Die Impulskontrolle des Hundes – wie kann sie gestärkt werden?

Für viele Themen gibt es klare Trainingspläne. Die Impulskontrolle ist aber ein übergeordnetes Thema. Wie kann sie gefördert werden?

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Zuletzt aktualisiert am: 11.4.2023

Ein Welsh Corgi sitzt auf einem Baumstamm im Wald und schaut zu seinem Frauchen erwartungsvoll auf.jpg

Die Impulskontrolle ist wichtig, damit Dein Hund nicht jedem Reiz und jeder Ablenkung, der in ihm einen Impuls auslöst, nachgeht. Würde er den Impulsen unkontrolliert nachgeben, hättest Du keine Chance, Deinen Hund zu führen. Das wäre nicht nur in vielen Situationen peinlich und im Falle des Wilderns vielleicht teuer, sondern kann auch für Deinen Hund im Falle von Giftködern oder unkontrolliertem Überqueren von Straßen gefährlich werden.

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Was sind Impulse & wozu dienen sie?

Um Impulskontrolle aufbauen zu können, ist ein wenig Hintergrundwissen zum Thema Impulsivität bei Hunden hilfreich. Dieses Wissen wird Dir die Möglichkeit bieten, Deinen Hund besser zu verstehen und dem Problem besser zu begegnen.

Impulse als innere Vorgänge

Im Normalfall löst ein optischer, akustischer oder geruchlicher Reiz oder eine Kombination von Reizen im Gehirn Deines Hundes einen Impuls aus. Dieser Nervenimpuls dient dazu, den gesamten Hund schnell und möglichst erfolgreich auf den Reiz reagieren zulassen. Er stellt somit gleichsam eine Art inneren Prozess der Datenverarbeitung dar: Ziel des Impulses ist es, ein geeignetes Verhalten zu ermitteln und dann umzusetzen. Wie dieses Verhalten als Ergebnis des Impulses aussieht, wird sowohl von Instinkten und den bereits gemachten Erfahrungen des Tieres entschieden. 

Impulsives Verhalten als Ergebnis natürlicher operanter Konditionierung

Solche Impulse sind für wildlebende und daher selbstverantwortliche Tiere, wie es auch die Vorfahren unserer Hunde waren, sehr sinnvoll: Beispielsweise ist eine schnelle Reaktion auf Reize bei der Jagd auf fressbare Beute außerordentlich wichtig. Hier fließen denn auch die gemachten Erfahrungen ein: Führte beispielsweise das Verfolgen der Duftfährte eines Hasen zu einer erfolgreichen Jagd und einem vollen Bauch, während das Verfolgen einer Saufährte zu einer Verletzung durch einen großen Keiler führte, wird künftig wohl öfter der lohnenden Hasen- und selten der bestraften Saufährte gefolgt. Selbst Fluchtverhalten kann von solchen Erfahrungen getragen werden: Nach der Erfahrung mit dem gefährlichen Eber ist denkbar, dass der Wolf oder Hund die wahrgenommene Nähe eines Keilers als Anlass nimmt, die Flucht zu ergreifen, um einer weiteren Strafe in Form einer Verletzung zu entgehen.

In der Verhaltensforschung wird die oben beschriebene Folge von Hinweisreiz, Reaktion und verschiedenen Konsequenzen im Kontingenzschema zusammengefasst. Es besagt, dass die Konsequenzen, von denen es vier verschiedene gibt, bestimmen, ob das entsprechende Verhalten künftig häufiger oder seltener als Reaktion auf einen Hinweisreiz gezeigt wird. Dieses Schema stellt den Kern der operanten Konditionierung dar und macht Mutmaßungen über innere Vorgänge wie Instinkte und Impulse weitgehend überflüssig.

Hund, Mensch und die operante Konditionierung

Heute leben unsere Hunde allerdings mit uns zusammen und sind nicht mehr für sich selbstverantwortlich, sondern wir, als Hundehalter und Hundeführer, haben die Verantwortung für unsere Hunde übernommen. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, bedienen wir uns der operanten Konditionierung in Form diverser moderner Trainingsmethoden. Unser Ziel ist, dass unsere Kommandos die wichtigsten Hinweisreize für unsere Hunde werden und weitgehend unsere Signale das Verhalten und die Impulse der Tiere bestimmen. Auf diese Weise können wir Hunde so führen, dass sie weder selbst in Gefahr geraten, noch für andere Lebewesen eine solche darstellen. Da unsere Signale in Konkurrenz zu den natürlichen impulsauslösenden Hinweisreizen stehen, ist es wichtig, dass unsere Hunde nicht jedem reizinduzierten Impuls nach eigenem Gutdünken folgen. Um das zu erreichen, bestehen verschiedene Ansätze und Übungen, die Impulskontrolle zu stärken und von denen wir gleich einige kennenlernen.

Neben diesen Übungen ist wichtig, dass Du früh im Leben Deines Hundes, möglichst schon im Welpenalter, darauf achtest, dass unerwünschtes impulsives Verhalten konsequent nicht belohnt und somit nicht verstärkt wird. Konsequent bedeutet hier: Niemals belohnt wird. Wird ein Verhalten selten und unregelmäßig belohnt, entspricht das einem sogenannten variablen Quoten-Verstärkerplan, der ein Verhalten besonders fest verankert. Das erklärt, warum Inkonsequenz nicht nur dazu beiträgt, dass ein unerwünschtes Verhalten nicht geändert wird, sondern es sogar noch fester verankert wird.

Ein Verhalten nicht mehr verstärkend zu belohnen, setzt voraus, dass Dir klar ist, worin diese belohndende Verhaltensverstärkung besteht und ob sie durch Dich überhaupt kontrollierbar ist.

Handelt es sich bei dem impulsiven und unerwünschten Verhalten beispielsweise um unkontrolliertes Weglaufen, hast Du auf die verhaltensverstärkende Belohnung wahrscheinlich keinen Einfluss: Wenn er wegläuft, wird er wahrscheinlich unterwegs etwas Spannendes erleben. Diese spannenden Erlebnisse sind die Belohnung für das Weglaufen, sodass dem impulsiven Fehlverhalten also eine für ihn angenehme Konsequenz folgt, die das Verhalten künftig häufiger auftreten lässt.  Mit jeder Wiederholung wird dieses Fehlverhalten weiter gefestigt und der Aufwand, bezogen auf dieses spezielle Fehlverhalten eine Verbesserung der Impulskontrolle herzustellen, wird höher.

In einem solchen Fall müsstest Du das Weglaufen des Hundes verhindern, denn Strafen bei der Rückkehr des Tieres wären ein großer Fehler: Dem Verhalten „zurückkehren zu Frauchen oder Herrchen“ folgt dann eine unangenehme Konsequenz – das verringert für die Zukunft das Auftreten dieses Verhaltens.

Um solches Weglaufen zu verhindern, wurden glücklicher Weise Hundeleinen und zu Trainingszwecken Schleppleinen erfunden, die Dir helfen, den Hund konsequent zu sichern, bis Du über die untenstehenden Ansätze eine ausreichend große Impulskontrolle aufgebaut hast.

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Zwei Ansätze, durch operante Konditionierung die Impulskontrolle zu steigern

Generell existieren zwei auf der operanten Konditionierung basierende grundsätzliche Ansätze, wie Hunden Impulskontrolle vermittelt werden kann.

Jede Situation braucht ein Training zur Impulskontrolle

Ein Ansatz beruht auf der Annahme, dass Hunde sehr situativ lernen: Änderungen an Faktoren wie Ort, Zeit, Art und Nähe der Ablenkung, ändern für sie alles, da in der Realität stets eine Kombination aus Reizen auftritt und eine Situation kreiert. Diese Sitation ist für den Hund verhaltensbestimmend.

Bezogen auf diese Annahme zur Impulskontrolle bedeutet das, dass es nicht „das spezielle Training“ für die Impulskontrolle gibt. Vielmehr gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Reize, die einen Verhaltensimpuls auslösen können und für die einzeln ein Impulskontrolltraining durchgeführt werden sollte.

Das passive Nein zur Impulskontrolle

Eine weiterer Ansatz geht davon aus, dass es generelle Übungen gibt, die dem Hund vermitteln, dass er Erfolg nur haben kann, wenn er seinem ersten Impuls nicht folgt, sondern mit Dir als seinem Halter abklärt, wie er sich weiter verhalten soll. Dazu soll er mit Dir in Erwartung eines Signals Blickkontakt aufnehmen. Ziel dieses Ansatzes ist es, dass Hund immer davon ausgeht, dass er etwas nicht darf, bis er bei seinem Menschen nachfragt und eine Erlaubnis erhält. Da der Hundemensch hier vermitteln muss, dass keine Reaktion von ihm, also Passivität, "Nein" bedeutet, heißt der Ansatz "passives Nein".  Das passive Nein setzt aber schon in der Grundphilosophie voraus, dass Hunde die Lehren aus den speziellen Übungen auf andere Situationen übertragen.

Meiner Meinung und Beobachtung nach lernen Hunde auf jeden Fall situativ und übertragen Lehren eher langsam auf andere Situationen: Mein Beagle wartet auf Grund des entsprechenden unten erläuterten Trainings zwar immer brav, bis ich ihm sein Abendessen freigebe, was es mir deutlich erleichtert, ungestört den Futternapf zu füllen. Das bedeutet aber nicht, dass er einem auf seinem Weg liegenden, lecker riechenden Brötchen widerstehen könnte, bis ich es ihm freigebe.

Möchte ich jetzt vermeiden, dass er dem Impuls, einen leckeren Giftköder zu fressen, nachgibt, müsste ich das wie unten dargestellt für viele Situationen separat trainieren.

Dennoch schaden sicherlich auch die generellen Übungen als flankierende Maßnahmen nicht, da sie den Hund in vielen Situationen kontrollierbarer machen und ihm helfen, zu erkennen, dass er nicht nur in den konkret trainierten, sondern in allen Situationen seine Impulse durch Dich kontrollieren lassen soll.

Trainingswürdige Reize und Impulse erkennen

Bezogen auf meine Bemühungen, den verfressenen Beagle davon abzuhalten, jedem Fressimpuls nachzugeben, war ich häufig neidisch auf einen befreundeten Hundeführer, dessen Hund wenig verfressen ist und der nur sein ihm bekanntes Futter von den ihm bekannten Menschen frisst. Diesbezüglich ein Impulskontrolltraining zu veranstalten, wäre bezogen auf diesen speziellen Hund reine Zeitverschwendung, da die Fähigkeit schon da ist.

Wir sehen hier also zwei Hunde, die von ihren Anlagen her komplett unterschiedlich mit ein und demselben Reiz umgehen. Für Dich bedeutet das, dass Du zunächst einmal erkennen musst, welche Reize bei Deinem Vierbeiner zu unkontrollierbaren Impulsen führen und daher ein Training notwendig machen. 

Was soll der Hund machen, statt dem Impuls zu folgen?

Wenn Du nun den Ansatz des passiven Neins verfolgst, erwartest Du von Deinem Hund, dass er Dich im besten Fall fragend anschaut und auf weitere Anweisungen wartet, statt seiner impulsiven Eingebung blind nachzugehen. Ob es aber tatsächlich zu bewerkstelligen ist, dass Hund sich für jedes Verhalten eine Freigabe bei Dir holt, ist für Vertreter vieler eigenständig arbeitender Rassen wie Beagle oder Dackel zumindest zweifelhaft.

Alternativ kannst Du aber auch eine alternative Verhaltensweise bei Deinem Hund abfragen: Wenn Du siehst, dass er irgendwohin möchte, lässt Du ihn beispielsweise ablegen oder ins Sitz gehen. Damit Dein Hund allerdings die dazu notwendigen Kommandos so zuverlässig ausführt, dass die jeweiligen Verhaltensweisen unter Signalkontrolle stehen, muss die Impulskontrolle im Rahmen der Trainings zu diesen Kommandos geübt werden. Da eine Situation für Deinen Hund auch aus Ort und Zeit besteht, müssen die Trainingseinheiten für einen Reiz im Laufe des Trainingsprogramms auch an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten absolviert werden. Diesen Vorgang bezeichnen wir als Verhaltensgeneralisierung, in deren Verlauf die Art der Ablenkungen variiert und der Abstand zu diesen schrittweise verringert wird.

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Impulskontrolle im Rahmen des Trainings anderer Kommandos

Wenn Du von Deinem Hund ein Sitz oder Platz verlangst, erwartest Du sicherlich, dass er die Position für längere Zeit hält, auch wenn er ablenkenden Reizen ausgesetzt ist. Hier erfährst Du, wie das notwendige Training aufgebaut ist und wie es die Impulskontrolle steigert.

Wo ist der Zusammenhang zwischen „Sitz“, „Platz“ etc. und Impulskontrolle?

Ein Sitz oder Platz für längere Zeit auch unter Ablenkung zu halten ist, wie Du in diesem Abschnitt unseres Artikels "Allgemeine Tipps zum Aufbau von Hundetrainings" nachlesen kannst, für Deinen Hund eine sehr schwere und komplexe Übung. Damit Dein Hund sie erlernen kann, muss sie in Teilschritte zerlegt werden, die zusammengenommen ein Trainingsprogramm ergeben. Am Ende der Trainingsprogramme für die einzelnen Verhaltensweisen steht immer die Generalisierung. Bei der Generalisierung geht es darum, dass Dein Hund lernt, die entsprechenden Kommandos nicht nur auf dem reizarmen Trainingsplatz, sondern planvoll in kleinen Schritten in immer ablenkungsreicheren Alltagssituationen auszuführen, sodass er immer und unter allen Ablenkungen kontrollierbar bleibt.

Eine Ablenkung ist nichts anderes als ein Hinweisreiz, der dem Hund anzeigt, dass sich jetzt ein bestimmtes Verhalten lohnen wird. Das Verhalten hat also eine für den Hund angenehme Konsequenz zur Folge, wobei diese nicht zwingend von uns kommt.  Der Reiz wird daher ein von uns impulsiv genanntes Hundeverhalten auslösen. Daher ist klar, dass dieser Teil der Trainingsprogramme sich positiv auf die Impulskontrolle auswirkt: Hat Dein Hund gelernt, zuverlässig Sitz zu machen, bedeutet das, dass er auch gegen seinen Impuls ins Sitz geht und bleibt, wenn Du es von ihm verlangst. Habt Ihr einen solchen Leistungsstand bezüglich eines Verhaltens (z. B. Sitz) erreicht, kannst Du impulsives Verhalten Deines Hundes zuverlässig unterbinden, indem Du ein Sitz als alternatives Verhalten von ihm verlangst.

Der Aufbau eines Trainingsprogramms

Diese Trainingsprogramme sind so aufgebaut, dass zunächst das von Dir definierte Signal mit dem gewünschten Verhalten verknüpft und gefestigt wird. Dann wir die Zeit gesteigert, in der das Verhalten beibehalten werden muss. In einem weiteren Schritt wird dann trainiert, dass Du Dich von Deinem Hund entfernen kannst, während er das Verhalten weiter zeigt. Nun trainiert ihr das Verhalten unter Distanzkontrolle, sodass er das Verhalten auch zeigt, wenn Du das Signal dafür aus einiger Entfernung gibst. Dann kommen die Ablenkungen ins Spiel: Erst wird mit Ablenkungen geübt, die in Deinem Hund einen schwachen Impuls auslösen, weil sie ihn nicht so sehr interessieren und die in einiger Entfernung von ihm platziert werden. Dann wird die Distanz zu diesen schwachen Ablenkungen schrittweise abgebaut, bis sie unmittelbar vor ihm liegen, ohne, dass er das von Dir signalisierte Verhalten unterbricht. Wenn das klappt, wird dasselbe Prinzip mit Reizen wiederholt, die in Deinem Hund einen stärkeren Impuls auslösen, die für ihn also spannender sind. Hierzu können auch Spiele genutzt werden, um mit künstlich erzeugten Reizen zu trainieren, wie im Block 5 Impulskontrolle bei Spiel, Spaß, Spannung und Jagdtrieb Link beschrieben.

Um einen Eindruck zu bekommen, wie solche Trainingsprogramme für die einzelnen Übungen des Grundgehorsams aussehen können, kannst Du Dir unsere in der untenstehenden Tabelle Trainingskarten anschauen.
 (TABELLE MIT LINKS ZU DEN TRAININGSKARTEN EINFÜGEN Link)

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Impulskontrolle & Antigiftködertraining

Das lebenswichtige Bedürfnis nach Nahrung löst den Fressimpuls aus, den es zu kontrollieren gilt, willst Du verhindern, dass Dein Hund schädliche Stoffe wie Giftköder frisst.

Gründe und Ansätze für das Antigiftködertraining

Neben Atmen und Trinken ist die Futteraufnahme eine der lebenswichtigsten bedürfnisgetriebenen Verhaltensweisen. Aus diesem Grund geht leckeres Futter bei vielen Hunden mit einem der stärksten Impulse einher. Dieser starke Fressimpuls birgt heute nicht nur das Risiko, bereits verdorbene Nahrung oder Kot anderer Tiere inkl. Wurmeier und anderer Risiken aufzunehmen. Vielmehr werden auch immer wieder gezielt Giftköder ausgelegt, um Hunden zu schaden.

Daher sollte neben den in die Trainings für andere Verhaltensweisen eingebetteten Übungen zur Impulskontrolle, bei denen auch Futter als Ablenkungsreiz verwendet werden sollte, auch Übungen in den Alltag integriert werden, die speziell darauf abzielen, den Fressimpuls zu kontrollieren und Deinem Hund eine fragende Kontaktaufnahme zu Dir vor dem Fressen beizubringen.

Die Grundidee beim Training zur Kontrolle des Fressimpulses

Generell sind all die Übungen zur Impulskontrolle so aufgebaut, dass Dein Hund ein Ziel der Begierde, also eine in unserem Fall „Futter“ genannte Ablenkung, vorgesetzt bekommt. Diese muss aber so von Dir geschützt werden, dass er mit seiner Eigeninitiative nicht an sie herankommt: Egal, was er unternimmt, Du nimmst alles kommentarlos hin, aber nichts darf ihn zum Ziel führen. Wendet er sich allerdings von seinem Ziel ab und schaut im Training stattdessen Dich an, ermöglichst Du ihm binnen einer Sekunde den Zugriff auf das Futter als Belohnung für das gewünschte Verhalten, nämlich den Blickkontakt zu Dir. Die damit verbundene Aufmerksamkeit Dir gegenüber ermöglicht Dir später, auf Deinen Hund mit einem Kommando einwirken zu können. Dieses führst Du schon jetzt ein, indem Du den Zugriff auf das Futter durch ein aus einem Wort und einer Gestik bestehenden Signal begleitest. Dieses soll ihm künftig Handlungsfreiheit geben.

Im Folgenden beschreiben wir zwei mögliche Vorgehensweisen, bei Deinem Hund die gewünschte futterbezogene Impulskontrolle aufzubauen.

Erste Übung: Tischmanieren - Futter aus dem Napf erst nach Freigabe

Schon ab dem ersten Tag Eures gemeinsamen Lebens kannst Du damit beginnen, Deinem schon älteren Hund oder Deinem Welpen gesittete Tischmanieren beizubringen, damit er erst zu fressen beginnt, wenn Du es ihm erlaubst. Gute Tischmanieren zu trainieren lohnt sich aus mehreren Gründen:

  • Du kannst in Ruhe den Napf mit Futter füllen, ohne von Deinem Hund bedrängt zu werden.
  • Du legst den Grundstein für das Training gegen Giftköder, in dem Du Deinem Hund beibringst, dass er gar kein Futter zu sich nehmen darf, ohne dass Du es ihm erlaubst.
  • Du legst den Grundstein für die Impulskontrolle insgesamt und das alles automatisch
  • in einer, vom Futter abgesehen, für Deinen Hund reizarmen und ihm wohlbekannten Umgebung, in der Dein Hund sich auf das Training besser konzentrieren kann.

Konkret gehst Du im ersten Schritt so vor, dass Du versuchst, den gefüllten Futternapf auf den Boden zu stellen. Wenn aber Dein Hund Anstalten macht, sich dem Futternapf und Deiner Hand zu nähern, kehrst Du die Bewegung sofort und kommentarlos um. Das Spiel machst Du so lange, bis Dein Hund Dich den Napf auf den Boden stellen lässt, ohne auf den Napf zuzustürmen. Du wirst Dich wundern, wie schnell er begreift, dass sein Futter sich von ihm entfernt, wenn er sich darauf zubewegt: Er wird wegen dieser Übung nicht verhungern, auch dann nicht, wenn Du auf diese Weise seine ganze Tagesration verfütterst und nicht, wie in "Allgemeine Tipps zum Aufbau von Hundetrainings" beschrieben, einen Großteil der Tagesration als Belohnung im Training aus der Hand verfütterst.

Sobald er Dich aber den Napf auf den Boden stellen lässt, ohne Dich zu bedrängen, lässt Du Deine Hand am Napf (das ist für einen späteren Trainingsschritt wichtig), aber gibst sofort das von Dir zuvor festgelegte Signal für die Freigabe, das aus einem Wort wie „Friss“, „los“, „frei“ und am besten auch aus einer Handbewegung besteht, die Du später auch auf Distanz einsetzen kannst.

Auch wenn Du nach einigen Anläufen den Napf bei dieser ersten nach diesem Prinzip durchgeführten Futtergabe ohne bedrängt zu werden auf den Boden bringen konntest, wirst Du feststellen, dass Dein Hund bis zur nächsten Futtergabe alles wieder vergessen hat. Daher wirst Du mehrere Male das beschriebene Prozedere durchlaufen müssen, bis Dein Hund Dich zum ersten Mal ohne einen einzigen Versuch, vor der Freigabe auf den Napf zuzulaufen, das Futter auf dem Boden abstellen lässt.

Wenn es erreicht ist, dass er Dich bei jeder Futtergabe den Napf auf den Boden stellen lässt, ohne dass er Dich ein einziges Mal veranlasst, den Napf wieder nach oben zu nehmen, hat er das Prinzip verinnerlicht. Nun kannst Du daran gehen, die Zeit bis zur Freigabe langsam und schrittweise zu steigern, indem Du die Zeit zwischen Abstellen des Napfs und Erteilung der Freigabe schrittweise um 1 Sekunde steigerst. Nun ist es wichtig, die Hand weiterhin am Napf zu haben, damit Du den Napf wieder hochnehmen kannst, wenn Dein Hund vor der Freigabe zu fressen beginnen möchte. Er darf nämlich keinesfalls erfolgreich sein: Würde es ihm selten und unregelmäßig gelingen, doch an Futter zu kommen, entspräche dies einem variablen quotenbasierten Verstärkerplan, der ein Verhalten sehr nachhaltig festigt und löschungsresistent macht. Das nach diesem Plan verstärkte Verhalten wäre in unserem Fall „Versuche, ohne Freigabe an Futter zu kommen“ und damit das genaue Gegenteil dessen, was wir erreichen möchten.

Auch nun wird es so sein, dass Dein Hund schnell begreifen wird, dass er warten muss, bis Dein Signal kommt, aber auch das wird er bis zur nächsten Fütterung vergessen haben. Daher ist auch dieser Trainingsschritt über einige Fütterungen hinweg zu trainieren. Sobald er die eine Sekunde lang immer wartet, steigerst Du die Zeit um eine weitere Sekunde.

Trainiere so weiter, bis er zirka 5 Sekunden ungerührt auf Deine Freigabe wartet. Beginne erst dann, Dich schrittweise vom Napf zu entfernen, bevor Du die Freigabe erteilst, schließlich willst Du nicht immer neben Deinem Hund hocken, während er frisst.

Dazu nimmst Du zunächst sofort nach Abstellen des Napfs aber vor der Freigabe die Hand vom Futter weg. Sei aber darauf gefasst, schneller wieder am Napf zu sein als Dein Hund, falls dieser Deine Freigabe nicht abwarten möchte, damit Du in dem Fall den Napf wieder aus der Reichweite Deines Lehrlings nehmen kannst. Wenn Ihr das sooft wiederholt habt, dass Dein Hund trotz der nicht mehr am Napf befindlichen Hand immer Deine Freigabe abwartet, richtest Du Dich auf, bevor Du die Freigabe erteilst. Will Dein Hund nun vor Deiner Freigabe ans Futter, kannst Du Deinen Fuß auf den Napf stellen und im so den Zugriff verwehren.

Ab dem Moment, ab dem Dein Hund bei jeder Futtergabe abwartet, bis Du stehst und eine Freigabe erteilt hast, kannst Du beginnen, eine weitere Verhaltenskomponente von Deinem Hund zu verlangen: Er soll Dir ins Gesicht schauen, bevor er die Freigabe erteilt bekommt, da dies die Voraussetzung ist, dass er später per Geste auf Distanz eine Freigabe erteilt bekommen kann. Außerdem steigert es seine Bereitschaft, Dir gegenüber aufmerksam zu sein. Zu trainieren ist das ganz einfach, da Dein Hund schon gelernt hat, dass kaum ein Verhalten zum Erfolg führt, außer in Ruhe abzuwarten. Was er dann noch ausprobieren kann ist, sich fragend umzusehen. Dabei wird er auch zu Dir blicken. Da das das gewünschte Verhalten ist, muss es mit sofortiger Freigabe belohnt werden. Das machst Du so oft, bis Dein Hund statt auf das Futter primär auf Dich schaut. Nun kannst Du beginnen, die Zeit über die 300-Pick-Methode bis zur Freigabe langsam zu steigern.

Damit ist der erst Schritt in Richtung aufmerksamem, impulskontrolliertem Hund getan und es kann mit dem Training für die zweite Übung begonnen werden: Der Einstieg in das Antigiftköder-Training.

Zweite Übung: Freigabe für alles Fressbare als Antigiftköder-Training

Du suchst Dir einen möglichst ablenkungsfreien Raum, beispielsweise in Deinem Garten oder Deiner Wohnung und nimmst dort ein Stück Futter in die geschlossene Hand und lässt Deinen Hund an der Hand riechen. Sicherlich wird er mit allen möglichen Methoden versuchen, Deine Hand zu öffnen, um an das Futter zu gelangen: mit der Pfote scharren, mit der Nase anstupsen. Solltest Du mit Deinem Hund noch nicht an der Beißhemmung gearbeitet hat, wird er vielleicht sogar an Deiner Hand herumnagen.

Da ein Teil dieser Verhaltensweisen für Dich unangenehm sein können, wenn Dein Hund sehr intensiv an Deiner Hand arbeitet, ist es ratsam, einen festen Arbeitshandschuh anzuziehen, damit Deine Hand etwas geschützt ist. Reicht das nicht, kannst Du das Futter auch auf dem Fußboden mit einem Topf abdecken und diesen mit Deinem durch stabiles Schuhwerk geschützten Fuß sichern.

Wichtig ist, dass Du während all der Versuche möglichst passiv bleibst: Weder sagst Du irgendwas, noch lässt Du Deinen Hund an das Futter. Werden seine Bemühungen für Dich zu unangenehm, brichst Du ab und nimmst die Hand mit dem Futter aus seiner Reichweite. Wahrscheinlich wirst Du das automatisch in dem Moment tun, indem Dein Hund zu aggressiv an das Futter zu kommen versucht, was wichtig ist, da der Entzug des angenehmen Reizes, der durch das Futter ausgeht, einer negativen Strafe entspricht. Diese muss zeitlich unmittelbar auf das bestrafte Verhalten folgen, damit der Hund sein Verhalten und die Strafe verbinden kann. Auf keinen Fall aber sagst Du aber dabei etwas.

Erst, wenn er von Deiner Hand ablässt, öffnest Du sie und gibst ein von Dir vorher festgelegtes Freigabesignal aus Geste und Wort. Diese Prozedur wiederholst Du einige Male, bis Dein Hund Deine Hand nicht mehr berührt, um sie zu öffnen.

Im nächsten Schritt lässt Du die Hand auch dann noch geschlossen, wenn er sie zwar nicht mehr berührt, aber seinen Blick nicht von ihr lässt. Sobald er seinen Blick aber von der Hand abwendet, öffnest Du sie und gibst ein von Dir vorher festgelegtes Freigabesignal aus Geste und Wort. Diese Prozedur wiederholst Du einige Male, bis Dein Hund Deine Hand nicht mehr mit seinem Blick fixiert.

Im nächsten Schritt lässt Du die Hand auch dann noch geschlossen, wenn Dein Hund sie zwar nicht mehr anstarrt, er seinen Blick aber auch nicht auf Dich richtet. Sobald er seinen Blick in Richtung Deines Gesichts wendet, öffnest Du sie und gibst das von Dir vorher festgelegte Freigabesignal aus Geste und Wort. Diese Prozedur wiederholst Du einige Male, bis Dein Hund Dich von Anfang an nur fragend anblickt und keine anderen Verhaltensweisen mehr ausprobiert, Deine Hand zu öffnen.

Nun hast Du die halbe Miete über Shaping aufgebaut und kannst beginnen, die Geduld Deines Hundes zu trainieren, indem Du die Zeit, die er Dich anblicken muss, steigerst. Dazu musst Du nicht mit einer Stoppuhr arbeiten, sondern kannst nach der 300-Pick-Methode vorgehen, die lediglich voraussetzt, dass Du in gleichmäßigen Zeitintervallen zählen kannst.

Das Prinzip hierbei ist, dass die Übung in einer Trainingseinheit immer wieder ausgeführt wird, wobei aber die Zeit bis zum Lob und der Belohnung schrittweise gesteigert wird, indem Du beim ersten Mal sofort lobst und belohnst, wenn Dein Hund Dich anschaut. Beim zweiten Durchgang zählst Du bis 1 und lobst und belohnst erst dann. Das entspricht dann folgendem Schema:

  1. Futterhand hinhalten, Hund schaut Dich an, sofort loben und belohnen
  2. Futterhand hinhalten, Hund schaut Dich an, bis 1 zählen und dann erst loben und belohnen
  3. Futterhand hinhalten, Hund schaut Dich an, bis 2 zählen und dann erst loben und belohnen
  4. usw.

Wenn Du so vorgehst, wirst Du irgendwann an einen Punkt kommen, wo Dein Hund den Blickkontakt unterbricht. Wenn das passiert, fängst Du wieder bei 1 an. Nach einigen Durchläufen, sollte sich die Zahl, bis zu der Du zählen kannst, langsam erhöhen.

Da Dein Hund sich so auch verhalten soll, wenn Du nicht unmittelbar neben ihm stehst, kannst Du nun damit anfangen, die Entfernung zu steigern. Dazu veränderst Du die Übung zunächst insofern, als Du das Futterstückchen nicht mehr in der geschlossenen Hand oder unter einer Abdeckung versteckst, sondern offen liegen lässt. Achte aber bei den ersten Übungseinheiten darauf, dass Du Deinen Hund dennoch daran hindern kannst, es nun einfach ohne Deine Freigabe aufzufressen. Dazu solltest Du das Leckerchen vor Deinen Hund legen, selber in der Hocke dabeibleiben, damit Du es im Zweifel schneller als er mit der Hand erreichen kannst. Wenn möglich, solltest Du das Futter so auf den Boden legen, dass Du es im Zweifel schnell mit dem Fuß abdecken kannst. Nun kann es notwendig werden, wieder langsam die Zeit zu steigern, weil die Verlockung oder der Impuls für Deinen Hund nun größer ist.

Wenn auch unter den nun veränderten Umständen klar ist, dass Dein Hund Dich anschaut und nicht das offen liegende Futterstück, kannst Du einen Schritt zurückgehen und von dort aus die Freigabe erteilen. Steigere nun nach der 300-Pick-Methode in wahrsten Sinne des Wortes die Entfernung schrittweise.

Im Ernstfall möchtest Du aber vielleicht ein in der Natur herumliegendes Leckerchen vor der Freigabe untersuchen, schließlich könnte es ein Giftköder sein. Daher gibst Du die Freigabe immer erst, wenn Du wieder neben Deinem Hund stehst: Du entfernst Dich von Deinem Hund und gehst wieder zu ihm zurück.

Nun kannst Du beginnen, die Orte zu variieren und somit erste Schritte zur Generalisierung dieser Art der Impulskontrolle zu unternehmen: Lege das Futterstück mal auf einen Stuhl, mal auf den Fußboden, mal im Garten irgendwohin. Auch die Art, wie das Futterstück an den Ort kommt, kannst Du variieren: Lege es auf den Boden, wirf es vor den Augen Deines Hundes, lege es von Deinem Hund unbemerkt in den späteren Laufweg Deines Hundes. Gerade mit der letzten Übung simulierst Du ein Futterstück, das Dein Hund während eines Spaziergangs finden kann und das nicht von Dir stammt.

Habt Ihr es bis hier geschafft, ist es an der Zeit, die öden Futterstücke gegen leckerere Dinge wie Fleischwurst, Leberwurst, Frikadellen, Steak, etc. zu tauschen. Das ist wichtig, damit Dein Hund begreift, dass er nicht nur bei den speziellen Hundefutterstücken, sondern bei allem Fressbaren und bei viel appetitlicheren Verlockungen um Erlaubnis fragen muss, schließlich haben wir alle schon gehört, dass man in Frikadellen leicht alle möglichen gefährlichen Dinge wie Gifte, Glasscherben oder Rasierklingen einmischen kann.

Hierbei solltest Du das Training mit jeder neuen Leckerei wieder ganz von vorne zu beginnen: Also mit der geschlossenen Hand in einer ablenkungsfreien und reizarmen Umgebung, den er darf auf keinen Fall einen Erfolg verbuchen, wenn er Dich nicht vorher ansieht. Sollte er selten und unregelmäßig doch Erfolg haben, würde das Verhalten „Ich probiere ohne Freigabe zu fressen“ nach einem variablen Quotenplan nachhaltig gefestigt und eine zuverlässige Impulskontrolle unmöglich. Daher solltest Du bei jeder neuen Köstlichkeit darauf achten, dass Du den unkontrollierten Zugriff sicher verhindern kannst. Sicherlich wirst Du aber feststellen, dass Dein Hund nun die einzelnen Trainingsschritte schneller durchlaufen wird, sodass der Trainingsaufwand mit jeder neuen Futterverführung und jedem Durchlauf des Trainingsprogramms weniger wird.

An dem abnehmenden Trainingsaufwand kannst Du ablesen, dass das Verhalten sich bei Deinem Hund verfestigt und er das Grundprinzip immer stärker verinnerlicht. Damit einher geht die begründete Hoffnung, dass er auch bei nicht explizit trainierten Leckereien, die er an nicht explizit trainierten Orten findet, erst durch Kontaktaufnahme zu Dir um Erlaubnis fragt. Klar, dass Du Deinen Hund über Gebühr loben und mit etwas Leckerem belohnen musst, wenn er in einem solchen Fall von Dir keine Freigabe bekommt, schließlich muss es sich für ihn lohnen, Dich zu fragen, ob er etwas fressen darf oder nicht.

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Impulskontrolle bei Spiel, Spaß, Spannung und Jagdtrieb

Spiele, die Dein Hund spannend findet, aber nach festen Regeln ablaufen, eigenen sich hervorragend, die Impulskontrolle zu steigern und das Jagdverhalten kontrollierbarer zu machen.

Wie kann gemeinsames Spiel Impulse und Jagdtrieb kontrollierbar machen?

Natürlich lässt sich das gerade beschriebene Prinzip auf alle möglichen anderen Ablenkungen und Reize übertragen. Auch andere Dinge, die Deinen Hund interessieren und in ihm starke Impulse auslösen, wie andere Hunde und Wildtiere, eignen sich für diese Übungen. Leider ist das Auftreten von Wild nur in Wildparks planbar, und im Rahmen eines Antijagdtrainings sind die Wildtiere niemals als Belohnung nutzbar. Andere Hunde sind da leichter handhabbar: Einerseits kannst Du diese Kontakte über befreundete Hundehalter oder die Hundeschule organisieren und andererseits ist hier auch ein Spiel zwischen den Hunden als Belohnung denkbar. Noch leichter planbar und für ein kontinuierliches Training daher hervorragend geeignet ist hingegen der Einsatz von Spielzeugen, die Deinen Hund interessieren, kombiniert mit Dir als Spielpartner.

Wie so vieles im gemeinsamen Leben zwischen Hund und Mensch, sollte auch das gemeinsame Spiel nach festen, beinahe ritualisierten, von Dir festgelegten und durchgesetzten Regeln ablaufen. Dann nämlich zahlt das gemeinsame Spiel auf die Impulskontrolle ein. Im Kern stehen folgende Regeln, die den Ablauf einer Spielsequenz festlegen und die schrittweise im Spiel anzutrainieren sind:

  1. Das Spiel beginnt für Deinen Hund erst, wenn er von Dir die Freigabe bekommt.
  2. Das Spiel ist zu unterbrechen, wenn Du Deinem Hund ein Alternativkommando aus dem Grundgehorsam gibst: Sitz, Platz, Hier.
  3. Das Spielzeug ist von Deinem Hund an Dich zu übergeben, wenn Du ihm das entsprechende Kommando gibst, also beispielsweise „Aus“.

Das Einhalten dieser Regeln zahlt immer auf die Impulskontrolle Deines Hundes ein: Seine Impulse verlangen schließlich von ihm, sofort mit dem Spiel zu beginnen, es nicht zu unterbrechen, bis er die Beute im Fang hat und diese dann zu behalten.

1. Grundvoraussetzung: Das richtige Spiel für Deinen Hund finden

Wichtig ist hierfür, dass Du einschätzen kannst, welche Spiele Dein Hund gerne mag und welche für ihn unwiderstehlich sind: Steht er auf Suchspiele mit der Nase oder wird sein Jagdtrieb über Hetz- und Fangspiele ausgelöst, zerrt er gerne oder apportiert er lieber?

Jede dieser Spielvarianten stellt eine Teilsequenz des Jagdverhaltens bei Hunden dar: Das orten der Beute mit der Nase, die Hatz, bis die Beute zu fassen ist und der Akt des Tötens und Teilens der Beute mit dem Rudel durch zerren. Je lieber er eine dieser Spielvarianten mag, desto größer sind selbstverständlich auch die Impulse, die von ihr ausgehen: Das von Deinem Hund gewählte Spiel wird Dir zeigen, welche Verlockungen für ihn und damit für Dich eine besondere Herausforderung darstellen werden und damit ein Impulskontrollspiel nötig machen.

Im Spiel nach Regeln stellen wir also kontrolliert für unseren jeweiligen Hund die besonders interessante Jagdszene nach. Das Ausleben der von dem Spielzeug ausgehenden Impulse ist in diesem Fall die Belohnung für die vorangehende Selbstkontrolle Deines Hundes, nicht einfach loszuspielen, sondern auf die Freigabe durch Dich zu warten.

Wenn Du nun weißt, ob es eher Apport-, Zerr-, Such- oder Hetzspiele sein sollen, kannst Du überprüfen, ob Ihr die Voraussetzungen schon geschaffen habt, um gemeinsam nach festgelegten Regeln zu spielen.

2. Grundvoraussetzung: Einige sicher abrufbare Kommandos des Grundgehorsams

Eine weitere Voraussetzung für Kombinationen aus Spiel und allen Trainings zur Kontrolle von Spiel- oder Jagdimpulsen ist, dass Dein Hund schon einige Kommandos aus dem Grundgehorsam kennt und möglichst auch schon unter Ablenkung zuverlässig umsetzt, wenn Du sie ihm gibst. Über eines dieser zum Grundgehorsam gehörenden Kommandos, beispielsweise Sitz oder Platz, kannst Du Deinen Hund in die Grundstellung für das Spiel bringen, in der er auf die Freigabe zum Spiel warten soll.

Außerdem dienen diese Kommandos dazu, das Spiel zu unterbrechen, bevor Dein Hund das Ziel des Spiels, also das Spielzeug, erreicht hat: Diese Übung zahlt darauf ein, Deinem Hund beizubringen, eine für ihn sehr verführerische Aktion auf Kommando abzubrechen.

Im Spiel zu erarbeiten: spezielle Start- und Endkommandos

Im Spiel muss dem Hund ein Startkommando vermittelt werden, mit dem er zu der speziellen Spielhandlung aufgefordert wird. Das kann z. B. „Fass“ bei Zerrspielen, oder „Such“ sein, wenn Dein Hund lieber mit der Nase arbeitet. Für Liebhaber des Apportierens bietet sich „Apport“ an, „Los“, wenn Dein Hund einem sich bewegenden Gegenstand, z. B. an der Reizangel, hinterherjagen möchte.

Um ein solches Signal einzuführen, erinnern wir uns, dass wir den Hund vor Spielbeginn in eine von ihm ziemlich sicher beherrschte Position wie Sitz oder Platz bringen.

Nun nimmst Du das Spielzeug in die Hand, sodass Dein Hund es sieht. Wird er nicht schon dadurch animiert, das Spiel zu beginnen, kannst Du mit dem Spielzeug ein wenig vor seiner Nase herumwedeln, wobei die fluchtartige Bewegung von ihm weg am ehesten sein Interesse wecken wird. Sobald das Spielzeug seine Aufmerksamkeit hat, wird Dein Hund sicherlich versuchen, es in den Fang zu nehmen. Nun nimmst Du es aus seiner Reichweite und gibst wieder das Kommando aus dem Grundgehorsam (Sitz oder Platz). Wenn Dein Hund wieder die Grundposition eingenommen hat, wirfst Du es oder hältst es ihm so vor die Nase, dass er zubeißen kann. Das entsprechende Verhalten benennst Du umgehend mit dem entsprechenden Kommando, also mit „Fass“, „los“ oder „Apport“. Dieser Schritt kann leichter geübt werden, wenn Du Hilfe von einem zweiten Menschen bekommst: Dann kann dieser sich um das Spielzeug kümmern und Du Dich um den Hund: Du sorgst dafür, dass der Hund nicht ohne Freigabe auf die vom Helfer angebotene und andauernde Ablenkung zustürmt.

Alternativ bereitest Du nach demselben Schema ein Nasenspiel für Deinen schnüffelbegeisterten Hund vor, indem Du beispielsweise vor den Augen Deines sitzenden oder liegenden Hundes eine Spur aus Leckerchen legst oder diese auf einer Fläche durch Werfen verteilst. Die zügig zu erteilende Freigabe zur Suche benennst Du umgehend mit dem entsprechenden Kommando, also mit „Such“.

Sollte Dein Hund in Folge des für ihn erfolgreichen Spiels das Spielzeug im Fang halten, sollte er auf das Kommando „Aus“ hin loslassen. Das dafür notwendige Training baust Du als Tauschhandel entweder vor Spielbeginn oder im Spiel auf: Hat Dein Hund etwas im Fang, bietest Du ihm anfangs etwas für ihn Erstrebenswerteres im Tausch an. Hat er beispielsweise ein Spielzeug im Fang, hältst Du ihm mit der einen Hand ein Stück Fleisch- oder Leberwurst hin, während Du die andere an den Gegenstand führst, um ihn zu übernehmen. Diese Handbewegung wird das Körpersignal für „Aus“. Lässt er das Spielzeug los, sagst Du in dem Moment „Aus“, lobst und gibst ihm die Wurst. Hat er irgendwann die beiden Signale mit der Handlung des Loslassens verbunden, kannst Du beginnen, gleichwertige Dinge auszutauschen: einen Kauknochen gegen ein Stück Trockenfutter, ein Spielzeug gegen ein anderes, einen Kauknochen gegen ein Spielzeug etc.

Mit der Übergabe des Spielzeugs an Dich endet der Spieldurchgang und Du kannst einen neuen Durchgang beginnen. Nun versuchst Du, die Zeit, in der Dein Hund in der Grundstellung (also dem Sitz oder Platz) vor der Freigabe zum Spiel bleiben soll, langsam zu steigern: Hierzu eignet sich die im Artikel Allgemeine Tipps zum Aufbau von Hundetrainings genannte 300-Pick-Methode hervorragend.

Wenn Du nach ein paar Durchgängen merkst, dass die Lust Deines Hundes ein bisschen nachgelassen hat, ist das ein Zeichen dafür, dass der von dem Spielzeug ausgehende Impuls nicht mehr übergroß ist, weil sein Bedürfnis zu spielen bereits ein wenig verringert wurde. Nun kannst Du versuchen, Deinen Hund während des Spiels abzurufen und somit das Spiel zu unterbrechen. Sollte er Dir nun folgen, ist es immens wichtig, ihn über den grünen Klee zu loben und ganz besonders zu belohnen: Er soll nun lernen, dass es sich immer für ihn lohnt, eine impulsive Handlung auf Dein Kommando hin zu unterbrechen.

Wiederholst Du den Spielaufbau einige Male, wirst Du feststellen, dass Dein Hund die Regeln zu begreifen beginnt und beispielsweise Deine Freigabe immer abwartet. Nun kannst Du einen Spielabbruch auch schon etwas früher einbauen.

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Was tun, wenn´s trotzdem nicht klappt mit der Impulskontrolle

Welche Gründe können vorliegen, wenn die Impulskontrolle sich nicht verbessern lässt und welche Möglichkeiten bleiben dann noch?

Wenn die Impulskontrolle nicht gesteigert werden kann: Gründe analysieren

Im Normalfall wird es ja nicht so sein, dass der Hund gar keine Impulskontrolle aufweist. Vielmehr wird er sich in den meisten Situationen gut verhalten und parieren, während Du spezielle Situationen erkennen kannst, die sich durch eine Kombination von Reizen (Orten, Zeiten, Ablenkungsreizen wie Wild, Hunde, Menschen etc.) unterscheiden und in denen Dein Hund ein spezielles Verhalten zeigt, das von Dir nicht gewünscht ist und das Du als Fehlverhalten beschreibst.

Die Gründe hierfür können so vielfältig sein, dass eine Aufzählung niemals einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Denn die Gründe liegen aus Sicht des Hundes immer in seinen Erfahrungen, die wiederum auf der operanten Konditionierung basieren. Diese beschreibt, wie oben schon zu lesen war, nicht nur moderne Trainingsmethoden und Trainingsprogramme. Sondern wir sollten begreifen, dass dieser Ansatz die Wirkung aller Reize der Umwelt auf das Verhalten unserer Hunde beschreibt. Das aber bedeutet, dass im Falle eines Fehlverhaltens die Analyse der jeweiligen Situation besonders wichtig ist: Nur, wenn Du weißt, worin genau der Auslöser liegt, kannst Du diesen durch eine geschickte Strategie beseitigen und eine Verhaltensverbesserung erziehen. Da zu den Hinweisreizen und Verstärkerreizen, die auf das Verhalten Deines Hundes einwirken, auch von Dir unbewusst ausgesendete Signale (Nervosität, Angst, Ärger, Aufmerksamkeitslevel etc.) gehören, ist eine solche Analyse ohne objektiven Blick von außen, selbst dann kaum machbar, wenn Du alles über die hier beschriebenen wissenschaftlichen Wirkzusammenhänge der Konditionierung weißt.

Aus diesem Grund ist sehr davon abzuraten, in solchen Situationen, dem Hund gegenüber emotional und wütend zu reagieren oder auf sonstige Art unüberlegt Strafen mit den vielen an ihr hängenden in diesem Abschnitt  des ersten Artikels unserer Serie zur wissenschaftlichen Entwicklung der Lerntheorie und ihrer praktischen Anwendung im Hundetraining beschriebenen Risiken anzuwenden und so das Fehlverhalten vielleicht noch zu intensivieren. Dieser Abschnitt des zweiten Teils stellt Alternativen vor.

Vielmehr solltest Du eine(n) erfahrene(n) Hundetrainer(in) zu Rate ziehen, um die Situation sauber analysieren zu lassen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

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