Unerwünschtes Verhalten: Anspringen von Menschen durch den Hund
Dem Hund das lästige Anspringen an Personen abgewöhnen
Von:
Carsten Becker
Zuletzt aktualisiert am: 3.2.2023
Wenn Hunde zur Begrüßung oder um Aufmerksamkeit zu bekommen, Menschen anspringen, ist dies nicht nur ungezogen, sondern auch oftmals peinlich. Was kann man dagegen tun?
Viele von uns Hundehaltern kennen die Situation, dass man beim morgentlichen Spaziergang eine Freundin, eine ehemalige Kollegin oder einfach eine Nachbarin trifft. Freudig geht man auf die Person zu und schwupps, dreht Bello wieder am Rad. Er läuft direkt auf die Person zu und springt sie schwanzwedelnd an. Der schwarze Mantel sieht von oben bis unten entsprechend dem herbstlichen Wetter nun aus und wir laufen rot an.
Das Anspringen des Hundes kann neben der Peinlichkeit, durchaus in derartigen Situationen auch zu Stress und folgenreichen Unannehmlichkeiten führen. Zudem ist es je nach Vierbeiner und seinem menschlichen Gegenüber auch nicht ungefährlich, da besonders Kinder, ältere Personen und Menschen mit Einschränkungen, durch das Anspringen aus dem Gleichgewicht geraten und umfallen können.
Das Anspringen als unerwünschtes Verhalten hat sich beim Hund ausgebildet
Herrchen & Frauchen verzweifeln an dem Problemverhalten des Anspringens von Personen durch ihren Hund.
Das Anspringen des Hundes sitzt tief drin & ist frustrierend
Euer Hund springt immer wieder freudig Menschen denen ihr begegnet an.
Seien es die Besucher zu Hause oder beim zufälligen Treffen der Bekannten auf offener Straße, es ist immer wieder dasselbe unangenehme und unerwünschte Problemverhalten, wenn der Hund die betreffenden Personen zur Begrüßung anspringt.
Es nervt, ist unangebracht und oft peinlich. Vielfach kann dieses Verhalten sogar gefährlich und für die entsprechende Person bedrohend sein, denke man an Kinder oder ältere Menschen, deren Standhaftigkeit geschwächt ist.
Die Gründe für das unerwünschte Verhalten sind euch nicht eindeutig klar, vielleicht bis heute auch eher abgetan und nicht näher hinterfragt worden. Es gehört einfach dazu, auch wenn es störend ist...
Handelt es sich bei diesem unerwünschtem Verhalten um Dominanz? Ist es ein Zeichen von Freude? Reagiert euer Hund nicht auf das Abbruchsignal, dass ihr bei der Hundeerziehung in der Hundeschule bis zur Erschöpfung trainiert habt? Warum versagt die Impulskontrolle, die in vielen Trainingsstunden mühsam mit dem Hundetrainer geübt wurde?
Ihr wisst genau was nun geschieht, wenn ihr Menschen entgegenkommen seht, die freudig auf euch zusteuern und euch, wie auch euren Hund begrüßen wollen. Ihr seid innerlich schon angespannt, da ihr genauestens das ungewollte Verhalten eures Hundes kennt und damit vorausseht. Er springt die Person freudig und schwanzwedelnd an und macht einen Affenzirkus.
Natürlich ist die erste Reaktion das Zurückrufen mit dem einstudierten Abbruchsignal. Aber es funktioniert nicht so, wie es beim Trainieren in der Hundeschule innerhalb der Hundeziehungskurse praktiziert wurde. Die Realität sieht anders aus. Im Grunde springt der Vierbeiner durch sein Fehlverhalten und Ignoranz dem Halter auf der Nase rum, macht wonach ihm ist und der erwünschte Verhaltensabbruch verfehlt seine Wirkung - er tut es erneut und springt an der Person unentwegt zur Begrüßung hoch.
In eurer Funktion als Hundeführer, versucht ihr die Situation herunterzuspielen, da sie euch jedes Mal unangenehm und peinlich ist. Dabei könnt ihr nie genau einschätzen, was euer Gegenüber tatsächlich über dieses Problemverhalten des Hundes denkt.
Und ihr hinterfragt euch selbst, warum die Hundeerziehung beim Trainieren klappt, aber in konkreten Situationen oftmals die einstudierten und eingeprägten Trainingsabläufe, Befehle, Kommandos und Abbruchsignale nicht das bewirken, was sie sollten.
Diesem unerwünschtem Verhalten Herr zu werden, ist euer sehnlichster Wunsch?
Aber warum springen Hunde Menschen zur Begrüßung an?
Es gehört zur Kommunikation unter Hunden dazu.
Spielverhalten, Sozialverhalten & Begrüßungszeremonie unter Hunden
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, müsst ihr Hundebesitzer und Hundefreunde euch in die Lage des Hundes versetzen.
Was machen Hunde untereinander, wenn sie sich begegnen? Sie fangen rund herum an zu riechen, sich an den Köpfen zu reiben, zu beschnuppern und zu lecken. Sie liebkosen sich und zeigen ihre Freude durch den Austausch von Zärtlichkeiten. Natürlich nur wenn sie miteinander können, versteht sich von selbst. Ansonsten kann es schnell zu Raufereien und Dominanz-Verhalten kommen.
Im nächsten Schritt kann dann der Gang über die Wiedersehensfreude der Hunde hochgeschaltet werden und die Hunde beginnen sich an den Ohren und Beinen zu knabbern, zu lecken, zu beschnüffeln und zu necken. Es wird aneinander hochgesprungen, so dass beide Hunde auf den Hinterbeinen stehen und sich mit den Vorderbeinen ineinander verhaken und Kopf an Kopf raufen, liebkosen und vieles mehr. Aber ein liebevolles Verhalten.
Pure Leidenschaft eben, die sie dem anderen zeigen wollen.
Die Hunde kommunizieren also auf diese Weise, drücken dies über ihre eigene Hundesprache und ihr Ausdrucksverhalten aus, zeigen also Inhalte und Elemente ihres Sozialverhaltens.
Und so lange ihr Hundebesitzer den Anschein habt, dass die Verhaltenszüge positiv gestimmt sind, werdet ihr sicher kein Abbruchsignal anwenden, um den Hund zurückzurufen und damit das Vergnügen zu beenden.
Identisches Verhalten zwischen Mensch & Hund
Wenn wir nun den Bogen schließen und zum Verhalten Mensch und Hund zurückgehen, kann man dieses Begrüßungs-Verhalten der Hunde untereinander, gut auf die Begegnung zwischen Mensch und Hund projizieren.
Egal ob es mit euch Hundebesitzern, den Familienangehörigen und Bezugspersonen des Hundes, oder mit Bekannten wie auch fremden Menschen ist, das Verhalten des Hundes wird durch seine überschwängliche emotionale Freude genauso hervorgerufen, wie es bei der Zusammenkunft mit seinen Best Bodies und Hundefreunden der Fall ist.
Sprich, das Verhalten ist ein Kommunikationsmittel bei der Kommunikation mit dem Mensch.
Dass dieses Verhalten in euren Augen zu einem unerwünschten Verhalten und einem Problem wird, wenn es bei menschlichen Wesen stattfindet, kann man situativ sehr gut nachvollziehen.
Dafür trainiert ihr schließlich bei den Übungen der Grundausbildung und Hundeerziehung in der Hundeschule, Befehle und Kommandos, die in derartigen Situationen zur Anwendung kommen sollen. Ob die motivierenden Gründe Dominanz, Freude oder sexuelle Anziehung sind, spielt hierbei keine Rolle, die eigentlich einstudierten Abläufe sollen funktionieren, wenn ihr es als Hundeführer wünscht.
Nichts ist peinlicher, als wenn Bello den Versicherungsvertreter oder Bankmitarbeiter in seinem dunklen Anzug freudig begrüßt und anspringt. Der Anzug hat es dann erstmal hinter sich, denn etwaiger Dreck an den Pfoten und die ganzen Haare werden den Anzug ruinieren. Und wie soll sich da schon der Betroffene verhalten? Oft wird die Situation überspielt, obwohl sie demjenigen tierisch auf den Zeiger geht und manche Menschen sogar vor Angst erstarren, weil sie unter Kynophobie leiden.
Vorsicht bei Kindern
Warum es besonders wichtig ist, dass ihr euch mit dem unerwünschten Verhalten des Anspringens eures Hundes beschäftigt, ist die Tatsache, dass Kinder total überfordert sein können, wenn sie bei der Begegnung mit dem Hund derartig angegangen werden.
Zudem sind viele Hunderassen mit ihrer Größe und ihrem Gewicht ein echter Brocken für Kinder, denen diese körperlich nicht gewachsen sind. Stellt euch nur einfach bildhaft eine ausgewachsene Deutsche Dogge mit einem Lebendgewicht von 80 Kg vor, die an einem 10-jährigen Jungen mit ca. 35 Kg Körpergewicht hochspringt.
Es könnte somit beim Zusammentreffen mit Kindern, trotz aller Freude und wohlwollenden Ansatz, beim Anspringen und Gegenstämmen zu schweren und folgereichen Verletzungen des Kindes kommen.
Sprich, bei diesem unerwünschten Verhalten ist die Gefahr und das Risiko hoch, dass ein Kind verletzt wird und hinzu nachhaltig für sein gesamtes Leben einen psychischen Knacks bekommt. So entsteht mitunter die Angst vor Hunden.
Läuft also der Hund auf ein Kind zu, "pfeift" ihn zurück. Genau hier muss das Abbruchsignal und der sichere Rückruf sitzen und perfekt funktionieren.
Daneben gilt es immer höchste Aufmerksamkeit beim Zusammentreffen Hund/Kind als verantwortlicher Hundeführer walten zu lassen, um jederzeit unverzüglich auf seinen Hund einwirken zu können und ihn unter Kontrolle zu bringen.
Wird der Vierbeiner im öffentlichen Raum geführt, ist es hier und da sicherlich ratsam, die Fellnase vorsichtshalber an die Leine zu nehmen. Vor allen Dingen, wenn Kinder in der Nähe sind. Denn selbst beim führigsten und gehorsamsten Vierbeiner weiß am am Ende des Tages nie, wie er auf Reize und Signale der Kleinen reagiert - nicht von Ungefähr gelten laut den Hundegesetzen/-verordnungen auf Bundesländerebene, vielerorts Leinenpflicht oder gar Hundeverbotszonen, wo sich Kinder aufhalten und spielen. Dies gilt beispielsweise an Schulen, Kindergärten, Spielplätzen etc. Wo hier was gilt, könnt ihr gerne in unserem ergänzenden Artikel "Die private Hundehaltung in Deutschland" nachlesen.
Ältere Menschen gleichermaßen betroffen
Auch Senioren und ältere Menschen, die oftmals nicht mehr so gut auf den Beinen unterwegs sind oder generell einfach körperlich geschwächt sind, sind potentiell gefährdet. Für diese Personengruppe stellt das Anspringen eines Hundes ebenfalls ein großes Risiko dar.
Vermeidet somit das Anspringen des Hundes, damit nichts und niemand zu Schaden kommt.
Senioren sind nicht in der Lage, durch das verminderte Reaktionspotential und die nachlassende motorische Bewegungsmöglichkeit, sich dem Gewicht und der Kraft des Hundes entgegenzustellen und die Wucht durch das Anspringen des Hundes zu absorbieren. Die Gefahr durch die von außen einwirkende Power umgestoßen zu werden ist hoch und sich beim Sturz ernsthafte Verletzungen, wie einen Oberschenkelhalsbruch oder Schädeltrauma zuzuziehen. Die Folgen derartiger Unfälle sind oftmals unkalkulierbar.
Auch für derartige Zusammentreffen benötigt der Hundeführer die entsprechenden Instrumente, um bei aufkommendem Verhalten seinen Vierbeiner gezielt abzurufen und von seinem Vorhaben abzulassen. Mehr zum sicheren abrufen findet ihr hier.
Ebenso sind an dieser Stelle etwaige Vorsorgemaßnahmen im Hinblick auf das Anleinen des Hundes probate Mittel, um für eine entspannte Atmosphäre für die älteren Menschen und den Halter zu sorgen, sowie erst gar keine Gefahrensituation aufkommen zu lassen. Dieses rücksichtsvolle und vorausschauende Führen des Hundes ist ein vorbildliches Beispiel der Inhalte unseres Halter-Knigge, deren gesamten Inhalt ihr in unserem entsprechenden Artikel findet.
Was tun, wenn der Hund immer Menschen anspringt?
Bereits ab dem Welpenalter das Anspringen gezielt vermeiden.
Der Welpe denkt sich nichts dabei, wenn er freudig an uns Menschen hochsteigt
An dem Grundverhalten des Hundes kann man zunächst nur schwerlich etwas verändern, denn ihr wollt euren Hund in seinen positiven Emotionen doch nicht einschränken und regelrecht brechen.
Der Fehler ist bereits einige Zeit zurück passiert, unwissentlich und ohne über die Konsequenz nachzudenken, vielleicht in dem Moment der Grundsteinlegung des unerwünschten Verhaltens auch nur allzu verständlich. Warum?
Versetzt euch in die Situation des Hundewelpen, wenn ihr beim Züchter auftaucht und über den süßen und knuddeligen Anblick der Kleinen dahinschmilzt.
Sind die Welpen bereits so alt, dass sie sich bei eurer Begegnung auf den eigenen vier Beinen gut fortbewegen, dann werdet ihr nicht davon ablassen und euch bücken, so dass die einzelnen Welpen so nah wie möglich zum Streicheln, Liebkosen und Spielen kommen können.
Auch das Aufsteigen mit den Vorderbeinen an unseren gebückten Knien lassen wir gerne geschehen, da die Hundewelpen ja soooooo süß sind. Nicht anders, wenn er eingezogen ist und zu Hause ständig umgarnt und bespielt wird. Wir können in den ersten Wochen ja nicht genug von dessen Nähe und seinem Spielverhalten bekommen, ist es doch so putzig, wenn sie noch etwas grobmotorisch und voller Neugier herumexperimentieren.
Sie dürfen uns beschnuppern, wir lieben es wenn sie uns lecken, am besten direkt im Gesicht, da es doch eine tolle Bestätigung darstellt und Balsam für unsere Seele ist. Wir lassen den heranwachsenden Hund in unserer Begeisterung alles gewähren, ob richtig oder falsch, egal was wir ihm damit suggerieren und vom Lernansatz mit auf den Weg geben.
Und so sollen dann die kleinen Hunde lernen, wie sie sich bei der Zusammenkunft und dem Interagieren mit Menschen zu verhalten haben?
Sie werden jeden zukünftig anspringen, belecken und versuchen möglichst nah an Gesicht, Ohren und Hals zu kommen, das normale intuitive Verhalten unter Hunden auch an Menschen zeigen, da es bis dato nicht unterbunden wurde und anscheinend völlig ok im Umgang mit uns war.
So lassen Menschen oftmals einfach gewähren und beschweren sich später über vermeintliche Verhaltensprobleme, die aber hausgemacht sind.
Der eigentliche Lösungsansatz sollte also sehr früh im noch jungen Leben des Welpen in der Welpenaufzucht beginnen.
Denn ist das ungewollte Verhalten erst einmal wie beschrieben im Verhaltensrepertoire beim Welpen angelegt und ausgebildet, immer wieder über eine lange Zeit gezeigt, verfestigt und akzeptiert worden, so wird nur noch ein mühsamer Verhaltensabbau und Korrektur des unerwünschten Verhaltens mit Hilfe eines kompetenten und erfahrenen Hundetrainers Abhilfe schaffen, sprich Geld, Zeit und Nervenstärke kosten, um das Verhalten teilweise zu minimieren, verbessern oder im besten Fall zu löschen.
Aber warum erst soweit kommen lassen?
Damit der Hund und ihr als Halter erst gar nicht an diesen Punkt kommt, liegt der Schlüssel zum Erfolg in den frühen Lebensphasen der Welpenentwicklung.
Jedes Verhalten, dass generell nicht gewünscht ist, sollte direkt von Anfang an vermieden werden - sprich der Welpe soll es erst gar nicht lernen.
Zeigt er ansatzweise eine unerwünschte Verhaltensweise wie das Anspringen oder Aufsteigen im Welpenalter, so steht auf, brecht es damit ab und ignoriert ihn.
Es muss ein klares Regelwerk mit festdefinierten Grenzen her, innerhalb denen er sich bewegen und agieren darf verletzt er diese, sind Halter und alle anderen verantwortlichen Bezugspersonen gefragt. Denn es bedarf bei der Umsetzung höchster Disziplin und Konsequenz, auch wenn der kleine Racker Herrchen/Frauchen mit seinen braunen Augen unschuldig und herzerwärmend anschaut. Dies fällt sich hier und da schwer, aber perpektivisch zahlt sich diese Vorgehensweise aus, damit sich Fehlverhalten auch nicht ansatzweise ausbildet.
Das Ziel im Hinblick auf eine etwaige freudige Begrüßung eines Menschen geht in der Idealvorstellung sogar soweit, dass der Vierbeiner erst nach ausdrücklicher Freigabe durch Herrchen/Frauchen die direkte Nähe einer anderen Person aufsuchen und sie begrüßen darf - und dies natürlich ohne Hochspringen, da dieses Verhalten von Anbeginn der Haltung Tabu war.
Wieso gewisse Verhaltensweisen erst gar nicht durch die Handlungen der Bezugsmenschen im Welpenalter gefördert werden sollten, zeigt sich anhand erlernten Beißverhaltens. Die jeweilige Beißhemmung ist ein wichtiges Element der Aufzucht. Die ersten Berührungspunkte und Erfahrungen werden hier in der Wurfkiste und dem Zusammenleben mit den Wurfgeschwistern im Rudel gesammelt, wenn sie ihr Spielverhalten ausleben und gegenseitig kämpfen, raufen, an Ohren, Rute und im Halsbereich knabbern beißen. Wird es einem der Geschwisterchen zu viel, wird das Spiel sofort beendet und abgebrochen, ferner hört man ein kurzes Jaulen und damit kommunikativen Aufschrei als Signal mit dem sinnbildlichen Inhalt: "Das hat weh getan, bis hierhin aber nicht weiter!" Damit wird der beißende Welpe sich vermutlich beim nächsten Mal deutlich vorsichtiger verhalten und seine Liebkosungen dosiert anwenden. Nun zieht der Welpe bei seinem Ersatzrudel in der neuen Familie ein und wie es häufig berechtigterweise der Fall ist, kümmert sich die ganze Familie rührend um den Neuankömmling. Es wird gespielt und fortan übernehmen die neuen Rudelmitglieder eigentlich die Rolle der erzieherischen Weiterbildung, um dem Welpen das notwendige Rüstzeug für das wahre Hundeleben unter erwachsenen Artgenossen und Menschen zu Teilen mitzugeben. Beim täglichen Spielen kommt es nun immer auch zu Raufszenen, in denen der Welpe sich in die Hand von Herrchen festbeißt und mit den Pfoten dazu noch festklammert. Herrchen findet das lustig und animiert mit dem gezielten und bewussten Hineinstecken der Hand ins Maul des Welpen, den jungen Hund immer und immer wieder zuzupacken. Jetzt wird sogar noch eine Eskalationsstufe hochgeschaltet und die Hand hin- und herbewegt, der Welpe beißt immer härter zu und schüttelt in der nächsten Sequenz mit dem Kopf hin und her, als wolle er ein Stück aus der Hand herausreißen.
Welch fatale Folgen diese vermeintliche Spielform nun hatte, wollen wir kurz veranschaulichen: Denn zunächst einmal wird damit die Hemmschwelle zum Beißen generell heruntergeschraubt und dem Welpe suggeriert, beißen macht Spaß und ist zudem völlig ok. Hinzu kommt die Tatsache, dass das hin- und herschütteln der Hand ein Verhaltenszug (Beißschütteln) aus dem freien und hemmungslosen Aggressionsverhalten mit Tötungsabsicht eines Kontrahenten im offenen Kampf darstellt, das auf keinen Fall bei einem Welpen aktiv gefördert werden sollte.
Früh übt sich
Wenn alles optimal verläuft und ihr euch für einen Rassehundewelpen vom Züchter entschieden habt, wird der Züchter als verantwortungsvoller Hundefreund sicherlich schon einige wichtige Schritte mit dem Welpen in den ersten Wochen nach der Geburt bis zur Trennung vom Muttertier und der Abgabe an die neuen Besitzer, gelernt und geübt haben.
Auch das unerwünschte Anspringen wird Gegenstand hiervon sein, da er gewisse Verhaltensmuster bereits in seinen Ansätzen mit den entsprechenden fachmännischen Maßnahmen im Keim ersticken wird und andere erwünschte Lerninhalte und erwünschte Verhalten bereits in dieser Phase fördern wird. Es werden also bereits die ersten Weichen im Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung des jungen Hundeindividuum gezielt gestellt.
Sobald der Welpe dann bei euch einzieht, gehen die Maßnahmen hinsichtlich Erziehung, Prägung, Habituation und Sozialisierung aufbauend auf den bisherigen Lernschritten erst richtig los.
Und welche Relevanz und Bedeutung bereits die "frühkindlichen" Erfahrungen in der sensiblen Phase und den weiteren Lebensphasen von Welpen für die Formung des Individuums und dessen angelegtes Verhaltensrepertoire einnimmt, haben wir in den vorangegangenen Kapiteln annähernd aufgezeigt. Wie die Bezeichnung dieser Welpenphase es bereits andeutet, es handelt sich um eine sehr sensible und herausragende Zeit, in der er durch richtige Führung und gezielte Erziehungsmaßnahmen bereits lernt, was richtig oder falsch ist, was er darf oder vermieden werden sollte. Zudem wird er an Menschen, andere Welpen und größere Artgenossen, Tiere anderer Spezies, sowie verschiedenartige Dinge des täglichen Lebens, wie akustische und visuelle Geräusche anhand positiver Erlebnisse und realer Konfrontation gewöhnt.
Die ersten Wochen sind demnach wunderschön, spannend aber auch extrem zeitintensiv, um dem Welpen die besten Voraussetzungen für sein weiteres Hundeleben mitzugeben. Welche Aufgaben und Themen hierbei je nach Lebensbedingungen auf euch zukommen können, haben wir zur weiteren Lektüre in unserem Leitartikel "Die Entwicklungsphasen von Hundewelpen" beschrieben.
Daher müsst ihr das unerwünschte Verhalten des Anspringens von Menschen, direkt in dieser Phase mit in den Fokus nehmen und mit den notwendigen Handlungen und Trainingswerkzeugen unterbinden.
Er hat von klein auf zu lernen, dass die Freude und die damit verbundenen Rituale sein dürfen, aber das Anspringen eines Menschen zu unterlassen ist.
Bei allen Erziehungsmaßnahmen des Welpen, sind alle Personen im Haushalt gleichermaßen einzubeziehen. Denn nichts ist wichtiger, als dass alle einvernehmlich an einem Strang ziehen und jeder unnachgiebig mitarbeitet. Es muss unter allen Umständen vermieden werden, dass einer der Beteiligten dem Hund immer wieder Zugeständnisse bei der Erziehung macht, da derjenige gerne in der Gunst des Hundewelpen oder Hundes steigen möchte, oder einfach der Wichtigkeit des Zusammenhalts und Umsetzung nicht bewusst ist.
Übungen zur Vermeidung des Anspringverhaltens von klein auf
Bei euren Erziehungsmaßnahmen und der Ausbildung des Hundes bzw. Welpen müsst ihr mit Konsequenz, Geduld und Ruhe die Lerninhalte vermitteln und diese durch stetiges Wiederholen einprägen und verfestigen. Der Welpe wird garantiert dann zukünftig das Anspringen von Menschen bei der Begrüßung von Anfang an sein lassen.
Vermittelt dem Welpen, dass er sich freuen darf und soll. Ihr als Rudelführer gebt ihm aber ausdrücklich mit einem Signal oder Befehl die Freigabe und erst dann darf er zu den entsprechenden Personen und wenn möglich sollten diese auch erst dann auf ihn zugehen und mit dem Begrüßungsritual beginnen. Damit wird dem Welpen bereits früh klar, wer Ton angibt und damit auch das ranghöhere Rudelmitglied ist.
Er wird bei der Begegnung mit Streicheleinheiten und warmen Worten begrüßt, dies findet aber in der Höhe des Hundes statt, indem er brav auf seinen vier Pfoten zu verweilen hat. Damit vermeidet man das Anspringen.
Egal in welcher Situation euer Welpe versuchen sollte, aus Freude auf den Hinterbeinen zu tänzeln und hochzuspringen, macht ihm mit einem klaren Befehl verständlich, dass dies unerwünscht ist.
Der Welpe darf erst gar nicht durch eine Fehlkonditionierung sich daran gewöhnen, dass er zur Begrüßung jemanden Anspringen darf. Dies ist dringend von Anfang an zu vermeiden, denn hat sich dieses unerwünschte Verhalten erst einmal bei einem etwas älteren Hund verfestigt, wird das abtrainieren und abgewöhnen ein langwieriger Prozess.
Es können ganz einfache Alltagssituationen sein, wie beispielsweise bei der Rückkehr vom Einkaufen, bei der der Welpe versucht seine Freude durch das Anspringen eures Beines zu zeigen. Dann heißt es Runter und Aus. Dasselbe kann bei der Zubereitung seines Futters passieren, da die Hunde dann sehr aufgeregt, positiv gestresst und angespannt sind. Sie können es kaum erwarten mit dem Fressen loszulegen und meinen durch das Aufsteigen geht es schneller. Auch hier heißt es Aus und Runter. Erst nach einem Freigabebefehl darf er aus seiner Sitz- oder Platzposition aufstehen und loslegen - so sieht die Wunschvorstellung und das entsprechende Trainingsziel aus.
Klare Ansage in vernünftiger, ruhiger aber bestimmter Tonlage, damit der Hund nicht verschreckt, aber klar weiß worauf es ankommt. So bekommt der Hund die Lerninhalte mit Disziplin vermittelt und sie werden durch die ständige Wiederholung konsequent einprägt. Somit wird er frühzeitig das Anspringen von Personen sein lassen bzw. erst gar nicht lernen.
Ersatzweise könnt ihr dem Hund immer die Hand in seiner Kopfhöhe hinhalten, ihn streicheln und mit dem Fang das Markieren simulieren. Dies wird er dann in sein Verhaltensmuster übernehmen und zukünftig bei euch wie auch anderen Personen in jeglicher Situation als Begrüßungsverhalten aufzeigen. Das Anspringen wird er dann stets sein lassen.
Eine weitere Variante um den Hund gewissermaßen zu manipulieren, ist bei jeglichem Aufeinandertreffen sofort ein paar Leckerlies auf den Boden zu schmeißen oder zu platzieren, bevor der Hund überhaupt die Chance hat, sein ungewolltes Ritual mit dem Anspringen zu beginnen. Dies kann Wunder wirken. Er wird auf seinen vier Pfoten bleiben und die Leckerchen gerne fressen.
Sollte dies so nicht funktionieren, ist eine Leine genau das richtige Hilfsmittel, dass ihr zusätzlich bei der Erziehungsmaßnahme einsetzen könnt. Und im Grunde ist es egal, welche Leine ihr einsetzt, es kann eine Schleppleine, Führleine, spezielle Welpenleine, oder Retrieverleine sein. Sobald der Hund euch Anspringen will, werdet ihr den Befehl Runter ausführen und gleichzeitig auf die Leine so knapp treten, dass der Hund nur die Chance hat, wieder runter auf die vier Pfoten zu gehen, da sonst das abrupte Treten auf die Leine ihn zurückzieht. Er wird jedes Mal beim Hochspringen das für ihn unangenehme Zurückziehen durch den Leineneinsatz verspüren und lernt von selbst, dass das Anspringen zwecklos ist und er wird dieses Verhalten sein lassen. Gewusst wie!
Wenn euer Hund die Erziehung und Trainingsmaßnahmen gut und korrekt ausführt, sprich erwünschtes Verhalten zeigt, ist positive Bestärkung mittels dem Einsatz einer punktgenauen Belohnung das Maß aller Dinge, denn dann wird das Angenehme mit dem gezeigten Verhalten verknüpft und der Hund verinnerlicht sich diese positive Erfahrung, wird beim nächsten Mal hochmotiviert beim Abrufen des Verhaltens dieses Ausführung, um erneut den belohnenden Motivationsgegenstand zu erhalten.
Wie das richtige Loben und Motivieren als Trainingswerkzeug eingesetzt wird, haben wir in unserem Artikel "Richtiges Loben & Motivieren beim Welpen & Hund" eingehend mit vielen Praxistipps beschrieben.
Wenn der Erfolg nicht kommt, ab zum Hundetrainer
Wie bei jeglichen Hundeerziehungsmaßnahmen, ob Grundausbildung oder weiterführende Ausbildungs- und Erziehungsübungen, es macht durchaus Sinn, sofort in die Trainings einen erfahrenen Hundetrainer einzubinden.
Denn damit vermeidet man häufig von vornherein durch Versäumnisse, Fehler oder Unwissenheit, dass sich Fehlverhalten ausbildet.
Nimmt man doch das Heft erst einmal selber in die Hand und die gewünschten Trainingserfolge bleiben aus, oder man hat sogar mit gezeigten Verhaltensweisen des Hundes schon so seine Probleme, kann dies natürlich mehrere Ursachen haben.
Es kann zum einen am Halter selber liegen, da unangebrachtes Handeln oder gar Nachlässigkeiten sich eingeschlichen haben, dem Hund etwas falsches suggeriert wurde und sich folglich Verhaltenszüge ausgebildet haben, die so nicht gewollt waren und jegliche eingeleitete Korrektur seine Wirkung bis dato verfehlt.
Zum anderen kann es aber durchaus auch an eurem Hund oder Welpen liegen, da dieser etwas schwieriger, dominanter oder störrischer ist, sich also nicht so leicht führen und leiten lässt.
Vielleicht sind es aber auch Kommunikationsmissverständnisse oder -defizite, die aktuell den Erfolg im Zusammenwirken auslassen oder sonstige Einflüsse, die einem selber nicht in den Sinn kommen und damit dem Funktionieren als Team im Weg stehen.
Die Lösung ist aber auch hier recht einfach: Kontaktiert einen erfahrenen Hundetrainer oder Verhaltenstherapeuten, der sich das Problem vor Ort anschauen und sich ein genaues Bild von euch und eurem Hund machen kann. Sicherlich wird er nach einer detaillierten Verhaltensanalyse mit Rat und Tat und dem entsprechenden Trainingsprogramm weiterhelfen können, damit ihr die gewünschten Fehlverhalten, wie das Anspringen von Menschen, zukünftig vermeidet oder bestehende gezielt abtrainieren könnt.
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