Performance in der Hundeerziehung

Was ist und wie kann man Verhaltensperformance in der Hundeerziehung steigern?

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Zuletzt aktualisiert am: 19.12.2023

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Synonyme
  • Ausführung eines Verhaltens
  • Verhaltensausführung
  • Verhaltensperformance

Die Verhaltensperformance bezeichnet die Ausführung eines Verhaltens. Sie ist vom Akquisition genannten Erlernen des Verhaltens zu unterscheiden. Ob ein belohnender Verhaltensverstärker auf das Erlernen oder die Ausführung eines Verhaltens wirkt, ist für die Hundeerziehung wichtig zu wissen. Auf die Frage liefern operante Konditionierung als Fundament der Hundeerziehung und Kognitivismus unterschiedliche Antworten.

Neben diesen lerntheoretischen Erklärungen für die Entstehung und Ausführung von Verhalten wurde von Ethologen wie dem österreichischen Verhaltensforscher Konrad Lorenz die Entstehung von Verhalten durch die heute als wissenschaftlich überholt geltende Instinkttheorie vorgeschlagen, die ein Modell der vermuteten inneren Prozesse darstellt und davon ausgeht, dass Verhalten ererbt und nicht erlernt ist.

Performance und Akquise

B. F. Skinner entwickelte anhand der in diesem Abschnitt des ersten Teils unserer dreiteiligen Artikelserie über die wissenschaftlichen Grundlagen und deren praktische Anwendung in den modernen Trainingsmethoden beschriebenen Experimenten die operante Konditionierung. Im Zentrum seines Ansatzes stehen die vier im Kontingenzschema dargestellten möglichen Konsequenzen eines Verhaltens. Im Fall der als Basis vieler moderner Hundetrainingsmethoden dienenden  positiven Verstärkung handelt es sich bei der Konsequenz um eine Belohnung. Später führte er noch den Begriff der Hinweisreize hinzu: Diese zeigen an, dass ein bestimmtes Verhalten eine bestimmte Konsequenz nach sich ziehen. Den Vorgang des Lernens betrachtete Skinner als das Entstehen eine Kopplung aus Hinweisreiz, Verhalten und Konsequenz. Verhaltensakquisition durch positive Verstärkung bedeutet nach seiner Theorie, dass ein Verhalten dann mit jedem Durchgang öfter gezeigt wird, wenn dem Verhalten ein angenehmer Reiz, der positive Verhaltensverstärker folgt. 

Demgegenüber ergab die Forschung des amerikanischen Verhaltensforschers Edward Tolman, dass der Verhaltensverstärker nicht für das Erlernen eines Verhaltens notwendig ist, sondern einen entscheidenden Einfluss auf die Ausführung des Verhaltens hat. In seinen in diesem Abschnitt des oben angeführten Artikels beschriebenen Experimenten verwendete er Ratten, die lernen sollten, sich in einem Labyrinth zu orientieren. Um den Einfluss der Verhaltensverstärkung erkennen zu können, teilte er die Ratten in drei Gruppen ein: Eine Gruppe bekam am Ende eines Labyrinthganges immer ein wenig Futter. Eine Gruppe bekam nie Futter und eine Gruppe bekam während der ersten Wiederholungen des Experiments kein Futter, später aber schon. Nun maß er die Zeit, die die Ratten brauchten, zu der Stelle im Labyrinth zu finden, an der es das Futter gab. Es stellte sich heraus, dass die Kontrollgruppe, die immer Futter bekam, mit jeder Wiederholung schneller und zielstrebiger zu der Stelle gelangte, während die Gruppe, die nie Futter bekam, durchschnittlich immer dieselbe Zeit benötigte, zufällig ans Ziel zu gelangen. Interessant waren die Ergebnisse der Gruppe, die erst kein Futter, später aber schon welches bekam. Denn diese Gruppe brauchte am ersten Tag mit Futter noch so lange bis zum Ziel, wie die Ratten der Gruppe, die nie Futter bekamen. Allerdings brauchten sie schon bei der nächsten Wiederholung des Experiments weniger Zeit zum Ziel, als die Ratten, die von Anfang an Futter bekamen. 

Tolman schloss daraus, dass alle Ratten, auch die, die für das Verhalten „orientieren im Labyrinth“ nicht belohnt oder verstärkt wurden, gelernt und die Kompetenz aufgebaut hatten, sich im Labyrinth zu orientieren. Zu zeigen, dass sie sich orientieren und auf schnellstem Weg eine bestimmte Stelle im Labyrinth aufsuchen können, hing allerdings von einer Verhaltensverstärkung ab. Dieses „Zeigen eines Verhaltens“ nannte er Performanz und legte mit der Erkenntnis, dass für die Verhaltensakquise, den Kompetenzaufbau bzw. das Lernen keine Verstärker notwendig sind, den Grundstein für die kognitiven Lerntheorien, die in den modernen Trainingsmethoden für Hunde eine untergeordnete Rolle spielen.

Die Rolle der Verhaltensperformance im Hundeerziehung

Ähnlich verhält es sich ebenfalls mit unseren Hunden in Training, Erziehung und Alltag, auch wenn sowohl für die Verhaltensakquisition als auch für die Performance auf die positive Verstärkung zurückgreifen. 

Ist die Akquisition abgeschlossen, bedeutet dies, dass der Hund die Kopplung aus unserem Signal mit dem von uns gewünschten Verhalten und der Belohnung erstellt hat. Das heißt aber noch nicht, dass er von nun an in jeder Situation das Kommando aus- und in das gewünschte Verhalten überführt. Denn für den Hund besteht eine Situation aus einer Vielzahl verschiedener Reize, von denen neben unseren Signalen und Kommandos einige weitere als Hinweisreize auf ihn wirken. Diese sind aus unserer Sicht Ablenkungen, während sie für den Hund einfach nur weitere Hinweisreize sind, die anzeigen, dass sich verschiedene Verhaltensweisen für ihn lohnen: Das Kommando zeigt an, dass es für das verknüpfte Verhalten eine belohnende Verstärkung, z. B. in Form eines Leckerchens, gibt. Der Anblick der in 100 Meter Entfernung spielenden Artgenossen zeigt an, dass das Verhalten „zu den anderen Hunden laufen“ eine belohnende Verstärkung in Form eines lustigen Spiels ergibt.

Neben den mit unseren Signalen konkurrierenden Hinweisreizen gibt es weitere Faktoren, die auf die Performance einwirken. Da die Hinweisreize im Grunde eine Art Versprechen darstellen, dass ein bestimmtes Verhalten eine bestimmte Folge hat, ist klar, dass die Konsequenz und ihre Wertigkeit eine entscheidende Größe ist. In der Praxis stellt sich nun die Frage, wie dafür gesorgt werden kann, dass die Folge, die wir Belohnung nennen, für den Hund tatsächlich die begehrteste ist. Hier spielen Begriffe wie Bedürfnis, Trieb und Triebreduktion und Verhaltenseinschränkung eine Rolle:  Alle diese Begriffe stehen in einem Zusammenhang mit der Beurteilung oder Bewertung von Belohnungen durch den Belohnten. Würde ein völlig überfressener Hund ein weiteres Leckerchen als wohltuend bewerten? Hätte ein völlig ausgepowerter und müder Hund viel Spaß an einem wilden Spiel mit Artgenossen? Offensichtlich muss eine Art von Bedürfnis bestehen, das mit dem als belohnenden Verstärker dienenden Reiz oder Verhalten reduziert werden kann, damit die belohnende Wirkung eintritt. Daher sollten Hundehalter sich mit dem Thema Belohnung gut auseinandersetzen.

Reizgeneralisierung und -diskriminierung spielen allerdings ebenfalls eine Rolle, denn wie oben schon gesagt, besteht eine Situation aus einer Vielzahl von Reizen. Da es während der Verhaltensakquisition darauf ankommt, in möglichst reizarmer Umgebung zu trainieren, damit das von uns gegebene Signal klar erkennbar wird, wird für den Hund aber der Rest der „Situation“ zum Bestandteil des Hinweisreizes: Nun muss das Signal langsam diskriminiert werden, damit der Hund begreift, dass das Signal „Sitz“ etc. auch außerhalb der Trainingszeit und des Trainingsorts ausgeführt werden soll und sich die Ausführung lohnt.

Andererseits ist bekannt, dass sich Verhalten durch viele Wiederholungen unter Verwendung verschiedener Verstärkerpläne festigt. Dies gilt für gewünschtes Verhalten ebenso, wie für unerwünschtes. Entsprechend sollte dafür gesorgt werden, dass unerwünschte Verhaltensweisen nicht wieder und wieder gezeigt werden, da sie sich dann verfestigen. Gleichzeitig sollten diejenigen, die wir bei unseren Tieren sehen wollen, immer wieder erfolgreich abgerufen werden.

Ziel eines Trainingsprogramms ist es daher nicht nur, den Hund zu operant zu konditionieren und durch positive Verstärkung die entsprechenden Verknüpfungen zu erstellen. Vielmehr muss schrittweise mit entsrpechenden Trainingsmethoden, wie der 300-Pick-Methode die Performance gesteigert werden. Einen Überblick über die Trainingsmethoden gibt auch der dritte Teil der o. a. Artikelserie. Der zweite Teil zeigt auf, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse welche Trainingsmethode begründet und versorgt Dich so mit wertvollem Hintergrundwissen, das Dir hilft, Lösungen für Deine Hundeerziehung zu erisinnen.

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