Otitis beim Hund

Ohrenentzündungen beim Hund

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Zuletzt aktualisiert am: 13.9.2023

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Ohrentzündungen (Otitiden) gehören zu den häufigsten Vorstellungsgründen in der Tierarztpraxis. Man unterscheidet nach den beteiligten Strukturen äußere Ohrentzündung (Otitis externa), Mittelohrentzündung (O. media) und Innenohrentzündung (O. interna). Die Ursachen sind vielfältig und entsprechend auch ihre Therapiemöglichkeiten. Besonders gefährdet sind Hunde mit Schlappohren, engem Gehörgang und/oder Vielschwimmer. Bei rechtzeitigem Erkennen und Behandeln heilen Ohrentzündungen meist ohne Komplikationen ab. 

Lateinischer Name Otitis
Englischer Name otitis
Synonyme
  • Gehörgangsentzündung
  • Gehörgangsinfektion
  • Innenohrentzündung
  • Innenohrinfektion
  • Mittelohrentzündung
  • Mittelohrinfektion
  • Ohrenentzündung
  • Ohrentzündung
  • Otitis externa
  • Otitis interna
  • Otitis media
Meldepflicht -
Anzeigepflicht -
Zoonose Nein


Otitis: Betroffene Hunderassen

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Erklärung: Was ist eine Otitis beim Hund?

Um was für eine Krankheit beim Hund handelt es sich, wie wird sie diagnostiziert und wie sieht das klinische Bild aus?

Erklärung

Einer der häufigsten Gründe für einen Tierarztbesuch ist die Ohrentzündung (Otitis). Meistens handelt es sich dabei um eine Entzündung des äußeren Gehörganges (Otitis externa), bei der die Ohrmuschel mit betroffen sein kann. Aber auch Mittelohr- (Otitis media) und Innenohrentzündungen (Otitis interna) treten gelegentlich auf. 

Der äußere Teil des Ohres besteht aus der Ohrmuschel und dem sogenannten äußeren Gehörgang, der von der Ohrmuschel bis zum Trommelfell reicht. Beim Menschen ist dies ein relativ kurzer und gerader Abschnitt, wodurch zum Beispiel die Körpertemperatur mittel Infrarot-Ohrthermometer gemessen werden kann. Beim Hund verläuft der äußere Gehörgang zunächst schräg-abwärts Richtung Nase und knickt dann in einem ca. 90°-Winkel horizontal ab. Dadurch ist die Einsicht des Trommelfells beim Hund schwerer als beim Menschen und Schmutz, Feuchtigkeit und Parasiten können sich leichter im Gehörgang ansammeln. Besonders Hunde mit Schlappohren oder ausgeprägter Ohrbehaarung bilden unwillkürlich ein angenehm feuchtwarmes Milieu für verschiedenste Erreger (Bakterien, Hefepilze, Ohrmilben) in ihrem Gehörgang und sind daher für Ohrentzündungen anfällig. Auch setzen sich Schmutz und Fremdkörper (z.B. Pflanzenteile) gut in solchen Ohren ab bzw. lassen sich schlechter vom Hund herausschütteln. 

Hunde, die viel im Freien unterwegs sind (Luftfeuchtigkeit!), gerne schwimmen (Feuchtigkeit! Keime!) oder durch hohes Gras / Äcker toben (Pflanzenteile, insbesondere Grannen!) sind ebenfalls typische Otitis-Kandidaten. 

Ein weiterer begünstigender Faktor sind verengte bzw. missgebildete Gehörgänge. Diese können, wie z.B. bei Mops oder Französischer Bulldogge, angeboren sein oder aber nach häufigen Ohrentzündungen oder Verletzungen (z.B. Beißerei, schlecht abgeheiltes Blutohr) entstehen. Dadurch wird die Belüftung verschlechtert, das Milieu keimfreundlicher und die Reinigung des Ohres erschwert. 

Typischerweise fallen die Hunde durch häufiges Kopfschütteln oder Kratzen der Ohren auf. Ist die Entzündung mit Schmerzen verbunden, sind die Tiere meist weniger lebhaft oder zeigen zumindest Abwehrreaktionen oder Schmerzäußerungen bei Berührung der Ohren bzw. des Kopfes. 

Durch extremes Schütteln können Gefäße der gut durchbluteten Ohrmuschel Schaden nehmen und es entsteht ein sogenanntes Blutohr (Othämatom). Dabei sammelt sich austretendes Blut zwischen Haut und Ohrknorpel an, was zu (schmerzhafter) Schwellung der Ohrmuschel führt. In schweren Fällen heilen solche Othämatome nur unter Narbenbildung ab, sodass die Ohrmuschel danach Deformationen aufweist. 

Otitiden sollten daher zeitnah behandelt werden, um Folgeschäden zu vermeiden. 

Meist gibt schon die äußere Erscheinung der Entzündung einen Hinweis auf die Ursache. Fremdkörper und Milben können in der Regel leicht erkannt werden. Wird vermehrt Ohrenschmalz/Sekret gebildet, kann dessen Farbe, Konsistenz und Geruch die beteiligten Erreger (verschiedenste Bakterien, Hefepilze) erahnen lassen. Zur Sicherung der Diagnose, spätestens wenn die begonnene Behandlung nicht anschlägt, können Proben aus dem Ohr entnommen und mikroskopisch untersucht werden. So kann das bestmögliche Medikament zur Therapie ausgewählt werden. Meist handelt es sich aber um Mischinfektionen, für die Kombinationspräparate vorhanden sind, welche gute Erfolge erzielen. 

Behandelt wird zunächst lokal, d.h. durch Reinigung des Ohres und anschließender Eingabe eines Ohrmedikamentes in den Gehörgang über einen definierten Zeitraum (z.B. 1x täglich 2 Wochen lang). Wichtig dabei ist, sowohl Ohrreiniger, als auch Ohrmedikamente nicht abrupt abzusetzen, sondern langsam auszuschleichen (also stetig weniger zu geben). Denn die normale Schleimhautfunktion/Ohrenschmalzproduktion, die als natürliche Pflege- und Schutzkomponente dient, benötigt Zeit, um sich wieder auf „Normalbetrieb“ einzustellen.

Ist die Entzündung sehr ausgeprägt oder mit Schmerzen verbunden, der Gehörgang zugeschwollen oder liegt gleichzeitig eine Mittelohrentzündung vor, wird zusätzlich oder ausschließlich systemisch behandelt. Dabei werden Medikamente in Form von Tabletten oder Flüssigkeiten mit dem Futter gegeben, um eine Heilung „von innen heraus“ zu erzielen. Ein weiterer Grund für systemische Behandlung ist eine Verletzung des Trommelfells. Da die meisten Ohrmedikamente nicht für die Anwendung im Mittelohr geeignet sind und dort Schaden anrichten könnten, muss die Intaktheit des Trommelfells vor einer Behandlung immer überprüft werden. Besteht der Verdacht einer Schädigung, sollte, zumindest bis das Trommelfell wieder geheilt ist, nur systemisch behandelt werden. 

Ist das Ohr aufgrund eines Fremdkörpers permanent gereizt, sollte dieser natürlich entfernt werden, da die Entzündung sonst immer weiter fortschreitet. Typische Fremdkörper sind Pflanzenteile, die sich der Hund insbesondere beim Toben durch Wald, Wiesen und Felder zuziehen kann. Häufigster Übeltäter sind Grannen. Diese kleinen, spindelförmigen Gebilde haben Widerhaken, mit denen sie sich wunderbar im Gehörgang festsetzen bzw. immer tiefer hineinwandern können. Im schlimmsten Fall durchbrechen sie das Trommelfell und sorgen zusätzlich für eine Entzündung des Mittelohres. Da die Gefahr von Verletzungen besteht und Fremdkörper oft starke Schmerzen verursachen, ist die Entfernung fast ausschließlich in Narkose möglich. Diese kann dann gleich dazu genutzt werden, das Ohr ausgiebig zu reinigen, ein linderndes Medikament einzugeben oder zusätzliche Eingriffe, z.B. Zahnsteinentfernung, durchzuführen. 

Ebenso wie Fremdkörper können auch gutartige Schleimhautwucherungen (Polypen), Tumoren (Neoplasien) oder Verletzungen jeglicher Art den Gehörgang reizen. Auch diese sollten operativ entfernt/behandelt werden.

Bei stark verengten bzw. missgebildeten Gehörgängen können Operationen zur Erweiterung des Gehörganges durchgeführt werden. In schweren Fällen wird der äußere Gehörgang unter Umständen komplett entfernt (Totalablation). 

Äußere Entzündungen des Ohres können aber auch Folge immun- oder hormonell-bedingter Erkrankungen sein oder, was relativ häufig der Fall ist, Teil einer Allergie darstellen (Futtermittelallergie, Atopische Dermatitis etc.). Entsprechend muss zunächst die Grunderkrankung behoben werden, damit die Otitis abheilen kann. 

Vorsicht ist auch bei der Ohrpflege geboten! Bei zu Otitis neigenden Hunden sollten die Ohren zwar regelmäßig gereinigt oder Ohrhaare gezupft werden, aber auch hier können Fehler passieren. Werden Teile der Schleimhaut beim Zupfen oder reinigen verletzt, haben Erreger ein leichtes Spiel. Insbesondere bei der Benutzung von Wattestäbchen sollte man mit Bedacht vorgehen. Diese können die Schleimhaut reizen oder schlimmsten Falles das Trommelfell verletzen. Meist wird durch die Stäbchen auch nur mehr Dreck in die Tiefe geschoben, als wirklich entfernt. Sie eignen sich daher zwar gut um die Falten der Ohrmuschel zu säubern, aber weniger um den Gehörgang zu reinigen. Wattepads, Tupfer oder ein angefeuchtetes Tuch helfen hier ebenfalls weiter.

Auch bei der Wahl des Ohrreinigers und dessen Benutzung sollte man vorsichtig sein. Einige Reiniger erscheinen zwar harmlos, können aber Schäden anrichten, falls eine Trommelfellschädigung unerkannt vorliegt und der Reiniger ins Mittelohr gelangt oder der Hund allergisch auf Bestandteile des Reinigers reagiert. Reiniger außerdem nicht zu oft und nicht in zu großer Menge verwenden! Denn alle Mittel die ins Ohr eingegeben werden sind potentiell reizend und stören das natürliche Milieu im Ohr, indem sie die Ohrenschmalzproduktion, Schleimhautfunktion, Belüftung und natürliche Keimflora durcheinanderbringen. Gezielte und individuell angepasste Reinigung ist in Ordnung bzw. bei einigen Hunden angeraten, übertreiben sollten Sie es aber nicht. 

Auch eine Mittelohrentzündung (Otitis media) kann verschiedenste infektiöse und nicht infektiöse Ursachen haben. Als Mittelohr wird dabei der Teil des Ohres verstanden, der vom Trommelfell bis zum Innenohr reicht und als sogenannte Paukenhöhle (Cavum Tympani) bezeichnet wird. Dieser Hohlraum beinhaltet die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel und ist daher wichtiger Bestandteil des Hörvorganges. Außerdem ist die Paukenhöhle über einen kleinen Gang (Eustachsche Röhre) mit dem Rachen verbunden und übernimmt dabei eine wichtige Funktion beim Druckausgleich (z.B. beim Seilbahnfahren, Fliegen).  

Entsprechend kann eine Otitis media zu vorübergehender oder anhaltender Schwerhörigkeit bis hin zur Taubheit führen. Meist ist sie Folge einer Otitis externa, da Keime oder Fremdkörper über eine Trommelfellschädigung ins Mittelohr gelangen. Aber auch über die Eustachsche Röhre können in seltenen Fällen Keime ins Mittelohr vordringen. Möglich ist auch ein Einwachsen von Polypen oder Neoplasien über Trommelfell oder Eustachsche Röhre in die Paukenhöhle. 

Je nach Ursache der Entzündung muss entsprechend konservativ oder operativ gehandelt werden (s. Behandlung Otitis externa). Um den Abfluss von Entzündungssekret aus dem Mittelohr zu gewährleisten, dieses Sekret zu untersuchen oder Tumoren zu entfernen, kann eine sogenannte Bullaosteotomie durchgeführt werden. Dabei wird ein blasenförmiger Teil der Paukenhöhle (Bulla tympanica) operativ eröffnet. Meist geschieht dies zusammen mit einer Totalablation des äußeren Gehörganges. Dies ist in manchen Fällen die einzige Möglichkeit eine Ohrentzündung zu behandeln oder wird angewendet, wenn alle anderen Behandlungsversuche fehlgeschlagen sind. 

Entzündungen des Innenohres (Otitis interna) treten seltener, aber mit typischen Symptomen auf. Das Innenohr schließt an die Paukenhöhle an und besteht im Wesentlichen aus der für den Hörvorgang essentiellen Hörschnecke (Cochlea) und dem Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan, Vestibularapparat). Außerdem durchlaufen verschiedene Nerven das Innenohr, u.a. der für die Versorgung des Kopfes/Gesichtes zuständige VII. Gehinrnerv (Nervus facialis). 

Entsprechend fallen erkrankte Hunde durch reduziertes oder fehlendes Hörvermögen, Gleichgewichtsstörungen (Kopfschiefhaltung, Kreisbewegungen, Taumeln), rhythmische Koordinationsstörungen der Augen (Nystagmus) oder Schielen auf. Diese Symptome werden auch unter dem Begriff Vestibularsyndrom zusammengefasst. 

Ursache für eine Innenohrentzündung können infektiöse und nicht infektiöse Auslöser sein, z.B. eine fortschreitende Mittelohrentzündung. Entsprechend kann auch hier wieder konservativ oder operativ behandelt werden.

Das Hörvermögen kann nach erfolgreicher Therapie wiederhergestellt werden oder aber auch weiterhin beeinträchtigt bleiben, je nach Schwere der Entzündung. Ein schnelles Erkennen und Behandeln der Otitis interna ist dabei ausschlaggebend.  

Bei entsprechenden Symptomen aber nicht nur an eine Mittelohrentzündung denken! Da ein Vestibularsyndrom nicht nur als Folge äußerer Einflüsse auftreten kann (peripheres Vestibularsyndrom), sondern auch als Teil einer Schädigung des Zentralen Nervensystems (zentrales Vestibularsyndrom), muss immer auch eine Erkrankung des ZNS in Betracht gezogen werden. 

Alles in allem ist eine Ohrentzündung zwar eine komplexe Angelegenheit aber oft schnell und erfolgreich ohne bleibende Schäden zu behandeln. Bei Hunden mit entsprechender Anfälligkeit (Schlappohren, ausgeprägte Ohrbehaarung, verengte Gehörgänge, „Wasserratten“, Jagdhunde, Allergiker etc.) sollte auf adäquate Ohrpflege geachtet und lieber früher als später bei Entzündungsanzeichen gehandelt werden. Wie und mit was Sie die Ohren ihres Lieblings idealerweise pflegen, lassen Sie sich am besten in Ihrer Tierarztpraxis zeigen. 

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Was führt zur Otitis beim Hund? Risiken & Ursachen

Welche Risikofaktoren und Ursachen sind für die Otitis beim Hund bekannt?

Risikofaktoren

  • Schlappohren (Cocker Spaniel, Labrador Retriever etc.)
  • verengte / missgebildete Gehörgänge (Mops, Franz. Bulldogge etc.)
  • ausgeprägte Gehörgangsbehaarung (Pudel, Malteser, Bolonka etc.)
  • Feuchtigkeit (häufiges Duschen oder Schwimmen, Aufenthalte in Freiem bei feuchtem Wetter)
  • Aufenthalt in hohen Wiesen /Äckern (Grannen!)
  • häufiges und / oder inadäquates Ohrenreinigen/Haare zupfen
  • Parasiten (Bakterien, Hefepilze, Ohrmilben)
  • Allergien
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Otitis: Symptome & Krankheitsanzeichen beim Hund

Welche Symptome und Krankheitsanzeichen sind für die Otitis beim Hund bekannt und wie äußert sie sich?

Symptome & Krankheitsanzeichen

  • Kopfschütteln
  • Kopfschiefhaltung
  • Kratzen an den Ohren
  • Scheuern des Kopfes an Boden/Wand/Möbeln
  • Schmerzen / Abwehrreaktionen bei Berührung der Ohren / des Kopfes
  • Reduziertes Allgemeinbefinden 
  • rhythmische Koordinationsstörungen der Augen (Nystagmus)
  • Schielen
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Behandlung & Therapie der Otitis beim Hund

Wie kann die Otitis beim Hund behandelt und therapiert werden?Wie kann die Degenerativen Myelopathie beim Hund behandelt und therapiert werden?

Behandlung

  • Konservativ
    • Ohrreinigung und lokale Behandlung mit Ohrmedikament
    • systemische Behandlung mit Medikamenten (Antibiotika, Antimykotika, Antiparasitika, Entzündungshemmer, Schmerzmittel…)
    • Behandlung der Grunderkrankung (Allergie, organische Erkrankung…)
  • Chirurgisch
    • Erweiterung des äußeren Gehörganges
    • Entfernung des äußeren Gehörganges
    • Eröffnung des Mittelohres (Bullaosteotomie)
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Otitis beim Hund - Vorbeugung & Prävention

Welche präventiven Maßnahmen helfen hinsichtlich der Otitis beim Hund und was kann der Halter vorbeugend tun?

Vorbeugung

  • individuell angepasste, adäquate Ohrreinigung (Beratung Tierarztpraxis)
  • Vermeidung eines feucht-warmen Milieus bei zu Otitis neigenden Hunden

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