Wie kann ich meinem ängstlichen Hund die Angst nehmen?

Was kann ich tun, wenn mein Vierbeiner ein Angsthund ist?

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Zuletzt aktualisiert am: 1.4.2024

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Ist man Besitzer eines Angsthundes, so ist der Hundealltag u.U. beschwerlich. Der Hund kämpft in vielen Situationen mit seiner Angst. Warum hat der Hund Angst? Welche Ursachen und Gründe führen alles zu Angst beim Hund? Wie kann ich meinem Hund helfen?

In der sensiblen Phase ganz am Anfang und Frühphase des Lebens als Hundewelpe, ist es von enormer Bedeutung, dass der Welpe mit so vielen Erlebnissen und Alltagssituationen auf positive Weise konfrontiert wird, damit er Erfahrungen sammelt, die für die Verfestigung und Stabilität seines Hundewesens sehr wichtig sind. Je mehr unbekannte Ereignisse ansonsten später auf ihn einprasseln, desto so verunsicherter und ängstlicher kann der Hund darauf reagieren - und gegebenenfalls daraus Angstverhalten entwickeln.

Es kann schon ein bestimmtes Ereignis dazu führen, dass der Hund zum Angsthund wird und ein scheues und schreckhaftes Wesen ausbildet. Auch im Laufe seines Hundelebens.

Wir wollen in diesem Artikel dem Grundgefühl Angst auf den Grund gehen und warum gewisse Erlebnisse und Situationen als besorgniserregend, bedrohlich und verängstigend auf den Hund wirken können und was wir als Halter aktiv dagegen präventiv, als auch akut tun können.

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Jeder Hund & Hunderasse ist in ihrem Wesen anders

Es gibt ängstliche Hunde, aggressivere Hunde und ausgeglichene Hunde.

Ein Hund hat sein individuelles Wesen und unterschiedlichen Charakter

Bei Hunden gibt es sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, mit differenten Wesen, Temperament und Verhalten.

Hierbei spielt es auch überhaupt keine Rolle, ob es sich um einen Rassehund, Hybridhund oder Mischlingshund handelt. Selbst bei Rassehunden einer Zuchtlinie gibt es verschiedene Charaktere, auch wenn sie sich nur in Nuancen unterscheiden. Folglich sind von Haus aus auch neugeborene Hundewelpen und Wurfgeschwister ein und desselben Wurfs von ihren wesensseitigen Anlagen konträr, was sich mit jedem neuen Tag durch äußere Einflüsse und die individuelle Persönlichkeitsentwicklung weiter verschärft.

Bei Rassehunden gibt es durch die gezielte Zucht unter Einsatz selektierter und für zuchttauglich befundene Zuchthunde, die einem gewissen Idealbild laut dem Rassestandard der jeweiligen Hunderasse möglichst nahekommen und entsprechen sollen, etwas mehr Sicherheit im Hinblick auf einen gewissen Standard in Sachen Wesen und Temperament als bei Mischlingen und Hybridhunden, aber eine Garantie ist auch dies für einen gefestigten und stabilen Charakter des eigenen Hundes bei Leibe nicht. Denn viel zu viele externe Faktoren spielen eine bedeutsame Rolle, wie jede einzelne Hundepersönlichkeit am Ende des Tages tickt und ob sie eher ein gefestigtes oder eingeschüchtertes Wesen ist. Die Vielfalt ist unter der gesamten Hundepopulation groß.

So gibt es Hunde, die eher scheu sind, andere hingegen mit ihrer extrovertierten Art auffallen. Ferner findet man Hundeindividuen, die als Angsthunde bezeichnet werden, weitere Hunde fallen durch ihr aggressives Verhalten auf und wiederum gibt es Vierbeiner die als ausgeglichene und wesensfeste Charaktere beschrieben werden. Ferner hört man von Hunden, die mit Dominanzverhalten in der Familie auffallen und eher den Konflikt suchen, andere sich stetig unterordnen und brav tun, was Herrchen will.

Kurzum: Die Persönlichkeit von Hunden ist sehr facettenreich und oft mit Überraschungen behaftet, kann vollkommen den Erwartungen und den Beschreibungen besonders in Bezug auf Rassehunde im Hinblick auf deren Wesensmerkmale und des Temperaments entsprechen, aber ebenso atypisch abweichen.

Genau davon können Millionen von Hundehaltern berichten, die sich über unübliche und untypische Charakterzüge ihres Hundes wundern, obwohl für die Rasse diese Wesensmerkmale nicht Standard sind.

Es gibt Hunde, die der Kategorie und Gruppe der Wachhunde angehören und dennoch jedem Fremden ängstlich gegenübertreten. Ein Angsthund als Wachhund? In diesen Fällen hinterfragen die betroffenen Hundebesitzer ihren Hund und dessen ureigene Wesensmerkmale nach dem Rassestandard. Verständlicherweise, auch wenn die Antwort dafür u.U. an unbeabsichtigten Fehlern und Versäumnissen bei den Aufgaben rund um die Auzucht in der Kindheit liegen, oder schlichtweg das betreffende Hundeindividuum genetische "Vorbelastungen" und untypische Anlagen vererbt bekommen hat. Auch Rottweiler oder Deutscher Schäferhund, die sinnbildlich für Wachsamkeit und Beschützerinstinkt stehen, können mal komplett aus der Norm der eigentlichen Rasseeigenschaften fallen und ängstlich, schreckhaft oder scheu veranlagt sein.

Und dann gibt es wiederum witzige Verhaltensweisen bei Hunderassen, denen man eine gewisse Form von Forschheit und Draufgängertum gar nicht zumuten würde und dennoch bei einer Begegnung auf der Straße dermaßen in den Senkel gestellt wird, dass man als Betroffener tatsächlich überlegt, ob man nun Angst vor dem Hund haben muss oder ob es nur ein Aufstellen des Vierbeiners bedeutet. Man muss sich nur einmal vorstellen, dass man auf offener Straße von einem Toypudel, Mops oder Papillon angegangen wird und überlegt, die Flucht zu ergreifen.

Die vorgenannten Ausführungen verdeutlichen, dass es von Tier zu Tier einfach Unterschiede in deren individuellen Merkmalen und Verhalten gibt - dies gilt auch in Bezug auf das Thema "Angst" in all seinen Ausprägungen. Mancher Hund ist eben eher mutig, unerschrocken und couragiert, sein Artgenosse hingegen vielleicht aber eher von ängstlicher Natur geprägt und als Angsthund verschrien.

Alle Hunde verhalten sich anders

Aus den geschilderten Beispielen muss man einfach konstatieren, dass alle Hunde ganz individuell in ihren Verhaltensweisen und Wesenszügen veranlagt sind und ticken. Jedes Tier ist für sich genommen ein Individuum. Viele Parameter spielen eine Rolle, wie ein Hund in seiner Prägung, Habituation und Sozialisierung vom neugeborenen Welpen bis zu erwachsenen Hund lernt und aufwächst und in seiner Persönlichkeit beeinflusst und geformt wird.

Genau die wichtige sensible Phase am Anfang des Hundelebens ist so bedeutend für die Entwicklung des Welpen, wie ihr in unserem ergänzenden Leitartikel nachlesen könnt. Denn hier wird das Fundament für das weitere Hundeleben gelegt. Erlebt der kleine Vierbeiner viele alltägliche Eindrücke und wird im positiven Kontext an Umwelteinflüsse und andere Wesen wie Türenknallen, Haushaltsgeräte, Motorengeräusche, andere Hunde und Menschen etc. behutsam herangeführt und umfassend gewöhnt,  so wird er sich vermutlich nicht zu einem Angsthund entwickeln. Je mehr er in dieser Zeit kennenlernt, desto weniger wird er in seinem zukünftigen Leben auf Situationen stoßen, die unbekannt sind und folglich Unsicherheit, Stress und Angst auslösen können. Daher sind in diesem Welpenalter unbedingt negative und verängstigende Ereignisse zu vermeiden, da auch diese abgespeichert werden und nachhaltig starken negativen Einfluss auf das jeweilige Hundewesen haben. Wird der Welpe in dieser Zeit von einem anderen Hund rabiat angegangen und durch Bissverletzungen beispielsweise verletzt, so wird dieses Erlebnis für zukünftige Hundebegegnungen und Sozialkontakt mit Artgenossen absolut nicht förderlich sein. So kann sich durchaus hieraus ein unerwünschtes Verhalten entwickeln und der betroffene Hund bei späteren Zusammentreffen verängstigt sein und entweder Flucht- oder Aggressionsverhalten zeigen, da er sich schon nur durch die Anwesenheit des anderen Hundes in Verknüpfung mit dem negativen Erlebnis als Welpe, bedroht fühlt.

Zurück zur sensiblen Phase: In dieser Welpenphase der Aufzucht wird der Grundstein gelegt und der Welpe auf das wahre Hundeleben mit dem notwendigen Rüstzeug ausgestattet - sprich seine Hundepersönlichkeit mit vielen kleinen, aber umso relevanteren Bausteinen zusammengesetzt, damit er für die alltäglichen Situationen gewappnet ist und mit ihnen umgehen kann.

Und je nachdem wie intensiv und umfassend die Prägung und Gewöhnung einerseits ausgefallen sind und andererseits das jeweilige Hundeindividuum vom Wesen und Temperament von Geburt an ausgestattet ist, wird sich entscheiden, ob er eher der in sich gefestigten Fraktion oder der ängstlicheren Partei angehört.

Wenn Hund A und Hund B  mit derselben Situation konfrontiert werden, werden beide vermutlich auf Grund ihres differenten Wesen und Temperaments, sowie geformter Persönlichkeitsstruktur sehr unterschiedlich reagieren. So kann der Knall eines Schusses bei dem einen Hund die Flucht auslösen, bei dem anderen ist die Schussfestigkeit von klein an antrainiert und in seinem Erfahrungsschatz verfestigt, so dass dieser keinerlei Reaktion zeigt. Dieser Hund empfindet in diesem speziellen Kontext keinerlei Ängste, wohingegen der schussscheue Vierbeiner eine Reaktion zeigen wird, die von Schreckhaftgkeit und Angst geprägt sein wird.

Dennoch muss man auch eines ergänzen: Ein gewisses "ängstliches" Verhalten vom Welpenalter an ist völlig normal und natürlich. Man kann auch der Ansicht sein, dass es nicht Angst beim Hund, sondern Vorsicht, Scheu oder Schrecken ist. Wie auch immer wollen wir das Thema näher beleuchten.

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Warum reagiert ein Hund ängstlich?

Wenn der Hund eine Situation nicht kennt, ist er eventuell überfordert und reagiert ängstlich.

Sorge, Vorsicht oder Angst

Wenn ein Hund eine Situation nicht kennt und einschätzen kann, wird er tendenziell weniger oder mehr schreckhaft und ängstlich reagieren. Das heißt nicht, dass er ein Angsthund ist. Aber es kann sein, dass er ängstlicher reagiert, als sein Brüderchen oder Schwesterchen aus demselben Wurf.

Dieses vorsichtige und ängstliche Verhalten bei einem situativen Ereignis ist eine ganz natürliche Reaktion des Hundes, dass von uns Hundebesitzern zunächst durchaus nicht mit Sorge betrachtet werden muss.

Dieses Verhalten sichert dem Hund unter Umständen sein Hundeleben. Es wäre schließlich vollkommen verrückt, wenn der Hund keinerlei Automatismen in dieser Hinsicht hätte, die ihn sorglos in jedes Verderben hereinschlittern lassen würden.

Damit können wir festhalten, dass eine gewisse Portion Vorsicht, Angst und Sorge durchaus positiv sind und der Hund nicht blauäugig Menschen und Ereignissen ausgeliefert ist.

Somit sind diese Wesenszüge durchaus als Schutzfunktion oder Eigenschutz zu sehen. Es sichert dem Hund das Überleben und wenn man sich daran erinnert, dass Hunde vom Wolf abstammen und ehemals in freier Wildbahn gelebt haben, ist dieses Hundeverhalten nur allzu verständlich und ein Überbleibsel aus der Zeit vor seiner Domestikation zum Haushund durch den Mensch.

Die Angst des Hundes kann zum Problem werden

Die natürliche Schutzfunktion und das daraus resultierende Verhalten des Hundes kann durchaus zu einem großen Problem für Hund und Hundehalter erwachsen.

Es ist immer eine Frage wie stark die Ausprägung der Angst und Scheu beim Hund sind. Handelt es sich um einen Angsthund, dann kann der Weg sehr beschwerlich werden.

Einige Beispiele, die auf ein deutliches Überschießen von Angstanzeichen des Hundes schließen lassen:

Angstbeispiele
Sollte der Hund beim Anblick jedes fremden Menschen derart in sich zusammenfallen und das Weite suchen, ist es an der Zeit zu handeln.
Oder der Hund bei der wöchentlichen Müllabfuhr in den Keller läuft, sich in der hintersten Ecke verkriecht und den halben Tag nicht mehr zu sehen ist.
Der Hund sieht einen Artgenossen beim Spazieren und ist nervös, versucht den Rückwärtsgang einzulegen und zieht den Schwanz ein.
Das typische ängstliche und schreckhafte Verhalten an Silvester ist nahezu jedem Hundebesitzer bekannt, kann bei dem einen oder anderen Hund aber noch tagelang Nachwirkungen zeigen.
Sobald die Kinder auf der Straße lauthals Fangen spielen oder mit ihren Skateboards und Fahrrädern die Umgebung unsicher machen, schreckt der Hund immer wieder zusammen und kauert auf der Hundedecke herum.
Andere Hunde reagieren auf Grund ihrer Angst mit ständigem Anbellen auf Menschen, die ihnen entgegentreten und überspielen mit ihrer Darbietung ihre Angst.
Skurril wirkt auch das Verhalten eines Hundes beim Anblick einer Katze, die sich mit ihrem Katzenbuckel entgegenstellt und durch ihre Erscheinung den Hund in die Flucht schlägt.
Weitere Beispiele sind Hunde, die in ihrer gewohnten Umgebung, beispielsweise auf dem eigenen Grundstück dermaßen von einem lauten Knall oder sonstigen Geräusch erschreckt werden, dass sie Reißaus nehmen und in den nahegelegenen Wald flüchten, um dort gesicherten Unterschlupf zu finden.
Ein Hund hat sich vor einiger Zeit die Pfoten dermaßen in einer zugeschlagenen Tür gequetscht, dass er sich nur unter Qualen im Haus durch die Türrahmen bewegt.
Für andere Hunde sind Menschen, die ihnen mit einer Leine entgegenkommen ein Dorn im Auge, weil sie in ihrem Leben öfter mit einer Leine drangsaliert und geschlagen wurden. Hier gibt es dann Hunde die dermaßen in ihrer Angst versenken oder andere mit aggressivem Verhalten reagieren.
Der Hundebesitzer ist zur morgentlichen Hunderunde am Waldesrand unterwegs und plötzlich ertönen zwei Schüsse. Der Hund schreckt zusammen und springt fast zwei Meter auf die Seite und macht ein Gezerre an der Leine in Richtung Heimat.
Bei anderen Hunden reicht das samstägliche Staubsaugen, damit er nervös ins oberste Geschoss hetzt und sich unter das Ehebett verkriecht.
Andere Hunde wiederum zieren sich beim Öffnen der Haustür nach draußen zu gehen und ziehen zurück in Haus. Dies kann durchaus bei Hunden, die keinen großen Außenkontakt in ihrem vorherigen Hundeleben hatten, der Fall sein. Oder bei Hunden, die früher die Ruhe des Landlebens gewohnt waren und heute die Hunderunde in der von Geräuschkulissen und Stress überflutenden Stadt, machen sollen.

Die vorgenannten Beispiele sind nur ein ganz kleiner Bruchteil von den Erlebnissen, Beobachtungen und Erfahrungen die ihr Hundebesitzer uns sicherlich schildern könnt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ihm die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, hinzuhören und sein Problem ernst zu nehmen, die Ursachen und Gründe eventuell mit Hilfe eines Hundefachmanns heruaszufinden und dann mit entsprechenden Gegenmaßnahmen zu behandeln.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt am Anfang des Hundelebens

Wenn ein Hund als neugeborener Welpe das Licht des Lebens entdeckt, fängt bereits wie mehrfach in diesem Artikel betont, eine der wichtigsten Phasen im Leben des Hundes an.

Denn zu diesem Zeitpunkt hat er zwar durch das Erbgut der Elterntiere eine bestimmte Veranlagung mitbekommen, ist aber ansonsten noch völlig "grün hinter den Ohren" und wird fortan durch alle Einflüsse die nun auf ihn bewusst und unbewusst einprasseln werden, zu der Persönlichkeit "gemacht", die er am Ende in seiner Gesamtheit im Hinblick auf Wesen, Temperament und Verhalten darstellt und mit seiner Umwelt kommuniziert.

Der Welpe bekommt ab nun ganz entscheidende Eindrücke vermittelt, die für sein weiteres Hundeleben und seine eigene Prägung, Habituation und Sozialisierung von ganz großer und wichtiger Bedeutung sind. Es ist seine sensible Phase - und sie heisst nicht nur so, es gilt auch als verantwortlicher Halter sensibel und im Sinne des individuellen Hundewesen umzugehen, sowie durch das eigene Zutun möglichst alles dafür zu tun, dass aus dem neugeborenen Winzling ein stattlicher und in sich gefestigter Hund erwächst.

Beim Erstbesitzer (i.d.R. Züchter) angefangen und nach der Übernahme des Welpen durch den zukünftig verantwortlichen Sozialpartner und alle weiteren Bezugsmenschen obliegt es, den Welpen an das reale Leben seines Mittelpunktes heranzuführen und ihn möglichst mit vielen Dingen und Wesen anderer Spezies vertraut zu machen. In dieser Zeit werden die Weichen gestellt, wie der Hund zukünftig in seinem Hundeleben zurechtkommen und mit Alltagssituationen in Gänze und im Hinblick auf mögliches Angstverhalten umgehen wird. 

Durch negative Erlebnisse und Versäumnisse kann sich der Hund zu einem schreckhaften, verängstigten und unsicheren Wesen mit zahlreichen Vorbehalten, alles, allem und jedem gegenüber entwickeln oder aber zu einem gestandenen, sicheren und offenen Individuum erwachsen. 

Was hier an positiven Einflüssen von Seiten des jeweiligen Halters getan werden kann, wie die einzelnen Welpenphasen inhaltlich aussehen und welche Aufgaben auf einen zukommen, haben wir umfassend in unserem Leitartikel "Die Enwicklungsphasen von Hundewelpen" beschrieben. Die Lektüre lohnt sich, zumal für die bis hierhin beschriebenen Aufgaben rund um die Welpenaufzucht immer nur ein begrenzter Zeitraum verbleibt und dies in Einklang mit der persönlich zur Verfügung stehenden Zeit, der maximalen Belastungsintensität eines Welpen in der "kindlichen " Frühphase und der jeweiligen Lebenssituation des zukünftigen Zuhauses und seinem Umfeld gebracht werden muss.

Die sensible Phase des Welpen

Die Prägungs- und Sozialisierungsphase sind in den ersten Wochen des Hundelebens entscheidend, wie das Wesen des Hundes geprägt und für sein zukünftiges Leben sein Verhalten in verschiedenen Situationen aussehen wird. 

Positive und negative Erlebnisse werden sich aus dieser Zeit maßgeblich auf die Entwicklung seiner Persönlichkeit auswirken und darüber entscheiden, ob er eher verängstigt oder sicher mit verschiedenen Ereignissen und externen Stimuli umgeht und auf diese reagiert.

Der heranwachsende Hundewelpe muss in diesem Zeitzyklus unbedingt mit den verschiedensten Ereignissen, Geräuschen, Menschen und allen alltäglich passierenden Dingen vertraut und bekannt gemacht werden, damit er möglichst mit wenig Situationen in seinem weiteren Leben konfrontiert wird, die für ihn fremd, unbekannt und geheimnisvoll sind, folglich ihn verunsichern, verschrecken oder in eine Gefühlslage der Bedrohung oder Bedrängnis bringen könnten, da er in diesem Kontext einfach unerfahren ist und keinerlei positiv gleichartige Erfahrungen aus Kindertagen präsent hat, auf die er in diesen Momenten zurückgreifen könnte.

Fehler, Versäumnisse und schlechte Erfahrungswerte im Hinblick auf Artgenossen, andere Tiere, menschliche Wesen, Geräusche, Alltagsgeschehen wie Alleinbleiben, Autofahren etc. werden perspektivisch sich heimzahlen und im schlimmsten Fall nicht nur akut und kurzzeitig zu Unsicherheit, Stress, erhöhtem Erregungslevel, Schreckhaftigkeit, Verängstigung bis hin zu Angststörungen führen, sondern sich womöglich zu einer chronischen Wesensbeeinträchtigung mit Angstverhalten ausdehnen und nachhaltig festsetzen. 

Weitere Ursachen für ein ängstliches Wesen beim Hund

Es gibt selbstverständlich noch weitere Ursachen, warum ein Hund zu Angst neigt. Oder aber zumindest ängstlicher ist, als es eigentlich der Rassestandard im Zusammenhang mit Rassehunden vorsieht.

Diese Ursachen finden sich einerseits in der Hunderasse wieder, da vom Grund auf der Dobermann sicherlich weniger ängstlich daherkommt, als der Papillon. Dies ist bei Rassehunden auch einfach erklärt, warum sich dies so verhält: Denn jede anerkannte Hunderasse ist aus einem bestimmten Grund gezüchtet worden und zu dem Rassehund über die Dauer seines Bestands, in Bezug auf seine körperlichen und geistigen/mentalen Merkmale, verändert und weiterentwickelt worden, um für einen bestimmten Verwendungszweck optimal ausgestattet zu sein. Demnach soll eine Rasse, die von jeher Haus und Hof oder Nutztiere beaufsichtigen und gegen Eindringlinge jeder Art sichern sollte, wachsam, mutig und unerschrocken sein, sowie eine gewisse Schärfe gegenüber Menschen oder Raubtieren mitbringen- sprich in der Not auch die direkte Konfrontation nicht scheuen, um das ihm anvertraute Gut zu verteidigen.

Natürlich gibt es innerhalb einer Hunderasse ebenfalls Unterschiede, wie charakter- und wesensstark der jeweilige Hund ist.

Sollte bei der Zucht ein von Angst getriebener und geprägter Rüde, mit einer verängstigten Hündin gepaart werden, werden sicherlich keine mutigen und draufgängerischen Rambos und Schwarzeneggers als Welpen dabei herauskommen. Hinzu kommen dann die Erziehungsmaßnahmen der Elterntiere, die prägenden Einfluss auf die Welpen in den ersten Wochen ihres jungen Lebens haben und etwaige von Unsicherheit, Schreckhaftigkeit und Angst geprägten Wesenszüge durch entsprechend situatives Verhalten weitergeben werden.

Daher muss man zu dem Schluss kommen, dass wie bei jeder Erziehungs- und Ausbildungsmaßnahme auch positive wie negative Wesenszüge durch die anwesenden Erziehungsberechtigten und Vorbilder vorgelebt, angelernt, übertragen und an die Jungtiere weitervermittelt werden.

Ein weiterer Aspekt für das Hervorrufen von Angst bei eurem Hund kann durchaus auch das eigene Verhalten als Halter sein. Dieses spiegelt sich oftmals direkt im Verhalten des Hundes wider, da sich eine negativ aufgeladene Stimmung mit Stress, Angst, Nervosität, Unsicherheit etc. überträgt, wie ihr in unserem ergänzenden Artikel "Der gestresste Hund" nachlesen könnt.

Sprich ist der Hundeführer nervös und eher ein ängstlicher Typ, wird sich beim Spaziergang dieses Verhalten auf den Hund legen und dieser ebenfalls von der Stimmungslage anstecken lassen. Eigentlich sollte der Hundebesitzer als Leitwolf aber Sicherheit und Vertrauen vermitteln, aber sicherlich keine Ängste.

Seid ihr beispielsweise auf eurer morgentlichen Hunderunde unterwegs und seht von Weitem einen anderen Hundehalter mit einem schweren Pitbull auf euch zukommen, versucht ruhig und gelassen zu bleiben und nicht in Ängstlichkeit und Ehrfurcht zu erstarren. Auch wenn die Situation sehr unangenehm sein sollte, ihr seid der Leitwolf und Rudelführer eures Hundes. Euer Hund schenkt euch Beachtung, vertraut euch und nimmt sehr aufmerksam das Verhalten auf. Ist dieses von Angst und Schreck geprägt, so wird euer Hund ebenfalls die Situation als gefährlich betrachten und die ängstliche und verunsicherte Stimmung annehmen.

Das richtige Verhalten eurerseits bei einem derartigen Ereignis ist wie folgt: Bleibt beherrscht und zeigt Größe. Vermittelt eurem Vierbeiner die gewohnte Sicherheit und er wird euch durch die Situation vertrauensvoll folgen. Ihr seid es als Rudelführer, der eine Lösung parat haben und durch seine Führungsqualität den Hund aus der potentiell "misslichen " Lage herausführen muss. Gelingt euch dies, so wird sich euer sicheres Auftreten bei ihm festsetzen, was sein Vertrauen weiter steigert und ihr als Rudelführer von der Akzeptanz gefestigt werdet. Andernfalls könnte sich der Vierbeiner genötigt fühlen, selber das Heft in die Hand zu nehmen, eine Lösung für die gefühlte "Bedrohungsituation" zu suchen und entweder den offenen Konflikt mit dem Kopf durch die Tür suchen oder alternativ zu flüchten und den Hinterausgang zu wählen.

Die Körpersprache, die Stimme und euren Gesten vermitteln eurem Hund ganz genau die Gemütslage, die er für sich dann auch aufnimmt und entsprechend in seinem eigenen Verhalten umsetzt. Hunde sind sehr sensible Wesen, die sofort spüren, wenn sich die Stimmungslage umschlägt und wie es euch situativ geht.

Ferner können zudem gesundheitliche Probleme für eine Wesensveränderung hin zum Angsthund verantwortlich sein, sei es eine Krankheit oder die Folgen einer Vergiftung durch Giftköder, Verzehr von giftigen Pflanzen, Pilzen, Nahrungsmittel oder sonstiger chemischer Substanzen etc. Auch diese Faktoren können Angst auslösen, die kurzweilig oder gar als Folge langfristig angelegt ist und das Verhalten des Hundes beeinträchtigen werden.

Gleiches gilt im Übrigen auch auf Grund von Reaktionen durch Unverträglichkeiten durch etwaige Medikamentengabe, Narkosemittel oder Impfungen.

Aber auch hormonelle Veränderungen können zwischenzeitlich zu Angstgefühlen beim Hund führen, denke man an die Trächtigkeits- oder Läufigkeitsphase und nach einer erfolgten Kastration/Sterilisation und daraus resultierender Nebenwirkungen.

Wie wir nun ausführlich in unseren Ausführungen aufgezeigt haben, kann Angst, Unsicherheit, Schreckhaftigkeit beim Hund aus vielen verschiedenen Gründen entstehen. "Angst" ist daher ein sehr weitreichendes und komplexes Feld, denn neben den möglichen Treibern in der Welpenphase, kann Angst auch bekanntermaßen durch jegliches unangenhemes Ereignis im Laufe des Hundelebens ausgelöst werden und sich durch ein von außen negativ einwirkendes Erlebnis ausbilden. 

Bei starker Ausprägung der Angst auf Experten zurückgreifen

Etwaige Angst kann in den unterschiedlichsten Ausbaustufen mal, kurzzeitig, phasenweise, situationsbedingt oder insgesamt das Wesen des Hundes prägen. 

Schafft man sich einen Hundewelpe an, so kann man bis auf die vorhandenen Anlagen vieles entscheidend durch das eigene Zutun und die aktive Unterstützung in der Welpenphase hinsichtlich potentieller Angst beeinflussen. Selbiges gilt dann auch für das weitere Hundeleben bis hin ins Senioralter.

Anders sieht es bekanntermaßen mit einem Vierbeiner aus, den ihr z.B. durch eine Adoption aus dem Tierheim übernehmt, da dieser eine gewisse Vorgeschichte mit zahlreichen Erlebnissen und Erfahrungen mitbringt, die sich auf seinen Charakter, Temperament und gesamtes Verhalten bereits auswirken und zu einem bereits geformten Wesen, mit allem Wenn und Aber, gemacht haben. Auf Grund dieser Tatsache und einiger anderer wesentlicher Punkte im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Tierheimshundes, haben wir eine Checkliste für alle bereitgestellt, die sich hier noch in der Findungsphase befinden. Je nachdem woher der Tierheimhund stammt, könnte z.B. durch den täglichen Umgang des ehemaligen Besitzers, der Hund eingeschüchtert und durch das ständige Drangsalieren des Vorbesitzers verängstigt sein und Menschen allgemein gegenüber Vorbehalte haben. Ebenso problematisch ist ein etwaiges Halten des Hundes in jeglicher Isolation. Auch diese Hunde werden folglich Angst beim Aufeinandertreffen mit Menschen oder Artgenossen zeigen, da ihnen diese Spezies und die Umgangsformen in Betracht auf möglichen Sozialkontakt völlig fremd sind. Schließlich fehlt es ihnen an einer umfassenden Sozialisierung und konnten dementsprechend nie Verhaltensregeln, die der Norm für das soziale Miteinander mit den unterschiedlichsten Spezies entsprechen, erlernen. Somit fehlt diesen Hunden jegliches Rüstzeug und die normalen Werkzeuge für etwaigen Begegnungen mit Artgenossen oder Menschen, was zwangsläufig jedes betroffene Individuum in die Bredouille bringt, da jegliche Regeln des Sozialverhalten fehlen.

Egal welche Form und Ausprägung der Angst beim Hund nun vorliegen mag, es gilt ihr nachzugehen und die wahren Gründe herauszufinden, damit dem Hund und seinem Umfeld durch entsprechende Maßnahmen geholfen werden kann.

Mit Abstrichen ist der eine oder andere erfahrene Halter eventuell in der Lage, dies alleine herauszuarbeiten und die richtigen Gegenmaßnahmen zu unternehmen, um eine Besserung herbeizuführen.

Oftmals geht der Weg aber nur über eine kompetenten Hundefachmann. Und hier sind je nach Ursache sowohl der Tierarzt, Hundetrainer und/oder Verhaltenstherapeut gefragt.

Denn der Keim und Ursprung für die Angst kann sehr tief und zeitlich weit zurückliegen oder aber in jüngster Vergangenheit liegen und durch eine "Lappalie" ausgelöst sein.

Sobald klar ist, warum euer Hund Angst in bestimmten Situationen hat, wird man sich an die Behandlung der Ursache mit einem festgelegten Trainings- und Therapieplan begeben. Beispielsweise kann ein Angsttraining durchgeführt werden, um die Angst und das entsprechende unerwünschte Verhalten des Hundes zu minimieren.

Den Schlüssel zum Erfolg stellt ihr als gemeinsam gut funktionierendes und harmonierendes Team dar. Hier werden diejenigen erfolgreich sein, die zu ihrem Hund ein vertrauensvolles und gesichertes Verhältnis haben.

Das Ziel ist durch gezielte Übungen und Maßnahmen die Angstbewältigung anzugehen, damit der Hund zukünftig mit den jeweiligen Angstpotentialen klarkommt. Weg vom Angsthund hin zum selbstbewussten und mit Rückgrat daherkommenden Vierbeiner.

Seid bei den Trainingsübungen und Ergebnissen geduldig und lasst eurem Hund ausreichend Zeit, sich mit seinen Problemen zu beschäftigen und diese Schritt für Schritt in den Griff zu bekommen. Es lohnt sich.

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