Herdenschutzhund

Was ist ein Herdenschutzhund?

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Zuletzt aktualisiert am: 12.7.2024

Pyrenaeen Berghund steht auf der gruenen Wiese.jpg
Synonyme
  • Hirtenhund
  • HSH

Um auf die Ausgangsfrage "Was ist ein Herdenschutzhund", kurz und knapp zu antworten, braucht man als Leser nur den Begriff in seine Einzelteile zu zerlegen:

Herdenschutzhund ist ein Schachtelwort und besteht aus den drei Wortteilen "Herden" + "Schutz" + "Hund".  Demzufolge handelt es sich also bei einem Herdenschutzhund um einen Hund, der ursprünglich für den Schutz einer Herde (Vieh und Nutztiere) vor Beutegreifern und Viehdieben entwickelt wurde und bis heute mitunter gehalten wird.

Ein Herdenschutzhund, kurz HSH, ist also ein Hund für den Herdenschutz und gehört demnach zu den Herdengebrauchshunden.

Als Herdenschutzhunde werden folglich alle befähigten Hunde und speziell dafür gezüchteten Rassen bezeichnet, deren Aufgabe als Arbeitshund im Hüten, Bewachen und Beschützen von Nutz- und Herdentieren wie Schafen oder Ziegen liegt. 

Hunde übernehmen seit Urzeiten an der Seite von Menschen bestimmte Funktionen, so auch zum Schutz der ihnen anvertrauten Schafe, Ziegen, Schweine, Rinder, Pferde, Gänse etc. Denn für viele Besitzer waren das Vieh und die Nutztiere unersetzlich, um sich von ihnen zu ernähren oder ihrer Arbeitskraft im Alltag zu bedienen. Jedes gestohlene oder erbeutete Herdentier war ein immenser Verlust für dessen Besitzer. Somit wurden eben Hunde gehalten, die für den Schutz des Viehs verantwortlich waren - dies waren vor Urzeiten im Grunde die ersten Herdenschutzhunde, die als Wachmänner für Sicherheit sorgten. 

Für die anspruchsvollen und zuweilen gefährlichen Aufgaben eines Herdenschutzhundes braucht es natürlich ganz besondere Eigenschaften, physisch und psychisch. Sprich, um als Herdenschutzhund geeignet zu sein, benötigt der jeweilige Hund ganz bestimmte Merkmale - um es plakativ darzustellen, ist eine ausgesprochen selbstsichere und imposante Hundepersönlichkeit gefragt. Vom äußerlichen Erscheinungsbild, Auftreten bis hin zum Charakter. Bricht man das Anforderungsprofil also auf die Jobbeschreibung als Bodyguard für Herdentiere herunter, so müssen die dafür geeigneten Hundekandidaten entsprechende Voraussetzungen in Sachen körperliche Anlagen erfüllen und vom Wesen, Temperament, Verhalten und den gesamten kognitiven Fähigkeiten ganz bestimmte Kriterien aufzeigen. Um in ihrer angedachten Funktion als Herdenschutzhunde erfolgreich tätig sein zu können, müssen die geeignete Hunde somit kräftig, muskulös, robust, vital, wetterfest, anspruchslos, laufstark und wehrhaft sein. Zugleich trotz einer eindrucksvollen Körperlichkeit aber agil, reaktionsschnell und mit großer Power agieren können. Ebenso gehört es zu den nötigen Skills eines Herdenschutzhundes, dass dieser scharfsinnig, wesensfest, aufmerksam, wachsam, nervenstark und mental belastbar ist. Und so ist es naheliegend, dass Herdenschutzhunde von Haus aus ein ausgeprägt verankertes Territorialverhalten und einen starken Schutztrieb (Beschützergen) mitbringen. Sie sind zu jeder Zeit in der Lage und immer bereit, drohenden Gefahren durch Menschen oder Raubtiere entgegenzutreten. Und wenn nötig diese vehement durch ihr Verhalten aus dem Revier zu vertreiben, wenn nötig, das ihnen anvertraute "Hab und Gut" mit Nachdruck und äußerster Vehemenz zu verteidigen - Ihr Revier und die Herdentiere sind ihnen heilig!

Herdenschutzhunde (HSH) werden im Übrigen auch als Hirtenhunde bezeichnet, da sie vielfach in den verschiedenen Bergregionen von Hirten zum Hüten, Beschützen und Zusammenhalten der Ziegen und Schafe gehalten und verwendet werden. Zwischenzeitlich greifen auch hierzulande zahlreiche Hirten und Nutztierhalter auf die tatkräftige Unterstützung der wehrhaften Hunde zum Schutz ihrer Herdentiere zurück, da durch die Rückkehr des Wolfs etwaige Übergriffe der Raubtiere zur Erbeutung notwendiger Ressourcen, sich häufen. Schließlich finden die Raubtiere durch den Rückgang der Wildtierpopulation in den Wäldern und Bergregionen, mitunter zu wenig potentielle Beute und müssen auf Alternativen ausweichen, um sich und ihren Wolfsrudel satt zu bekommen. Um ihre Nutztiere bestmöglich gegen Angriffe zu schützen, bieten sich Herdenschutzhunde zur Abschreckung an, die durch ihr Verhalten potentielle menschliche oder tierische Eindringlinge in ihr Revier vertreiben, situationsbedingt nicht davor zurückschrecken, im Notfall sich in den offenen Konflikt und Kampf zum Wohle und Wehe ihrer Herdentiere zu stürzen. In aller Regel werden daher auch mehrere Hunde gleichzeitig im Kreis ihrer Herde eingesetzt - die Anzahl erhöht sich mit steigender Herdengröße.

Da Herdenschutzhunde stets bei ihrer Herde verweilen und mit ihnen zusammenleben, werden sie in deren Umfeld geboren, wachsen mit ihnen Seite an Seite auf. Dementsprechend werden die Hunde von kleinauf auf die Schafe, Ziegen etc. geprägt. Die Herdentiere sind somit ihre direkten Sozialpartner ihres Sozialverbands und "Rudels". Sprich, die Herdentiere werden durch die Prägung quasi als "Artgenossen" angesehen. Die Herde ist ihre Familie und damit "Ein und Alles".

Herdenschutzhunde verweilen daher Tag und Nacht, bei Wind und Wetter bei ihrem "Rudel" und sorgen für deren Sicherheit. Dabei agieren sie mit ausgesprochener Aufmerksamkeit, vorzüglichen Beobachtungsgabe und stets mit einer angemessenen Portion Misstrauen allem Fremden gegenüber. Hunde, die im Rahmen des Herdenschutz gehalten werden, entgeht nichts und niemand. Zum Wohle ihrer Herdentiere. Die aufmerksamen Herdenhunde halten stets ihr gesamtes Revier im Blick und unter Kontrolle. Dabei arbeiten sie völlig selbständig und sind auf sich gestellt. Je nach Größe der Herde und des zu sichernden Reviers, im 2er-Gespann oder größeren Herdenschutzhundeteams.

Es ist aber nicht nur die pure Anwesenheit, die für Abschreckung sorgen soll. Denn es werden regelmäßig Patrouillienläufe absolviert, um die Lage im Revier zu checken und potentiellen Gefährdern ihre stetige Aufmerksamkeit im gesamten Territorium zu zeigen. Dabei markieren die Herdenschutzhunde das Revier, wodurch klare Grenzmarkierungen gesetzt werden und besonders andere Tiere vom Eindringen abgehalten werden sollen - so sehen effektive Schutzmaßnahmen im Rahmen des Herdenschutz durch Hunde aus.

Darüber hinaus werden potentielle Bedrohungen auch akustisch gewarnt. Denn das aktive Verbellen mit "starker und voluminöser" Stimme, sorgt für weiteren Eindruck und hält im Regelfall sehr wirkungsvoll Menschen und Raubtiere aus dem Revier fern.

Herdenschutzhunde dulden keinerlei Verletzen und Übertreten der Grenzlinien. Spaziergänger mit Hunden, Beutegreifer (Raubtiere) wie Wölfe, Bären, Füchse, Luchse etc. werden frühzeitig gewarnt. Und unmissverständlich durch das aktive Eingreifen der Herdenschutzhunde, in verschiedenen Eskalationsstufen, zum Fernbleiben oder Verlassen des Territoriums aufgefordert.

Das bedeutet nicht, dass die Hunde von Haus aus aggressiv wären. Ganz im Gegenteil. Herdenschutzhunde sind friedvolle, freundliche und soziale Hundecharaktere. Allerdings können sie ebenso von 0 auf 100 impulsiv hochschalten, wenn es darum geht ihre Familie (Herde/Menschen) zu beschützen und verteidigen. Dies ist letztlich ihr Job und den üben sie verlässlich aus. Selbst, wenn sie dabei Verletzungen davontragen oder ihr eigenes Leben zu Gunsten der Herdentiere einsetzen.

Dass Herdenschutzhunde keine lebensmüden Draufgänger sind, liegt nahe. Denn einzelne Herdenschutzhunde sind körperlich ihren Widersachern nicht immer gewachsen. Entsprechend versuchen sie durch ihr Auftreten und Verhalten (Drohverhalten) mögliche Eindringlinge früh davon zu überzeugen, von ihrem Vorhaben abzusehen und sich im Falle von Raubtieren, woanders nach geeigneter Beute umzusehen. Sie sind nicht auf Konfrontationen mit den Beutegreifern aus. Kommt es aber zum Ernstfall sind die großgewachsenen, agilen und wehrhaften Herdenschutzhunde zu jeder Zeit in der Lage, sich zur Wehr zu setzen. Und ebenso mental dazu entschlossen, resolut und mit Nachdruck, die Raubtiere zu bekämpfen und möglichst aus dem Revier zu vertreiben.

Menschen wie Wanderer oder Hundehalter und ihre Hunde müssen sich prinzipiell vor Herdenschutzhunden nicht fürchten - solange sie sich auf neutralem Terrain befinden und nicht das Revier der Herdenhunde betreten. Sicherlich werden die Herdenschutzhunde Passanten kritisch beäugen, eine abwartende, aber stets handlungsbereite Position einnehmen, ggf. sie zur Sicherheit in gebührenden Abstand begleiten, bis sie sich entfernt und aus Sicht der Herdenschutzhunde, in vertretbarer Entfernung aufhalten. Es geht den Wächtern ausschließlich darum, ein mögliches "zu Nahe kommen" zu verhindern. Unterschreitet niemand die gewünschte Distanz oder dringt sogar ungefragt ins Territorium ein, wird die visuelle Begegnung harmlos und friedfertig ablaufen. In diesem Zusammenhang wollen wir auch Eltern beim Spazieren mit Kleinkindern eindringlich bitten, ihre Zöglinge von eingezäunten Weideflächen fernzuhalten, auch wenn die Kinder gerne die "süßen" Schafe aus nächster Nähe betrachten möchten!

Nachfolgend wollen wir euch einige Hunderassen nennen, die als Herdenschutzhunde gezüchtet und bis heute eingesetzt werden:

Bei ihren Arbeitseinsätzen arbeiten Herdenschutzhunde oftmals auch mit Hüte- und Treibhunden im Kollektiv. So treiben dann die einen die Herde von A nach B, hüten sie auf den Weideplätzen und können sich der Unterstützung in Sachen Sicherheit, durch die anwesenden Artgenossen in Funktion des Herdenschutzhundes, gewiss sein. Daher trifft man beispielsweise in Bergregionen Österreichs oder der Schweiz auf Hirten mit ihren Viehherden, wo ein Border Collie, Australian Shepherd oder Shetland Sheepdog als Hütehund fungiert und an dessen Seite ein großgewachsener Pyrenäenberghund, Kangal oder Bergamasker Hirtenhund die anwesenden Schafe oder Ziegen bewacht und vor möglichen Bedrohungen durch Wolf oder Bär beschützt.

Da heute viele Hunde abseits ihrer angedachten Funktion angeschafft und gehalten werden, wollen wir abschließend noch einige Worte zum Thema "Hundekauf" im Kontext mit Herdenschutzhunden allen Lesern mit auf den Weg geben:

In den bisherigen Ausführungen konnten wir nun einiges über Herdenschutzhunde in Erfahrung bringen, wofür sie gezüchtet wurden und welche Eigenschaften sie von Haus aus mitbringen. Als Lebensraum ist im Regelfall die freie und unberührte Natur, direkt an der Seite von Nutztieren, um diese zu beschützen und mit ihnen ihren gesamten Hundealltag zu verbringen. 

Wird nun beabsichtigt, eine dafür gezüchtete Hunderasse oder qualifizierten Hund, an anderer Stelle zu halten, müssen besondere Haltebedingungen im Hinblick auf eine art- und tierschutzgerechte sowie bedarfs- und bedürfnisorientierte Haltung erfüllt sein. Ferner braucht es als potentieller Halter entsprechende Sachkenntnis und unweigerlich die erforderlichen Führungskompetenzen, inklusive geeigneter Persönlichkeit, um in Sachen Händling, Erziehung und Führung den Herausforderungen gewappnet zu sein. Kurz, ein Herdenschutzhund ist als Haushund garantiert nicht für jeden die richtige Wahl und braucht den entsprechenden Lebensmittelpunkt mit adäquaten Aufgaben, um sich wohl zu fühlen, einbringen und rassegerecht entfalten zu können. Weitere Details dazu könnt ihr in unseren ausführlichen Rassebeschreibungen finden.

Um noch tiefer ins Thema eintauchen zu können und neben den Herdenschutzhunden auch die weiteren Herdengebrauchshunde (Hütehunde und Treibhunde) kennenzulernen, haben wir einen ausführlichen Leitartikel mit dem Titel "Herdengebrauchs-, Hirten-, Herdenschutz- & Hütehund - Rassen und Aufgaben" geschrieben. In diesem findet ihr detailliert die Unterschiede der drei Hundegruppen, deren Aufgaben, welche Hunderassen den jeweiligen Gruppen zuzuordnen sind und viele weitere interessante Informationen.

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