Knochenbruch beim Hund

Wenn der Hund einen Knochenbruch (Fraktur) erleidet

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Zuletzt aktualisiert am: 17.10.2023

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Ein Knochenbruch beim Hund, kurz Bruch oder medizinisch Fraktur genannt, ist eine Zusammenhangstrennung von Knochengewebe, die meist durch äußere Krafteinwirkung (z.B. schwerer Sturz) entsteht. Wie beim Menschen, können sich Hunde ebenfalls einen Knochenbruch im Hundelaltag zuziehen, der zu diversen Symptomen wie Lahmheit, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Schonhaltung, Schwellungen etc. führt. Je nach Ausmaß des Bruches ist eine konservative Heilung möglich oder eine Operation notwendig. Folgeschäden treten selten auf. Die Prognose ist gut. 

Lateinischer Name -
Englischer Name Bone fracture
Synonyme
  • Fissur
  • Fracture
  • Fraktur
  • Knochenbrüche
  • Knochenfraktur
Meldepflicht -
Anzeigepflicht -
Zoonose Nein
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Erklärung: Was ist ein Knochenbruch (Fraktur) beim Hund?

Um was für eine Krankheit beim Hund handelt es sich, wie wird sie diagnostiziert und wie sieht das klinische Bild aus?

Erklärung

Der Begriff Knochenbruch, umgangssprachlich meist nur Bruch genannt, beschreibt eine Zusammenhangstrennung von Knochengewebe. Man könnte also auch Knochenschädigung sagen. Medizinisch nutzt man die Begriffe Fraktur und Fissur. Bei einer Fraktur bricht der Knochen so, dass sich die einzelnen Bruchstücke in ihrer Position verschieben (Dislokation). Bei einer Fissur ist der Bruch so leicht bzw. unvollständig, dass die Fragmente noch an Ort und Stelle sitzen. Auf einem Röntgenbild würden man dabei nur eine feine Frakturlinie am Knochen erkennen. Deshalb wird eine Fissur im Deutschen als "Haarriss" (Riss, so dünn wie ein Haar) bezeichnet. Kurz gefasst: eine Fraktur ist ein vollständiger Knochenbruch, eine Fissur ein unvollständiger Knochenbruch. 

Die meisten Knochenbrüche beim Hund entstehen, analog zum Menschen, durch starke äußere Krafteinwirkungen, z.B. schweren Sturz, Autounfall, Schlag mit einem harten Gegenstand. Diese sogenannten traumatischen Brüche sind abzugrenzen von pathologischen Brüchen. Letztere entstehen bei normaler Krafteinwirkung, wenn die Knochenstruktur verändert ist. Sie werden deshalb auch Spontanfrakturen genannt, da der Knochen spontan, ohne bestimmtes Ereignis (Unfall etc.), bricht. So treten sie beispielsweise bei Knochentumoren (Osteosarkom), Knochenzysten, Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta) und anderen Knochenerkrankungen des Hundes auf. Ähnliches passiert bei sogenannten Stressfrakturen. Hier übersteigt die Belastung (der "Stress") die Belastungsgrenze des Knochens. Man kann dabei Ermüdungsfrakturen (= gesunder Knochen wird immer wieder / dauerhaft überbelastet) und Insuffizienzfrakturen (= Knochensubstanz ist nicht ausreichend stark für normale Belastung --> Osteoporose) unterscheiden. 

Darüber hinaus können Knochenbrüche auch anhand der betroffenen Knochen/Regionen, der Art bzw. Form der Bruchkante, Anzahl der Knochenfragmente oder Ursache des Bruches unterteilt werden. Beispielsweise gibt es:

  • geschlossene Fraktur (Haut intakt), offene Fraktur (Haut und darunter liegendes Gewebe mit verletzt)
  • Zehenfrakturen, Beinfrakturen, Schädelfrakturen...
  • Epiphysenfugenfraktur (Epiphysiolyse, --> Wachstumsfugenbruch, Einteilung nach Salter und Harris Typ I-III)
  • Apophysenfugenfraktur (Apophysiolyse, --> Ausriss von knöchernen Sehnen-/Bandansätzen)
  • Symphysenfraktur (Symphysiolyse --> Beckensymphyse, Unterkiefersymphyse)
  • Keilbruch/Messerer Bruch (Bruch mit herausgesprengtem keilförmigen Knochenstück), Lochbruch ("runder" Bruch, z.B. nach Schlag mit Hammer)... 
  • Längsfraktur, Querfraktur... 
  • Y-Fraktur (Knochen bricht Y-förmig in drei Teile), T-Fraktur (Knochen bricht T-förmig in drei Teile)
  • einfache Brüche, Mehrfachbrüche, Trümmerbrüche (Bruch mit vielen Bruchstücken, i.d.R. > 6 Teile)...
  •  Biegungsfraktur (Bruch nach übermäßiger Biegung des Knochens), Kompressionsfraktur (Knochenbruch durch zu hohen Druck)...

Bei Jungtieren existiert außerdem eine Sonderform des Knochenbruchs: die sogenannte Grünzweig- oder Grünholzfraktur. Bei wachsenden Hunden sind die Knochen in ständigem Umbau begriffen und passen sich äußeren Umständen an. Dabei sind sie noch recht weich und weniger anfällig für Brüche als die harten vollständig mineralisierten Knochen erwachsener Tiere. Kommt es bei ihnen zu großer Kraftauswirkung auf die langen Röhrenknochen der Gliedmaßen (Zehen, Unterarm, Oberarm, Unterschenkel, Oberschenkel...), zum Beispiel durch einen unbedachten Sprung von Frauchens Arm oder wenn ein größerer Spielkamerad beim Toben aufs Bein tritt, kann der Knochen brechen, während die äußere Hülle des Knochens (Knochenhaut = Periost) unbeschädigt bleibt. Ähnlich wie bei einem grünen, noch nicht verholzten Zweig, den man brechen kann, aber dessen Rinde ganz bleibt und er somit, trotz Bruch, weiterhin zusammenhält. Solche Frakturen heilen entsprechend gut, da die Bruchstücke an Ort und Stelle bleiben und sich auch ohne Schiene oder Operation nicht verschieben und somit gut zusammenwachsen. 

Erkennbar ist ein Knochenbruch, je nach Lokalisation und Ausmaß, mit bloßem Auge, durch Abtasten (Palpaption) oder mit Hilfe bildgebender Verfahren (Röntgen, CT). Offene Brüche, mit aus der Haut herausragenden Knochenteilen, sind auch durch Laien äußerlich erkennbar. Bei geschlossenen Brüchen, insbesondere, wenn es sich um Haarrisse (Fissuren) handelt oder wenn Frakturen in einem Gelenk vorliegen, wird die Sache schon schwieriger. Geübte Hände eines Tierarztes oder Tierphysiotherapeuten erkennen solche Knochenbrüche nach eingehender Untersuchung des Hundekörpers. Um den Schweregrad der Fraktur zu ermitteln (wieviele Fragmente, einfacher oder komplizierter Bruch, Wachstumsfugenbeteiligung etc.) benötigen aber auch sie die Hilfe technischer Geräte. Denn nur Röntgenbilder aus verschiedenen Winkeln (zwei oder mehr "Ebenen") oder eine Computertomographie (v.a. bei Gelenksbeteiligung) können das ganze Ausmaß inklusive jedem noch so kleinen Detail darstellen. So kann die Schwere der Fraktur eingeschätzt und der Knochen bestmöglich versorgt werden.

Behandelt wird ein Knochenbruch konservativ oder mittels Operation. Zehenfrakturen oder Fissuren an wenig belasteten Stellen können meist ohne Schiene oder Operation abheilen. Mitunter sind sie sogar nur wenig schmerzhaft und fallen erst in oder nach Abheilung als Zufallsbefund bei anderen Untersuchungen auf. Einfachen Knochenbrüchen beim Hund, bei denen nur wenige Fragmente vorliegen und/oder diese nur gering in ihrer Position verschoben sind, reichen eine Schiene oder ein Cast-Verband (Kunststoffgips) zur Stabilisierung und Schmerzmittel zur Heilung aus. Kompliziertere Brüche benötigen eine Operation, bei der mittels Platten, Schrauben oder Drähte die Knochenteile zusammengefügt werden, um wieder gut aneinander zu wachsen. Dabei können diese meist metallenen Verbindungen komplett im Körper "verbaut" werden oder aber aus dem Körper herausragen ("Fixateur externe"). Je nach Bruch und Fixationsmethode werden Platten, Schrauben und Co. wieder entfernt oder verbleiben im Tier. 

Um die Heilung optimal zu unterstützen, egal, ob konservativ oder chirurgisch versorgt, sind Ruhigstellung und Physiotherapie sehr wichtig. Ersteres ist essentiell, um dem Knochen nach seinem Trauma die benötigte Ruhe zu geben und eine stabile Verbindung der Frakturstücke zu ermöglichen. Auch wenn die Ruhephase für Hund und Halter oft eine belastende Zeit ist, sollten SIe sihc unbedingt an die Vorgaben Ihres Tierarztes halten, um keine Wundheilungsstörung oder gar erneute Fraktur zu provozieren! Nutzen Sie die Zeit für geistige Auslastung und lernen mit Ihrem Hund gemeinsam etwas Neues. Tipps hierfür finden Sie u.a. unter der Kategorie "Training". Zweiteres (Physiotherapie) kann Schmerzen lindern, Entzündungen reduzieren, Ödeme verhindern, die Durchblutung fördern und Muskelabbau durch Inaktivität entgegenwirken bzw. beim Wiederaufbau der Muskeln nach Ruhigstellung helfen. Auch Sehnen, Bänder und Nerven benötigen nach längerer Ruhepause durch Operation/Schienung Unterstützung und freuen sich über physiotherapeutische Fürsorge. 

Schaut man sich die Knochenheilung im Detail an, kann man zwischen primärer/direkter (angiogener) Frakturheilung und sekundärer/indirekter Frakturheilung unterscheiden. Erstere findet bei einfachen Brüchen statt, bei denen die Knochenfragmente direkt aneinander liegen oder nur ein sehr geringer Frakturspalt besteht. Das Knochengewebe der einzelnen Teilen verbindet sich und über Blutgefäße (angiogen) strömen Reparaturzellen ein, die neues Knochengewebe zur weiteren Verbindung und Stabilisierung aufbauen, bis der Knochen wieder vollständig regeneriert ist. Bei der sekundären Frakturheilung hingegen kommt es zu einer Entzündungsreaktion (s. Artikel Wundheilung) und ausgedehnten Reparaturprozessen inklusive Bildung eines Übergangsgewebes aus Knorpel und Bindegewebe, das erst in der letzten Heilungsphase in Knochengewebe umgebaut wird. Dieses Übergangsgewebe ist im Röntgen als rundliche, die Bruchstelle umgebende Struktur sichtbar und kann, je nach Lokalisation, auch als Vebreiterung am Knochen getastet werden (sogenannter "Kallus"). 

Wird eine Fraktur schnell und kompetent versorgt, egal, ob konservativ oder chirurgisch, heilt der Knochen in der Regel ohne Komplikationen und kann seine Funktion wieder vollständig ausführen. Kommt es jedoch zu Infektionen (offener Bruch), sitzen die Schrauben nicht korrekt, reagiert der Körper auf das Implantat oder lässt man den Knochen ohne Behandlung heilen, kann es zu Wundheilungsstörungen / Frakturheilungsstörungen kommen. Auch systemische Erkrankungen, z.B. Diabetes mellitus, können die Heilung negativ beeinflussen. In Folge können Fehlstellungen, Funktionsstörungen, Knochenschwund oder Infektionen des Knochens (Ostitis, Osteomyelitis) bis hin zum gesamten Körper entstehen. 

Schlecht verheilte Knochenbrüche, die zu Fehlstellungen führen, sieht man häufig bei Hunden aus dem Auslandstierschutz. Unfälle, Misshandlungen oder andere Traumata sind die Ursache. Wobei diese Hunde meist eine unbekannte Vorgeschichte haben und der Ursprung der Frakturen daher nur erahnt werden kann. Je nach Ausmaß der Fehlstellung bzw. deren Beeinträchtigung für das Tier (Funktionsstörung, Schmerz, Entzündung etc.), ist eine Nachbehandlung (Operation) oder Physiotherapie sinnvoll. Auch spezielle Schienen (Orthesen) können hilfreich sein. Je älter oder komplizierter die Frakturen jedoch sind, desto größere Folgeschäden sind zu erwarten, die mitunter nicht korrigierbar sind und einer symptomatischen Therapie (Schmerzmittel, orthopädische Hundebetten, Rollstuhl für Hunde etc.) bedürfen. Eine gute Zusammenarbeit zwischen behandelndem Orthopäden, Physiotherapeuten und Hundehalter ist deshalb essentiell. 

Einen Knochenbruch lebenslang zu verhindern ist nicht möglich. Das Risiko dafür zu senken hingegen schon. Hier einige Tipps:

  • optimale Ernährung des Hundes, insbesondere im Hinblick auf das Calcium-Phosphor-Verhältnis (kein Erwachsenenfutter für Welpen!, keine unberechneten frei-Schnauze BARF-Rationen!)
  • Aufwärmen (warm-up) vor dem Training / vor größeren körperlichen Aktivitäten
  • Sprünge oder rasante Sportarten nur mit entsprechendem Training sowie Sinn und Verstand durchführen
  • den Hund in unbekanntem Gelände nicht unbeaufsichtigt lassen
  • Vorsicht walten lassen bei Gebirgswanderungen oder Aufenthalt in unebenem Gelände
  • Hund nicht unangeleint aus dem Auto springen lassen (Gefahr mit Auto/Radfahrer zu kollidieren)
  • Rückruf trainieren (kann lebensrettend sein, wenn der Hund auf eine Straße zurennt)
  • ggf. Antijagdtraining

Sollte, trotz aller Vorsicht, der Ernstfall eintreten und Knochen brechen, ist es nicht nur ein Drama für den Hund selbst, sondern meist auch für den Hundehalter. Denn eine Frakturversorgung, insbesondere eine chirurgische, ist zeit- und kostenintensiv. So kommen schnell Rechnungen von mehreren tausend Euro zusammen. Es ist daher ratsam, insbesondere wenn man mit seinem Hund risikobehaftete Sportarten durchführen möchte oder ein anderweitig erhöhtes Risiko für Knochenbrüche vorliegt, Geld für den Notfall beiseite zu legen. Dafür kann beispielsweise ein Sparkonto für den Hund angelegt oder eine Tierkrankenversicherung (Hundekrankenversicherung) abgeschlossen werden. Bei letzterer ist zu beachten, dass der Hundehalter, auch wenn er das Geld von der Versicherung erstattet bekommt, zunächst in Vorkasse treten muss. Sollten Sie also nicht über die entsprechenden Barmittel verfügen, wäre ein Sparkonto eventuell die bessere Wahl. 

Sie sehen also, ein Knochenbruch kann viele Gesichter haben und mehr oder weniger starke Einschränkungen mit sich bringen. Wir hoffen, Ihnen mit diesem Artikel das Thema Knochenbruch beim Hund etwas näher gebracht zu haben und wünschen Ihnen bei Ausflügen mit Ihrem vierbeinigen Freund "Hals und Beinbruch" bzw. NICHT Hals und Beinbruch. 

Knochenbruch beim Hund durch Tumor
Knochenbruch beim Hund durch Tumorerkrankung

 

Eine Grünholzfraktur beim Hund auf einem Röntgenbild
Eine Grünholzfraktur beim Hund
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Was führt zu einem Knochenbruch beim Hund? Risiken & Ursachen

Welche Risikofaktoren und Ursachen sind für Knochenbrüche bei Hunden bekannt?

Risikofaktoren

  • Übermäßige Dauerbelastung / Überbelastung (z.B. Ermüdungsbrüche)
  • Äußere Gewalteinwirkungen (z.B. Verkehrsunfall)
  • Konfliktsituationen / Auseinandersetzungen mit Artgenossen
  • Krankheitsbedingte Knochenbrüche (z.B. Tumorerkrankungen, Osteoporose)
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Knochenbruch: Symptome & Krankheitsanzeichen beim Hund

Welche Symptome und Krankheitsanzeichen sind bei einem Knochenbruch bei Hunden bekannt und wie äußert sie sich?

Symptome & Krankheitsanzeichen

  • Schmerz
  • Lahmheit
  • Bewegungseinschränkung
  • Schonhaltung
  • Gewebeschwellung
  • Fehlhaltung
  • Fehlstellung
  • Deformitäten
  • Hämatom
  • Blutungen (bei offenen Knochenbrüchen)
  • Vermeidung von Berührung
  • Abwehrreaktion bei Berührung
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Behandlung & Therapie von Knochenbrüchen beim Hund

Wie kann ein Knochenbruch beim Hund behandelt und therapiert werden?

Behandlung

Konservativ:

  • Ruhigstellen (Schienen, Cast-Verband etc.)

Chirurgisch:

  • Operative Versorgung (Osteosynthese) - Fixation mit Schrauben, Platten, Drähten etc.

Sowohl im Rahmen einer konservativen und chirurgische Behandlung bei Knochenbrüchen bei Hunden, werden schmerzlindernde Medikamente gereicht und eine physiotherapeutische Therapie angeraten.

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Knochenbrüche beim Hund - Vorbeugung & Prävention

Welche präventiven Maßnahmen helfen im Hinblick auf einen Knochenbruch und was kann der Halter vorbeugend tun?

Vorbeugung

  • Normalgewicht einhalten (Übergewicht belastet die Agilität)
  • Regelmäßige Bewegung, um eine gestärkte und elastische Muskulatur aufzubauen und zu erhalten
  • Aufwärm- und Dehnprogramm bei körperlicher Belastung
  • Gesunde Ernährung
  • Erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsicht bei den Hundeaktivitäten
  • Erforderliche Erziehunginhalte im Rahmen des Gehorsams wie sicherer Rückruf trainieren, um situativ auf den Hund einwirken und ihn unter Kontrolle  bringen zu können

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