Verhaltensabbau beim Hund

Wie kann unerwünschtes Verhalten des Hundes abgebaut werden?

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Zuletzt aktualisiert am: 21.12.2023

Ein weisser Cocker Spaniel mit gelbem Halstuch beim Training schaut seinen Halter an.jpg
Synonyme
  • Abbau unerwünschten Verhaltens

Hunde zeigen gemäß der operanten Konditionierung nur Verhalten, das positiv oder negativ verstärkt wird und sich für sie daher lohnt: Sie zeigen nie "unerwünschtes Verhalten". Lohnt ein Verhalten nicht mehr, wird es nicht mehr gezeigt, es wird gelöscht. Wer ein unerwünschtes Verhalten löschen will, muss also die belohnende Folge konsequent verhindern können. Der Abruf eines unter Signalkontrolle stehenden Alternativverhaltens ist effektiver als die Anwendung von Strafen mit ihren Risiken.

Zeigt der Hund ein Verhalten, das der Hundemensch als unangenehm oder unerwünscht empfindet, hat er drei Möglichkeiten, dieses Verhalten zu unterbinden, die alle auf der operanten Konditionierung basieren. Diese geht auf die in diesem Abschnitt des ersten Teils unserer dreiteiligen Reihe über die wissenschaftliche Entwicklung der Lerntheorien und ihre praktische Anwendung im Hundetraining detailliert beschriebenen Experimente B. F. Skinners zurück. Sein Modell besagt, dass das künftige Auftreten eines Verhaltens von der Folge, die das Verhalten zeitigt, bestimmt wird. Skinner hielt im Kontingenzschema vier mögliche Folgen fest: Zwei Arten von Strafen, zwei Arten von Verstärkern. Letztere sorgen dafür, dass ein Verhalten häufiger gezeigt wird.

Die erste der drei Möglichkeiten wird Löschung genannt. Im Kern geht es darum, den umgangssprachlich als Belohnung bezeichneten Verhaltensverstärker zu kontrollieren und ihn in Folge des unerwünschten Verhaltens nicht mehr zu gewähren: Wird ein Verhalten nicht mehr verstärkt, wird es seltener und irgendwann gar nicht mehr gezeigt, sondern gelöscht. Eine Verhaltenslöschung kann allerdings nur erfolgreich sein, wenn der belohnende Verhaltensverstärker tatsächlich derart kontrollierbar ist, dass er konsequent entzogen werden kann. Folgt in sehr seltenen Fällen dem unerwünschten Verhalten doch wieder eine verhaltensverstärkende Belohnung, entspricht diese selten eintretenden Belohnung einem besonderen Verstärkerplan, der ein Verhalten sehr widerstandsfähig gegen eine Löschung macht und aus diesem Grund bewusst im Training eingesetzt werden sollte. Auch angstgetriebenes Vermeidungsverhalten, das Folge von Bestrafungen oder negativer Verstärkung sein kann, ist gegenüber der Löschung sehr resistent und kann durch die Anwendung von Strafen noch stärker ausgeprägt werden. Die Voraussetzungen, ein Verhalten löschen zu können, sind also folgende:

  1. Löschung hat bei negativ verstärktem Vermeidungs- und Fluchtverhalten kaum Erfolgsaussichten, nur bei positiv verstärktem Verhalten sind die Chancen gegeben, wenn 
  2. Kontrollierbarkeit der belohnenden, positiven Verstärker vorliegt und
  3. die Umsetzung konsequent erfolgt: Die mit dem unerwünschten Verhalten angestrebte Belohnung darf NIE WIEDER durch dieses Verhalten erlangt werden – sonst ist eine massive Festigung des Verhaltens durch variablen, quotenbasierten Verstärkerplan wahrscheinlich.

Der Aufbau eines Alternativverhaltens über eine der modernen Trainingsmethoden bis hin zu weitgehender Signalkontrolle, die auch Impulskontrolle umfasst, ist als zweite Möglichkeit in jedem Fall sinnvoll und unter Umständen auch die einzige verbleibende Möglichkeit, wenn nämlich die Löschung nicht möglich ist: Befindet sich ein Hund im Sitz neben seinem Hundemenschen, kann er grade kein anderes Verhalten zeigen und beispielsweise unkontrolliert wildern oder aus Angst einen Verteidigungsangriff als Vermeidungsverhalten zeigen.

Die Anwendung von Strafen birgt eine große Menge von Risiken, die weit über die mögliche Unwirksamkeit hinausgehen und von denen oben eine bereits genannt ist. Alle Risiken und deren wissenschaftliche Erforschung beschreibt dieser Abschnitt des ersten Teils unserer dreiteiligen Serie über die wissenschaftliche Entwicklung der Lerntheorien und ihre praktische Anwendung im Hundetraining. Der zweite Teil "Lerntheorie II: Clicker- & Targettraining, Shaping & Chaining, Capturing & Co als angewandte Wissenschaft" beschreibt in diesem Abschnitt detailliert den Abbau unerwünschten Verhaltens.

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