Atopische Dermatitis beim Hund

Eine chronische Hauterkrankung beim Hund

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Zuletzt aktualisiert am: 13.9.2023

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Atopische Dermatitis ist eine chronische allergisch bedingte Hauterkrankung, die prinzipiell bei jedem Hund auftreten kann, aber besonders häufig bei Terriern, Retrievern und Schäferhunden beobachtet wird. Die Erkrankung ist kann vererbt werden und ist nicht heilbar. Mit der passenden Begleittherapie ist ein nahezu beschwerdefreies Leben allerdings möglich.

Lateinischer Name Canine atopische Dermatitis
Englischer Name Atopic dermatitis
Synonyme
  • AD
  • Atopische Erkrankung
  • CAD
  • Canine atopische Dermatitis
Meldepflicht -
Anzeigepflicht -
Zoonose Nein


Atopische Dermatitis: Betroffene Hunderassen

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Erklärung: Was ist eine Atopische Dermatitis beim Hund?

Um was für eine Krankheit beim Hund handelt es sich, wie wird sie diagnostiziert und wie sieht das klinische Bild aus?

Erklärung

Die Atopische Dermatitis des Hundes (= Canine atopische Dermatitis = CAD) ist, genau wie beim Menschen, eine allergisch bedingte Erkrankung, die durch überschießende Immunreaktion mit Bildung von IgE-Antikörpern („Atopie“) zu einer Hautentzündung („Dermatitis“) führt. Diese kann an einer Stelle (= fokal), an mehreren Stellen (= multifokal) oder am gesamten Körper (= generalisiert) auftreten. Auslöser der allergischen Reaktion können verschiedenste Allergene/Atopene sein, z.B. Futtermittel, Pollen, Hausstaub, Milben, Hefepilze, Schimmel, Bakterien, Waschmittel, Raumspray, Haarspray etc. Meist sind betroffene Hunde sensitiv für mehr als ein Allergen, aber eine Reaktion wird nicht bei jedem Allergenkontakt ausgelöst, sondern mitunter erst, wenn verschiedene Faktoren zusammenkommen. Man spricht dabei von der sog. Schwellenwerttheorie, nach der ein Hund beispielsweise ganzjährig auf Hausstaubmilben und Schimmel reagiert, ohne Symptome zu zeigen, aber plötzlich (wieder) die Atopie ausbricht, wenn im Frühjahr die Pollenflugzeit beginnt oder durch Futterwechsel weitere Allergene hinzukommen. Diese „neuen“ Allergene überschreiten damit den Schwellenwert, der Juckreiz und/oder Hautreaktion auslöst und führen damit zu Symptomen. Auch andere Erkrankungen, Infektionen oder Stress können einen Ausbruch der Erkrankung hervorrufen bzw. einen erneuten Schub auslösen.

Bei betroffenen Hunden und Menschen liegt außerdem oft ein Defekt der Hautbarriere vor. So werden bei Atopikern bestimmte Fettmoleküle („Lipide“) der Haut nicht oder nur mangelhaft gebildet, wodurch kein schützender, Krankheitserreger-abwehrender Fettsäurefilm aufgebaut werden kann. Allergene kommen dadurch schneller in Kontakt mit dem Immunsystem und auch Infektionen mit natürlichen Hautkeimen („autochthone Flora“), die bei gesunden Tieren keine Probleme verursachen, treten häufiger auf. Beispiele hierfür wären Malassezien-Otitis oder Staphylokokken-Dermatitis. Diese Erkrankungen können aber auch unabhängig von einer Atopie auftreten und müssen als wichtige Differentialdiagnosen in Betracht gezogen werden. 

Äußerlich fallen Atopiker durch Juckreiz und Hautveränderungen auf. Diese können dabei unterschiedliche Form und Stärke haben. Zu Beginn kann der Juckreiz noch mild sein und nur gelegentlich auftreten. Geringgradig gerötete oder schuppige Haut wird zunächst oft übersehen oder als vorübergehende Reaktion auf die letzte Dusche abgetan. Je länger die Erkrankung besteht oder je mehr Allergene auf das Tier einwirken, desto stärker fällt die Reaktion aus. So können kaum stillbarer Juckreiz, intensiver Haarausfall („Mottenfraß“, „Brillenbildung“), permanente Ohrentzündungen („chron. Otitis“) oder schleimige, stinkende Hautinfektionen die Folge sein. Durch permanentes Kratzen oder Schlecken können rötliche Verfärbungen des Fells, Dunkelfärbung der Haut („Hyperpigmentierung“), borkige Hautareale („Hyperkeratose“) oder blutige Wunden entstehen.

Da all diese Symptome auch bei anderen Hauterkrankungen oder Infektionen auftreten, ist die Diagnose Atopische Dermatitis nicht einfach zu stellen. Es gibt keine spezifische Veränderung, die nur der Atopie zugeschrieben werden kann. Sie ist daher eine Ausschlussdiagnose, die nach Abklärung anderer Ursachen und aufgrund der Vorgeschichte oder dem Vorhandensein erhöhter IgE-Spiegel im Blut gestellt wird. Die Art der auslösenden Allergene kann anhand zeitlicher Zusammenhänge erahnt oder mittel Blut- und Hauttest (Pricktest) bestimmt werden. 

So vielfältig wie ihr Erscheinungsbild ist auch ihr Behandlungsplan. Er muss immer auf den jeweiligen Hund und die im Vordergrund stehenden Symptome zugeschnitten werden und benötigt nicht selten auch einer Anpassung, wenn sich die Lebenssituation, die Allergendichte oder der Gesundheitszustand des Tieres ändert. Da viele Faktoren eine Atopie auslösen oder begünstigen können, kann und muss von verschiedenen Seiten angegriffen werden, um eine Linderung der Symptome zu erreichen. Dies kann zu Beginn sehr mühselig und nervenaufreibend sein. Denn nicht jedes Medikament oder jede Managementänderung funktioniert bei jedem Patienten und Rückfälle sind nicht selten. Es muss Ihnen als Besitzer daher klar sein, dass es sich um eine chronische, nicht heilbare Erkrankung mit variablem Krankheitsbild und aufwendiger, teils wechselnder Therapie handelt. 

Zunächst muss man zwischen akuten atopischen Schüben und chronischen atopischen Leiden unterscheiden, denn diese werden jeweils separat behandelt:

Akute Reaktionen sollten schnell und gezielt anhand ihrer Art und Ausprägung bekämpft werden, um die Erkrankung auf ein niedriges Niveau herunterzufahren. Dazu werden Hautproben entnommen und mikroskopisch untersucht (vgl. Zytologie, Hautbiopsie). Dadurch kann die Art der Entzündungsreaktion näher bestimmt und Krankheitserreger entdeckt werden. Behandelt wird dann, je nach Befund, mit entzündungshemmenden Medikamenten, Ektoparasitika (z.B. Flohmittel), Antibiotika (gegen Bakterien) oder Antimykotika (Pilzmittel). Die Behandlung erfolgt dabei vorzugsweise lokal mittel Sprays, Shampoos, Puder, Salben etc. Wenn die Veränderungen sehr ausgeprägt sind, große Hautareale betreffen oder die Medikamentengabe lokal nicht möglich ist, wird systemisch mittels Tabletten oder Injektionen behandelt. 

Konnten mit diesen Maßnahmen die akuten Reaktionen eingedämmt werden, muss die chronische Infektion behandelt und ein Prophylaxeplan in die Wege geleitet werden, um einen erneuten Krankheitsschub zu verhindern. Die drei Hauptkomponenten der Therapie sind dabei eine ganzjährige Parasitenprophylaxe, eine Futterumstellung und eine Behandlung der fast immer vorhandenen Sekundärinfektionen. So können die meisten auslösenden Allergene bestmöglich vermieden werden.

Parasitenprophylaxe in Form von Floh-, Zecken- und Milbenschutz ist wichtig, da die Parasiten selbst, ebenso wie die von ihnen ausgelösten Hautreaktionen und Krankheiten, eine Allergie auslösen können. Dabei sollte man zwingend auf beim Tierarzt erhältliche medizinische Produkte zurückgreifen, da bisher (leider) noch keine ausreichend wirksamen pflanzlichen/alternativmedizinischen Präparate erhältlich sind, die Atopikern ausreichenden Schutz bieten.

Eine Futterumstellung hin zu einer allergenreduzierten Ration ist nicht nur für Hunde wichtig, die primär auf bestimmte Futtermittel allergisch reagieren, sondern auch für Pollenallergiker, Milbenallergiker und Co., da jedes weitere Allergen die Ausprägung der Atopie verschlimmern kann (s. oben „Schwellenwerttheorie“). Das neue Futter kann dabei so verarbeitet werden, dass die Futterbestandteile auf Molekülebene winzig klein heruntergebrochen werden und dadurch keine Reaktion mehr auslösen können („hypoallergen“, „anallergen“) oder es kann Futterbestandteile enthalten, die allgemein wenig Allergiepotential besitzen oder die der Hund vorher noch nie gefressen hat und deshalb eine allergische Reaktion nicht zu erwarten ist („Ausschlussdiät“/„Eliminationsdiät“). Letztere besteht zumeist aus nur einer Protein- und einer Kohlenhydratquelle und keine oder wenigen weiteren Zutaten. Zum Beispiel Pferdefleisch und Süßkartoffel oder Känguru mit Quinoa. Je ausgefallener die Zusammensetzung, desto unwahrscheinlicher ist eine Reaktion. Ob das neue Futter ein Dosenfutter, ein Trockenfutter oder eine selbstgekochte Ration ist, ist prinzipiell egal. Man sollte aber den Zusammenhang zwischen Feuchtfutter und Verderb nach Anbruch, Trockenfutter und Futtermilben sowie BARF-Rationen und Problemkeimen (z.B. Salmonellen) bei der Auswahl des Futters berücksichtigen. In jedem Fall gilt: die Ration sollte, wenn sie gut vertragen wird und Erfolge zeigt, möglichst lebenslang beibehalten werden. Zufütterung anderer Bestandteile in Form von Leckerlies, Häppchen von Oma oder Geschenke des Nachbarn müssen vermieden werden!

Die Bekämpfung von Sekundärinfektionen erfolgt wie bei akuten Schüben mittels Laboruntersuchung und darauffolgender lokaler oder systemischer Behandlung. Um erneute Infektionen zu vermeiden, sollte die Haut gut gepflegt und jegliche Gefahrenquelle (z.B. Dornenbusch, Maschendraht, Unterholz) bestmöglich gemieden werden. 

Leidet der Hund während oder nach Umsetzung dieser Maßnahmen an quälendem Juckreiz, kann zusätzlich mit juckreizlindernden entzündungshemmenden Medikamenten oder einer Immuntherapie („Desensibilisierung“) gearbeitet werden. Ersteres können beispielsweise Glukokortikoide, Cyclosporine, Januskinasehemmer oder monoklonale Antikörper sein, die allgemein bei (fast) jedem Hund Wirkung zeigen. Unter letzterem hingegen versteht man eine speziell auf den jeweiligen Hund zugeschnittene Therapie, bei der die auslösenden Allergene in minimierter Form appliziert werden (meist mittels Injektion) um eine Art Gewöhnungseffekt zu provozieren, damit die allergische Reaktion auf diese Allergene nicht mehr so stark ausfällt. Auch essentielle Fettsäuren (v.a. Omega 3 und 6 Fettsäuren) können als entzündungshemmende Substanzen verabreicht werden. Regelmäßige Pflege der Haut mittels beruhigender Shampoos oder Lotionen ist besonders bei Hunden mit gestörter Hautbarriere empfehlenswert.

Weitere hilfreiche Maßnahmen sind die Sicherstellung der allgemeinen Gesundheit des Tieres, inklusive Einhaltung des Idealgewichts, körperliche und geistige Auslastung, Vermeidung von Stress und natürlich eine artgerechte Unterbringung. Denn ein kranker oder unglücklicher Hund ist selbstverständlich anfälliger für weitere Erkrankungen, wie beispielsweise eine Atopie. Für Pollenallergiker kann auch ein Umzug, eine Gartenumgestaltung oder Änderung der Gassiroute hilfreich sein (weg von Ackergräsern, Birken und Co.). Gute Hygiene und angepasstes Heizmanagement im Winter, zur Vermeidung ausgeprägter Aufwirbelung von Hausstaub, kann ebenfalls helfen. 

Da die Neigung zur Ausprägung einer atopischen Dermatitis vererbt werden kann, sollten betroffene Hunde vorsorglich aus der Zucht ausgeschlossen werden. Familiäre Häufungen finden sich beispielsweise bei verschiedenen Terrierrassen, Retrievern oder Schäferhunden. Aber auch Möpse, Französische Bulldoggen oder Bichon Frisees sind häufig Atopiker. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich um eine langwierige, nervenaufreibende Erkrankung handelt, die Hund und Halter oft an ihre Grenzen bringt, aber durch gutes konsequentes Management auf ein erträgliches Maß reduziert werden kann. Mit etwas Zeit, Geduld und Geschick lässt sich für jeden Atopiker die passende Therapie finden und umsetzen. 

 

Quellen:

„Handbuch der Hautkrankheiten bei Hund und Katze“, 1. Auflage, Schattauer-Verlag

Clinician’s Brief Decision Tree Canine Atopic Dermatitis

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Was führt zur Atopischen Dermatitis beim Hund? Risiken & Ursachen

Welche Risikofaktoren und Ursachen sind für die Atopische Dermatitis beim Hund bekannt?

Risikofaktoren

  • Parasitenbefall
  • Infektionen
  • Allgemeinerkrankungen
  • Stress
  • Schlechte Haltung
  • Fehlende Hygiene
  • Genetik
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Atopische Dermatitis: Symptome & Krankheitsanzeichen beim Hund

Welche Symptome und Krankheitsanzeichen sind für die Atopische Dermatitis beim Hund bekannt und wie äußert sie sich?

Symptome & Krankheitsanzeichen

  • Juckreiz
  • Hautveränderungen
  • Hautinfektionen
  • Ohrentzündungen
  • Zwischenzehenabszesse
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Behandlung & Therapie einer Atopischen Dermatitis beim Hund

Wie kann die Atopische Dermatitis beim Hund behandelt und therapiert werden?

Behandlung

  • Entzündungshemmung
  • Desensibilisierung
  • Ektoparasitika
  • Antibiotika
  • Antimykotika
  • Futterumstellung
  • Artgerechte Haltung
  • Stressvermeidung
  • Bekämpfung systemischer Erkrankungen
  • gute Hygiene
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Atopische Dermatitis beim Hund - Vorbeugung & Prävention

Welche präventiven Maßnahmen helfen hinsichtlich der Atopischen Dermatitis beim Hund und was kann der Halter vorbeugend tun?

Vorbeugung

  • Parasitenprophylaxe
  • Juckreizbekämpfung
  • Verhinderung von Sekundärinfektionen
  • Stressvermeidung
  • Artgerechte Haltung
  • gute Hygiene
  • Hautpflege

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