Gelernte Hilflosigkeit bei Hunden

Was ist gelernte Hilflosigkeit, wie kann sie für Hunde vermieden werden?

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Zuletzt aktualisiert am: 18.12.2023

Junger Hund liegt auf dem Steinboden und schaut in Richtung Kamera.jpg
Synonyme
  • erlernte Hilflosigkeit

Erlernte Hilflosigkeit bezeichnet die Annahme eines Lebewesens, das eigene Verhalten hätte keine (positiven) Auswirkungen. Unangenehme Situationen werden lethargisch ertragen, statt Flucht- oder Vermeidungsverhalten zu zeigen. Sie entsteht durch negative Verstärkung oder positive Strafe ohne Kontingenz. Seligmann prägte den Begriff 1967 nach entsprechenden Experimenten mit Hunden und stellte fest, dass sie generell die Lernfähigkeit mindert. In diesem Abschnitt des ersten Teils unserer dreiteilgen Reihe zur Lerntheorie sind die Experimente und Erkenntnisse detailliert beschrieben.

Positive Strafe und negative Verstärkung sind zwei von vier möglichen Zusammenhängen aus Verhalten und Konsequenz, die im Kontingenzschema der operanten Konditionierung dargestellt sind und bei denen ein Verhalten entweder einen unangenehmen Reiz auslöst (entspricht der Strafe) und das entsprechende Verhalten seltener werden lässt, oder einen solch unangenehmen Reiz beendet (entspricht der negativen Verstärkung) und das den Reiz beendende Verhalten häufiger auftreten lässt. In beiden Fällen tritt die beschriebene Auswirkung auf das Verhalten nur ein, wenn dem Verhalten eine Vorhersagekraft oder Kontingenz bezüglich des aversiven Reizes innewohnt und diese Vorhersagekraft vom Lebewesen oder Hund erkannt wird: Immer und sehr zeitnah, wenn ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird, beginnt der Strafreiz. Immer, wenn ein bestimmtes Fluchtverhalten gezeigt wird, endet der unangenehme Reiz.

Die vom amerikanischen Psychologen Martin Seligman in den 1960er Jahren durchgeführten Experimente mit Hunden basieren auf negativer Verstärkung, bei der es keine Kontingenz zwischen Verhalten und aversiven Reiz gibt. Sie belegten die Existenz der erlernten Hilflosigkeit, die entsteht, wenn ein Lebewesen wiederholt einem aversiven, unangenehmen Reiz ausgesetzt wird, auf dessen Beendigung das Verhalten des Lebewesens keine Auswirkung hat: Unter diesen Umständen verfügt das Verhalten über keinerlei Kontingenz oder Vorhersagekraft bezüglich des Reizes, sodass das Lebewesen dem unangenehmen Reiz hilflos gegenübersteht. Da kein Verhalten den Reiz beenden konnte, zeigten die Hunde in dieser Situation gar kein Verhalten mehr, sondern ertrugen die Stromschläge lethargisch. 

Gelernte Hilflosigkeit bezeichnet nun den Umstand, dass die Hunde nicht nur in dieser, sondern auch in anderen Situationen, in denen sie unangenehmen, aber verhaltensabhängigen Reizen ausgesetzt wurden, lethargisch reagierten: Statt das notwendigen Fluchtverhalten zu erlernen, nahmen sie ihr Schicksal regungslos an.

Im Experiment bestand kein Zusammenhang zwischen Verhalten und unangenehmen Reiz und konnte somit auch nicht erkannt und konditioniert werden. Das Experiment zeigt aber auf, dass erlernte Hilflosigkeit auch dann auftreten kann, wenn ein solcher Zusammenhang zwar besteht, aber nicht erkannt wird, beispielsweise, weil die Kontiguität genannte zeitliche Nähe zwischen Verhalten und Reiz nicht ausreichend kurz ist, um die Vorhersagekraft erkennbar zu machen. 

Die im zweiten Teil unserer Artikelreihe zur Lerntheorie dargestellten Trainingsmethoden verzichten nicht nur aus diesem Grund auf die Verabreichung unangenehmer Reize und damit auf positive Strafe und negative Verstärkung zur bewussten und planmäßigen Verhaltensformung.

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