Ellbogendysplasie beim Hund

Die Ellbogendysplasie (ED) schränkt den Bewegungsapparat des Hundes ein

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Zuletzt aktualisiert am: 13.9.2023

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Die Ellbogendysplasie (kurz „ED“), auch Ellbogengelenksdysplasie genannt, ist eine meist erblich bedingte Erkrankung des Ellbogengelenkes. Sie kann hauptsächlich in vier verschiedenen Krankheitsbildern in Erscheinung treten: Gelenksinkongruenz, fragmentierter Processus coronoideus, isolierter Processus Anconeus und Osteochondrosis dissecans.



Ellbogendysplasie: Betroffene Hunderassen

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Erklärung: Was ist eine Ellbogendysplasie (ED) beim Hund?

Um was für eine Krankheit beim Hund handelt es sich, wie wird sie diagnostiziert und wie sieht das klinische Bild aus?

Erklärung

Die Ellbogengelenksdysplasie („ED“) beim Hund ist eine meist erbliche Erkrankung des Ellbogengelenkes und eine der häufigsten Lahmheitsursachen des Hundes. Durch verschiedene genetische und umweltassoziierte Einflüsse kommt es zu Missbildungen und Abnutzung des Gelenkes. In etwa der Hälfte aller Fälle sind beide Ellbogen betroffen, daher sollten immer beide Vorderbeine untersucht werden, auch wenn zunächst nur eines klinisch auffällig ist.

Typischerweise sind großwüchsige Hunde, oft bestimmter Rassen (z.B. Labrador Retriever, Deutscher Schäferhund) von der Ellbogengelenksdysplasie betroffen. Ist eine genetische Komponente vorhanden, muss dies nicht zwangsläufig zu ED führen. Umgekehrt können auch Hunde ohne entsprechende Gene eine ED ausbilden. Erkrankte Tiere werden aber in der Regel von der Zucht ausgeschlossen, um eine weitere Verbreitung zu verhindern.

Die Haltung des Hundes, insbesondere sein Aktivitätslevel und auch die Ernährung können eine Ellbogendysplasie (ED) begünstigen. Besonderes Augenmerk ist dabei auf den wachsenden Hund zu legen.

Ein heranwachsendes Tier benötigt ein Alleinfuttermittel für Welpen bzw. Junghunde und sollte niemals mit Futter für ausgewachsene Hunde oder gar menschlicher Kost ernährt werden. Der Calciumbedarf eines Jungtieres ist deutlich höher als der eines adulten Tieres oder Menschen. Auch eine zusätzliche Vitamin-/Mineralstoffgabe kann dem Hund schaden. Das sensible Gleichgewicht zwischen Vitamin D, Calcium und Phosphor wird durch falsche Fütterung gestört und führt zu abnormalem Knochenwachstum. Die Knochen können instabil werden und sich aufgrund gerin-gerer Belastbarkeit verbiegen oder brechen. Werden dem Tier zu viele Mineralstoffe zugeführt, kann dies zu ungewollten Knochenzubildungen oder Mineralstoffeinlagerungen in Organen, Gefäßen und Weichteilen führen. Geprüftes Welpen-/Juniorfutter ist genau auf den Bedarf des jungen Hundes angepasst. 

Für Vertreter von Zwerg- oder Riesenrassen gibt es auch speziell zugeschnittenes Futter, welches optimales Wachstum unterstützt. Im Allgemeinen sollte man Hunde großer Rassen „groß hungern“, anstatt zu viel zu füttern. Nimmt der Hund zu schnell an Körpermasse zu, kann die Belastung für Knochen und Gelenke zu groß werden. Insbesondere wenn obengenannte Missverhältnisse der Vitamin-/Mineralstoffzufuhr bestehen. Folgen sind abnormales Knochenwachstum, Gelenkschädigungen bis hin zu Knochenbrüchen bei abrupten Bewegungen. 

Jungtiere sollten immer ihres Alters und ihrer Fähigkeiten entsprechend bewegt werden. Den Aktivitätslevel sollte man langsam und gleichmäßig steigern. Dabei müssen die Hunde oft vom Halter eingebremst werden, da sie sich noch gern selbst überschätzen. Spielen mit Artgenossen, üben verschiedener Bewegungsabläufe und Kennenlernen unterschiedlicher Untergründe ist wichtig, aber sollte immer altersentsprechend erfolgen. Belastende Aktivitäten wie Joggen oder Fahrradfahren verschiebt man möglichst auf Ende der Wachstumsphase (ca. 9-12 Monate). „Aufwärmen“ vor Welpenspielstunde oder Freigang ist anzuraten.

Auch beim ausgewachsenen Hund ist auf optimale Ernährung, Idealgewicht und angepasste Bewegung zu achten.

Kommen genetische Dispositionen, Überbelastung und/oder Ernährungsfehler zusammen, bilden sich hauptsächlich vier verschiedene Krankheitsbilder der Ellbogendysplasie (ED) (allein oder in Kombination) aus:

Das Ellbogengelenk funktioniert wie ein Scharnier und wird von 3 Knochen gebildet: Oberarm (Humerus), Elle (Ulna) und Speiche (Radius), wobei die beiden letzteren die untere Gelenkfläche ausbilden.  Eine reibungslose Bewegung ist nur möglich, wenn alle Knochen optimal zueinander passen. Kommt es zu ungleichmäßigem Wachstum von Elle und Speiche, so entsteht eine Stufe in der unteren Gelenkfläche („Radioulnare Inkongruenz“, „RUI“). Dadurch ist die Bewegung des Gelenkes eingeschränkt oder mit Schmerzen verbunden und Folgeschäden, wie beispielsweise Arthrose, können entstehen. 

Damit die Gelenkwalze des Oberarmknochens bei ihrer Gleitbewegung Stabilität erhält und nicht von ihrer angedachten Bewegungsrichtung abweicht, bildet die Elle an Anfang und Ende ihrer gebogenen Gelenkfläche zwei Fortsätze aus: den Kronenfortsatz = Processus coronoideus mit zwei Anteilen rechts und links an der vorderen Ellen-Seite und den zapfenförmigen Processus anconaeus an der hinteren Seite. 

Der größere innenliegende Anteil des Kronenfortsatzes verknöchert später als die anderen Anteile des Ellbogengelenkes, wodurch er bei Überbelastung leicht brechen („frakturieren“) kann. Dies kann durch nicht altersentsprechende Bewegung oder Wachstumsstörung von Elle und Speiche geschehen. Man spricht dann vom „Frakturierten Processus Coronoideus“ = „FPC“ (früher „Isolier-ter Processus Coronoideus“, „IPC“).

Das Knochengewebe der meisten Knochen entsteht durch sogenannte enchondrale Ossifikation. Das heißt, es bildet sich zunächst Knorpelgewebe, das im Laufe der Entwicklung zunehmend verknöchert. Der zapfenförmige Fortsatz der Elle besitzt einen eigenen Verknöcherungskern, sodass er erst später mit dem Rest der Elle verwächst. Kommt es durch falsche Ernährung oder ein Trauma zur Störung der Ossifikation, bleibt der Fortsatz als „Isolierter Processus Anconaeus“ = „IPA“ bestehen.

Eine weitere häufige ED-Erscheinung ist die „Osteochondrosis dissecans“ („OCD“), bei der es zur Schädigung des Gelenkknorpels kommt. Tritt sie im Bereich der zur Körpermitte gelegenen Gelenksanteile auf, spricht man auch vom „Medialen Kompartiment Syndrom“. Der Gelenkknorpel liegt den gelenksbildenden Knochen als äußere Schicht auf und sorgt für geschmeidige Bewegung. Wächst das Tier zu schnell, kann der Gelenkknorpel nicht optimal ernährt werden und Knorpelzellen sterben ab. Auch durch mechanische Belastung, aufgrund nicht optimal ausgebildeter Knochen oder unangepasstes Aktivitätslevel, kann der Knorpel geschädigt werden. Es entstehen kleine Risse bis hin zur Ablösung von Knorpelschuppen, die in ihrer Position verbleiben oder aber sich frei in der Gelenkshöhle bewegen können. Als Folge ist die Gelenksbewegung beeinträchtigt und verursacht schmerzen. 

Tiere und so auch Hunde, die an einer Ellbogendysplasie (ED) erkrankt sind, fallen meist schon im Jungtieralter (ab 4. Lebensmonat) durch Lahmheiten auf. Es können nur eine oder auch beide Vorderbeine betroffen sein. Die Lahmheit tritt schon in Ruhe auf und verschlechtert sich mit zunehmender Belastung oder zeigt sich erst nach längeren Spaziergängen in unebenem Gelände, Toben mit anderen Hunden oder beim Treppe heruntergehen, da hierbei die Vorderbeine vermehrt belastet werden. Die Gelenke können durch Entzündungsreaktionen berührungsempfindlich sein, anschwellen und durch vermehrte Wärme auffallen. Das Bewegungsausmaß ist durch Schmerzen oder Arthrosen im Gelenk meist eingeschränkt.

Besteht die Problematik schon längerer Zeit, kommt es auch zur Abnahme der Muskulatur am betroffenen Bein. 

Zur Feststellung der Ellbogengelenksdysplasie (ED) ist Röntgen das Mittel der Wahl, wobei verschiedene standardisierte Aufnahmetechniken bestehen. Um die Veränderungen genauer zu untersuchen oder kleinste Abweichungen zu erkennen, die im Röntgen eventuell nicht sichtbar sind, können auch MRT, CT oder Arthroskopie angewendet werden. 

Chirurgisch bestehen verschiedenste Möglichkeiten der Behandlung, die je nach Art und Schwere der Erkrankung individuell ausgewählt werden. Es können die beteiligten Knochen und Gelenksbänder in ihrer Form/Position verändert werden, um das Gelenk zu entlasten. Isolierte Knorpelschuppen und Knochenfortsätze werden entfernt oder teilweise ersetzt. 

Die konservative Behandlung der ED zielt auf Schmerzlinderung und Unterstützung der Gelenksfunktion ab. Schmerzmittel (i.d.R. NSAID) können phasenweise oder dauerhaft gegeben werden. 

Kontrollierte Bewegung und Zusatzstoffe wie Hyaluronsäure, Kollagene oder Grünlippmuschelmehl unterstützen die Ernährung des Gelenkknorpels und sorgen für mehr „Geschmeidigkeit“ im Gelenk. Durch Physiotherapie können Muskeln zur Stabilisierung des Gelenkes aufgebaut, Verspannungen gelöst und Schmerzen reduziert, sowie die physiologische Beweglichkeit des Gelenkes verbessert werden.

Prophylaktisch sollte bei Hunden großer Rassen auf optimale Ernährung und angepasstes Bewegungsausmaß im Hinblick auf die Ellbogendysplasie (ED) geachtet werden. Ist eine angeborene Komponente vorhanden, kann man diese zwar mit den genannten Maßnahmen nicht entfernen, aber zumindest positiv beeinflussen und Folgeschäden verringern oder vermeiden.  

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Was führt zur Ellbogendysplasie (ED) beim Hund? Risiken & Ursachen

Welche Risikofaktoren und Ursachen sind für die Ellbogengelenksdysplasie bekannt?

Risikofaktoren

  • Genetik
  • Körpergewicht / Übergewicht 
  • Körperliche Aktivität
  • Ernährung
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Ellbogendysplasie (ED): Symptome & Krankheitsanzeichen beim Hund

Welche Symptome und Krankheitsanzeichen sind für die Ellbogendysplasie bekannt und wie äußert sie sich?

Symptome & Krankheitsanzeichen

  • Schmerz
  • Bewegungsunlust
  • Schwierigkeiten beim Treppe heruntergehen
  • Lahmheit
  • Muskelschwund an der betreffenden Gliedmaße
  • Verminderte Gelenksbeweglichkeit
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Behandlung & Therapie der Ellbogendysplasie (ED) beim Hund

Wie kann die Ellbogendysplasie beim Hund behandelt und therapiert werden?

Behandlung

  • Konservativ
    • Schmerzmittel (NSAID)
    • Nutraceuticals
    • Gewichtsabnahme
    • Kontrollierte Bewegung
    • Physiotherapie
  • Chirurgisch
    • Modellierung der Knochen / Gelenkbänder zur Entlastung des Gelenkes
    • Entfernung isolierter Knochenfortsätze / Knorpelschuppen
    • Ersatz geschädigter Bereiche
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Ellbogendysplasie (ED) beim Hund - Vorbeugung & Prävention

Welche präventiven Maßnahmen helfen hinsichtlich der Ellbogengelenksdysplasie und was kann der Halter vorbeugend tun?

Vorbeugung

  • Normalgewicht einhalten und altersentsprechend füttern
  • Nutraceuticals zufüttern
  • Unkontrollierte/Abrupte Bewegung vermeiden
  • Kontrollierte Bewegung fördern
  • Überbelastung von Jungtieren vermeiden
  • Physiotherapeutische Maßnahmen, nach vorheriger Einführung durch behandelnden Physiotherapeuten, daheim durchführen 

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