Notfall mit Hund, Katze & Co. - Was tun?

Infos, Tipps & To-do´s für den Notfall mit Hund, Katze & Co. von unserer Tierärztin

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Zuletzt aktualisiert am: 31.5.2024

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Wenn Tierhalter in eine (vermeintliche) Notfallsituation geraten, bricht meist zuerst Panik und Chaos aus. Was ist in einem Notfall bei Hund, Katze & Co. zu tun? Wer kann helfen? Wo anrufen?

Das sind nur ein Teil der Fragen, die einem durch den Kopf schießen. 

Notfall bei Hund, Katze & Co. - Mit kühlem Kopf, rasch und nach Plan handeln!

Um Sie optimal auf eine (hoffentlich nicht eintretende) Notfallsituation bei Hund, Katze & Co. vorzubereiten, haben wir die wichtigsten Fragen zum Thema Notfall für Sie auf den Punkt gebracht:

01

Was ist ein Notfall?

Wenn Menschen, Hunde, Katzen & Co. oder Sachen gefährdet sind.

Was versteht man unter einem Notfall bei Hund, Katze & Co.?

Definitionsgemäß ist ein Notfall eine Gefährdung für Menschen, Tiere oder Sachen. Im Bezug auf die körperliche oder geistige Gesundheit spricht man auch von einem medizinischen Notfall, den man wiederum in spezifische Notfälle, z.B. Alltagsnotfall, Arbeitsunfall/-notfall oder Seuchennotfall einteilen kann.

Bildhaft gesprochen könnte man auch sagen, ein Notfall ist, wenn etwas fehlt, was an einem  Körper vorhanden sein sollte (Bein ab), wenn etwas herauskommt, was im Körper drin bleiben sollte (Blutung) etc. Die Firma Livisto hat dies recht eindrücklich und unterhaltsam in einem Poster zum kostenlosen Download zusammengefasst: 

Quelle: aniMedica GmbH a LIVISTO company www.livisto.de

Es geht also um Situationen, in denen die Gesundheit oder gar das Leben gefährdet ist und zügig Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Gefahr abzuwenden oder wenigstens zu verringern. Dabei kann eine bestimmte Situation für ein Individuum völlig ungefährlich, für ein anderes aber höchst dramatisch sein. Zum Beispiel ist ein starker Durchfall für die meisten Hunde kein Notfall und kann mit Hausmitteln über ein paar Tage entspannt daheim behandelt werden. Für schwächliche Welpen oder bestimmte Kleinhundrassen (Chihuahua, Tea-Cup-Hunde) kann er aber schon nach kurzer Zeit zum Notfall werden, wenn sie zu schnell zu viel Nährstoffe über den verstärkten Kotabsatz verlieren. 

Oft ist es nicht einfach, einen Notfall zu erkennen. Häufig werden Situationen aus lauter Sorge ums Tier dramatisiert. Manchmal aber auch Notfallanzeichen übersehen. Halten Sie im Zweifelsfalls kurz telefonische Rücksprache mit Ihrem Tierarzt, ob es sich um einen (individuellen) Notfall für Ihr Tier handelt oder nicht. Damit ersparen Sie sich unnötige Panik und Tierarztkosten, wenn es sich nicht um einen Notfall handelt oder gewinnen wertvolle Zeit, wenn es doch „höchste Eisenbahn“ sein sollte.

Hier ein paar Beispiele, wann schnell gehandelt werden muss:

02

Notfall Hund, Katze & Co.: Was mache ich in einer Notsituation zuerst?

Wenn möglich, ruhig und besonnen vorgehen!

In einer Notsituation bei Hund, Katze & Co kühlen Kopf bewahren

Der wichtigste und erste Schritt bei einer Notfallversorgung lautet: Ruhe bewahren!

Denn nur, wer ruhig und besonnen bleibt, kann die Situation überblicken und richtig einschätzen, die geeigneten Maßnahmen ergreifen und damit effizient handeln.

Es bringt schließlich nichts, wenn Sie mit Ihrer Panik das eh schon gestresste Tier noch mehr in Aufruhr versetzen oder neben Ihrem Hund kollabieren und plötzlich zwei anstatt einem Patienten am Boden liegen.

Wie Sie bei einem Notfall Schritt für Schritt vorgehen, ist unter Punkt 4 näher erläutert. 

03

Was sollte ich im Notfall zur Hand haben?

Wichtige Kontaktdaten und hilfreiche Notfall-Ausrüstung

Wichtige Kontakte für den Notfall mit Hund, Katze & Co.

Es hat sich bewährt, für den Notfall eine Liste mit helfenden Adressen/Telefonnummern parat zu haben. Sei es als Merkzettel neben dem Haustelefon, als Memo im Handy oder als Notiz im Geldbeutel. Diese Liste sollte bestenfalls Kontaktdaten folgender Personen/Institutionen enthalten: 

  • Haustierarzt
  • ggf. Fachtierarzt für bestimmtes/bekanntes Problem Ihres Hundes (Kardiologe, Physiotherapeut etc.)
  • nächstgelegene oder bereits bekannte Tierklinik
  • ggf. Tiernotrettung (wenn in Ihrer Region vorhanden)
  • Telefonnummer oder Webadresse des tierärztlichen Notdienstes Ihrer Stadt / Ihres Landkreises
  • Vertrauensperson, die als Zweithelfer fungieren kann (z.B. Hundesitter, der öfter auf Ihren Hund aufpasst und ihn gut kennt; Nachbarin, die Krankenschwester ist)
  • ggf. Taxiunternehmen, dass auch Hunde befördert

Hilfreiche Notfallausrüstung / Notfallapotheke

Je nach Art des Notfalls kann außerdem folgendes Equipment sinnvoll sein:

  • Verbandsmaterial (alter oder neuer Autoverbandskasten, Verbände aus dem Tierhandel/vom Tierarzt, übriggebliebene Socken, Babybodies, T-Shirts o.Ä. um Wunden abzudecken etc.)
  • Maulkorb/Maulschlinge, um Beißattacken zu verhindern - worauf hierbei zu achten ist, erfahren Sie in unserem ergänzenden Artikel
  • Korb/Transportbox, um das Tier zu sichern
  • Handtuch/Decke/breiter Schal, um den Hund zu kühlen/zu wärmen/zu entspannen (Kopf abdecken)/beim Gehen zu unterstützen/zu tragen
  • Handschuhe, um sich vor infektiösen Körperflüssigkeiten oder Bissen zu schützen
  • Tüte, um Erbrochenes oder Teile aufgenommener undefinierbarer Substanzen aufzubewahren, falls eine Vergiftung vermutet wird
  • Fieberthermometer, zur Messung der Körpertemperatur
  • Uhr mit Sekundenzeiger, zur Prüfung der Herz- und Atemfrequenz
  • ggf. verordnete Notfallmedikamente etc.

Mehr Infos finden Sie zudem in unserem Artikel "Was gehört in die Hausapotheke für den Hund?".

04

Notfall Hund, Katze & Co: Wie gehe ich Schritt für Schritt vor?

Die Rettungskette in der Notfallsituation ruhig und besonnen abarbeiten.

Planmäßiges Vorgehen im Notfall bei Hund, Katze & Co. mit Hilfe der Rettungskette

Wer beim Erste-Hilfe-Kurs für die Führerscheinprüfung aufmerksam zugehört hat, wird sich sicherlich noch an die sogenannte „Rettungskette“ erinnern.

Diese beschreibt die wichtigsten Punkte, die nacheinander bzw. ineinander übergreifend erfolgen sollten, um in einer Notsituation effektiv zu handeln und das Leben des Patienten zu schützen oder gar zu retten: Absichern + Eigenschutz, Notruf + Sofortmaßnahmen, weitere Maßnahmen, Stabilisierung/Überwachung/Transport und Praxis/Klinik.

Diese Kette kann man als Gedankenstütze natürlich auch bei tierischen Notfällen nutzen.

Schauen wir uns die einzelnen Punkte genauer an:

  • Absichern/Eigenschutz: die Unfallstelle sollte, wenn notwendig (z.B. Autounfall, Unfall in Fußgängerzone), abgesichert werden, damit dem verletzten Hund oder unbeteiligten Personen nichts weiter passieren kann. Des Weiteren ist auf Eigenschutz zu achten. Denn es hilft dem tierischen Patienten nichts, wenn die helfende Person gebissen oder angefahren wird und dann selbst Hilfe benötigt.
  • Notruf/Sofortmaßnahmen: ist die Situation „gesichert“, sollte die Lage des Patienten eingeschätzt werden: sind lebensrettende Maßnahmen notwendig? Wenn ja, sollten diese umgehend durchgeführt werden. Ist eine zweite Person anwesend, kann diese parallel die nächste Praxis/Klinik kontaktieren, um den Patienten schnellstmöglich in Expertenhände übergeben zu können. Ist man allein mit dem Patienten, kann der Notruf nach der Reanimation bzw. nach Überprüfung der Lage des Patienten erfolgen.
  • Weitere Maßnahmen: wenn nun das Leben des Patienten außer Gefahr ist und die nächste Anlaufstelle gefunden wurde, können weitere Maßnahmen erfolgen, die wichtig sind, um den Patienten transportfähig zu machen: Blutungen stoppen, Verbände anlegen, vor Hitze oder Kälte schützen, Tragehilfe organisieren etc.
  • Transport/Überwachung/Stabilisierung: anschließend kann der Patient auf schnellstem Wege in die Praxis/Klinik gebracht werden. Der Transport kann mit dem eigenen Fahrzeug, mit einem Taxi, via Rettungswagen der Tiernotrettung oder über öffentliche Verkehrsmittel erfolgen. Hat man einen Fahrer an seiner Seite oder befindet sich das Tier mit Fachpersonal im Rettungswagen, kann die Transportzeit genutzt werden, um den Patienten weiter zu stabilisieren: kleinere Wunden versorgen, Trinken anbieten, von Schmutz befreien, Beruhigungsmaßnahmen durchführen, Infusionen setzen, Blutdruck messen etc.
  • in Praxis oder Klinik angekommen, kann man den Hund vertrauensvoll in Expertenhände übergeben, die alles weitere regeln (Untersuchung, Röntgen, Medikamentengabe, Operation etc.)

In Ergänzung wollen wir Ihnen noch unseren ergänzenden Artikel "Mit dem Hund zum Tierarzt oder in die Tierklinik?" ans Herz legen, um einen besseren Vergleich der beiden veterinärmedizinischen Einrichtungen zu bekommen.

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Wie erreiche ich im Notfall bei Hund, Katze & Co. am schnellsten einen Tierarzt?

Im ersten Schritt zügig Tierarzt, Bereitschaftstierarzt, Tierklinik etc. anrufen!

Im Notfall von Hund, Katze & Co. überlegt und rasch handeln!

Die einfachste und sinnvollste Variante ist zunächst den Haustierarzt zu kontaktieren. Denn er kennt Sie und Ihren Hund am besten und kann in den meisten Fällen weiterhelfen. Zum Beispiel weiß er, welche Medikamente Ihr Hund bekommt und kann bestimmte Krankheitsbilder sofort einer Nebenwirkung des Medikamentes zuschreiben, was ein anderer Kollege erst mühsam am Telefon erfragen müsste. Oder Kleinigkeiten aus der Krankenakte, die zunächst als Zufallsbefunde auffielen, ergeben plötzlich Sinn, erklären den Notfall und weisen auf die richtige Hilfe hin.

Den Notfall telefonisch ankündigen, damit sich Tierarzt & Co. darauf vorbereiten können!

Wenn der Notfall außerhalb üblicher Sprechzeiten passiert, zum Beispiel nach 20 Uhr oder am Wochenende, ist ein Bereitschaftstierarzt zuständig. Wer an welchem Tag Bereitschaftsdienst hat, wird regional individuell organisiert. Meist existiert ein Plan pro Stadt oder Landkreis. Die Pläne werden über Pressestellen (Gemeindeblatt, Wochenzeitung, Veterinäramt etc.) und Praxis-Homepages der Tierärzte veröffentlicht. Ebenso über deren Anrufbeantworter, wenn außerhalb der Sprechzeiten angerufen wird. In manchen Regionen gibt es darüber hinaus eigene Internetseiten für den tierärztlichen Notdienst oder eine zentrale Notrufnummer, über die der diensthabende Tierarzt kontaktiert wird.

Spezialisierte Tierarztpraxen mit mehr Personal und besonderen Gerätschaften (meist „Überweisungspraxis“, „Tiergesundheitszentrum“ oder „Kleintierspezialisten“ genannt) bieten oft längere Sprechstunden oder Wochenenddienste an und wären daher ebenfalls außerhalb üblicher Sprechzeiten erreichbar. Mittlerweile existieren sogar „Notdienstpraxen“, die ausschließlich zu Notdienstzeiten geöffnet haben (z.B. in Leipzig).

Tierkliniken, sozusagen Krankenhäuser für Tiere, sind in der Regel rund um die Uhr, also 24 Stunden am Tag, für tierische Patienten da. Bei schweren Unfällen oder drohender Lebensgefahr sind meist sie die richtigen Ansprechpartner. 

Manche Großstädte besitzen auch einen eigenen Tierrettungsdienst. Wie ein Notarzt können die Tierrettungsdienste über Anrufe „bestellt“ werden und kommen mit Spezialfahrzeug (ähnlich einem Rettungswagen) vorbei. Sie helfen vor Ort oder bringen den Patienten, wenn notwendig, in die nächstgelegene Tierklinik.

Mehr Informationen zum Thema Praxis, Tierklinik und Tierrettung finden Sie auch in unserem Magazin-Artikel.

Egal, zu welchem Tierarzt Sie fahren können/möchten: am wichtigsten ist, dass Sie unbedingt zuerst anrufen, bevor Sie losfahren! Denn nichts ist schlimmer, als im Notfall wertvolle Zeit zu verlieren. Bestimmte Notfälle können nicht vom Haustierarzt behandelt werden und müssen zu einem spezialisierten Kollegen oder einer Tierklinik überwiesen werden. Ob dies der Fall ist, kann in wenigen Sekunden bis Minuten am Telefon geklärt werden und spart so unnötige Kilometer Fahrt in die falsche Richtung. Genauso kann es sein, dass an einem Tag so viele Notfälle auftreten, dass der Bereitschaftstierarzt keine freien Kapazitäten mehr hat und Sie deshalb weiterschicken muss. Oder er steckt gerade mitten in einer Not-Operation und kann sich deshalb nicht um Ihr Tier kümmern. Selbiges gilt für Tierkliniken. Auch diese kommen regelmäßig an Ihre Grenzen. Meist weil Tierbesitzer wegen Kleinigkeiten im Notdienst auftauchen und dann wertvolle Zeit und Arbeitskraft „verloren geht“, um zu klären, wer wirklich ein Notfall ist und wer nicht. So kann es zu unnötigen Wartezeiten kommen. Oder alle Tierärzte der Klinik sind schon mit Operationen, Reanimationen und Ähnlichem beschäftigt, sodass kein neuer Patient betreut werden kann.

Ein weiterer Vorteil des vorher Anrufens ist, dass die Tierärzte sich optimal auf Ihren Hund vorbereiten können, wenn sie Bescheid wissen, wann Sie kommen und was das Problem ist. Es kann schon mal eine Trage bereitgelegt, Spezialgeräte an geschalten oder der Operationsraum vorbereitet werden. So ist schnelle und effiziente Hilfe möglich, die am Ende eventuell über Leben und Tod entscheidet.

An dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis: ein leider oft zu beobachtendes Phänomen ist Trödelei via Social Media. Viele Tierbesitzer fragen bei einem echten oder vermeintlichen Notfall in Onlineforen oder Gruppen bekannter Social-Media-Dienste nach dem aktuell diensthabenden Tierarzt, um ihr Tier schnell versorgen lassen zu können. Das ist zwar prinzipiell nicht verkehrt, aber endet meist in folgendem Szenario: innerhalb weniger Minuten kommen die ersten Antworten, einige davon widersprüchlich, manche gänzlich falsch, es entstehen Diskussionen über Uhrzeiten, Preise, Kompetenz des Tierarztes usw. und die Tierbesitzer verbringen eine Stunde oder länger mit dem chatten, anstatt einfach über oben genannte Homepages/Pressestellen/Anrufbeantworter den diensthabenden Kollegen zu ermitteln und ihr Tier schnellstmöglich dort vorzustellen. Bei einem echten Notfall, kann diese unnötige Trödelei den Tod des Tieres bedeuten! Daher bitte nicht mit sinnlosen Diskussionen Zeit vergeuden, sondern überlegt und zügig handeln!

06

Was ist in Notsituation bei Hund, Katze & Co. sonst noch zu beachten?

Notfall Hund, Katze & Co.: Einige Tipps und To-dos

Neben den oben beschriebenen wichtigsten Punkten (Ruhe bewahren, Rettungskette beachten, Notfälle telefonisch anmelden) gibt es noch ein paar Kleinigkeiten, die zu beachten sind:

  • Fachpersonal kann Notfälle am besten einschätzen: vor lauter Sorge um den geliebten Vierbeiner neigt man als Besitzer dazu, Situationen dramatischer zu sehen, als sie wirklich sind. Das geht im Übrigen nicht nur dem „normalen“ Tierhalter so, sondern auch Tierärzten und Co., wenn das eigene Tier plötzlich zum Patienten wird. Wenn Ihnen dann ein Tierarzt oder eine Tierarzthelferin sagt, dass kein Notfall vorliegt und die Behandlung noch etwas warten kann, sollten Sie nicht empört sein, sondern sich auf die Einschätzung der Experten verlassen. Nur in seltenen Fällen kann auch eine Fachperson mal eine Situation falsch einschätzen. Haben Sie also das Gefühl, dass die aktuelle Situation für Ihren individuellen Hund gerade einen Notfall darstellt, sprechen Sie das Praxispersonal darauf an, schildern und begründen Ihre Bedenken und bitten um Anweisungen für vorübergehende Hilfe. Es wird Sie niemand mit Absicht im Regen stehen lassen und Hilfe verweigern, wenn sie sachlich und höflich kommunizieren.
  • Selbiges gilt, wenn Sie im Notdienst mal etwas länger warten müssen. Beim Betreten der Praxis/Klinik werden alle Patienten auf Ihre Dringlichkeit hin eingeteilt. Akut lebensbedrohliche Fälle werden sofort behandelt, kleiner Notfälle danach und vermeintliche Notfälle, die sich als Bagatellen herausstellen, zum Schluss. Diese sogenannte Triage ist notwendig, um jeden Patienten optimal versorgen zu können. Wenn Sie Wartezeit haben, bedeutet dies also nicht, dass man Sie nicht leiden kann, sondern nur, dass gerade ein anderer Patient dringender Hilfe benötigt. Versetzen Sie sich am besten in die Lage des betroffenen Tierhalters: würden Sie es gut finden, wenn der Zeckenbiss zuerst behandelt wird, nur weil er zwei Minuten früher durch die Tür getreten ist und dafür Ihr verblutender Hund warten muss? Ich denke nicht. Sehen Sie es also positiv: je länger Sie warten müssen, desto „gesünder“ ist Ihr Hund und desto wahrscheinlicher können Sie ihn munter wieder mit nach Hause nehmen, anstatt die Praxis weinend, mit einer Locke als Andenken, zu verlassen.
  • Haben sie keine Angst davor, die Kontrolle abzugeben! Dem treuen Begleiter in einer aufregenden oder gar lebensbedrohlichen Situation nicht an der Seite stehen zu können, ist ein schreckliches Gefühl. Aber dennoch oft unvermeidlich. Denn auch wenn Sie eine starke Bindung untereinander haben und beruhigende Worte vielleicht helfen könnten, stehen Sie als Tierhalter in manchen Situationen schlicht und ergreifend im Weg. Eine Reanimation kann nicht gelingen, wenn zu viele Menschen um den Patienten herumwuseln, ein Operationssaal sollte aus Infektionsgründen so wenig Personen als irgend möglich beherbergen und Röntgenstrahlung ist natürlich auch nicht ungefährlich. Das Praxis- oder Klinikpersonal ist außerdem ein eingespieltes Team, dass ohne große Worte schnell und effektiv miteinander arbeitet. Jede zusätzliche Hand oder ablenkende Frage kann dieses Zusammenspiel unterbrechen und damit die Gesundheit des Patienten gefährden. Ebenso gibt es viele Hunde, die in Notsituationen die Anwesenheit ihres Besitzers ohnehin nicht bemerken oder die sich besser entspannen können und behandeln lassen, wenn der vertraute Mensch, zu dem sie unbedingt hinmöchten, gerade nicht im Raum ist. Vergessen darf man auch nicht, dass man vor lauter Aufregung oft die eigenen Kompetenzen überschätzt: es wäre nicht das erste Mal, dass Besitzer beim Anblick von Blut, Geruch von Erbrochenem oder leidendem Jaulen ihres Hundes in Ohnmacht fallen. Nichts ist ärgerlicher, als sich nun unnötigerweise noch um einen kollabierten Menschen kümmern zu müssen, während man eigentlich einen tierischen Patienten zu versorgen hat.
  • Werden Sie nicht panisch, wenn niemand ans Telefon geht! Sollten Sie den diensthabenden Tierarzt nicht erreichen können, bleiben Sie ruhig und handeln besonnen. Meist erhalten Sie nach wenigen Sekunden bis Minuten einen Rückruf oder auf der Ansage des Anrufbeantworters ist ein Hinweis hinterlassen, warum gerade niemand ans Telefon gehen kann: Tierarzt im OP, Tierarzt krank und daher Bereitschaftsdienst mit Kollegen getauscht, Telefonisch momentan nicht zu erreichen, aber Praxis geöffnet etc. Sollte sich kein Hinweis finden lassen und kein Rückruf erfolgen, schauen Sie sich den Notdienstplan auf der Homepage des Bereitschaftsdienstes (wenn vorhanden) an. Denn dort sind kurzfristige Änderungen meist zuerst zu finden. Oder rufen Sie den nächsten Tierarzt im Umkreis an, der auf seinem Anrufbeantworten den aktuellen Dienst angibt. So können Sie Fehler schnell entdecken. 

    Wenn alles nichts hilft, melden Sie sich bei der nächstgelegenen oder Ihnen schon bekannten Tierklinik. Diese sind rund um die Uhr zu erreichen und können weiterhelfen. Dies sollte aber nicht ihr Standardvorgehen sein, sondern stets zuerst der Bereitschaftsdienst kontaktiert werden. Sonst kommt es schnell zu Überlastungen der Kliniken (s. oben).
  • Last but not least, gibt es natürlich noch einen unangenehmen Punkt: die Kosten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine Behandlung nachts oder am Wochenende mehr kostet als zu regulären Sprechzeiten. Tiermedizinisches Personal arbeitet schon an regulären Werktagen meist deutlich über die normale Arbeitszeit hinaus und anstrengende Notdienste, die einen aus dem Schlaf reißen oder Wochenendunternehmungen unmöglich machen, sind eine enorme zusätzliche Belastung. Wie jeder Schichtarbeiter, der Wochenend- oder Nachtschichtzuschlag erhält, steht natürlich auch Tierärzten und Co. eine bessere Bezahlung zu diesen Arbeitszeiten zu. Gesetzlich geregelt sind diese Mehrkosten über die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die eine Verdopplung der Kosten im Notdienst, sowie eine pauschale Notdienstgebühr von 50 Euro für jeden bearbeiteten Notfall vorschreibt. Das heißt, jeder Patient, der im Notdienst vorgestellt wird, kostet erstmal 50 Euro. Unabhängig davon, welches medizinische Problem vorliegt. Denn der Grundaufwand (Aus dem Schlaf gerissen werden, anziehen, zur Praxis fahren, dienstbereit sein, Untersuchungsmaterial vorbereiten, nach getaner Arbeit aufräumen, Behandlung dokumentieren, evtl. Bericht für nachbehandelnden Tierarzt schreiben etc.) ist zunächst einmal für jeden Patienten gleich. Darüber hinaus erbrachte Leistungen (Untersuchung, Probennahme, Operation, stationäre Aufnahme etc.) sind dann individuell unterschiedlich, werden aber, aufgrund der Mehrbelastung durch Tag/Uhrzeit (Wochenende, Feiertag, nachts) mit doppeltem Verrechnungssatz abgerechnet. Was also Mittwochvormittag 30 Euro kostet, kostet Samstagnacht 30 Euro x 2 + 50 Euro = 110 Euro. In besonders schweren oder aufwendigen Fällen kann die Abrechnung noch teurer ausfallen (bis 4fach). So kann ein Wochenende mal schnell so teuer werden, wie eine Behandlung über mehrere Wochen zu regulären Sprechzeiten.

Der Notdienst ist für Notfälle gedacht!

Um unnötige Diskussionen und quälende Löcher im Geldbeutel zu vermeiden, sollten Sie darauf verzichten, den Notdienst für Nicht-Notfälle in Anspruch zu nehmen. Kommt Ihnen etwas an Ihrem Haustier schon unter der Woche komisch vor, fragen Sie lieber frühzeitig bei Ihrem Haustierarzt nach, ob Handlungsbedarf besteht, und lassen sich einen Termin zu den regulären Sprechzeiten geben. Einige Tierärzte bieten auch eine reguläre Sprechstunde an Samstagen an, bei der entsprechend keine Notdienstgebühren anfallen. Aber dieser Umstand sollte natürlich ebenfalls nicht unnötig ausgenutzt werden, sonst kommt das Personal über kurz oder lang ebenfalls an seine Grenzen und schließt die Samstagssprechstunde womöglich für immer.

Schieben Sie notwendige Behandlungen, vor allem auch zum Wohle Ihres Hundes (Tierschutz!), also nicht unnötig auf! Leider werden viele Notfallpatienten nur deshalb zum (teuren) Notfall, weil Gesundheitsprobleme über Wochen oder gar Monate ignoriert wurden und dann am Wochenende der „große Knall“ erfolgt. Auch wenn Zeit und Geld mal knapp sind, bedenken Sie: zwei oder drei Behandlungen in der regulären Sprechstunde sind am Ende günstiger, als eine Notfallbehandlung am Wochenende! Und es sollte selbstverständlich auch kein Tier unnötig lange leiden, nur weil man sich verkalkuliert hat oder zu stolz ist, um Hilfe zu bitten. 

Mit diesen Erläuterungen zum Thema Notfall sollten Sie für den Ernstfall gut gerüstet sein. Wenn Sie mehr zu einzelnen Maßnahmen, wie Reanimation, Wundversorgung oder Medikamenteneingabe, wissen wollen, informieren Sie sich, ob ein Tierarzt in Ihrer Nähe Erste-Hilfe-Kurse anbietet. Diese finden meist in den Praxen selbst oder in örtlichen Hundevereinen statt. Auf dogondo.de werden wir ebenfalls bald Anleitungen zu Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Verfügung stellen. Es lohnt sich also, regelmäßig vorbeizuschauen!

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