Flyball, Hundefrisbee, Dummytraining & Wasserarbeit

Modernes Apportieren auf hohem Niveau

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Zuletzt aktualisiert am: 26.10.2021

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Wo kommt die Lust zu apportieren bei unseren Hunden her? Wie haben unsere Vorfahren dieses Talent genutzt und welche Möglichkeiten bieten sich heute, apportierfreudige Hunde auszulasten? Diesen Fragen wollen wir auf den Grund gehen.

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Jagdliches Apportieren – Ursprung des modernen Flyballs, Dog Frisbees etc.

Wie so viele moderne Hundesportarten, haben auch Apportier-Sportarten wie Flyball, Hundefrisbee oder Wasserarbeit und allem voran das Dummytraining ihren Ursprung in der Jagd. Die gemeinsame Jagd war von jeher einer der Haupttreiber, den sich von der Jagd ernährenden Wolf zu domestizieren und aus ihm unsere heutigen Hunderassen zu züchten.

Von der Domestizierung des Wolfs zum apportierenden Retriever

Der Vorgang der Jagd eines Wolfes in der Natur zur Ressourcenbeschaffung, lässt sich in viele Teilvorgänge untergliedern:

Das Beutetier muss aufgestöbert und verfolgt, dann gestellt und tödlich verletzt werden. Wenn das Beutetier trotz der Verletzung nochmals flüchten konnte, musste es wiedergefunden und doch getötet werden, um es dann vor anderen Fleischfressern zu bewachen und zu verteidigen. Manchmal war es auch nötigt, die Beute abzutransportieren um sie mit dem Rudel zu zerteilen und zu fressen.

Die Rassen, die der Mensch nun züchtete, wurden, wie der Retriever, mit dem Ziel gezüchtet, in einer oder mehreren dieser Teilschritte besonders erfolgreich zu sein, beispielsweise in der Kombination, verletztes oder totes Wild zu finden um es dann abzutransportieren, also zu apportieren. Durch entsprechende Zuchtauswahl wurden dann die gewünschten körperlichen und charakterlichen Veranlagungen gestärkt, man könnte auch sagen, dass der Insinkt zum Apport gesteigert wurde. Diese Kombination ist hervorragend für Jäger zu nutzen, die Vögel, Hasen oder Kaninchen jagen. Diese werden meist in Feld- und Wiesenlandschaften oder, wenn es sich um Wasservögel wie Enten handelt, an Gewässern gejagt und liegen häufig, den Blicken entzogen, im tiefen Gras, Getreide oder Schilf. Hier kommt dann der Apportierhund zum Einsatz, die Beute mittels Nase aufzufinden und laufend oder schwimmend zum Jäger zu bringen.

Wo kommen die Begriffe "Apportieren" und "Retriever" her?

Weil Französisch lange Jahre an den jagdbegeisterten Adels-Höfen Europas die wichtigste Sprache war, leiten sich sowohl der englische als auch der deutsche Begriff für diese Arbeit von französischen Worten ab, die die beiden verlangten Arbeitsschritte bezeichnen. Das Wort Retriever entwickelte sich aus dem französischen „retrouver“, das Wiederfinden meint und das apportieren heißt nichts anderes, als herbeibringen und leitet sich vom französischen „apporter“ ab.

Wasserarbeit – kein reines Jagdthema

Aus den Einsätzen am Wasser entstand der Begriff der Wasserarbeit, mit der zunächst das Aufstöbern und Auffliegen lassen des Wasserwildes und das anschließende Finden und Apportieren der beschossenen Tiere im und am Wasser gemeint war. Daneben sind die Ursprünge der Wasserarbeit aber auch in der Fischerei zu finden. Vor allem in den kanadischen Regionen Labrador und Neufundland wurden massive Hunde wie Neufundländer, Labrador Retriever und Golden Retriever von Fischern benutzt, um über Bord gegangene Gegenstände oder Leinen beim Festmachen im Hafen aus dem Wasser zu apportieren. In der Fischerei liegen auch die Wurzeln der Rettungshundearbeit im Wasser, da die kanadischen Wasserhunde auch über Bord gegangene Menschen zu retten halfen. Diese wird umgangssprachlich auch als Wasserarbeit bezeichnet, gliedert sich aber heute noch offiziell in die Wasserortung und Wasserrettung.

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Wie beschäftigt man arbeitslose Apportierhunde?

Die meisten Hunde werden heute aber nicht mehr gehalten, um ihre Herrchen bei der Arbeit, beispielsweise eben der Jagd, zu unterstützen, sondern um als liebenswerte und treue Familienmitglieder am täglichen Leben teilzunehmen. Wie können können diese arbeitswilligen Familienhunde nun artgerecht und dadurch mit Spaß beschäftigt und ausgelastet werden?

Stöckchen werfen statt Apport des Niederwildes

Spaß machen Hunden vor allem die Aktivitäten, für die sie gezüchtet wurden. Alle Hunde sind daher leicht für Spiele und Sportarten zu begeistern, die eine Jagdsequenz nachstellen. Bei Retrievern, aber auch bei vielen anderen Hunden, steht die Jagdsequenz des Apportierens hoch im Kurs. Über Jahre beließen es die Menschen dann dabei, ein Stöckchen zu werfen und es von den Hunden zurückbringen zu lassen.

Nachteile des Stöckchenspiels

Findige Experten haben aber herausgefunden, dass einerseits ein Stöckchen Verletzungsgefahren für den Hund bergen, da sich Splitter lösen und die Schleimhaut im Maul des Hundes verletzen können und andererseits diese Stöckchen derart häufig in der Natur vorkommen, dass es kaum möglich ist, den Hund mit dem Stöckchen zu erziehen, da er es einfach gegen ein anderes austauscht, wenn es ihm beispielsweise zu weit weg geworfen wurde oder das Spiel von Herrchen unterbrochen wurde.

Aus diesem Grund wurde dann das Stöckchen durch spezielles Hundespielzeug ersetzt, das von den Apportierprofis Apportel genannt wird und bissfest ist. Hier sind unter anderen die Dummies zu nennen, bei denen es sich um mit schwerem Granulat gefüllte Segeltuchwürste handelt. Aber auch Futterdummies, die den althergebrachten Dummies ähneln, sich aber öffnen und mit Futter statt Granulat füllen lassen.

Vorteile von Dummies und Co.

Verbindet nämlich der Hund erst mit dem Dummy den Spaß, den er beim Apportieren hat, kann er über diesen Spaß sehr leicht belohnt und zu gewolltem Verhalten motiviert werden, wenn eben das Spiel als Belohnung eingesetzt wird. Für Apportiertraining mit verfresseneren Vertretern, für die das Apportieren eines Dummys nicht selbstbelohnend ist, wurde dann der Futterdummy entwickelt, bei dem sich Hundefutter als Beute im Dummy befindet und auch tatsächlich im Hundemagen landet.

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Kalifornien, Wiege von Hightech & vielen modernen Hundesportarten

Die umtriebigen Amerikaner, vor allem die aus Kalifornien, legten in der Hippy-Zeit der 1960er und 70er Jahre nicht nur die Grundsteine für Konzerne wie Apple, sondern waren auch in Sachen Hundebeschäftigung ganz vorne mit dabei. Was die wettbewerbsorientierten Amerikaner vor allem drauf haben ist, Beschäftigungen so aufzubauen, dass die erbrachten Leistungen vergleichbar sind und Wettkämpfe denkbar sind.

Flyball – schnelles Apportieren über Hürden

In den USA existierte bereits eine Hundesportart, bei der Hunde von ihren Haltern aus über eine Hürdenstrecke an einen Platz liefen, wo sie aus verschiedenen Apporteln dasjenige apportieren sollten, das nach ihrem Hundeführer roch. Der Sport heißt Scent Hurdel Racing und wurde von kalifornischen Hundebegeisterten um Barbara Weatherwax, die Tochter Trainers der aus Film und Fernsehen bekannten Lassie, so variiert, dass ein Tennisball apportiert werden musste - der Flyball war erfunden.

Hierzu wurde von Herbert Wagner, der vielleicht ein Mitglied der Gruppe um die mit guten Verbindungen in die kalifonische Medienbranche gesegnete Weatherwax war, eine Maschine, die sogenannte Flyball-Box, entwickelt. Von dieser wird der Ball festgehalten und für den Hund freigegeben, wenn dieser sein Gewicht auf einen Auslöser legt.

Als Wagner, vielleicht auf Grund der guten Verbindungen von Barbara Weatherwax, die Box und ihren Einsatz in der US-Fernsehsendung The Tonight Show präsentierte, machte das den Sport auch in der Gegend um die Großen Seen und damit sowohl in der Gegend um Detroit als auch in Toronto, Kanada bekannt. Schließlich schlossen sich einige flyballbegeisterte Teams aus beiden Städten 1985 zur North American Flyball Assosciation zusammen und veranstalteten Mitte der 1980er Jahre die ersten Turniere nach einem fixen, zunächst nur eine einzige DIN-A 4 Seite umfassendem Reglement.

Discdogging – Stadion-Flitzen mit Hund

Als zur selben Zeit in den USA die Frisbee-Scheibe von Kalifornien aus ihren Siegeszug antrat, verstanden junge Amerikaner und vor allem deren Hunde schnell, dass die fliegende Disc ein super Apportel darstellt, das weit und schnell fliegt und den Jagdinstinkt der Hunde voll anspricht.

1974 stellte das „Flitzen“ von dem 19-jährigen Studenten Alex Stein und seinem Whippet Ashley im Dodger Baseball Stadion von Los Angeles die Bekanntheit des Hundefrisbees auf eine neue, wenn auch angezogene Stufe. In einer Pause des Spiels der LA Dodgers gegen die Cincinnati Reds übernahm er mit einigen Frisbee-Scheiben bewaffnet in Begleitung seines Hundes das Spielfeld und warf dem Hund die Scheiben. Sie wurden erst nach 8 Minuten Life-Übertragung unterbrochen, weil der die Frisbees fangende und apportierende Ashley die am Fernsehen und im Stadion versammelten US-Amerikaner mit seiner Topgeschwindigkeit von 56 km/h und Sprüngen von 2,7 m Höhe so sehr begeisterte, dass niemand sich traute, sie zu unterbrechen. Das verhalf das dem Discdogging-Sport zur ersten nationalen Fernsehübertragung und zu erster Bekanntheit.

Einmal in den USA etabliert, verbreitete sich Dog Frisbee im Gefolge der sich ebenfalls schnell ausbreitenden Begeisterung für die Scheiben als solche, schnell über den Globus. Heute ist dieser Hundesport, bei dem es nach wie vor im Wesentlichen darum geht, in einer vorgegebenen Zeit Frisbee Scheiben in einem Spielfeld zu werfen und durch den Hund auffangen zu lassen, eine offizielle Hundesportart mit Prüfungen und Wettkämpfen, die unter dem Dach des dem VDH angeschlossenen DVG – Deutscher Verband der Gebrauchshundesportvereine organisiert werden.

Wasserarbeit – Apportiersport, zur Abwechslung nicht aus Kalifornien

Der Begriff Wasserarbeit bezeichnet alle Apportieraufgaben im und am Wasser. Ursprünglich waren das Einsätze bei der Jagd auf Wasserwild, bei der Rettungshundearbeit in der Seenotrettung und in der Seefahrt und Fischerei, wo die Hunde Fische und Taue apportierten. Die Rettungshundearbeit und die jagdlichen Einsätze sind zwar heute noch aktuell, während die Apportierarbeit in der Seefahrt und Fischerei keine Rolle mehr spielt, dennoch gilt auch für die Hunde der für die Wasserarbeit prädestinierten Rassen, wie den Neufundländer, den Landseer oder die kleineren Labrador und Golden Retriever, dass sie heute größtenteils als Familienhunde gehalten und der ihrer ursprünglichen Aufgabe beraubt und weder in der Jagd noch als Rettungshunde eingesetzt sind.

Anzunehmender Weise entwickelte sich die Wasserarbeit als Hundesport im Nordosten Amerikas aus dem Training für Wasserrettung. Da die Arbeit in einer Rettungshundestaffel auf Grund des ernsten und lebensrettenden Hintergrundes, für Hundehalter einen hohen Trainings- und Zeitaufwand und eine große Verpflichtung bedeutet, bietet die mit weniger Verpflichtung und Ernsthaftigkeit verbundene und als Hundesport betriebene Wasserarbeit eine ausgezeichnete Auslastung für Hunde der relevanten Rassen.

Während in den USA bereits 1972 die ersten Arbeitsprüfungen in dieser Sportart abgelegt werden konnten, dauerte es in Deutschland bis 2012. Seitdem ist Wasserarbeit als Hundesport unter dem Dach des der FCI angehörenden VDH ausübbar. Der zuständige Verband innerhalb des Verbandes für das Deutsche Hundewesen ist der DVG -Deutscher Verband der Gebrauchshundesportvereine.

Bei der Wasserarbeit als Sportart ist es nach der den Grundgehorsam fördernde, Bodenarbeit genannten Grundausbildung Ziel, Seenotrettungen zu simulieren. Dazu müssen die Hunde diverse Gegenstände vom Dummy über in Not geratene Puppen und Menschen bis zu einem Boot schwimmend apportieren. So werden von den Hunden ertrinkende Personen aus dem Wasser an Land gebracht und Rettungsringe vom Ufer zu ertrinkenden Menschen im Wasser gebracht. In den meisten Prüfungsarten schwimmt der Hund alleine raus, allerdings gibt es auch das Teamschwimmen, bei dem die Teamfähigkeit des Hundes geprüft wird.

Mit dieser eigenständigen Sportart darf die Wasserarbeit als Teildisziplin des ebenfalls eigenständigen Hundesports Dummyarbeit nicht verwechselt werden.

Dummyarbeit – mehr als nur Training für Jagdhunde

Ähnlich wie die Wasserarbeit, entstammt auch die Hundesportart Dummyarbeit dem Apportiertraining für einen speziellen Anwendungsfall.

Beim Dummytraining ist es allerdings eindeutig das Jagdhundetraining. Jagdhunde werden auch heute noch mit Dummys, aber auch toten Kaninchen, Hasen oder Enten ausgebildet. Ziel ist es, dass die Hunde im Jagdeinsatz das geschossene Wild findet und es ohne es zu zerbeißen seinem Jäger bringt.

Speziell aus dem nur Jägern offenstehenden Training für den Apport von Wasservögeln hat der BHV (Bundesverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen) Dummytraining als eigenständige Sportart entwickelt. Die Teildisziplinen des Dummytrainings sind Markieren, Einweisen, Suchen und Apportieren.

Beim Markieren beobachtet der neben seinem Hundeführer sitzende Hund die Flugbahn des Dummies. Er muss sich die Fallstelle des Dummys merken und auf Kommando dorthin, um in einem kleinen Umkreis im Gras oder sonstiger Vegetation nach dem Dummy zu suchen und es dann zu apportieren.

Weiß nur der Hundeführer, wo in etwa sich der Dummy befindet, weist er seinen Hund ein. Für ein erfolgreiches Einweisen ist eine gute Distanzkontrolle mit den entsprechenden Richtungskommandos für rechts, links, vorwärts, rückwärts, stopp und beginne zu suchen wichtig.

Bei der Suche muss der Hund eine größere Fläche nach dem Dummy absuchen und kombiniert so die Flächensuche mit dem Apportieren.

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Apportsport & Apporteinsätze im heutigen Deutschland

Welche Möglichen zum aktiven Apportieren gibt es in Deutschland für Hund und Halter?

Wege den Hund aktiv beim Apportieren auszulasten

Klar, dass jeder von Euch Jäger werden und seinen Hund im Rahmen dessen gut auslasten kann. Auch der Weg in eine Rettungshundestaffel steht jedem offen. Steht bei Euch aber einzig die artgerechte Auslastung Eures Hundes im Vordergrund, sind diese beiden zeitaufwändigen und mit großer Verantwortung einhergehenden Beschäftigungen keine Option.

Stattdessen finden sich auch heute noch viele Hundemenschen, die trotz der Nachteile der Stöckchen ihren Hunden solche zwischendurch werfen. Das ist auch ok, vor allem, wenn der Hund nicht wirklich apportierbegeistert ist. Es lohnt wohl kaum, ein Apportel anzuschaffen, wenn Dein Hund Dir nach zwei oder drei Durchgängen klar macht, dass Du das Ding ja selber holen kannst, wenn Du es ständig wegwirfst.

Schön ist aber, dass für Menschen mit Hunden, die wirklich auf Apportieren stehen, heute ein reichhaltiges Angebot an Möglichkeiten besteht, diese Passion auszuleben. Ob Ihr nun für das Hundegebiss ungefährliche Dummies, Bringhölzer, Frisbees oder Bälle auf Spaziergängen einsetzt, oder Euch mit anderen Hund-Mensch-Teams messen und Flyball, Discdogging oder Wasserarbeit wettkampfmäßig betreiben wollt, alles ist möglich.

Wenn Du mehr über Flyball, Dog-Frisbee oder Wasserarbeit erfahren willst, findest Du tiefere Informationen zu Trainingsmethoden, Ausrüstung, Spielarten und Wettkampfgeschehen in den Beschreibungen der entsprechenden Sportart.

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