Toxoplasmose beim Hund

Eine durch Parasiten ausgelöste und meldepflichtige Infektionserkrankung beim Hund

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Zuletzt aktualisiert am: 13.9.2023

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Toxoplasmose ist eine meldepflichtige Infektionserkrankung, die durch den einzelligen Parasiten Toxoplasma gondii ausgelöst und v.a. über Katzenkot, rohes Fleisch und ungenügend gewaschenes Obst und Gemüse übertragen wird. Die Erkrankung ist insbesondere für schwangere/trächtige und immungeschwächte Individuen (Hund, Mensch etc.) gefährlich und stellt eine Zoonose dar. Sie kann leichte Allgemeinsymptome bis hin zu neurologischen Ausfällen und Totgeburten auslösen. Eine Behandlung mittels Antibiotika ist möglich. Die Prognose ist, je nach Infektionszeitpunkt, günstig bis ungünstig. 

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Erklärung: Was ist Toxoplasmose beim Hund?

Um was für eine Krankheit beim Hund handelt es sich, wie wird sie diagnostiziert und wie sieht das klinische Bild aus?

Erklärung

Wenn man von Toxoplasmose spricht, ist meist von Katzen und schwangeren Frauen die Rede. Aber auch Hunde können sich (selten) mit Toxoplasmose infizieren, daher möchten wir das Thema Toxoplasmose-Infektion hier etwas genauer beleuchten:

Die Erkrankung wird durch den einzelligen Parasiten Toxoplasma gondii ausgelöst und ist sowohl im Human- als auch im Tierbereich eine meldepflichtige Erkrankung. Das heißt, konnatale (während der Schwangerschaft stattfindende) Infektionen beim Menschen sowie Infektionen bei verschiedenen Haustieren (Katze, Kaninchen, Pferd, Wiederkäuer) sind den zuständigen Behörden (FLI, RKI, Veterinäramt, Gesundheitsamt etc.) zu melden, um einen Überblick über die Verbreitung der Erkrankung zu behalten. Denn da die Erkrankung von Tier auf Menschen bzw. auch zwischen verschiedenen Tierarten übertragbar ist, gilt sie als Zoonose und wird entsprechend überwacht. Weitere Informationen über melde- und anzeigepflichtige Tierseuchen sowie Zoonosen finden Sie in unserem Lexikon. 

Der Erreger zählt zu den Kokzidien und ist weltweit verbreitet. Um seinen Vermehrungs- und Infektionszyklus und damit einhergehende Ansteckungsgefahren zu verstehen, muss man zunächst zwischen Endwirten und Zwischenwirten/Fehlwirten unterscheiden. Endwirte dienen einem Erreger als „Kinderstube“, d.h. der Erreger ist so gut an diese Tiere angepasst, dass er sich in ihnen optimal entwickeln und vermehren kann. Im Falle von Toxoplasma gondii ist dieser perfekte Wirt die Katze (egal ob Haus- oder Wild-, Groß- oder Kleinkatzen). Denn nur in deren Darmschleimhaut findet er optimale Bedingungen für eine geschlechtliche (sexuelle) Vermehrung. Zwischenwirte wiederum sind für den Erreger nur kleinere „Stopps“, die zwar auch für ein Überleben passend sind, aber in denen keine Weiterentwicklung oder Fortpflanzung möglich ist (ungeschlechtliche, asexuelle Vermehrung). Man spricht auch von Fehlwirten. Für Toxoplasmen zählen verschiedene Säugetiere und Vögel zu Zwischenwirten, u.a. auch Hund und Mensch. Das überrascht viele Tierhalter, denkt man doch oft, Hund und Katze seien sich körperlich sehr ähnlich. Aber Katzen sind eben keine „kleinen Hunde“.

Die Infektion mit Toxoplasmen kann einerseits über Aufnahme von infektiösen „Eipaketen“ (Oozysten) aus der Umwelt (v.a. Katzenkot-verschmutzte Erde, Pflanzen etc.) und andererseits über Aufnahme von Sporen (= Zysten = Dauerstadien in v.a. Muskelfleisch) erfolgen. Man sollte also auf den Verzehr / die Verfütterung rohen Fleisches möglichst verzichten, Obst und Gemüse stets gründlich waschen, Sandkästen abdecken (um sie vor Katzenkot zu schützen), Hunde und Katzen von Ställen fernhalten und das Fressen von Kot, Mäusen etc. bei den eigenen Tieren unterbinden. Gründliches Händewaschen nach der Gartenarbeit oder vor dem Essen sollten Standard sein. Schwangere delegieren das Säubern des Katzenklos oder Aufsammeln von Hundehäufen am besten an andere Personen im Haushalt oder lassen dabei zumindest besondere Vorsicht walten. 

Startet man bei der Betrachtung des Entwicklungszyklus der Toxoplasmen beim Endwirt (= Katze), so beginnt er meist damit, dass eine Katze eine Toxoplasmen-infizierte Maus frisst. Die in deren Muskulatur lagernden Zysten werden auch als Gewebezysten oder Dauerstadien bezeichnet und enthalten sogenannte Bradyzoiten (Ruheformen der Toxoplasmen), die einen langsamen Stoffwechsel (brady = langsam) aufweisen. Im Rahmen der Verdauung werden diese Bradyzoiten im Darmtrakt aus zerstörten Zysten freigesetzt und gelangen in die Darmschleimhaut (Darmepithel), wo sie sich sexuell vermehren können (geschlechtliche Vermehrung). Dabei entstehen „Eipakete“ (Oozysten), die über den Kot ausgeschieden werden und somit in die Umwelt gelangen. Zu beachten ist, dass Katzen normalerweise nur bei einer Erstinfektion massenhaft Oozysten ausscheiden. Sobald sich ihr Immunsystem mit dem Erreger auseinandergesetzt hat, findet keine Ausscheidung mehr statt. Daher sind v.a. Jungkatzen eine Ansteckungsquelle. Ältere Katzen erkranken selten oder hatten schon längst Kontakt zum Erreger und befinden sich nicht mehr in der Ausscheidungsphase.

In der Umwelt findet dann eine Weiterentwicklung (sog. Sporulation) statt, sodass die Oozysten nun infektiöse Toxoplasmenstadien (sog. Sporozoiten) enthalten. Sie sind auch sehr widerstandsfähig und können im Erdboden mehrere Jahre überleben (je nach Witterungsbedingungen/Temperatur 2-5 Jahre).

Werden diese sporulierten Oozysten von einem Zwischenwirt (z.B. Hund, Mensch) aufgenommen, gelangen sie ebenfalls ins Darmepithel (vgl. Bradyzoiten Katze), können sich dort aber nicht geschlechtlich, sondern nur asexuell vermehren. Es entstehen sogenannte Tachyzoiten, also Toxoplasmenstadien mit schnellerem Stoffwechsel (tachy = schnell), die sich im Körper verbreiten. Greift nun das Immunsystem des Zwischenwirtes ein und bekämpft die Erreger, wechselt dieser seine „Strategie“ und aus den aktiven Tachyzoiten entstehen ruhende Bradyzoiten, die sich v.a. in die Muskulatur (inklusive Herzmuskel), das Nervensystem (v.a. Gehirn) und die Netzhaut (Retina) zurückziehen und dort auf ihren nächsten Einsatz (Aufnahme durch einen Endwirt) warten. Dann beginnt der Zyklus von neuem. Bei Stress/Immunsuppression kann es auch zu einer Reaktivierung im Zwischenwirt, mit erneutem Auftreten von Tachyzoiten, kommen.

Ebenso sind Übertragungen direkt zwischen Endwirten möglich. Also zum Beispiel, wenn eine Katze mit infektiösem Kot einer anderen Katze in Berührung kommt. Dann erfolgt auch im Endwirt zunächst ein „Zwischenwirtzyklus“ in Form einer asexuellen Vermehrung und erst danach eine sexuelle Vermehrung der Toxoplasmen. 

Prinzipiell sind die Erreger darauf bedacht, ihr Wirtstiere nicht zu schädigen, denn in einem kaputten oder gar toten Körper kann man sich natürlich schlecht vermehren. Daher verläuft die Infektion, sowohl bei Katzen als auch bei anderen Tieren (inkl. Mensch) in der Regel symptomlos oder mit milden Symptomen wie leichtem Fieber, Lymphknotenschwellung (Lymphadenitis), Durchfall etc. Auch ein Befall der Retina (Netzhaut) kann unbemerkt auftreten. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn das Immunsystem geschwächt ist, also bei Ungeborenen/Neugeborenen, Kindern/Welpen, Alten oder Kranken. Bei Ihnen kommt es meist zu respiratorischen und neurologischen Symptomen, z.B. Lungenentzündung (Pneumonie) oder Hirnentzündung (Enzephalitis) mit/ohne epileptische Anfälle.

Bei besonders schwachen Tieren, AIDS-Patienten oder nach einer Organtransplantation (und dadurch entstandener Infektion) sind auch Multiorganversagen oder Todesfälle möglich.

Bei Schwangeren und ihren ungeborenen Kindern entscheidet der Infektionszeitpunkt über die Symptomatik: Schwangere, die vor der Schwangerschaft eine Toxoplasmen-Infektion hatten, besitzen i.d.R. genügend Antikörper, um sich und das Kind zu schützen, sodass es nicht zum Ausbruch einer Erkrankung kommt. Gleiches gilt für trächtige Hündinnen. Erfolgt eine Erstinfektion hingegen während der Trächtigkeit/Schwangerschaft, ist die Entwicklungsphase des Fötus entscheidend: mit zunehmender Trächtigkeits-/Schwangerschaftsdauer steigt die Infektionswahrscheinlichkeit, aber die Infektionsschwere nimmt ab. Eine Infektion in der frühen Trächtigkeit ist also selten, kann die Welpen aber schwerwiegend schädigen. Wohingegen eine Infektion gegen Ende der Trächtigkeit häufiger vorkommt, aber weniger dramatisch verläuft. Prinzipiell sind jegliche Arten von Missbildungen bzw. Unterentwicklungen inklusive Fehlgeburt/Abort möglich, am häufigsten sieht man jedoch die Dreierkombination („Toxoplasmose-Trias“) von Hirnverkalkungen (intrakranielle Kalzifizierung), Wasserkopf (Hydrocephalus) und Entzündung von Netz- und Aderhaut (Retinochorioiditis / Chorioretinitis = spezielle Uveitis-Form). Insgesamt kommt eine konnatale Infektion (Infektion während Trächtigkeit/Schwangerschaft) inklusive bleibender Schäden eher selten vor. Wird sie diagnostiziert, sollte aber zügig therapiert werden, um die Schäden möglichst gering zu halten. Wobei die Therapie selbst bzw. deren Erfolgsrate kontrovers diskutiert wird.

Eine chronische Toxoplasmose kommt sehr selten vor, da das Immunsystem von End- und Zwischenwirten normalerweise so kompetent arbeitet, dass die Erreger erfolgreich verdrängt werden und gebildete Antikörper zuverlässig vor einer neuen Infektion schützen. Ist das Immunsystem allerdings nachhaltig geschwächt, können Symptome lebenslang erhalten bleiben. Meist handelt es sich dabei um neurologische Ausfälle in Form von Koordinationsstörungen (Ataxien) oder Magen-Darm-Probleme (Erbrechen, Durchfall, unzureichende Gewichtszunahme). Auch Beeinträchtigungen des Sehvermögens durch anhaltende Chorioretinitis sind möglich. 

Ein interessanter Fakt bei Toxoplasmen-Infektionen ist deren manipulative Eigenschaft. So können die Erreger, über Befall des Nervensystems, zum Beispiel Beutetiere die Scheu vor ihren Angreifern verlieren oder den Geruch von Katzenurin als angenehm empfinden lassen. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Zwischenwirt-Endwirt-Kontakts und damit die Verbreitungsrate der Toxoplasmen. Auch ein Zusammenhang mit verschiedenen psychischen Erkrankungen beim Menschen wird diskutiert. 

Zu beachten ist außerdem, dass Toxoplasmeninfektionen in früherer Zeit nicht von Infektionen mit dem sehr ähnlichen Einzeller Neospora caninum unterschieden werden konnten und ältere Datensätze zum Thema Toxoplasmose beim Hund daher verfälscht sein könnten. Neosporen haben einen nahezu identischen Entwicklungszyklus, allerdings mit Schwerpunkt Hund (anstatt Katze, wie bei Toxoplasmen), und können ebenfalls neurologische Ausfälle und Aborte verursachen. Näheres zu diesem Thema finden Sie in unserem Artikel über die Neosporose.

Der Nachweis einer Toxoplasmose erfolgt über direkten Erregernachweis (Antigen- oder DNA-Nachweis) oder indirekt über die Bestimmung verschiedener Antikörper (IgM, IgG) und deren Eigenschaften (IgG-Avidität) mittels Blutuntersuchung. Wobei zu beachten ist, dass Antikörpertests prinzipiell nur anzeigen, dass der Hund schon einmal Kontakt mit Toxoplasmen hatte und sich sein Immunsystem mit ihnen auseinandergesetzt hat, aber keine Echtzeitangabe für eine Infektion darstellen. Lediglich wiederholte Antikörpertests mit ansteigender Antikörperzahl (steigender Antikörpertiter) weisen auf eine aktive Infektion hin. Direkte Erregernachweise sind hier sicherer. Neben gängigen Blutproben können auch Augenkammerwasser, Liquor, Fruchtwasser oder Nabelschnurblut als Probenmaterial genommen werden.

Die Therapie von Toxoplasmen-Infektionen bzw. deren Erfolgsrate wird teilweise kontrovers diskutiert. Im Allgemeinen wird sie aber, aufgrund des ansonsten symptomlosen Verlaufs, nur für immungeschwächte und trächtige/schwangere Tiere/Menschen empfohlen oder wenn ein Befall der Netzhaut (Retina) vorliegt. Behandelt wird dann mittels Antibiotika, zum Beispiel Trimethoprim-Sulfonamid-Kombination oder Clindamycin (egal, ob Tier oder Mensch). Eine komplette Elimination des Erregers ist dadurch aber selten erzielbar, sondern nur eine Bekämpfung der Infektion. Meist verbleiben einige Erreger als Dauerstadien in Muskulatur, Nervensystem (v.a. Gehirn) und Netzhaut und können bei Stress oder anderweitiger Immunsuppression reaktiviert werden (ähnlich Herpesviren).

Die Prognose ist in der Regel günstig, da die Infektion beim Hund selten vorkommt und dann meist ohne Symptome verläuft. Lediglich für immungeschwächte Tiere (Welpen, Senioren, kranke Hunde) kann die Prognose ungünstiger bis infaust (aussichtslos) sein, je nach Immunstatus und Infektionszeitpunkt (s. oben Symptome). 

Um Ihren Hund optimal vor einer Toxoplasmen-Infektion zu schützen, vermeiden Sie das Fressen von Katzenkot und Nagetieren (v.a. Jagd- und Straßenhunde neigen dazu), füttern Sie kein rohes Fleisch oder ungewaschenes Obst/Gemüse und lassen sie Ihren Liebling möglichst nicht in Sand-/Erdhaufen buddeln, die gerne von Katzen als Toilette genutzt werden. 

Quellen:

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Toxoplasmose.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Toxoplasmose

https://www.spektrum.de/news/bei-einer-toxoplasmose-kann-der-parasit-das-gehirn-beeinflussen/1940401

Praktikum der Hundeklinik, 12. Auflage, Kohn/Schwarz, S. 408

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Was führt zur Toxoplasmose beim Hund? Risiken & Ursachen

Welche Risikofaktoren und Ursachen sind für die Toxoplasmose beim Hund bekannt?

Risikofaktoren

  • Intensiver Kontakt zu Jungkatzen
  • Fressen von Katzenkot
  • Fressen von Nagetieren
  • Verfütterung von rohem Fleisch
  • Verfütterung von Fallobst oder ungewaschenem Obst/Gemüse
  • häufiges Buddeln in Sand/Erde
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Toxoplasmose: Symptome & Krankheitsanzeichen beim Hund

Welche Symptome und Krankheitsanzeichen sind für die Toxoplasmose beim Hund bekannt und wie äußert sie sich?

Symptome & Krankheitsanzeichen

  • Müdigkeit / Schlappheit / Teilnahmslosigkeit
  • Fieber
  • Erbrechen
  • Durchfall
  • Atembeschwerden
  • Pneumonie
  • Nervenausfälle
  • zentralnervöse Störungen
  • epileptische Anfälle
  • Abort
  • fetale Missbildungen
  • multiple Organschädigung (Milz, Leber, Nieren) selten!
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Behandlung & Therapie der Toxoplasmose beim Hund

Wie kann die Toxoplasmose beim Hund behandelt und therapiert werden?

Behandlung

  • Antibiotikatherapie
  • symptomatische Therapie
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Toxoplasmose beim Hund - Vorbeugung & Prävention

Welche präventiven Maßnahmen helfen hinsichtlich der Toxoplasmose beim Hund und was kann der Halter vorbeugend tun?

Vorbeugung

  • Vermeidung von intensivem Kontakt zu Jungkatzen
  • Vermeidung von Kontakt zu Katzenko
  • Vermeidung des Fressens von Nagetieren
  • Vermeidung von Rohfleischfütterung
  • Vermeidung Verfütterung von ungewaschenem Obst/Gemüse
  • Unterbindung von häufigem Buddeln

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