Das Wesen des Hundes - Teil 2

Wie Prägung und Erziehung sich auf das Wesen des Hundes auswirken

Von:
Zuletzt aktualisiert am: 1.3.2023

Ein junger weisser spitzartiger Hund liegt auf dem Schnee und schaut hoch zum Betrachter.jpg

Aufbauend auf unserem Artikel "Das Wesen des Hundes - Teil 1" wird Ralf Lügger, ein langjähriger Hundetrainer und erfahrener, passionierter und fürsorglicher Hundehalter, auf die Prägung und Erziehung näher eingehen.

Denn beide Faktoren spielen bei der Formung des Wesens und der Entwicklung der Hundepersönlichkeit eine bedeutende Rolle. Hierbei handelt es sich um die erlernten und erworbenen Eigenschaften durch das aktive Zutun des Menschen und der gesammelten Erfahrungen und Eindrücke der Hundepersönlichkeit beim Interagieren mit der Umwelt.

01

Auch Prägung & Erziehung formen das Wesen des Hundes

Neben den vererbten Eigenschaften spielen u.a. die Prägung und Erziehung für die Formung des Wesens beim Hund eine maßgebliche Rolle.

Die "Prägung" der Welpen bis zur siebten Lebenswoche

Charakterlich einwandfreie Elterntiere nützen dem späteren Hundebesitzern wenig, wenn die Welpen irgendwo in einem Zwinger, oder reizarm im Haus aufwachsen, ohne in den ersten Wochen Erfahrungen machen zu können, die sie dringend benötigen, um auf ihr späteres Leben (Menschen, Kinder, Straßen, Autos, andere Hunde, Tiere, Lärm...) vorbereitet zu werden!

Merke:

Was innerhalb der Prägungsphase nicht kennengelernt wurde, kann nur schwer nachgeholt werden!

Sollte beides stimmen (die Elterntiere sind wesensmäßig einwandfrei, und der Züchter hat sich viel Mühe mit der umfassenden Prägung seiner Welpen gegeben), kommt noch ein weiterer Punkt hinzu. 

Die Erziehung durch den neuen Besitzer

Nun ist derjenige, der den Welpen zu sich nimmt, gefordert! Diese Aufgabe ist natürlich umso "einfacher" je besser der Züchter bereits "vorgearbeitet" hat... Trotzdem können Sie sich nicht auf einen charakterlich tollen Welpen "ausruhen", und darauf vertrauen, dass aus ihm ohne ihr gewissenhaftes Zutun wie "von selbst" einmal ein braver, freundlicher und gut erzogener Hund wird! Ob große oder kleine Rasse, alle Hunde benötigen unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich halte im Übrigen nichts davon, Menschen zu raten, sich Hunde nach ihrem eigenen Körpergewicht in ihre Familie zu holen. Jede Beziehung basiert auf gegenseitigem Respekt, unabhängig von Rasse, Herkunft oder Größe!!!

Was wird vererbt, was erlernt?

  • Vererbt werden vor allem grundlegend rassetypische Wesensmerkmale wie Jagdtrieb, Wachsamkeit und Schutztrieb, eine geringe oder hohe "Reizschwelle", d.h. wie leicht oder schwer ein Hund zur Aggression zu provozieren ist, Temperament, Bewegungsdrang... aber auch Intelligenz (anders gesagt: die Art, wie ein Hund lernt, und Bereitschaft zeigt, sich unterzuordnen, sich ins bestehende Rudel zu integrieren).

Innerhalb einer Rasse oder Rasse-Gruppe (Terrier, Herdenschutzhunde, Hütehunde, Gesellschaftshunde u etc.) gibt es natürlich noch individuelle Unterschiede.

In der Regel kann man also davon ausgehen, dass ein Jack Russel Terrier z.B. einen deutlich stärker ausgeprägten Jagdtrieb, Bewegungsdrang und eine niedrigere Reizschwelle hat als z.B. ein American Staffordshire Terrier.

Dennoch gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel.

Es bedeutet geradezu sträflichen Leichtsinn, sich für eine Rasse zu entscheiden, weil einem das Äußere zusagt, ohne vorher in Erfahrung zu bringen, welche Eigenschaften und Bedürfnisse zu derselben gehören!

  • Die Prägung entscheidet maßgeblich mit über das spätere Wesen/Verhalten eines Hundes! Eine gute Prägung wird aus einem Welpen die besten (ererbten) "Anlagen" herausholen und ihn auf sein Leben als Hausgenosse, Familienmitglied des Menschen vorbereiten...

Eine mangelhafte Prägung in den ersten Lebenswochen bedeutet, dass aus einem Welpen nicht viel mehr werden kann, als ein "junger Wolf", der zwar aussehen mag wie ein Dackel, Dobermann oder Rottweiler.

ABER: er wird die Charakter-Eigenschaften seiner Eltern kaum zeigen können, wenn er in dieser äußerst wichtigen Phase seines jungen Lebens nicht erfahren hat, dass z.B. Menschen sehr nette Wesen sind, denen er blind vertrauen kann, dass gelegentlicher Lärm, (sei es laute Musik oder der Staubsauger), Autofahren, die Bürste oder ein Bad kein Grund sind, in Panik zu geraten, oder, dass schreiende Kinder Kleinkind keine Bedrohung darstellen!

Es kommen - ohne die richtige Prägung - quasi wieder seine urtümlichen "Wolfs-Gene" zutage, die ihm "sagen": Sei vorsichtig, versteck dich! Lauf weg, wenn dir was Fremdes begegnet! Und beiß zu, wenn du nicht weglaufen kannst!

Auch mit sehr viele Liebe, Geduld und selbst mithilfe erfahrener Hundetrainern wird aus einem Welpen, der z.B. größtenteils isoliert in einem Zwinger aufwuchs, oder der in der jüngsten Jugend zu wenig positive oder gar negative Erfahrungen gemacht hat, in den seltensten Fällen ein selbstbewusster, zufriedener/freundlicher und vor allem "berechenbarer" Hausgenosse. Das kann aber dennoch klappen, wenn der Mensch genug Geduld hat. Aber fragen Sie sich selbst, sind Sie ein geduldiger Typ?

  • Anerzogen werden dem Welpen/Hund dann später vor allem Verhaltensweisen - erwünschte ebenso wie unerwünschte (sog. "Unarten"). Keine oder eine falsche Erziehung können binnen weniger Tage/Wochen aus einem völlig "normalen", aufgeschlossenen, lernbereiten und angenehm freundlichen Welpen einen verunsicherten, störrischen oder aufsässig/frechen Hund machen.

Hat dir der Inhalt gefallen? Dann teile ihn doch auch mit anderen:

VGWort Zählpixel