Die Anbindung von Hunden
Was bedeutet Anbindung bei Hunden?
Von:
Carsten Becker
Zuletzt aktualisiert am: 27.10.2023
- Anbindehaltung
- Anbindungshaltung
Hier und da werden Hunde im Freien z.B. auf Bauernhöfen oder Betriebsgeländen beispielsweise als Wach- oder Schutzhund gehalten und mit einer Anbindung befestigt, damit sie nicht entlaufen oder Menschen und Tieren unerwünschterweise zu nahe kommen. Diese sogenannte Anbindungshaltung findet in Zwingern oder einem sonstigen Außenbereich in aller Regel statt, wo der Hund mittels einer Leine oder Kette gehalten wird und somit kein Freilauf für ihn möglich ist. Früher wurde diese Form der Anbindung auch Kettenhaltung genannt.
Die Anbindung wird am Halsband des Hundes und einem stationären Fixpunkt befestigt, z.B. eine Hundehütte, an einer Öse, die an der Hauswand oder einem Pfeiler fixiert ist, die etwaigem Ziehen standhalten sollen, damit es zu keinen unerwünschten Zwischenfällen kommt, da sich der Hund verselbständigen kann.
Eine etwaige Haltung draußen via Anbindung unterliegt aber berechtigterweise aus Tierschutzgesichtspunkten strengen Vorschriften, die in der Tierschutz-Hundeverordnung geregelt sind und in unserem entsprechenden Artikel unter dem Block 08 "Welche Anforderungen werden an die Anbindehaltung in der Tierschutz-Hundeverordnung getroffen?" detailliert beschrieben werden.
Dies ist auch nötig und im Sinne der Hunde völlig angebracht, da eine Anbindung gefährlich und bedrohlich für Leib und Leben des Hundes oder Menschen/Tieren sein kann, bei denen der Hund aus Gründen etwaiger externer Umwelteinflüsse und Außenreize reaktives Verhalten zeigt, das zu folgeschweren Ereignissen führen kann. So könnte der Hund beispielsweise sich bedroht und bedrängt fühlen, heftig an der Anbindung ziehen und zerren und sich schwerste Schäden an seinem Skelett, Bewegungsapparat und inneren Organen zuziehen. Ebenso könnte der Vierbeiner bei einer etwaigen Anbindungshaltung an einem Pfeiler um diesen herumlaufen, da er durch ein bestimmtes Ereignis gereizt und gestresst ist und sich durch das hektische Treiben so verfangen und die Anbindung verheddern, dass er sich stranguliert oder schlimme Verletzungen zuzieht. Ferner ist auch bei einer Anbindung via Leine denkbar, dass der Hund diese durchbeißt, abhaut oder im Falle dass er sich bedroht fühlte, den vermeintlichen Widersacher stellt und es zu einem unerwünschten Beißvorfall kommt.
Neben der klassischen Anbindung bzw. Anbindehaltung, die in der Tierschutz-Hundeverordnung ihren rechtlichen Rahmen erhält, um für das Wohl und Wehe der betroffenen Hunde zu sorgen, wollen wir abschließend generell zum Überdenken jeglicher Anbindung eines Hundes im Alltag anregen, da auch kurzzeitige Anbindungen vor einem Ladengeschäft, im Garten oder am Baggersee zu folgenschweren Ereignissen führen können, wodurch die Hunde und andere Beteiligte (Menschen/Tiere) physische und psychische/mentale Schäden, Schmerzen oder Leid nehmen können.
Warum wir diesen Hinweis geben, wollen wir an den nachfolgenden Beispielen aufzeigen. Vorsichtiges und weitsichtiges Handeln in Anbetracht der großen Verantwortung, die wir als Halter für unsere Vierbeiner und alle Mitmenschen und Tiere beim Halten und Führen eines Hundes übernehmen, sollte nie außer Acht gelassen werden. Zu schnell tritt eine unvorhergesehene Situation ein, die aus irgendwelchen Gründen nicht mehr beherrschbar ist und das Wohlbefinden des Hundes und aller anderen Beteiligten in Missleidenschaft zieht.
Fall 1
Max bindet seinen Beagle vor dem Lebensmittelgeschäft am Fahrradständer an, um rasch 2-3 Teile einzukaufen. Seiner Einschätzung nach sollte dies in wenigen Minuten erledigt sein, daher sieht er keinen Anlass darin, sich Sorgen zu machen und sein Vorgehen zu hinterfragen. Ist schließlich bis heute immer gut gegangen.
Als Max keine 2 Minuten im Geschäft ist, nähert sich ein herumstreunender großer Hund. Er schnuppert hier und schnüffelt dort, bis er Max Beagle von einiger Entfernung sichtet. Schnurstracks fixiert er den Beagle und schreitet seines Weges. Auch der Beagle vernimmt nun den herannahenden Hund und wird sichtlich nervös.
Diese Situation könnte nun entweder unproblematisch verlaufen, aber auch durchaus in eine prekäre Lage für den angebundenen Beagle ausarten. Hier muss man sich nun selber in dessen Lage hineinversetzen, da er angebunden und in seinem Bewegungsradius völlig eingeschränkt ist. Er ist quasi dem fremden Vierbeiner ausgeliefert. Eine Flucht wäre im Äußersten undenkbar...
Fall 2
Beate geht in die Stadt und will ein paar Besorgungen machen. Dabei begleitet sie ihr 2-jähriger Deutscher Schäferhund. Normalerweise nimmt sie ihr Fahrzeug und lässt den Vierbeiner bei den Kindern zu Hause, aber bei diesem tollen Wetter will sie die Gassirunde mit den Einkäufen verbinden.
Zum Mittagessen will sie u.a. etwas frisches Hackfleisch beim Metzger kaufen. Dort angekommen, bindet sie Hasso an einen Laternenmast und geht ins Geschäft.
Eine völlig neue und unbekannte Situation für Hasso. Eigentlich würde er ihr gerne wie gewohnt folgen, aber ihn hält die kurze Leine ab. Was mag nun wohl im Kopf des Hundes vorgehen? Unsicherheit, Stress, Angst etc. könnten die Folge sein, da er nie gelernt hat, alleine zurückgelassen zu werden. Hieraus könnte sich in der Folge ein psychisches Problem bis hin zu Verlust- und Trennungsangst erwachsen, wodurch sich unerwünschtes Verhalten ausprägen kann.
Fall 3
Herbert hat sich für den späten Vormittag vorgenommen, das Blumenbeet in der Einfahrt für den anstehenden Sommer neu zu bepflanzen, da die Wettervorhersage einen wunderbaren und sonnigen Frühlingstag in Aussicht gestellt hat. Um sich gegen die pralle Sonne zu schützen, zieht Herbert seinen Strohhut an und greift auf ausreichend Sonnenschutzcrème zurück. Dies ist auch nötig, denn die Sonnen knallt an diesem herrlichen Tag schon sehr stark. Seit kurzem haben Herbert und seine Frau Zuwachs bekommen, denn ein beiger Labrador Retriever Welpe ist bei ihnen vor 4 Wochen eingezogen.
Um den jungen Neuankömmling nicht alleine im Haus zu lassen, nimmt Herbert den Labrador-Welpen namens Benni mit in den Vorgarten. Um ihn unter Kontrolle zu halten, bindet er Benni im offenen KFZ-Kofferraum an einer kurzen Leine an und lässt zur Luftzufuhr den Kofferraumdeckel des Kombis geöffnet.
Schnell vergeht die erste Stunde, als das Telefon klingelt und Herbert schnell ins Haus läuft, um das Gespräch anzunehmen. Es ist Klaus, sein bester Kumpel. Sie unterhalten sich und kommen vom Hölzchen zum Stöckchen. Herbert verliert dabei jegliches Zeitgefühl und quatscht munter seelenruhig weiter.
Und was ist mit Benni? Er liegt nun in der prallen und sengenden Sonne, ohne Schutz und Wasser. Schnell kann nun die körperliche Konstitution eines Welpens schweren Schaden und durch einen Hitzschlag sogar tödliche Folgen nehmen. Und dies durch eine kleine ungewollte Unachtsamkeit...
Fall 4
Manuela schlendert mit ihren Kindern durch die Stadt und hat ihnen ein Eis versprochen. An der Eisdiele angekommen, sucht sie einen geeigneten Platz, um Fridolin ihren Mischlingshund kurzweilig anzubinden, damit sie mit den Kindern das langersehnte Eis aussuchen und kaufen kann.
In unmittelbarer Umgebung entdeckt sie einen städtischen Mülleimer, der ca. 50 Meter von der Eisdiele an einem Pfeiler angebracht ist. Sie instruiert die Kinder und geht mit Fridolin zu dem anvisierten Anbindeplatz. Fridolin setzt sich auf Kommando hin und schaut ihr nach.
Nun können die drei die Eisdiele betreten und zu ihrer Überraschung treffen sie die Nachbarin mit Max und Paula, die den gleichen Gedanken hatten und bereits kräftig am schlecken sind.
Wie es nun einmal so ist, wird nach dem gewohnten freudigen Begrüßungsritual ausgiebig gesprochen, jegliches Zeitgefühl und darüber hinaus auch jeglicher Gedanke an den angebundenen Fridolin verloren.
Fridolin ist zwischenzeitlich aufgestanden, geht nervös von rechts nach links, bellt und jault. Die Eisdiele zieht natürlich viele weitere Kinder an, die sich an dem herrlichen Frühlingstag mit einem Eis belohnen wollen. Tessa und Nicole fällt auf ihrem Weg zur Eisdiele das hektische Treiben und Ziehen von Fridolin auf. Sie bewegen sich sofort in seine Richtung, da sie ihn beruhigen wollen. Tessa will Fridolin streicheln und auf ihn einreden, damit sich möglichst sein Stresslevel reduziert, da passiert es. Fridolin fühlt sich nicht beschützt, sondern bedrängt und bedroht. Er schnappt zu und erwischt Tessa so heftig an der Hand, dass sie blutet...
Fall 5
Klaus ist begeisterter Jäger und hat sich einen Traum erfüllt. Schon lange spielte er mit dem Gedanken, sich einen voll ausgebildeten Weimaraner fürs Revier zuzulegen. Es sollte ein ganz besonderer Rassehund aus einer Leistungszucht sein, der bereits die jagdliche Ausbildung mit Brauchbarkeitsprüfung erfolgreich abgelegt hat und direkt für die anspruchsvollen Jagdaufgaben einsatzfähig ist. Dies hatte natürlich seinen Preis.
An einem Montagmorgen wollte Klaus noch rasch 200 Euro von der Bank abheben und verband dies mit der morgendlichen Hunderunde. Wie schon in früheren Zeiten mit dem Vorgängerhund X-Mal praktiziert, befestigte er den Weimaraner an einer Befestigungsöse, direkt neben dem Haupteingang der Sparkasse. Klaus ging an den Geldautomaten und konzentrierte sich darauf, denn die Geheimzahl machte ihm jedes Mal zu schaffen. Bereits 5 Minuten später kehrte er in Richtung Ausgang zurück und wollte um die Ecke seinen Hund holen.
Aber wo war nun sein Weimaraner?
In der Zeit nutzten Hundediebe die Gelegenheit, schnitten die Leine durch und verfrachteten den Weimaraner in den Lieferbus und düsten ab.
Viele weitere Szenarien sind denkbar, sei es dass ein angebundener Hund von Jugendlichen drangsaliert oder sogar geschlagen, ihm von Hundehassern ein Giftköder zum Verzehr angeboten, er durch Hitze oder Kälte auf Grund zu langer Wartezeit gefährdet wird oder er sich durch menschliche oder tierische Außenstehende bedroht fühlt.
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