozialverhaltens von einem oder mehreren Rudelmitgliedern, seine Stellung in der Rangfolge bzw. Rangordnung, vermittelt wird. Der unterlegene Hund wird sich unterwürfig zeigen und mit Demutsverhalten für eine versöhnliche, friedfertige Stimmungslage sorgen wollen und seine Position vollumfänglich annehmen und akzeptieren. Weiterhin kann das Demutsverhalten gut bei Fressszenen von freilebenden Hunden und sonstigen Raubtieren beobachtet werden, da ranghohe Mitglieder, die in der Hierarchie des Rudels führend sind, hier immer den Vortritt haben und die Rangniedrigen bereitwillig in geduckter Form zurückstehen bzw. zurückweichen und damit jegliche Form der Aggression aus der angespannten Situation von vornherein durch ihre Demutsgesten, Demutsposen und Demutsgebärde herausnehmen.
Sollte es hingegen bei fremden Hunden zu einer brutalen Auseinandersetzung mit einem Ernstkampf kommen, so wird das Submissionsverhalten nicht mehr den Kampf beenden können, sondern nur das Fluchtverhalten dem unterlegenen Hund weiterhelfen.
Eine ganz typische und jedem bekannte Verhaltensweise des Submissionsverhalten ist bei der Unterwerfung die Position des „Auf dem Rückenliegen“ bei gleichzeitigem Präsentieren des offenen Halsbereichs und seiner Unterseite, die dem Sieger das Zeichen für jegliche Akzeptanz der Unterlegenheit und quasi dem Gegner dessen vollumgreifende Handlungsvollmacht und Dominanz anzeigt.
Beim Demutsverhalten, dass wie beschrieben dem Submissiven Verhalten zuzurechnen ist, unterscheidet die Literatur zwischen dem Aktiven und Passiven Demutsverhalten.
Von der aktiven bzw. spontanen Demut spricht man, wenn es um die mäßige Unterwürfigkeit bei den Begrüßungszeremonien zwischen bekannten und vertrauten Hunden oder Hund und Mensch geht.
Die Intensität des gezeigten Ausdrucksverhaltens kann hierbei variieren, sollte es sich beim Gegenüber um eine sehr enge Vertrauensperson handeln, kann das Submissionsverhalten durchaus in abgemildeter Form vorkommen. Wird auf das aktive Demutsverhalten aggressiv von Seiten des Sozialpartners reagiert, so kann das Demutsverhalten in Drohverhalten umschlagen.
Beim spontanen Demutsverhalten wird der unterlegene und rangniedrigere Hund sich dem dominanten und überlegenen Hund derart unterwerfen, dass er noch handlungsfähig bleibt, beispielsweise die geduckte Körperhaltung, mit leicht angehobenem Kopf zum Sozialpartner, den Blickkontakt haltend und mit eingezogener Rute einnimmt. Zu den weiteren Gestiken gehört auch das Unterwürfigkeitsgrinsen. Hinzu kommt das Aufwärtsstupsen und Schnauzenlecken, bei dem der unterlegene/rangniedrigere Hund, dem dominanteren/ranghöheren mit seiner Schnauze gegen die Mundwinkel stößt und dessen Lippen/Schauzenpartie leckt.
Steht der Sozialpartner ein Stück entfernt, so kann auch das Lecken der eigenen Schnauze, bei gleichzeitigem Beobachten des Sozialpartners, gezeigt werden. Dies ist ebenfalls ein Teil des aktiven Demutsverhalten.
Das gesamte Gehabe und das Ausdrucksverhalten wird bei der aktiven Demut aggressionshemmend wirken, wodurch der überlegene Sozialpartner in aller Regel von ihm ablassen wird und sich die Situation friedvoll regelt.
Weiterhin ist die aktive und geduckte Demutspose beim Hund u.a. dann anzutreffen, wenn der Hundeführer und Halter ihn maßregelt und dies mit eindeutigen Kommunikationssignalen seinem Vierbeiner vermittelt.
Eine weitere typische Geste aus dem Verhaltensrepertoire der aktiven Demut des Hundes, ist bei Kontakt zu seiner Bezugsperson das Anstupsen der Hand, mit anschließend etwaigen Lecken.
Die passive bzw. reaktiven Demut zeigt sich in aller Regel als Reaktion auf Grund von starkem Imponier- und Drohverhalten eines anderen Sozialpartners. Je nachdem wie stark das Aggressionsverhalten des Gegenübers ausfällt, wird auch das passive Demutsverhalten von seiner Ausprägung und Intensität zu sehen sein, so kann die passive Unterwürfigkeit u.U. beim Ausschlagen des Friedensangebots durch den Rivalen, auch in eine Abwehrmaßnahme des Drohverhaltens umkehren, als auch in letzter Konsequenz und Extreme, auf der anderen Seite gar zum Urinieren in Rückenlage führen.
Dieses demütige Verhalten wird sich u.a. in Form der totalen Unterwürfigkeit zeigen, indem der unterlegene Hund sich auf den Rücken legt und seinem Widersacher seine Unterseite inklusive dem Halsbereich offen präsentiert und die alleinige Handlungsvollmacht beim überlegenen und siegreichen Hund liegt. Dabei wendet der unterlegene/rangniedrigere Hund seinen Blick und Kopf ab, die Rute ist zwischen den Hinterläufen eingeklemmt.
Eine andere Form der Submission bei der passiven Demut, zeigt der unterlegene/rangniedrigere Hund in der Pose des Sitzens oder im Laufschritt bei tief geduckter Körperhaltung. Ab und an ist bei dieser Art des Ausdrucksverhaltens das Lecken der eigenen Schnauze zu beobachten.
Insgesamt gehören zu den Elementen des Submissionsverhalten die beschriebenen Gesten, Mimiken und entsprechenden Körpersignale des aktiven und passiven Demutsverhalten, des Weiteren sind u.a. Verhalten wie das Gähnen, das Anspringen des Sozialpartners, das Blinzeln und Zukneifen der Augen und Gesten wie das Heben der Vorderläufe, aber auch Lautäußerungen wie das Fiepen und Winseln, etwa bei der aktiven Demut während der Begrüßung des Sozialpartners, Indikatoren für das Submissive Verhalten.
Beschwichtigungsverhalten
Das Wort und die Bedeutung beschwichtigen sagt eigentlich schon alles aus:
Im Duden wird die Begrifflichkeit mit „jemandes Zorn beschwichtigen“ beschrieben. Im Grunde soll damit das Besänftigen des Gegenübers und Kommunikationspartners mittels Kommunikationssignalen und Ausdrucksverhalten erreicht werden, um am Ende des Tages eine gute und angenehme Atmosphäre und Stimmungslage zu sichern.
Und das Gute ist, von Babybeinen an, also ab dem Welpenalter geht es mit dem Aussenden von Beschwichtigungssignalen los und auch das Lesen und Verstehen von empfangenen Signalen klappt sofort. Bis ins Seniorenalter funktioniert das Austauschen über alle Rassen und Hundearten hinweg.
In einem bestehenden Rudelgefüge sorgen die Beschwichtigungssignale dafür, dass es erst gar nicht zu Ausschreitungen und Eskalationen des Aggressionsverhaltens zwischen einzelnen Rudelmitgliedern kommt, oder diese frühzeitig beendet und entspannt werden. Dies sichert zwangsläufig, dass es zu keinem Ausufern des Konfliktes kommt und schlimme Verletzungen innerhalb des Sozialverbands für eine Beeinträchtigung und Dezimierung der Stärke und Leistungskraft des Rudels führen.
Zeigt ein Hund Elemente und Handlungen des Beschwichtigungsverhalten, so ist seine Intention und Motivation, seinem Sozialpartner mit den entsprechenden Signalen und Ausdrucksverhalten von seiner friedlichen, harmoniesuchenden und verträglichen Absicht einerseits zu überzeugen, als auch vorhandenes Aggressionsverhalten durch sein Tun abzumildern und für eine gute Stimmung zu sorgen. Es soll aggressionshemmend und beruhigend auf den anderen Sozialpartner wirken. Das gezeigte Verhalten soll dem Aggressor Luft auf den Segeln nehmen, für Entspannung sorgen und dem Gegenüber spiegeln, dass der sendende jeglicher Konfrontation aus dem Weg gehen will.
Das Beschwichtigungsverhalten tritt während der Begrüßungszeremonie mit Vertrauenspersonen auf und bei der Begegnung mit Artgenossen, die nicht zu den bisherigen Sozialpartnern zuzuordnen sind. Weiterhin werden die Beschwichtigungssignale bei Konfliktsituationen eingesetzt, um zu deeskalieren und den Rivalen milde zu stimmen bzw. bereits im Vorfeld eines jeglichen Bedrohungsszenario vorbeugend mit dem richtigen und angemessenen Verhalten hemmend, beruhigend und entkräftend zu wirken.
Schaut man sich bewusst die Verhaltensweisen während des Beschwichtigungsverhalten der Hunde an, so sind u.a. das eigene Schnauzenlecken ein ganz typisches Signal dieser Verhaltenskategorie. In diesem Zusammenhang kann auch schon das alleinige kurze Vorzeigen der Zunge als Beschwichtigungssignal erachtet werden, da dies bereits als Absicht des Schnauzenleckens innerhalb des Beschwichtigungsverhaltens betrachtet werden kann.
Weitere Signale die innerhalb des Beschwichtigungsverhalten ausgesendet werden sind u.a. das Heben der Vorderpfote, Abwenden des gesamten Körpergebäude, Kopfabwenden, Gähnen, Blinzeln mit den Augen, Augenzukneifen, Bogen- und Schlangenlinienlaufen bei Annäherung zum Sozialpartner, Schnüffeln auf dem Boden, langsames Dehnen in der Vorderkörpertiefstellungspose mit häufigem Ablegen, das Urinieren, Verlangsamen des Bewegungsablaufs und das Erstarren und Verharren (wird als Einfrieren bezeichnet).
Senden Hunde Beschwichtigungssignale an einen Kommunikationspartner aus, so ist durchaus gleiches Verhalten bei dem Empfänger als Antwort zu beobachten. Da die Hunde stets ihrem Kommunikationspartner eine Rückmeldung zurückspielen, können auch wir Halter vom Verständnis der Beschwichtigungssignale für unseren Alltag und das Zusammenleben mit unserem Hund profitieren. Wie? Indem wir diese ebenfalls als Kommunikationswerkzeuge gezielt einsetzen. Die oben beschriebenen Beschwichtigungssignale können von uns in entsprechenden Situationen angewendet werden, um beispielsweise unserem Hund im Falle von Stress, Angst und Unsicherheit beispielweise durch das eigene Gähnen zu beruhigen und für Entspannung zu sorgen.
Ein weiteres alltägliches Beispiel, das die richtige Vorgehensweise eines Hundeführers in seiner Funktion des Leittiers aufzeigt, ist die Begegnung beim Spaziergang mit einer anderen Person mit Hund. Spüren wir bei der Sichtung des fremden Artgenossen durch unseren Vierbeiner starkes Unbehagen, nervöses Verhalten und Angst, so sollten wir wenn möglich einen anderen Weg einschlagen oder wenn es die Situation nicht zulässt, selbstbewusst den Hund an die dem anderen Hund abgewandte Seite nehmen und ihn beim Voranschreiten ruhig und stressfrei vorbeiführen. Dies entspricht dem sogenannten "Splitten", bei dem nun die Distanz durch uns zwischen den beiden Hundeindividuen durch das Dazwischenpositionieren vergrößert wird, um die prekäre Gemütslage und Situation abzumildern.
Übersprungverhalten
Ein Übersprungverhalten ist eine Verhaltensweise, die keinen direkten Zusammenhang mit den vorher gezeigten Handlungen und den sich anschließenden Verhaltenszügen hat. Es wird quasi zusammenhanglos und unpassend dazwischengeschaltet, entspricht nicht der eigentlich ablaufenden Situation und hat keine direkte Bewandtnis, noch verfolgt es ein konkretes Ziel.
Das Übersprungverhalten kann aber den Stresspegel und das Unwohlsein in einer konkreten Konfliktsituation beim Hund abmildern und ein deeskalierendes Kommunikationssignal an seinen Kommunikationspartner senden.
Übersprungverhalten tritt beim Hund auf, wenn er sich zwischen zwei Handlungen befindet, aber nicht genau weiß welche er tatsächlich ausführen soll. Sprich der Vierbeiner sitzt in der Klemme und ist unentschlossen, welche folgende Handlung nun eher die richtige sein sollte. Sieht der Hund beispielsweise beim Spaziergehen einen Artgenossen bereits auf Entfernung, kann aber diesen nicht richtig einschätzen, so wird der Hund u.U. zwischen Neugierde und auf den Artgenossen zulaufen oder durch Unsicherheit Fluchtverhalten vorziehen und sich in Sicherheit bringen, hin- und hergerissen sein. Genau in dieser verzwickten Situation wird dann der Hund mit unverbundenem Übersprungverhalten und beispielsweise mit Schnuppern und Schnüffel am Wegesrand und Urinieren auf die stressige Gesamtsituation reagieren.
Gleiches kann gut bei Welpen beobachtet werden, die in einen Raum kommen und ein neuer Gegenstand für Erkundungsverhalten sorgen wird. Der junge Vierbeiner wird zaghaft und sehr vorsichtig immer mal wieder auf den Gegenstand zusteuern, aber genauso oft durch die innerliche Unsicherheit einerseits und anderseits gleichzeitigem neugierigem Reiz, die Situation mit Übersprungverhalten überspielen, indem er von links nach rechts im Raum läuft und Schnüffeln, eigenes Schnauzenlecken und Gähnen zeigt.
Eine weitere Begegnung mit Übersprungverhalten wird uns Haltern eventuell beim Training mit dem Hund aufgefallen sein. Sollten wir eine konkrete Aufgabe und Übung an unseren Hund gestellt haben und dieser aber durch einen konkreten Umweltreiz, beispielsweise eine vorbeilaufende Katze, abgelenkt und sich somit im Zwiespalt zwischen den beiden Ereignissen befinden, so wird er durch den inneren Konflikt sich zu einem Übersprungverhalten hinreißen lassen.
Übersprungsignale können in den beschriebenen Situationen u.a. das Schnauzenlecken und Züngeln, Fell lecken, Schütteln, Gras fressen, Urinieren, Aufnehmen eines Gegenstandes, Kratzen, Gähnen, Kauknochen aufnehmen und Knabbern, Trinken am Napf, Umherschnüffeln und Schnuppern mit Herumlaufen uvm. sein.
Was bedeutet für uns Halter konkret, wenn wir Übersprungverhalten beim Hund erkennen. Die Übersprungsignale zeigen uns Hundeführern, dass der Hund sich in einer hochkonzentrierten Phase des Überlegens befindet, da er nun herausfinden will, wie es mit der ursprünglich herausfordernden Situation weitergeht.
Sollte allerdings das Übersprungverhalten ständig während einer Handlung auftreten, so kann es durchaus ein Zeichen von Überforderung beim Vierbeiner sein.
Besonders im Zusammenhang mit dem Hundetraining für die Erziehungs- und Ausbildungsmaßnahmen, kann ein Welpe und Hund schnell an seine Leistungsgrenzen kommen, Stress und Druck auf ihn hemmend wirken oder aber schlichtweg durch Verständnisprobleme überfordert sein.
Ist dem so, müssen wir uns zunächst selbst hinterfragen und nach der Ursache suchen, hilft dies nichts, so ist der Hundefachmann der richtige Ansprechpartner um einen besseren Einblick zu erhalten und eine Lösung im Sinne des Hundes herbeizuführen.
Fazit
Wissen ist die Grundlage, Zuhören und Hinschauen notwendig, um den Hund zu verstehen.
Das Ausdrucksverhalten beim Sozialverhalten verstehen und damit umgehen
Hunde im Allgemeinen und unsere eigenen Hunde im Speziellen interagieren und kommunizieren mit uns über ihre Hundesprache, sprich sie sprechen mit uns und teilen sich auf ihre Art mit. Hierdurch gewinnen wir einen sehr guten Eindruck über ihre jeweilige Stimmungslage und welches Anliegen sie just haben - vorausgesetzt wir kennen ihre Kommunikationsweise und Ausdrucksformen.
Egal über welche Verhaltensart wir sprechen, haben Hunde untereinander beim Kommunizieren einen Vorteil im Gegensatz zum Austausch zwischen Hund und Mensch. Hunde erhalten durch den Sender eine Nachricht, auf die sie stets eine Antwort zurücksenden. Sie kennen einfach ihre innerartliche Verständigungsweise.
Da die beste Kommunikation der wechselseitige Dialog und nicht der Monolog ist, muss unsererseits das Verständnis für das Ausdrucksverhalten und die individuellen Merkmale unseres eigenen Hundes geschaffen werden, um ebenfalls passend antworten zu können.
Kurzum, nicht nur auf den Hund einreden und ihm Dinge aufoktroyieren, sondern zuhören und zusehen ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Es ist doch schließlich nichts frustrierender, als dass ein Sozial- und Kommunikationspartner der Gegenseite keine Beachtung schenkt, Verständnisprobleme vorliegen, die unweigerlich zu Missverständnissen führen. Dies ist sicherlich für keine Beziehung förderlich und vertrauensbindend.
Für die Haltung eines Hundes bedeutet dies für uns Hundehalter und Hundeführer, dass wir uns möglichst viel Wissen rund um das Ausdrucksverhalten und die Hundesprache rund um das Thema des Sozialverhaltens von Hunden in seiner gesamten Bandbreite aneignen, damit wir die Zeichen und Signale unseres Hundes situativ lesen und deuten können, um folgerichtig das gezeigte Verhalten in den Kontext einzuordnen und entsprechend reagieren und handeln zu können.
Als soziale Bezugs- und Vertrauensperson sind wir für die Handlungen unseres Hundes verantwortlich, sprich wir sollten dafür sorgen, dass sowohl andere Tiere, Menschen als auch unserem eigenen Hund, möglichst kein Schaden durch etwaige Auseinandersetzungen und Konfliktsituationen zustoßen.
Durch eine gute Beziehung und starke Bindung sollten wir das Kommunikations- und Verhaltensrepertoire unseres Vierbeiners im Austausch mit anderen Sozialpartnern verstehen, mit hoher Aufmerksamkeit das Führen des Hundes ausüben und stets auf der Hut sein, damit der Hundealltag größtenteils reibungslos abläuft.
Abschließend wollen wir nochmals den Rat geben, dass insbesondere Hundeneulinge ein großes Spektrum an Wissen und Erfahrung aufbauen müssen, damit sie die Kommunikationssignale und die daraus abzusehenen und folgenden Handlungen ihres Hundes und die seiner Artgenossen erlernen und verstehen. Nicht nur das die gesamte Haltung und Führung des Hundes sicherer für alle wird, sondern sie wird ebenso leichter und durch die wechselseitige Kommunikation wird die Beziehung und Bindung stärker und intensiver. Dies bedeutet allerdings viel Lesen und mit dem Vierbeiner Zeit bei allen Betätigungsfeldern rund um die Hundehaltung zu verbringen und andererseits einen Hundeprofi bestenfalls von Anfang an mit einzubinden, der einen hohen Erfahrungsschatz und Kompetenz auf dem gesamten Gebiet des Sozialverhalten mitbringt und euch Haltern somit vermitteln kann.
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