Zahnerkrankungen beim Hund

Karies, Zahnstein, Parodontitis, abgebrochene Zähne uvm. beim Hund

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Zuletzt aktualisiert am: 13.9.2023

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Zahnerkrankungen gehören zu den häufigsten Vorstellungsgründen in der Tierarztpraxis. Genau wie beim Menschen sind vielfältige Probleme möglich. Von abgebrochenen Zähnen über Karies und Zahnstein bis hin zu überzähligen Milchzähnen und Parodontitis. Behandlungsmöglichkeiten und Prognose sind abhängig vom Alter des Tieres, Art der Erkrankung und Möglichkeiten des Besitzers. 



Zahnerkrankungen: Betroffene Hunderassen

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Erklärung: Was sind Zahnerkrankungen beim Hund?

Um was für eine Krankheit beim Hund handelt es sich, wie wird sie diagnostiziert und wie sieht das klinische Bild aus?

Erklärung

Das Kauwerkzeug nimmt für den Hund eine ganz besondere Rolle in seinem Hundeleben ein, denn ein gesundes und vollfunktionstüchtiges Gebiss, ein starker Kiefer und kräftige Zähne dienen ihm einerseits zum Verarbeiten seines Fressens, was ihm in letzter Konsequenz das Überleben sichert, ihn wohlgenährt, fit und folglich belastbar hält, andererseits helfen sie ihm bei den unterschiedlichsten Formen seiner Verwendung und zahlreichen Aktivitäten für das zuverlässige und erfolgreiche Umsetzen diverser Aufgaben. Daher nehmen die Zahnhygiene, richtige Ernährung, regelmäßige Zahnkontrolle und etwaige Zahnbehandlungen beim Tierarzt einen hohen Stellenwert ein, um den Vierbeiner bestens im Hinblick auf seine Zahn-, Kiefer- und Gebissbeschaffenheit zu unterstützen und möglichst von vielen potentiellen Zahnerkrankungen zu bewahren.

Allgemeines:

Wie fast alle Säugetiere, besitzen auch Hunde zunächst ein Milchzahngebiss. Dieses umfasst 28 Zähne, davon je 3 Schneidezähne, 1 Fangzahn und 3 Backenzähne pro Seite und Kiefer. Im Alter von 3 bis 7 Monaten lösen sich die Wurzeln der Milchzähne, sodass diese ausfallen und bleibende Zähne nachkommen können. Das bleibende Gebiss umfasst 42 Zähne, davon je 3 Schneidezähne, 1 Fangzahn, 4 vordere und 2 (Oberkiefer) / 3 (Unterkiefer) hintere Backenzähne (Molare / Prämolare) pro Seite und Kiefer. 

Gebissstellung: 

Üblicherweise stehen die Zähne des Oberkiefers weiter nach außen als die des Unterkiefers. Dadurch entsteht ein sog. Scherengebiss, das es dem Hund ermöglicht, Fleischstücke optimal zu zerkleinern. Auch ein Zangengebiss (Zähne des Ober- und Unterkiefers stehen aufeinander) kommt gelegentlich vor und wird bei einigen Hunderassen als „Standard“ angesehen (z.B. Hütehunderassen). Es entspricht aber eigentlich einer Fehlstellung. Über- und Unterbiss sind, wie beim Menschen, angeborene Fehlstellungen der Kiefer und können, je nach Ausprägung, zu Problemen beim Fressen, Trinken und Spielen führen. 

Bei vielen kleinen Hunderassen (z.B. Chihuahua, Yorkshire-Terrier) und insbesondere bei kurznasigen Vertretern („Brachyzephale“, z.B. Mops, Franz. Bulldogge, Boston Terrier) haben die Zähne aufgrund des deformierten, klein gezüchteten Schädels nicht genug Platz und stehen nicht wie angedacht in Reih und Glied, sondern hinter-/nebeneinander oft bis zu 90 Grad verdreht (z.B. als sog. „Kulissengebiss“). Dies führt zu Problemen beim Zahnwechsel, vermehrter Zahnsteinbildung, Verletzungen der Maulschleimhaut / des Zahnfleisches und häufigerem Zahnverlust als bei anderen Hunderassen.

Eine weitere häufige Fehlstellung ist der sog. „Caninus-Engstand“, bei dem die Eckzähne im Ober- oder Unterkiefer zu eng stehen und zu Zahnfleischverletzungen führen können. Durch passgenaue weitenverstellbare „Zahnspangen“ oder viel Spielen mit passenden Hartgummibällen können die Canini nach außen gedrückt und die Fehlstellung damit korrigiert werden. Voraussetzung ist natürlich ein möglichst frühes Erkennen der Fehlstellung. 

Überzählige Zähne:

Kommt es in der embryonalen Entwicklung zu Fehlern, kann es sein, dass ein Hund mehr Zähne besitzt als üblich („echte Polydontie“). Ist der Hund dadurch beim Kauen oder Schließen des Fanges beeinträchtigt oder kommt es zu Zahnfleischentzündungen, sollten diese Zähne gezogen werden. 

Auch während des Zahnwechsels kann es, insbesondere bei kleinen, kurzköpfigen Rassen (wie oben beschrieben), zu Problemen kommen. Fallen nicht alle Milchzähne aus, sondern sitzen fest im Kiefer, können sie die bleibenden Zähne bei ihrem Wachstum behindern („Pseudopolydontie“). Diese sog. „persistierenden Milchzähne“ sollten zeitnah gezogen werden, um Fehlstellungen zu vermeiden. Am häufigsten tritt das Problem bei den Eckzähnen („Canini“) auf. Kau- und Ziehspiele mit dem Welpen können beim Zahnwechsel hilfreich sein. Allerdings sollte hierbei der Hund der „ziehende Part“ sein, da nur er entscheiden kann, wann der Zug zu viel ist und das Spielen schmerzen könnte. 

Fehlende Zähne:

Natürlich können bei Fehlern in der Entwicklung auch Zähne nicht an gebildet werden („Oligodontie“). Am häufigsten sind davon Backenzähne betroffen. Auch hierbei kann es zu Fehlstellungen kommen, da die restlichen Zähne versuchen werden die „Lücke“ zu schließen und die Zahnreihe sich dadurch verschiebt. Je nach Ausprägung kann es zu Problemen beim Fressen / Schließen des Fanges kommen. Um eine eventuelle Vererbung zu vermeiden, sollten Tiere mit von Geburt an überzähligen oder fehlenden Zähnen nicht zur Zucht zugelassen werden. 

Ist eine Zahnanlage zwar vorhanden, bricht der Zahn aber nicht durch, so spricht man von einer „Zahnretention“. Ursache können angeborene Zahnungsfehler, ein Trauma oder auch eine Staupe-Virus-Infektion sein. 

Abzugrenzen sind diese fehlenden Zähen von ausgefallenen Zähnen aufgrund eines Traumas oder eine Auflösung der Zahnwurzel(n) bzw. Zahnfleischerkrankung.

Zahnschmelzveränderungen:

Eine Gelbfärbung des Zahnschmelzes kann durch Anwendung von Tetracyclin-Antibiotika bei trächtigen Hündinnen oder Welpen währen der Zahnentwicklung erfolgen. Eine Rot-/Rosafärbung ist Folge einer Entzündung („Pulpitis“) des Zahnmarkes („Pulpa“). Bräunliche Verfärbungen sind meist auf Verfütterung von Obst und Karotten zurückzuführen. Bei allen drei genannten Veränderungen ist der Zahnschmelz intakt.

Zahnschmelzdefekte sind Folge äußerlicher Einwirkungen, z.B. Traumata („Käfigbeißer“, „Steinbeißer“) oder Infektionen (Staupe-Virus), sowie schwerer Allgemeinerkrankungen. Diese Defekte können belassen werden, oder bei Schmerzen / Beeinträchtigung des Fressverhaltens mit Füllungen oder Zahnkronen korrigiert werden.

Plaque und deren Folgen:

Unter Plaque versteht man ein Gemisch aus Mikroorganismen („Plaquebakterien“), Kohlenhydraten, Eiweißen und Elektrolyten, das sich auf den Zähnen ablagern kann. An wenig / schlecht gereinigten Zahnstellen kann sich dieses Gemisch weiter ausbreiten. 

Kommt es zu Reaktion mit den im Speichel vorhandenen Mineralien, kann die Plaque mineralisieren und hart werden. Es entsteht Zahnstein. Dieser kann durch einfache Zahnreinigung nicht mehr entfernt werden, sondern nur durch abkratzen (Vorsicht vor Schmelzdefekten!) oder Ultraschall-Zahnreinigung. Er kann bei massiver Ausbildung durch die anhaftenden Bakterien zu Zahnfleischentzündung („Gingivitis“) oder Zerstörung des Zahnhalteapparates („Parodontitis“) führen.

Bilden die Plaquebakterien vermehrt Säuren, kann es zu Zahndefekten aufgrund Säuredemineralisation („Karies“) kommen. Dies tritt bei Hunden allerdings viel seltener auf als beim Menschen, da Hunde normalerweise wenig Karies-förderndes Futter (Kohlenhydrate, Zucker, Süßigkeiten etc.) zu sich nehmen. Geringer Kariesbefall kann belassen oder analog zum Menschen behandelt werden. Ist der Befall größeren Ausmaßes, sollte der Zahn gezogen werden.

Zahnabrieb:

Durch übermäßiges Spielen mit Bällen (v.a. raue Tennisbälle) oder übermäßiges Kauen auf verschiedensten Gegenständen kann es zu einem Abrieb der Zähne kommen. Ist das Zahnmark („Pulpa“) nicht betroffen, ist dies nicht schmerzhaft und auch nicht behandlungswürdig. 

Zahnfrakturen:  

Frakturen der Zähne können vielfältig auftreten und ebenso vielfältig behandelt werden. Quer- oder Längsfrakturen bzw. Kronen- oder Wurzelfrakturen sind möglich. Dabei kann das Zahnmark („Pulpa“) intakt oder eröffnet sein und evtl. eine Entzündung („Pulpitis“) mit sich bringen. Frakturen können ohne oder mit scharfen Bruchkanten erfolgen und kaum bis sehr schmerzhaft sein. Ob und wie die Fraktur behandelt wird (Überkappung, Wurzelbehandlung, Zahnextraktion etc.) muss im Einzelfall entschieden werden.

Zahnfistel:

Eine eitrige Entzündung der Zähne kann durch Fremdkörper, Verletzungen, Pulpitis mit aufsteigenden Keimen oder massive Zahnsteinbildung entstehen. Zahnabszesse bilden sich dabei im Bereich der Wurzeln und können sowohl ins Innere der Maulhöhle, als auch nach außen aufbrechen. Eine Beeinträchtigung des Kieferknochens oder der Nasennebenhöhlen ist nicht selten. Durch Antibiotikagabe sind Zahnfisteln gut zu behandeln. Ist der Zahn geschädigt, sollte er entfernt werden. 

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Was führt zu Zahnerkrankungen beim Hund? Risiken & Ursachen

Welche Risikofaktoren und Ursachen sind für Zahnerkrankungen beim Hund bekannt?

Risikofaktoren

  • Rassedisposition (Chihuahua, Yorkshire-Terrier, Mops, Bulldoggen, Boston-Terrier etc.)
  • angeborene Fehlstellungen / Anomalien
  • starke Allgemeinerkrankungen / Infektionen
  • falsche Ernährung (viel Kohlenhydrate / Zucker)
  • wenig / keine Zahnreinigung (z.B. mittels Kauknochen, Zahnbürste, Zahnpasta)
  • Kauen auf ungeeigneten Gegenständen (z.B. Steine, Tennisbälle)
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Zahnerkrankungen: Symptome & Krankheitsanzeichen beim Hund

Welche Symptome und Krankheitsanzeichen sind für Zahnerkrankungen beim Hund bekannt und wie äußert sie sich?

Symptome & Krankheitsanzeichen

  • unvollständiger / inkorrekter Gebissschluss
  • bei geschlossenem Fang nach Außen sichtbare Zähne
  • Probleme beim Fressen / Trinken / Spielen
  • Abneigung Trockenfutter zu fressen / zu kauen / zu spielen
  • Schmerzäußerung beim Fressen / Kauen / Spielen
  • vermehrter Speichelfluss
  • blutiger Speichel
  • Umfangsvermehrung im Bereich der Kiefer / Nasennebenhöhlen (Fisteln)
  • Mundgeruch
  • Zahnfleischentzündung
  • Zahnsteinbildung
  • Zahnverfärbungen
  • Asymmetrie der Zahnreihen im rechts-links-Vergleich 
  • fehlende / überzählige Zähne
  • abgebrochene / abgeschliffene Zähne
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Behandlung & Therapie von Zahnerkrankungen beim Hund

Wie können Zahnerkrankungen beim Hund behandelt und therapiert werden?

Behandlung

  • antibiotische Behandlung (Zahnfistel)
  • Zahnreinigung (manuell oder Ultraschall)
  • Zahnbehandlung (Krone/Kappe, Füllung, Schleifen/Polieren etc.) 
  • Zahnwurzelbehandlung
  • Zahnextraktion
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Zahnerkrankungen beim Hund - Vorbeugung & Prävention

Welche präventiven Maßnahmen helfen hinsichtlich von Zahnerkrankungen beim Hund und was kann der Halter vorbeugend tun?

Vorbeugung

  • regelmäßige Kontrolle des Gebisses / der Maulhöhle
  • regelmäßige Zahnpflege
  • artgerechte Fütterung
  • adäquates Spielzeug

Hundehalter sollten die Zähne ihres Tieres regelmäßig selbst kontrollieren und bei Unklarheiten dem Tierarzt vorstellen. Dies gilt insbesondere für Hunde im Zahnwechsel und Hunde prädisponierter Rassen (Kleinrassen, Brachyzephale, s. oben). 

Bei Tieren die zu Zahnsteinbildung neigen, sollte regelmäßig Zahnpflege betrieben werden. Am besten zu festgelegten Zeitpunkten, damit die Zahnpflege routiniert wird (z.B. „immer vor dem Schlafen gehen“, „immer sonntags“). Häufigkeit und Umfang sind individuell auszuwählen. Geputzt werden kann mit speziellen Hundezahnbürsten oder einem angefeuchtete, über den Finger gewickelten Mikrofasertuch. Normale Zahnbürsten sind meist nicht geeignet, da sie oft unhandlich sind und durch ihre Rauigkeit/Härte von den Hunden meist nicht akzeptiert werden. Hundezahnpasten können zur Unterstützung ebenfalls verwendet werden. Auch Zahngele, die dem Hund an das Rachendach oder in die Backentaschen geschmiert werden, sollen durch spezielle Enzymzusammensetzung und Zungenbewegungen des Tieres zu besserer Mundhygiene führen. Mundspülungen sind weniger vorteilhaft, da sie in der Maulhöhle kaum Einwirkzeit haben (denn der Hund gurgelt ja nicht freiwillig wie ein Mensch) und selten von den Tieren akzeptiert werden. 

Auf unpassendes Spielzeug (viele Tennisbälle, Steine etc.) sollte verzichtet werden, um Zahnabrieb/-frakturen weitestgehend zu vermeiden.

Zuckerhaltige Lebensmittel und übermäßige Kohlenhydratzufuhr sollten vom Speiseplan gestrichen werden, um Plaquebildung zu reduzieren.

Bei Welpen mit Caninus-Engstand oder potentiell persistierenden Milchzähnen können häufiges Spielen mit passenden Hartgummibällen oder Zerrspiele das Problem beheben und eine OP unnötig machen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Welpe der aktive Part ist, um Schmerzen zu vermeiden (s. oben). Methoden und Ballgröße am besten mit dem behandelten Tierarzt absprechen. 

Für Hunde prädisponierter Rassen empfiehlt sich eventuell eine OP-Versicherung oder Zahnversicherung im Welpenalter. Dadurch sind OP-Kosten für regelmäßige Zahnsanierungen und ggf. Milchzahnoperationen abgedeckt.

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