Hundefell: Double Coat (Doppelschichtiges Hundefell) bei Kurzhaar, Stockhaar & Langhaar

Was Du zum zweischichtigen Hundefell (double coated) inkl. Fellpflege wissen musst!

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Zuletzt aktualisiert am: 17.2.2024

Ein Langhaar Collie liegt im Gras und schaut nach links.jpg

Das wichtigste in Kürze

  • Das Hundefell als Double Coat Variante bei Kurzhaar, Stockhaar und Langhaar
  • Double Coat (zweischichtiges Haarkleid) beim Hund besteht aus Deckhaar und Unterwolle
  • 4 verschiedene Typen von Double-Coat bei Hunden
  • Je nach Haar braucht es eine angemessene Fellpflege beim Hund
  • Unterscheidungsmerkmale der Haartypen und entsprechende Pflegehinweise von der Groomerin aus erster Hand

In dem nachfolgenden Artikel geht unsere dogondo-Pflegeexpertin und Groomerin, Gabriele Peters ("Die Fellhexe") auf die Haaranlagen des Hundefells näher ein und beleuchtet das sogenannte Double Coat bei Kurzhaar und Langhaar.

Als Double Coat wird in der Hundepflege das doppelschichtige Haarkleid (Hundefell) bezeichnet, das aus dem Deckhaar und der Unterwolle besteht.

Je nach Fellstruktur, die der indivuelle Hund mitbringt, ob double coated in kurzhaariger oder langhaariger Fell-Variante, ergeben sich hieraus unterschiedliche Pflegemöglichkeiten rund um die Fellpflege.

Gabriele Peters beleuchtet nun in ihren weiteren Ausführungen, aufbauend auf ihrem 1. Teil mit dem Titel "Hintergrundwissen zum Hundefell", das Haarkleid bei Kurzhaar, über Stockhaar bis Langhaar in Bezug auf das "Double Coat" bei Hunden, gibt mit ihrem Fachwissen ein tiefen Einblick in die Welt des Hundefells, zeigt praktische Pflegehinweise, Tipps und To-dos auf. Viel Freude beim Weiterlesen!

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Double Coat (Hundefell): Kurzhaar, Stockhaar oder Langhaar

Die Unterschiede von kurzhaarigem, stockhaarigem und langhaarigen Hundefell.

Kurzhaar oder Mutation Langhaar (Mutation am Genort fibroblast growth factor 5 (FGF5))

Der Haushund gehört zur Familie der Hundeartigen. Zu diesen gehört nicht nur der Wolf, sondern auch beispielsweise der Fuchs, Kojoten, Schakal und andere Arten.

ALLE nicht-domestizierten Hundeartigen haben ein natürliches Fell in Kurz- bis Stockhaar-Varianten. Das Wildfell unterliegt in Anlehnung an die Jahreszeit einem Fellwechsel. So haben alle Wildvarianten in der kalten Jahreszeit ein zweischichtiges Haar mit Deckhaaren und Unterwolle (Double Coat / doppelschichtiges Hundefell) und zur wärmeren Jahreszeit ein lichteres Sommerfell mit nur geringer Unterwolle. Das Unterwollhaar stirbt mit Beginn der warmen Jahreszeit ab und wächst mit Beginn der kalten Jahreszeit wieder nach. Es schützt jahreszeitlich angepasst vor Kälte und Nässe im Winter und durch selbständiges „Abhaaren“ der Unterwolle, vor Überhitzung im Sommer. Auch das Deckhaar durchläuft einen regelmäßigen Haarwachstumszyklus. Das nachgewachsene Deckhaar ist wie eine „Reinigung“ des Felles auf natürliche Art und Weise. Im Sommer kann Regen durch das natürliche Sommerfell, die Haut erreichen und diese spülen und reinigen.  

Das Wildfell ist eine natürliche Klimaanlage!

JEDES Haarkleid des Haushundes, das die Kriterien des Wildhaares nicht erfüllt, ist von Haar-Mutation mehr oder weniger betroffen. Diese Mutationen wurden durch Zuchtauslesen des Menschen forciert und sind bei vielen Rassehunden, und auch bei sogenannten Designerhunden und Mischlingen, erwünscht. Jeder Rassehund, jeder Mischling oder jede „neue“ Rasse trägt diese Gene in sich und gibt sie an die Nachfahren weiter. Durch die Vermischung der verschiedenen Haarmutationen entstanden weitere Mischvariationen mit mehr oder weniger behafteten Fellpflegeproblemen. Bei einem Rassehund ist durch die nachvollziehbare Ahnenreihe erkennbar welche Fellanlage der Welpe haben wird. Verschiedene Fellmutationen wurden züchterisch gezielt sortiert, um bestimmte Merkmale hervorzuheben, auch wenn eine gewünschte Perfektion der Haaranlage nicht immer ganz erreicht werden kann. 

Viele Haushunde haben kein Wildfell, somit ist das Hundehaar auch keine natürliche Klimananlage!

Im folgenden Text wird stellenweise von einem Einkürzen oder Scheren des Felles gesprochen. Dies stellt keine allgemeine Empfehlung dar und dient dem Wissen um die Möglichkeiten und Konsequenzen für das Fell. Ein Scheren dieser Haaranlagen kann aus vielerlei Gründen vonnöten werden oder empfehlenswert sein, beginnend bei medizinischen bis zu persönlichen Gründen. 

Hundefell - Kurzhaar

Die Wildvariante des Kurzhaares hat ein doppeltes Haarkleid. Das Fell hat Deck- und Unterwollhaare. Die Wildvariante unterliegt IMMER einem saisonalen Haarwechsel. Die einzelnen Deck- und Unterwollhaare lösen sich selbstständig aus den Haarwurzeln und fallen allein aus dem Fell. Es bildet sich ein natürliches Sommer- und Winterfell.

Diese Haarstruktur sollte während des Fellwechsels, intensiv gestriegelt werden, damit der Haarwechsel schneller durchlaufen werden kann.

Ein Kurzhaar der Wildvariante kann, ohne dauerhafte Auswirkung 
auf das Fell geschoren werden. Das Haar erneuert sich nach dem natürlichen Haarwechsel von selbst und wächst in seiner genetisch vorgegebenen Art wieder nach. 


Einigen kurzhaarigen Fellvarianten fehlt mehr oder weniger die Unterwolle. Insbesondere bei diesen einschichtigen Haaranlagen tauchen Hunde mit vermehrten Haarwechseln bis kontinuierliche Haarwechsel auf. Ebenso kommt es durch gezielte Zuchtauslese auch zu genau entgegensetzten Varianten: Die Unterwolle wird immer dichter und wechselt nicht mehr allein in ein Sommerfell. Diese Langlebigkeit des Felles, kann bei Hunden mit Unterwolle im Sommer zu massiven Beschwerden führen.

Neigt ein einschichtiges Fell zu dauerhaftem Haaren, sollte immer erst die Ursache hinterfragt werden. Es kann an der Ernährung, Medikamentengabe, hormoneller Zustand, aber auch ein zu intensives Striegeln wodurch ständig ein neuer Fellwechsel angeregt wird, u.a. liegen. Wird hier keine Lösung gefunden, kann es auch eine Lösung sein das Haar am Rücken kürzer zu scheren; gleichzeitiges Reinigen des Felles und striegeln des verbleibenden Resthaares kann einer Dauerhaarerei kurzfristig Abhilfe schaffen. Ein Deshedder (Hilfswerkzeug zur Entfernung der Unterwolle) kann seine Aufgabe in einem noch kürzeren Haar intensiver nachkommen. Das Fell wird sich durch seinen vorgegebenen Haarrhythmuswechsel bald wieder in den ursprünglichen Zustand entwickeln.

Die entgegengesetzte Variante ist ein Kurzhaar mit sehr dichtem Unterhaar, dass nicht mehr in ein korrektes Sommerfell wechselt. Wechselt das Unterhaar nicht mehr selbständig, sollte dieser Wechsel durch entsprechende Haarpflege, wie z.B. ein Carding (Entwollung) unterstützt werden. Das Fell dieser Haaranlage fühlt sich meist sehr angenehm seidig weich an und erfreut sich deshalb großer Beliebtheit.

Bei sehr dichtem Unterhaar, das nicht mehr in ein gesundes Sommerfell wechselt, wie es z.B. auch beim Mops immer öfters vorkommt, bietet das Einkürzen der Haare, insbesondere im Sommer oder bei älteren Tieren, den Hunden eine enorme Erleichterung. Dies betrifft insbesondere Hunde mit zu kurzen Nasen und daraus resultierender Kurzatmigkeit, Herzerkrankungen u.a. Eine Schur ersetzt hier nicht die weitere Pflege des Haares! Die verbleibende Unterwolle sollte nach einer Schur durch Deshedding entfernt werden.

Das Scheren der betroffenen Hunde wird von immer mehr Tierärzten unterstützt, um dem Hund etwas Erleichterung zu schaffen.

Die geschorene Haarlänge sollte selbstverständlich immer noch die Haut vollständig bedecken und richtet sich auch nach der Haardichte. Vor einer weiteren Schur sollte der KOMPLETTE Fellwechsel durchlaufen sein, damit sich das Haar vollständig regenerieren kann. Erst wenn die Ruhe- Haarausfall- und Erneuerungsphase des Haares vollständig durchlaufen ist, kann sich das neue frische Haar wieder phänotypisch zeigen.  

Diese Kurzhaar-Varianten erfüllen nicht mehr die Kriterien eines Wildfelles. Die eine Variante hat kein natürliches Winterfell, die andere Variante hat kein natürliches Sommerfell.

Hundefell - Stockhaar

Die Haarstruktur des Primärhaares ist, wie beim Wildhaar konstant, von der Wurzel bis zur Spitze, und die Haaroberfläche glatt. Das Deckhaar legt sich schützend über die Unterwolle. Es können sehr feste Grannenhaare bis weichere Haarstrukturen auftreten. Das komplette Haar (Deckhaar und Unterwolle) durchläuft einen KOMPLETTEN saisonalen Wechsel. Das Fell stirbt von allein ab, löst sich selbständig aus den Haarwurzeln und fällt allein heraus. Das Stockhaar ähnelt dem Wolfshaar und erfüllt meist die Kriterien eines Wildhaares.

Den Haarwechsel kann man durch eine Reinigung des Felles, incl. anschließendem Blowern (Föhntechnik), Kämmen und Bürsten, unterstützen und stark verkürzen. Eine Reinigung des Felles erleichtert die Pflege. Eine leichtere Problematik bei der Pflege des Felles, kann das etwas längere Haar an Brust, Hose, Hals und hinter den Ohren bilden, welches sich beim Haarwechsel etwas verwirren kann und dadurch ein intensiveres Bürsten und Kämmen erfordert.

Die Wildfell-Variante des Stockhaares kann ohne dauerhafte Auswirkungen auf das Fell stark eingekürzt oder geschoren werden (z.B. aus medizinischen Gründen), da es sich nach dem Absterben aus den Haarwurzeln heraus vollständig erneuert. Die Haarlänge, ob geschnitten oder geschoren hat keinen Einfluss auf den Haarwechsel. Das komplette Fell, Deck- und Unterwollhaar erneuert sich nach dem Absterben neu aus den Haarwurzeln.

Hundefell - Langhaar

Das Langhaar kann, wie das Kurzhaar, in der Variante „einfaches Haarkleid“ und „zweischichtiges Fell“ auftreten. Das zweischichtige Fell hat Deckhaar und Unterwolle. Es wird „Double-Coat“ genannt. Die Länge der einzelnen Haare vom Kurzhaar über das Stockhaar, bis zum Langhaar, fließen nahtlos ineinander.

Double-Coat - Langhaar - wollig

Typische Merkmale des LAnghaares:
Das Fell ist mehr oder weniger verlängert, aber nicht überlang.
An den Vorderläufen und der Rute zeigt sich eine Fahne und an den Batzen eine typische Hose.
Das Fell an der Brust, den Ohren und an der Bauchseite ist länger.
Das Gesicht und die Vorderseite der Beine sind kurzhaarig.
Das Langhaar wächst nur bis zu einer bestimmten Länge, aber niemals permanent.
Das Haar hat einen selbstständigen und saisonalen Haarwechsel!

 

Das wollige Double Coat sorgt für immer mehr Diskussion bei der Fellpflege. Auch wenn das wollige Double Coat für viel Diskussionsstoff sorgt, so haben viele scheinbar gleiche Haaranlagen innerhalb einer Rasse, starke Unterschiede.

Es entwickelten sich im Laufe der Jahre vielerorts verschiedene Felltypen innerhalb einer rassetypischen Haargruppe.

Die meisten langhaarigen wolligen Double Coat, wie z.B. Langhaarcollie, Spitz, Neufundländer und ähnliche Rassen mit dieser Haarstruktur, wurden vor einigen Jahren nur in Ausnahmefällen, meist aus gesundheitlichen Gründen geschoren. Das komplette Haar (Deckhaar und Unterwolle) vollzog einen saisonalen Wechsel und löste sich leicht und selbstständig aus dem Haarschaft. Ein mehr oder weniger starkes Modellieren des Felles gehört bei einigen Rassen zum Rassestandard.

Insbesondere die sogenannte „Sommerschur“ rückte in den letzten Jahren medial immer mehr in den Mittelpunkt. Auch missverstandene und falsch interpretierte Wärmebilder kursieren jedes Jahr aufs Neue durch die Medienwelt und führen daraus resultierend immer wieder irrtümlich zu einer Verallgemeinerung der natürlichen Thermoregulierung des Felles.

In den folgenden Kapiteln wird das wollige Double-Coat in 4 verschiedenen Typen unterschieden und eingehend erklärt:

 

Double-Coat (doppelschichtiges Hundefell) Typ 1


Die Typischen Merkmale des Langhaares und eines verlängerten Wildfelles bestimmten Typ 1 beim Double-Coat des Hundefells:

  • Saisonale Unterwolle und Deckhaare
  • Feste Struktur der einzelnen Deckhaare
  • Das Vorgesicht und der Oberkopf sind immer kurzhaarig
  • Keine bis sehr geringe Wollbildung (Befederung) vor den Ohren, Vorderläufe und Hinterläufe sind nach vorne gerichtet immer kurzhaarig. Dies Unterwolle wächst niemals über das Deckhaar hinaus.
  • Geschlossene Haardecke auf dem Rücken, das Primärhaar liegt schützend über der dichten Unterwolle.

Dieses Double-Coat - Langhaar bedarf nur eines regelmäßigen Bürstens und Auskämmens der losen, abgestorbenen Haare, während des Haarwechsels. Das Fell wächst nach dem Absterben in der ursprünglichen Form wieder nach. Es kann ohne dauerhafte Veränderung des Felles ein bis zweimal jährlich zum Haarwechsel hin, stark gekürzt und notfalls auch geschoren werden. Vor jeder erneuten Schur sollte der natürliche Haarwechsel abgewartet werden.

Der Haarwechsel kann durch eine gezielte Reinigung des Felles, incl. anschließendem Blowern (Föhntechnik), Kämmen und Bürsten, unterstützt werden. 

Mit beginnendem saisonalem Wechsel vom Winterfell ins Sommerfell, löst sich die Unterwolle selbstständig ohne externe Unterstützung aus dem Haarschaft und sitzt locker, ca. 1 cm über der Haut im Fell.

Die Unterwolle kann leicht herausgekämmt werden. Übrig bleibt das Deckhaar, welches meist etwas später wechselt. Mit dem Herausbürsten der Unterwolle lösen sich auch abgestorbene Hautpartikel. 


Double-Coat (doppelschichtiges Hundefell) Typ 2


An Typ 2 beim doppelschichtigen Hundefell (double-coated) sind folgende äußere Veränderungen fortlaufend steigernd zu beobachten:

  • Überwiegend saisonale Unterwolle
  • Deutlich vermehrter Anteil von Unterwolle zu Typ 1
  • Deckhaare wechseln nicht mehr alle jährlich
  • Weichere Struktur der einzelnen Deckhaare
  • Eine stärkere, wollige Befederung am Kopf, insbesondere vor den Ohren und am Oberkopf. Tendenz zur stärkeren Fahnen- und Brustbehaarung.
  • Das Unterwollhaar wächst partiell über das Deckhaar hinaus. Die Haardecke am Rücken ist nicht mehr vollständig geschlossen.

Die allgemein zu sehende Zuchtauslese mit Tendenz den Hund möglichst ganzjährig „im-Fell“ zu haben, führt zu Hundefellen, die kein korrektes Sommerfell mehr entwickeln. Ein Einkürzen des Deckhaares, ohne in die Unterwolle zu greifen hat keine Auswirkung auf die Haarqualität. Das Deckhaar wächst ganz alleine wieder unverändert nach. Das Einkürzen der Fahnen, der Hose und des Behanges mit einer geeigneten Schere, kann eine häusliche Haarpflege sehr erleichtern.

Ein schön gepflegtes Fell von Typ 2 sollte ein bis zweimal im Jahr mit guten Pflegeprodukten gereinigt werden. Durch anschließendes Blowern des Haarkleides kann eine gute Durchlüftung des Haarkleides erreicht werden. In den Zwischenphasen bedarf dieses Fell ein regelmäßiges Bürsten und Achtsamkeit auf die weichen Wollhaare hinter den Ohren, den langen Fahnen und Behängen.

Dieses Fell kann ohne dauerhafte Veränderungen, z.B. aus gesundheitlichen Gründen, einmal im Jahr, geschoren werden. Vor einer erneuten Schur sollte der komplette Haarwechsel abgewartet und durch ein Carding angeregt werden. 


Double-Coat (doppelschichtiges Hundefell) Typ 3


Seicht ineinander laufende Übergänge, insbesondere von Typ 2 und Typ 3 sind üblich.
Diese Veränderung betrifft sehr viele dieser Fellanlagen. Betroffen sind insbesondere immer mehr Golden Retriever, Langhaarcollie, Australian Shepherd, Neufundländer, Berner Sennenhund, u.v.m.

  • Überwiegend langlebige Unterwolle
  • Deutlich vermehrter Anteil von Unterwolle zu Typ 2
  • Überwiegend langlebige Deckhaare
  • Weiche Struktur der einzelnen Deckhaare
  • Wollige Befederung am Kopf und vor den Ohren
  • Das Unterwollhaar wächst vermehrt über das Deckhaar hinaus. Die Haardecke am Rücken ist geöffnet.

Mehr oder weniger viele Anteile dieses Felles verbleiben LANGLEBIG in der Haarwurzel. Nur ein prozentual kleiner Anteil wechselt saisonal und wächst nach dem Absterben in der ursprünglichen Form wieder nach.

Regelmässiges Baden mit guten Pflegeprodukten mit anschließendem Blowern, Bürsten und Carden, gefolgt von einem Einkürzen der Haarspitzen, hat sich für die alltägliche private Pflege dieser Felle, in den letzten Jahren ausgezeichnet bewährt. Verfilzungen können so vermieden werden und das Fell bleibt bis zur Haut hin offen und luftig . 

Auch wenn gerne aus Unwissenheit auf Deshedder und Trimm-Striegel zurückgegriffen wird um dem Fell „Herr zu werden“, ist von De-Shedding Werkzeugen oder Trimmstriegeln jeglicher Variante, abzuraten. Sie beschädigen die gesunde Haarstruktur, das Fell wird brüchig und stumpf. Durch dieses falsche Arbeitsmaterial kann sich die Pflege auf längere Sicht erschweren und das Fell erholt sich durch die Langlebigkeit nur sehr langsam. Dichte Unterwolle benötigt eine gute Pflege und das richtige Arbeitsmaterial, damit der Haut genügend Luftzirkulation gewährleistet wird und das gesunde Haar nicht beschädigt wird.

Das Fell kann, je nach Intensität der Langlebigkeit, durch eine Schur lange bzw. dauerhaft verändert sein. Auch ein intensives Entfernen der kurzen Unterwolle wird diese Veränderung nur selten ganz abwenden können.

In der Praxis kommt es leider öfters vor, dass Hunde so verfilzt sind, dass Entfilzen eine Tortur, wenn nicht sogar unmöglich ist. Das wollige Double-Coat, Typ 3 und Typ 4, haben nichts mehr mit einem Wildfell gemein und somit auch nichts mehr mit einer thermischen Selbstregulation. Diese Felle müssen regelmäßig und intensiv gepflegt werden. Meist ist hier fachlich kompetente Pflegeberatung vonnöten.

Auch wenn heutige sehr gute Pflegeprodukte, gepaart mit dem richtigen Know-how, ein Entwirren des Felles oft noch ermöglichen, ist dabei auch die Verhältnismäßigkeit eines Entfilzens zu berücksichtigen. Ist das Fell erst einmal sehr stark verfilzt, hilft oft nur noch eine Schur und stellt die sinnvollste Lösung für den Hund dar. Das Wohl des Hundes sollte immer vor der Schönheit eines Felles stehen.

Jedes Abscheren eines Felles bedarf das Wissen um das Für und Wider, der Konsequenzen und eine sorgfältige Abwägung VOR einer Schur.

Das fachlich korrekte Abscheren eines extrem dichten, langlebigen Double Coats, kann, gerade für den älteren oder kranken Hund, insbesondere im Sommer, eine Erleichterung sein.

Auch das „Öffnen der thermischen Fenster“ ist eine gute Alternative Typ 3 und 4 im Sommer Erleichterung zu verschaffen und stellt eine sehr gute Alternative zu einer Körperschur dar. Dabei wird das Haarkleid am Bauch, den Innenschenkeln und der Achselbereich gekürzt, damit sich der Hund VON UNTEN abkühlen kann. 

Durch eine notwendig gewordene Schur öffnet sich über einen saisonal begrenzten Zeitraum eine zuvor geschlossene Haardecke (bei Typ 1 und 2), die den Hund vor Nässe und Regen schützt.

Bei Typ 3 und 4 kann durch die massive Steigerung des Unterwollanteils, das Deckhaar die Wolle nicht mehr schützen und verfehlt somit größtenteils seine ursprüngliche Funktion. Durch den angezüchteten massiven Wollanteil, kann eine Schur, insbesondere der Gesundheit der Haut und dem Allgemeinwohl eines älteren Hundes dienlich sein. Die durch eine Schur entstehenden Strukturveränderungen sind der Hauptgrund warum von einem massiven Einkürzen dieser Haaranlage meist abgeraten wird. Double-Coats Typ 3 kann nach dem Scheren oder nach mehreren Schuren, an ein geschorenes Furnishing-Fell mit Unterwolle erinnern (Furnishing wird in einem weiteren Kapitel näher erklärt). Diese entstandene Ähnlichkeit der Haarstruktur bei Typ 3 macht bewusst, dass wir „nur“ über ein rassetypisches Erscheinungsbild reden.  


Double-Coat (doppeltschichtiges Hundefell) Typ 4


Die typischen Merkmale eines Langhaares und eines Wildfelles sind in Typ 4 kaum mehr erkennbar: Von einer „natürlichen“ Klimaanlage des Felles kann hier keine Rede mehr sein. 

  • Langlebige Unterwolle
  • Überwiegend Unterwolle im Fell
  • Langlebige Deckhaare
  • Feine, weiche Struktur der einzelnen Deckhaare
  • Verlängerter Haarwuchs am Kopf, vor den Ohren, an den Kopfseiten und an den Beinen
  • Das Rückenhaar ist durch die Unterwollmenge geöffnet

Schon eine einmalige Schur oder zu kurzes Modellieren dieses Felles kann, bei genetischer Disposition zu einer Alopezie, zur dauerhafter Veränderung des gesamten Felles oder zu Haarausfall führen! Alopezie X (unbekannter Haarausfall) ist noch nicht genetisch testbar. Stark betroffen ist der Pomeranian, aber auch andere stark bewollte Double-Coats schließen sich immer mehr Typ 4 an. Diese Felle sollten mit sehr guten Pflegeprodukten, regelmäßig gereinigt, geblowert und gebürstet werden, damit das Haar „luftig“ bleibt. Ein „Blowern“ mit einem Föhnschlauch bewirkt ein Trocknen des Felles von innen nach außen und ist zum „Auflüften“ eines fluffigen dichten Felles zu bevorzugen. Ein „Föhnen“ mit einem Stand- oder Handföhn trocknet das Haar von außen nach innen und ist für Restfeuchtigkeiten bei Wollhaaren oder zum Glätten von Glatthaaren geeigneter.  Mit guten Pflegeprodukten und dem entsprechenden know-how kann vielen Verfilzung in diesem Fell entgegengewirkt werden.

Auch wenn die Theorie einer Schur-Alopezie, auch Post-clipping Alopezie wissenschaftlich noch unbewiesen ist, so treten Haarwachstumsstörungen öfters nach einer Schur auf oder können dadurch forciert bzw. schneller an die Oberfläche kommen. Auch androgene Alopezien, z.B. durch Einfluss des Androgens DHT auf das Haarwachstum, unter Umständen basierend auf eine Überempfindlichkeit der Haarwurzeln gegenüber DHT, können in jedem Haarkleid auftreten oder Schilddrüsenstörungen u.v.m. können zu Haarausfall führen.

Auch ist es möglich, dass auftretende Alopezien durch abgeschlossene Haarwachstumsphasen, ohne erneut einsetzenden Haarzyklus, entstehen können. Das Haar würde in dieser These in der abgeschlossenen telogenen Phase (Ruhephase) abgeschnitten, aber die katagene (Rückbildungsphase) und die exogene Phase (Haarausfallphase) sind durch Zuchtauslese extrem verlängert bis nicht mehr vorhanden, sodass sich keine erneute anagene Phase (Wachstumsphase) einstellen kann.

Bei einer notwendig gewordenen Schur an Typ 4 muss auch beachtet werden, dass das Fell „verwatten“ kann und sich die Fellpflege nachvollgend massiv erschwerend zeigt. Selbst ein zu starkes Einkürzen mit der Schere auf eine „niedliche“ pflegeleichte Länge, kann eine Verwattung verursachen. Es kann sich ein pflegetechnischer Teufelskreis entwickeln. Nur ein medizinischer Grund rechtfertigt daher eine Schur Felltyp 4 und eine solche sollte wohl abgewägt werden.

Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch das Fell des „modernen“ Pekinesen.  Es verdeutlicht die Entwicklung einiger Double Coat Haaranlagen. Die Haaranlage des Pekinesen gehört genetisch in die Gruppe Langhaar – Double-Coat. Der durch Zuchtauslese erreichte Fellwuchs erscheint wie ein Übergang vom Double-Coat Langhaar zur Furnishing-Mutation. Das teilweise bis zum Boden reichende Haar, das zugewachsene Gesicht und das massive Fell an den Beinen erinnert nur noch am sehr entfernt an ein Double-Coat.  


Zusammenfassung Double-Coat (doppelschichtiges Hundefell) Typ 1 - Typ 4

 

Typ 1
Wildtyp
Saisonale Wechsel der Unterwolle und des Deckhaares beim Hund
Geschlossenes Rückenhaar

 

Typ 2
Saisonaler Wechsel der Unterwolle
Langlebiges Deckhaar

Geschlossenes Rückenhaar

Unterwolle wächst partiell über das Deckhaar des Hundes hinaus

Stärkere Wollbildung, überweigend an den Ohren

 

TYp 3
Langlebige Unterwolle und Deckhaare
Das Unterfell wächst vermehrt über das Rückenhaar
Sehr stark vermehrte Unterwolle
Stärkere Wollbildung vor und an den Ohren
Längerer Haarwuchs am Oberkopf und an den Beinen beim Hund

 

Typ 4
Langlebige Unterwolle und Deckhaare
Geöffnetes Rückenfell
Viel mehr Unterwolle als Deckhaare
Verlängerter Haarwuchs am Oberkopf, den Kopfseiten und Läufen
Alopezien vermehrt möglich

 

Double-Coat – Langhaar - glatte Haardecke – Setter & Spaniel


Die meisten langhaarigen Double-Coats mit geschlossenem Deckhaar, wie z.B. bei dem Spaniel oder dem Setter, wurden vor einigen Jahren, neben Pfoten und störende Haare an dem Ohrlappen, nur an den langen Behängen leicht in Form modelliert. Die Unterwolle wurde, bis auf Fahne, Hose und Behang, vom Deckhaar vollkommen eingeschlossen. Das Haar hatte aus seiner Struktur heraus von selbst eine natürliche Schutzfunktion und einen saisonalen Haarwechsel. Sowohl die Unterwolle wie das Deckhaar löste sich selbstständig und konnte herausgekämmt werden. Verblieb ein Rest-Anteil während des Fellwechsels auf dem Hund, so war dieser locker im Haarschaft und konnte durch Carding oder leichtes Trimmen, wie bei Typ 1 und 2 herausgezogen werden, um den Fellwechsel zu beschleunigen.

Diese Haaranlage hat heute oft langlebigeres Deckhaar auf der Rückenpartie und eine über dem Deckhaar hinauswachsende Unterwolle. Die Pflege des Haares, insbesondere beim „modernen“ englischen Cockerspaniel benötigt vor dem notwendigen regelmäßigen Modellieren einer gründlichen Vorbereitung und Geschick, um ein ansprechendes rassetypisches Bild zu erhalten. Aus dieser Fellveränderung heraus hat es sich ergeben diese Haaranlage teilweise zu zupfen, damit das optische Erscheinungsbild erhalten bleibt. Insbesondere das Welpenhaar muss meist herausgetrimmt werden, damit der Hund den Haarwechsel vom Welpenfell ins adulte Haarkleid korrekt durchlaufen kann.

Das Abscheren des Deckenhaares führt bei diesem „Fell-Typ“ oft zu dauerhaften Veränderungen des Felles, die nur sehr schwer oder gar nicht mehr erfolgreich korrigiert werden können. (Verwollungen/Verwattungen) Daraus erklären sich die Aussagen, dass diese Haarvariante, wie Typ 3, 4 Double-Coat nicht geschoren werden „dürfen“.

Ähnlich dem Double-Coat Typ 4 liegt die Vermutung nahe, dass die einzelnen Wachstumsphasen nicht mehr korrekt durchlaufen werden. Das Haar erneuert sich nur noch gering saisonal und zeigt eine deutliche Langlebigkeit und Verlängerung des Primär- und Sekundärhaares. Eine Schur scheint oftmals zusätzlich den Unterwoll-Haarwuchs anzuregen, sodass diese vermehrt über das Deckhaar hinauswächst. Das Fell sieht dann sehr wollig aus und muss regelmäßig nachgeschoren werden, damit man der Pflege überhaupt noch „Herr werden“ kann. 

In der Grooming-Praxis konnten folgende Veränderungen dieser Fellanlagen in den letzten Jahren beobachtet werden:

Eine stärkere, wollige Befederung am Kopf, insbesondere vor den Ohren, am Oberkopf und dem Vorderbein. Das Unterwollhaar hat bei vielen Vertretern dieses Felles stark zu genommen und wächst partiell über das Deckhaar hinaus. Anteile des Unterwollhaares und des Deckhaares zeigen keinen saisonalen Wechsel mehr und müssen fachgerecht getrimmt werden, um Verwollungen zu vermeiden.

Es wird heute gerne, wie bei vielen Rassen, zwischen dem „alten Typ“ (oft auch „Arbeitslinie“ genannt) und einem „modernen Typ“ unterschieden. Beide TYPEN haben ihre Berechtigung und ihre Vor- und Nachteile. Ich möchte weder den einen Typ verurteilen noch den anderen hervorheben, sondern nur das Wissen um die Veränderung einiger Felle und die damit verbundene Pflege vermitteln. 

Bis zum nächsten Mal mit dem Thema: Das Rauhaar

Im Übrigen: Seid ihr auf der Suche nach weiteren hilfreichen Informationen und praktischen Tipps zur Fellpflege inklusive geeigneter Pflegewerkzeuge und Pflegeprodukte? Dann seid ihr hier goldrichtig und könnt nun unseren Leitartikel "Fellpflege beim Hund: Ein Schritt-für-Schritt-Leitfaden für alle Felltypen" lesen!

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