Schutzdienst

Sportliche Wachsam- und Wehrhaftigkeit mit polizeilichen Wurzeln

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Zuletzt aktualisiert am: 20.8.2024

Ein Schaeferhund beisst beim Schutzhundetraining in den Arm des Ausbilders.jpg

Das Wichtigste in Kürze

  • Schutzdienst spricht das Beutefangverhalten und den Spieltrieb des Hundes an.
  • Das Ziel des Hundes ist der Biss in den Schutzarm, den er als Beute oder Spielzeug wahrnimmt.
  • Es wird keine grundsätzliche Aggression antrainiert.
  • Ein ausgezeichneter Gehorsam ist im Schutzdienst unerlässlich, denn der Hund muss auf Kommando
  • sofort ablassen.
  • Im Schutzdienst sind neben Rassehunden auch Hybridhunde und Mischlinge willkommen.
  • Allerdings sollten die Hunde eine bestimmte Größe aufweisen.
  • Schutzdienst lastet den Hund geistig, aber vor allem körperlich aus.
  • Wegen der körperlichen Belastungen ist eine vorherige und kontinuierliche Eignungsbeurteilung durch einen Tierarzt empfehlenswert.

Schutzdienst

Unter Schutzdienst wird eine der drei Teildisziplinen des deutschstämmigen Schutz- oder Gebrauchshundesports verstanden. Dieser wurde auch schon Diensthundesport und heute Vielseitigkeitssport für Gebrauchshunde genannt. Die beiden anderen Disziplinen des Vielseitigkeitssports sind die Arbeit auf der Fährte und die Unterordnung

Heute gilt für die Vielseitigkeitsprüfung die heute IGP. Früher hieß die Prüfungsordnung IPO. Beide bestimmen, dass der Schutzdienst nur in Kombination mit der Unterordnung geprüft werden darf. Unter Unterordnung wird der Gehorsam verstanden.

Auch in Mondioring werden dem Schutzdienst ähnliche Übungen verlangt, die allerdings dort als „Mutprobe“ bezeichnet werden.

Was diesen Hundesport ausmacht, möchten wir uns im Folgenden anschauen.

Was ist Schutzdienst?

Schutzdienst, irrtümlich auch Schutzhundesport genannt, ist also kein eigenständiger Hundesport. Er ist lediglich eine von insgesamt drei Teildisziplinen des Vielseitigkeitssports für Gebrauchshunde. Dieser und der Mondioring sind, wie alle anderen Ringsportarten, Spielarten des Schutzhundesports. Der Schutzdienst wird in den anderen Arten des vom Schutzhundesport „Mutprobe“ genannt.

Der Schutzdienst auch die umstrittenste Disziplin des Vielseitigkeitssports. Die anderen beiden Disziplinen sind die Fährtenarbeit und die Unterordnung. Letztere ist die Disziplin, die den Gehorsam des Gebrauchshundes fördert und prüft. Die Fährtenarbeit und die Unterordnung dürfen jeweils ohne eine weitere Disziplin ausgeübt werden. Im Gegensatz dazu muss der Schutzdienst immer mit der Unterordnung im Verbund ausgeübt werden.

Beim Schutzdienst steht traditionell die Arbeit des Hundes an einer „verdächtigen“ Person im Vordergrund. Diese wird von einem Helfer oder Figurant verkörpert. Der Helfer trägt zum Schutz vor Verletzungen eine bissfeste Latzhose. Außerdem zieht der Figurant einen sogenannten Hetzärmel an.

Der historische Kern des Schutzdienstes ist es, dass der Schutzhund den Helfer wie einen Verdächtigen behandeln soll. Er soll sich also wie ein polizeilicher Diensthund verhalten. Dazu wird er so ausgebildet und trainiert, dass er den Helfer in bestimmten Situationen findet, stellt, verbellt oder in den Hetzärmel beißt.

Deutscher Schäferhund beim Schutzdienst auf sonniger kurzer Wiese. Er verfolgt den Helfer. Der trägt blaue Schutzkleidung und gelben Fußballschuhe.
Deutscher Schäferhund beim Schutzdienst

Warum Schutzdienst?

Der Ursprung der deutschen Variante des Schutzhundesports liegt in den Polizeisportvereinen und Polizeihunde-Vereinen des Kaiserreichs. Diese hatten im Umgang mit Hunden das Ziel, die Zucht und Ausbildung der Tiere für die polizeiliche Verwendung als Diensthund zu verbessern.

Im Laufe der Zeit und der fortschreitenden Demokratisierung wandelte sich der Hundesport von diesem Ansatz hin zu ziviler Hundebeschäftigung. Der Schutzhundesport wandelte in diesem Weg seine Trainingsmethoden, Namen und teilweise seine Ziele.

Noch heute zielt der Vielseitigkeitssport für Gebrauchshunde auf die Verbesserung der Zuchtauswahl bestimmter Arbeits- und Gebrauchshunderassen ab. So ist der Schutzdienst nach aktueller Prüfungsordnung (IGP) Teil der Arbeitsprüfung. Diese Arbeitsprüfung ist für Gebrauchshunderassen eine Voraussetzung für die Zulassung zur Zucht. Ihre konkrete Ausgestaltung richtet sich nach dem Gebrauchszweck. Sie ist beispielsweise für Jagdhunde anders ausgestaltet. Der Einsatz Deutscher Schäferhunde als polizeiliche Diensthunde legt für diese Rasse den Zweck und somit die Art der Arbeitsprobe fest. Dasselbe gilt für die Schläge des Belgischen Schäferhundes. Die Arbeitsprüfung muss für solche Hunderassen daher den Schutzdienst enthalten.

Seit Generationen ist die körperliche und geistige Fähigkeit sowie die Willigkeit zum Schutzdienst durch die Arbeitsprobe eine Fortpflanzungsvoraussetzung. Das führt dazu, dass beides bei heutigen Vertretern der betreffenden Rassen in hohem Maße vorhanden ist. Gleichzeitig werden heute aber die Mehrheit aller Hunde dieser Rassen von Privatleuten gehalten. Dort fallen die hoheitlich-dienstlichen Aufgaben, für die die Tiere gezüchtet wurden, weg und die arbeitswilligen Tiere sind unterfordert.

Der Schutzdienst und mit ihm der gesamte Vielseitigkeitssport für Gebrauchshunde dient also einerseits der artgerechten Auslastung, denen über Generationen entsprechende Anlagen „angezüchtet“ wurden. Andererseits stellt er noch immer ein züchterisches Selektionskriterium dar.

Welche Hunde sind für den Schutzdienst geeignet?

Die für den Schutzdienst prädestinierten Rassen und in Deutschland als Diensthunderassen anerkannten, sind unter anderem

Obwohl der Schutzdienst und der Vielseitigkeitssport traditionell ein Kriterium für die Zuchtauswahl der o. a. Gebrauchshunderassen ist, steht dieser Hundesport heute generell allen Hunderassen und Mischlingen offen.

Wichtig ist allerdings, dass die Tiere den im Sport gestellten Aufgaben nicht nur körperlich gewachsen sind. Auch die mentalen Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Ohne einen ausgeprägten Wachtrieb, den viele Hütehunde und Treibhunde genetisch mitbringen, wird das Training dem Hund schwerfallen. Ein hoher Spieltrieb und vor allem der Beutetrieb erleichtern ebenfalls das Schutzdienst-Training. Denn modernes Training für Schutzdienst wird über diese Triebe aufgebaut. Beim Umgang mit dem Helfer soll für den Hund nicht das Beißen eines Feindes im Vordergrund stehen. Vielmehr soll er ihn als Gegner im Spiel um eine Beute, nämlich den Hetzärmel, sehen. Der Wehrtrieb steht im Hintergrund.

Was die körperliche Eignung angeht, müssen Hunde für den Schutzdienst eine gewisse Größe mitbringen. Ein Dackel ist trotz seiner geringen Größe sicherlich ein beeindruckender Hund. Denn er bringt viele der mentalen Voraussetzungen mit. Aber an den Arm eines ausgewachsenen Mannes wird er nicht herankommen.

Kann jeder Hund Schutzdienst machen?

Gehört ein Hund einer typischen Gebrauchshundeasse an, die generell für den Schutzdienst geeignet ist, spricht nichts gegen ein Schutzdienst-Training. Das gilt auch für Kreuzungen aus solchen Rassen. Selbst Mischlinge, bei denen nicht klar ist, zu welchen Rassen die Vorfahren gehörten, können Schutzdienst machen. Wichtig ist, dass sie die oben beschriebenen mentalen und körperlichen Voraussetzungen erfüllen.

Darüber hinaus muss ein Hund für den Schutzdienst und gesunden Körper haben. Um sicherzustellen, dass Dein Hund körperlich fit genug ist, solltest Du ihn regelmäßig einem Tierarzt vorstellen. Denn beim Schutzdienst kommt es regelmäßig vor, dass der Hund hoch springen muss. Das stellt eine Belastung für den gesamten Bewegungsapparat dar. Beim Biss in den Hetzarm kann es vorkommen, dass der Hund mit keiner Pfote mehr den Boden berührt. Dann hängt sein gesamtes Gewicht an den Kiefern und am Hals sowie dem Nacken. Auch hierbei treten Belastungen auf, die nur ein fitter und ausgewachsener Körper aufnehmen kann.

Somit stellt sich die Frage, ab welchem Alter ein Hund Schutzdienst ausüben kann.

Wann mit Schutzdienst anfangen?

Das Mindestalter für Hunde, die an einer Schutzdienstprüfung nach IGP teilnehmen dürfen, liegt bei 15 Monaten.

Aber das Training im Schutzdienst besteht ja nicht nur aus den Trainingseinheiten, die den Hund auf eine Prüfungssituation vorbereiten. Es besteht auch aus den ersten Schritten, die den Beutetrieb und den Spieltrieb fördern sollen. Dies kann durch leichte Zerrspiele mit einem Hetzkissen schon bei Welpen erfolgen.

Zwei Deutsche Schäferhunde laufen nebeneinander auf den Betrachter zuz. Sie laufen über eine sonnigen Naturwiese mit angrenzendem Wald: links ein kleiner Welpe, rechts ein Erwachsener mit Ast im Fang.
Schutzdienst schon für Welpen?

 

Allerdings sollten schon die ersten Trainingsschritte von einem erfahrenen und nach modernen Methoden arbeitenden Schutzdienst-Trainer begleitet werden. Denn in der Schutzhundausbildung kann auch falsch gemacht werden und für die Schutzhunde entsprechende Folgen zeitigen.

Macht Schutzdienst Hunde aggressiv?

An dieser Frage scheiden sich die Geister und es stehen sich zwei recht unversöhnliche Lager gegenüber. Eine alle Eventualitäten und Einzelfälle umfassende Antwort maßen wir uns daher nicht an.

Als wesentliche Einflussfaktoren können sicherlich zwei bestimmt werden.

  1. Handelt es sich bei dem auszubildenden Hund um einen emotional stabilen und wesensfesten Hund, der dem Schutzdienst auch körperlich gewachsen ist?
  2. Wird der Hund nach modernen Verfahren ausgebildet, die weitestgehend auf positiver Verstärkung basieren und den Beutetrieb genauso ansprechen wie den Spieltrieb des Hundes?

Wenn beide Fragen mit „ja“ beantwortet werden können, sollte der Schutzdienst den Hund nicht aggressiv machen.

Insofern solltest Du Deinen Hund vor und immer wieder während der Ausbildung tierärztlich untersuchen und seine körperliche Eignung zum Schutzdienst attestieren lassen.

Ebenso solltest Du bezüglich der Ausbildungsmethoden firm sein. Denn dann kannst Du Dich vor Trainingsbeginn mit unterschiedlichen Trainern unterhalten und sie nach ihren Methoden fragen. 

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Interessant für die psychische Auswirkung des Schutzdienstes auf Hunde ist die Dissertation von Silke Katharina Pauly aus dem Jahr 2007. Mit der Doktorarbeit über die „Belastung von angekauften Diensthunden durch die Haltung und die Grundausbildung im Schutzdienst“ wurde Frau Pauly zur Dr. med. vet. promoviert. Die Tierärztin kam zu dem Schluss, dass die Ausbildung im Schutzdienst den Stresspegel der Hunde senkt. Auch wenn Pauly explizit sagt, dass die Ergebnisse sich nicht ohne weiteres auf Sporthunde übertragen lässt. Das kann schon deshalb gelten, weil private Hunde selten in stressaufbauender Quarantäne gehalten werden.

Aber: Die Ausbildung im Schutzdienst scheint den Stresspegel einiger, nämlich der für den Schutzdienst geeigneten Hunde, zu senken. Da ein niedrigerer Stresspegel bedeutet, dass ein Tier ausgeglichener ist, kann wohl gesagt werden, dass ein Training im Schutzdienst nicht unbedingt aggressiv macht.

Sollte Dein Hund jedoch zu aggressivem Verhalten neigen, kann Dir Ralf Lüggers Artikel weiterhelfen.

Fazit zum Schutzdienst

Schutzdienst ist und bleibt ein kontrovers diskutierter Hundesport. Allerdings sollten die Gegner dieses Sports bedenken, dass der Schutzdienst ein in Deutschland legaler Hundesport ist.

Das gilt allerdings nicht für alle Trainingsmethoden, die in diesem Sport in der Vergangenheit verbreitet waren. Ebenso wenig gilt es für Trainingshilfsmittel wie Stachelhalsbänder oder Würgehalsbänder ohne Zugstopp. Wer solche Hilfsmittel im Training zum Schutzdienst oder irgendeinem anderen Hundesport einsetzt, handelt außerhalb der Legalität. Denn er handelt gegen das Tierschutzrecht und die Tierschutz-Hundeverordnung.

Ich glaube aber, dass man nicht jeden Hundeführer, der diesen Hundesport betreibt, unter Generalverdacht stellen kann. Denn offenkundig hat der Schutzdienst und der gesamte Vielseitigkeitssport für Gebrauchshunde seine Berechtigung und das nicht nur als Zuchtauswahlkriterium in Form der Arbeitsprobe. Sondern auch als artgerechte Auslastung für viele Hunde, die explizit für solche Aufgaben gezüchtet worden sind.

Schutzdienst muss nicht zwingend als Wettkampfsport betrieben werden. Ein verantwortungsvoller Hundemensch wird seinen Hund nicht überfordern, sondern den Sport so weit verwenden, wie er seinem Hund guttut. Hier sind die mentalen Eigenschaften des Hundes genauso wie für die körperlichen ztu beachten. Der menschliche Ehrgeiz muss hier die zweite Geige spielen. Wird der Schutzdienst zur artgerechten Auslastung allerdings nach allen Regeln der Kunst betrieben, hat er sicherlich viele gute Auswirkungen auf den Hund.

So kann der Hund seine Triebe ausleben und auf diese Weise Stress und somit Aggressionen abbauen. Bei Verwendung positiver Verstärkung im Training lernt er seine Selbstwirksamkeit spüren. So kann das Verbellen des Helfers belohnt werden, indem der Helfer dem Hund den Hetzarm überlässt. Das kann sein Selbstbewusstsein und sein Wesen stärken. Durch die Komponente der Unterordnung wird den Gehorsam und die Führerbindung gestärkt. Beides macht einen Hund im Alltag führbarer und erhöht so die Sicherheit im Umgang mit Hunden und Menschen.

Geeignete Rassen für Schutzdienst

( Um die Rassebeschreibung der ausgewählten Rasse lesen zu können, bitte auf das Bild klicken! )

Wichtige Gesundheitstipps für Schutzdienst

  • Der Hund sollte vom Tierarzt gesundheitlich auf "Herz und Nieren" geprüft sein, bevor es mit dem Hundesport losgehen kann!
  • Achtsam auf kommunikative Signale des Hundes während der Sportübungen achten, um das situative Befinden und Wohlergehen im Auge zu haben.
  • Vorsicht vor physischer und mentaler Überlastung & Übertreibung beim Hundesport!
  • Kranke und verletzte Hunde sollten keinen Hundesport ausüben!
  • Pausen einplanen (auf angemessene Erholungsphasen und Entschleunigung achten)
  • Zwang hat im Hundesport nichts verloren!
  • Vorsicht bei hohen Temperaturen (Hitzegefahr)
  • Intensität und Schwierigkeitsgrad langsam steigern
  • Aufwärmprogramm (dynamische Übungen zur Vorbereitung auf die Belastungen) mit dem Hund beim Hundesport absolvieren
  • Auf ausreichende Wasserversorgung und etwaige Energiezufuhr während des Hundesports achten!
  • Der Hund muss körperlich voll entwickelt sein
  • Kein Hundesport mit trächtigen und säugenden Hündinnen!
  • Hat der Hund Übergewicht, ist die Belastung für den Bewegungsapparat und gesamten Organismus höher!
  • Gesundheit, Fitness und Vitalität beim Hund müssen für den Hundesport stimmen
  • Erhöhtes Risiko für Kreuzbandriss bei kastrierten Hunden, jüngeren Hunden und Hunden mit Übergewicht!
  • Regelmäßiger Check-up bei einem Physiotherapeuten
  • Cool Down nach dem Hundesport
  • Bei eingeschränkten (Behinderungen, Arthrose, HD, ED etc.) und älteren Hunden (Seniorhunden) auf angemessene Hundesportarten ausweichen (z.B. Crossdogging, Degility, ZOS)
  • Stets auf adäquates Equipment beim Hundesport achten, um die Verletzungsgefahr und physische Belastung auf den Hund zu minimieren

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