Die Entstehung der Hunderassen
So sieht die Entwicklungsgeschichte von Schäferhund, Labrador, Dackel & Co. aus!
Von:
Ralf Lügger
Zuletzt aktualisiert am: 27.6.2023
In diesem Artikel beleuchtet Ralf Lügger, unser dogondo-Hundetrainer, leidenschaftlicher Tierschützer und großer Hundefreund, die Entstehungsgeschichte der zahlreichen Hunderassen.
Wie kam es zu den heute bekannten und populären Rassen wie Schäferhund, Labrador, Dackel, Dobermann, Husky, Yorkshire Terrier, Papillon & Co.? Sind sie allesamt Nachfahren des Wolfes? Wie haben wir Menschen nach der Domestikation des Hundes, die Entwicklung der anerkannten Hunderassen durch züchterische Maßnahmen beeinflusst und weshalb gibt es unterschiedliche Gruppen wie Hüte- und Treibhunde, Molosser, diverse Jagdhunderassen und Schlittenhunde?
Um mehr über die Entstehung der Hunderassen zu erfahren und Antworten auf die vorgenannten Fragen zu finden, laden wir euch nun herzlich zur Lektüre der nachfolgenden Ausführungen ein. Viel Freude dabei!
Vom Wolf über die Domestikation bis hin zu den zahlreichen Hunderassen
Wie sich im Laufe der Zeit die Hunderassen entwickelt haben.
Wie die Hunderassen entstanden sind und sich bis heute entwickelt haben
Unsere Hunde sind, die treuesten und liebsten Gefährten der Menschen. Ihre Vorfahren sind die Wölfe, vor vielen Jahrtausenden wurden sie aus der Linie der Wölfe heraus gezüchtet.
Die Wissenschaft über die Entstehung der Hunderassen streitet sich darüber, wann und wo genau sie ihren Ursprung haben. Es gibt Wissenschaftler, die der Überzeugung sind, dass unsere Haushunde ihren Ursprung im ostasiatischen Raum hatten und von dort ihren Siegeszug als Haushund antraten. Es gibt eindeutige Beweise in Form von DNA–Analysen, dass domestizierte Wölfe ihre entfernten Verwandten waren.
SYstematik: | |
Ordnung: | Raubtiere (Carnivora) |
Überfamilie: | Hundeartige (Canoidea) |
Familie: | Hunde (Canidae) |
Tribus: | Echte Hunde (Canini) |
Gattung: | Canis |
Art: | Wolf |
Wissenschaftlicher Name Canis lupus Linnaeus 1758
Die Zähmung von Wölfen ist auch in anderen Gebieten der Erde zu ähnlich früher Zeit gelungen. Dies belegen die Funde aus der 13.000 Jahre alten Freilandstation Mezin (Ukraine), der Unterkieferfund aus der Palegawra-Höhle im Irak und ähnlich alten Grabbeigaben bei Mallaha in Israel. Dort fanden Forscher das Grab eines Mannes, der vor etwa 10.000 Jahren bestattet worden war. Ungewöhnlich an diesem Grab war die einzigartige Grabbeigabe. Mit ihm wurde ein etwa 3 bis 5 Monate alter Welpe mit bestattet. Ungewöhnlich ist die Geste des Toten, so hatte er die Hand auf den toten Körper des Welpen gelegt. Dies legt nahe, dass schon zur damaligen Zeit die starke und innige Bindung zwischen Mensch und Hund erkannt und geschätzt wurde.
Eine weitere Vermutung wie Wölfe domestiziert wurden, geht davon aus, dass sich vor etwa 14.000 Jahren Wölfe dem Menschen angeschlossen haben, um dessen Nahrungsreste zu vertilgen, sie gingen also schon früh eine Symbiose ein. Mit der Zeit wurden sie zutraulicher, und der Mensch erkannte ihren Nutzen. Eine andere Theorie ist, dass Wölfe zunächst als Fleischlieferanten dienten, ehe man herausfand, dass sie als Haustier anderen und besseren Nutzen haben konnten.
Wölfe siedelten sich mit der Zeit immer näher dem Menschen an, so gelangten sie besser an ihre Nahrung (Reste der Menschennahrung etc.). Der Wolf hatte so ein leichteres Leben und gewöhnte sich mit der Zeit immer mehr an den Menschen, was dazu führte, dass die Menschen sich seine Gelehrigkeit zu Nutze machten und im Rollenverständnis der Wölfe die Leittierfunktion übernahmen. Beide, der Wolf und der Mensch erkannten die Vorteile aus dieser Art der „Lebensgemeinschaft“ und lernten einander zu respektieren. Heute ist dies in vielen Teilen der Erde leider nicht mehr so. In der gemeinsamen Geschichte von Mensch und Wolf wurde beispielsweise das Jagen für beide leichter, indem Sie ihre geistigen und jagdlichen Fähigkeiten miteinander verknüpften. Der Wolf konnte dem Menschen außerdem als Schutzhund dienen und vor Feinden oder anderen Tieren warnen. Er lernte das Vieh zu hüten und viele andere Aufgaben zu bewältigen. Es entstand im Laufe der Zeit aus dem Wolf eine Vielzahl an verschiedenen Hunderassen. Heutzutage (Stand 26.06.2023) sind es weit mehr als 350 anerkannte Rassen. Die Hunderassen werden von der FCI Fédération Cynologique Internationale (zu Deutsch: internationaler kynologischer Verband), einer zentralen Organisation, die für die Rassestandards von Hunderassen zuständig ist, in 10 verschiedene Gruppen eingeteilt.
Eine Gruppe ist zum Beispiel die Gruppe 1 – Hütehunde und Treibhunde, zu denen der Deutsche Schäferhund oder auch der Border Collie gehören. Weitere Gruppen sind beispielsweise die Windhunde mit Vertretern wie dem Afghanischen Windhund oder dem Irischen Wolfshund.
Ein in Deutschland eher seltenes Exemplar der Gruppe 1 Hütehunde und Treibhunde
ist der Ciobanesc Romanesc Mioritic, übersetzt bedeutet das rumänischer Hirtenhund.
Diese Rasse wurde aus einer Naturrasse aus den Karpaten gezüchtet, wobei zunächst die Verwendung als Gebrauchshund im Vordergrund stand.
Das Bild zeigt unseren Luis. Er ist heute (Stand 26.06.2023), 5 Jahre alt. Er kam direkt aus Rumänien, damals war er 7 Monate, aus dem Transport zu uns.
Eine weitere beliebte Gruppe ist die Gruppe der Molosser mit Vertretern wie dem Deutschen Boxer oder dem Rottweiler. Alles in allem sind alle Hunde, egal welcher Rasse, vom Menschen zu respektieren und gut zu behandeln.
Unser Rottweiler Knut, heute (Stand 26.06.2023). Er kam über Ungarn, zweimonatiger Quarantäne im Tierheim Solingen mit 7 Monaten zu uns. Seither ist er mein zuverlässiger Co bei meiner Arbeit als Hundetrainer und das egal, wo ich mit ihm unterwegs bin.
Siberian Husky: Ein Haushund mit sichtbarer Ähnlichkeit zum Wolf
Die Verwandtschaft zum Wolf zeigt sich recht deutlich bei einigen Hunderassen mehr als bei anderen. Hunde vom Urtyp (Gruppe 5 in der FCI Klassifikation) wie zum Beispiel der Samoyede, der Siberian Husky oder auch der Akita Inu weisen einen ursprünglichen Typ mit spitzem Fang, spitzen Stehohren und doch recht offensichtlichen quadratischem Körperbau auf; auch andere Rassen wie der sehr beliebte Deutsche Schäferhund zeigen noch eine gewisse äußere Ähnlichkeit zum Wolf. Es ist jedoch ein Mythos, dass diese Rassen daher enger mit dem Wolf verwandt wären als andere.
Im 20. Jahrhundert wurde in Tschechien, aber auch in Italien aber auch den Niederlanden mit Wolfseinkreuzungen experimentiert; Züchtungen wie der Saarloos-Wolfhund (FCI-Nr. 311) von eben jenem Leendert Saarloos, der Tschechoslowakische Wolfhund (Československý Vlčák, FCI-Nr. 332) oder die Wolf-Schäferhund-Kreuzungszucht „Lupo Italiano“ (von der FCI nicht anerkannt), gelten als gescheiterte Experimente. Wolfsverhalten schlagen bei diesen Tieren oft zu sehr durch, sie sind dann ängstlich und scheu. Vom Halter erfordern diese Tiere fundierte Kenntnisse in Wolfs- und Hundeverhalten sowie außerordentlich viel Zeit und Einfühlungsvermögen.
Das Lautverhalten der Wolfs- und Schlittenhunde ähnelt dem der Wölfe, sie bellen kaum und wenn, dann nicht anhaltend, stattdessen jaulen und heulen sie in vielen Variationen.
Ein prachtvoller Alaskan Malamute wie er im Buche steht oder doch ein Wolf? Entscheiden sie selbst!!
Hunde und Wölfe, so viel wissen wir genau, gehören beide zur Gattung der Caniden und haben ähnliche Merkmale:
1. | 42 Zähne |
2. | 50-52 Wirbel (13 Nacken-, 13 Brust-, 7 Lenden-, 3 Kreuzbein- und 20-22 Steißbeinwirbel) |
3. | Eine kreisförmig kontrahierende Iris |
4. | Einen ähnlichen Geruchssinn |
5. | Ähnliche Krankheiten |
6. | Die Augen ihre Nachwuchses öffnen sich etwa im Alter von 14 Tagen |
7. | Ähnliches Verhalten |
8. | Einen außergewöhnlichen Orientierungssinn |
9. | Einen Hang zum Graben |
10. | 9-wöchige Trächtigkeit |
Noch zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Wolf beschrieben als „ungemein blutdürstig“, übermäßig gierig („würgt er viel mehr, als er fressen kann“) und „frisst auch seinesgleichen“. Nach heutigen Erkenntnissen ist diese Charakterisierung aus Meyers Konversationslexikon von 1888 natürlich grundverkehrt. Diese Sichtweise, die den Erkenntnisstand der wissenschaftlichen Literatur ihrer Zeit widerspiegelt, tradiert Vorstellungen vom Wolf, die sich erst im späten Mittelalter entwickelt hatten.
Die systematische Beobachtung des Wolfes mit modernen wissenschaftlichen Methoden, die über das Ausmessen gefangener Exemplare, kurzzeitige Beobachtungen und Vermutungen hinausgehen, begann erst Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie fanden zunächst vorwiegend in Nordamerika statt, da es dort noch große, naturbelassene Gebiete mit gesunden Wolfspopulationen gab, und da durch populäre Romane und Berichte (etwa Farley Mowats Cry Wolf oder Lois Crislers Arctic Wild und Captive Wild) das Bild vom Wolf als dem Untier schon relativiert worden war.
Als eine der wichtigsten frühen Arbeiten gilt heute die von L. David Mech auf der Isle Royale im Oberen Seegzeitbeobachtungen. Weitere wichtige Beiträge stammen beispielsweise von Adolph Murie (The Wolves of Mt. McKinley) und Henry S. Sharpe (Wolf and Man: Evolution in Parallel).
In Deutschland sorgten vor allem die jahrelangen Forschungsarbeiten und die Bücher von Erik Zimen für einen Wandel der Vorstellungen vom Wolf. Die Biologin Gesa Kluth hat sich in der Lausitz dem Schutz der Wölfe verschrieben.
Mehr Infos über den Wolf gibt´s beim Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland.
Es gibt vier Unterarten des Wolfes, die besonders viel Einfluss auf die Entwicklung unserer heutigen Hunderassen nahmen:
Indien:
Zum einen vermutet man, dass der indische Wolf Vorfahre des Dingos und des indischen Pariahundes war.
Die Urahnen des Dingos wanderten in Richtung Osten, bedingt durch die Wanderung der Menschen. Sie lebten schlussendlich als isolierte Hunderasse in Australien.
Systematik | |
Ordnung: | Raubtiere (Carnivora) |
Überfamilie: | Hundeartige (Canoidea) |
Familie: | Hunde (Canidae) |
Gattung: | Canis |
Art: | Wolf (Canis lupus) |
Unterart: | Dingo |
Wissenschaftlicher Name Canis lupus dingo
China:
Vom chinesischen Wolf stammen die Hunderassen Pekinese (man kann es kaum glauben) und der Chow Chow ab.
FCI - Standard Nr. 207 Herkunftsland China, Patronat Großbritannien
Klassifikation FCI
Rassenamen laut FCI Pekingese
Andere Namen Pekinese, Löwenhund, Chinesischer Palasthund
Widerristhöhe 25 cm
Gewicht 6 kg
Nordamerika:
Der nordamerikanische Grauwolf war die reichhaltige Quelle des heutigen Eskimohundes (Inuithund, als Inuit bezeichnen sich diejenigen eskimoischen Volksgruppen, die im arktischen Zentral- und Nordostkanada sowie auf Grönland leben.) sowie der Alaskan Malamute.
Der Alaskan Malamute ist eine von der FCI anerkannte Hunderasse aus den Vereinigten Staaten. Die Rasse gehört innerhalb der Nordischen Hunderassen zu den Schlittenhunden. Sie ist der offizielle State Dog des US-Bundesstaats Alaska und schmückt als Helmkleinod auch das Wappen von Yukon. (Quelle Wikipedia)
Europa:
Von europäischen Wölfen stammen vermutlich verschiedene Schäferhundrassen, Spitztypen und Terrier ab.
Bild rechts, unsere Amy, eine Schäferhunddame, die aus dem Tierschutz aus Polen zu mir kam.
Die Selektion der verschiedenen Hunderassen bzw. Hundearten vollzog sich bekanntlich über Jahrtausende. Grund hierfür waren die Bedürfnisse der Menschen. Hunde hatten und haben unter anderem den besseren Geruchssinn, waren schneller und wendiger.
Ebenso ist natürlich das Gehör eines Hundes wesentlich ausgeprägter als beim Menschen, Hunde können Geräusche noch über eine Entfernung von 4 Kilometer wahrnehmen, beim Menschen ist die Grenze bei 1 Kilometer gesetzt.
Hunde wurden zu wertvollen Verbündeten beim Aufspüren und Jagen von Tieren, auf deren Fleisch, Häute und Felle der Mensch angewiesen war. So finden zum Beispiel heute noch die Siberian Huskys die Atemlöcher der Robben und zeigen diese dem Schlittenhundeführer an.
Vielleicht wären wir ohne den Hund an unserer Seite gar nicht so weit gekommen, wie wir es heute sind. Hunde waren, wie auch heute noch, nützliche Bewacher und töteten Schädlinge (heute zum Beispiel Mäuse und Ratten), die von den Lebensmitteln in den Siedlungen angezogen wurden. Manche Wölfe eigneten sich hierzu besser als andere und so führte diese Selektion durch den Menschen Schritt für Schritt zu verschiedenen Hundearten. Ab der Jungsteinzeit, vor etwa 8000 Jahren, begann der Mensch mit dem Ackerbau und der Viehzucht. Er wählte Hunde, die sich zur Bewachung der Herden besonders gut eigneten. Weitere Erscheinungen dieser Selektion waren Merkmale wie Temperament, Größe und Gestalt des Hundes. Die meisten Hunde der frühen Geschichte waren Jagdhunde. Ihre Entwicklung richtete sich nach dem Herkunftsland. In Ägypten zum Beispiel verflüchtigten sich tierische Gerüche schnell auf dem heißen, trockenen Sand. Die meisten Hunde, die in dortigen Breitengraden gehalten wurden, mussten sich deshalb auf ihr Sehvermögen verlassen, um ihre Beute auszumachen und dann zu hetzen. Rassen wie der Afghanische Windhund und der Saluki entwickelten sich daraus (sogenannte Sichtjäger)
Diese Tiere mussten schnell sein und großes Durchhaltevermögen zeigen, so ein Typ ist der Afghanische Windhund.
FCI-Standard Nr. 228 (3. Juni 1998/D), Patronat Großbritannien
Klassifikation FCI
Rassenamen laut FCI Afghan Hound (Afghanischer Windhund)
Andere Namen Afghane, Tazi, Balutschi-Windhund
Widerristhöhe
- Rüden 68 bis 74 cm
- Hündinnen 63 bis 69 cm
Gewicht 20 bis 30 Kg
Tiergerüche verharrten viel länger in kühlerer und feuchterer Umgebung wie in Griechenland oder Italien. Dichtes Unterholz hinderte Hunde in diesen Ländern schon immer daran, der Beute schnell zu folgen, sie zu hetzen. In diesen Regionen mussten und müssen sie auch heute noch in der Lage seine, ihre Beute über größeren Distanzen zu riechen. Diese Riech- oder Schweißhunde unterscheiden sich äußerlich vom Hetzhund durch kürzere Beine und einen eher kompakten und muskulösem Körperbau.
FCI-Standard Nr.217 Herkunft Deutschland
Klassifikation FCI
Rassenamen Bayerischer Gebirgsschweißhund
Anderer Name BGS
Widerristhöhe
- Rüden 47–52 cm
- Hündinnen 44–48 cm
Begriffe wie Rassehund oder Hunderassen sind "Erfindungen" aus dem 19. Jahrhundert. Bis dahin wurden Hunde, ausschließlich nach ihrem Gebrauchswert benannt, oder, wenn es sich um die sogenannten Salonlöwen der vornehmen Gesellschaft handelte, als "Punzenschlecker" bezeichnet. Dazu kommt, dass niemand auf die Idee gekommen wäre, sich einen Hund nur zum Vergnügen zu halten. So gab es Jagdhunde, Hütehunde, Hirtenhunde oder Wachhunde, etc..
Der gravierende Unterschied zu unseren heutigen Rassen bestand darin, dass diese Hunde kein annähernd gleiches Erscheinungsbild hatten, sondern rein nach ihrer Arbeitsleistung beurteilt und gezüchtet wurden. Allerdings kann den Haltern und Züchtern ruhig unterstellt werden, dass sie als eines der Zuchtkriterien durchaus auch auf Schönheit achteten. Daher können wir uns heute über das besonders vielfältige Erscheinungsbild unsere Hirtenhunde freuen. Das gilt allerdings auch für die anderen "Gebrauchshunde", obwohl sie viel früher auf ein einheitliches Erscheinungsbild gezüchtet wurden.
In zahlreichen Büchern zum Thema, aber auch von Funktionären der Rassenhundeclubs wurde und wird immer wieder der Versuch unternommen, "ihre" Rasse mit antiken Hunden in Verbindung zu bringen. Dies ist und bleibt bis heute reine Spekulation und konnte nie wissenschaftlich nachgewiesen werden. So wundern wir uns immer, warum noch nie jemand auf die Idee kam, die so genannten Molosser als die Vorfahren der Rottweiler zu bezeichnen, stattdessen müssen diese Bilder herhalten für die Hirtenhunde.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts begannen Züchter und Liebhaber, aber auch Geschäftsleute die Rassehundezucht zu organisieren. Das heißt nichts anderes, als eine Erfassung der Nachkommenschaft, den Aufbau eines Ausstellungswesens und einen einheitlichen Standard für die zuvor erfassten Rassen zu erstellen.
Der Engländer Charles Cruft kann als einer der Väter der modernen Hundezucht angesehen werden. Als Produzent von Hundefutter hatte er die so einfache wie für sein Geschäft einträgliche Idee, 1878 in Paris die erste Hundeausstellung zu veranstalten. Diese schien recht erfolgreich gewesen zu sein, denn 1886 veranstaltete er die erste Terriershow in London. 1891 fand in einem Londoner Vorort die erste Cruft's Dog Show statt und diese Ausstellung gibt es bis auf den heutigen Tag. und sie ist immer noch die größte Ausstellung der Welt.
Geradezu logisch erscheint es daher, dass auch der erste Rassehundeclub in England entstand, 1873 der britische Kennel Club. Zahlreiche Clubs weltweit folgten.
Kehren wir noch einmal in die Zeit der "rasselosen" Hunde zurück und bleiben dabei bei den Hirtenhunden. Ihre Namen leiteten die Züchter ab, zum Beispiel von ihrer Statur. In Zentralasien heißen auch heute noch bestimmte Hunde Tiger - oder Löwenhunde, weil sie eben etwas leichter wie ein Tiger aussehen, oder mit einem schwereren Körperbau mehr einem Löwen ähneln. Andere Hirten oder Nomaden bezeichneten ihre Hunde nach der Farbe. Akbash heißt Weißkopf und Karabash Schwarzkopf. Erst viel später bekam der Karabash seinen heute gebräuchlichen Namen, nämlich Kangal. Dieser leitet sich ab von der Züchterfamilie Kangal aus der Provinz Sivas. Auch heute noch züchtet die Familie Kangale. Eine Rasse, die wie viele leider heutzutage, wegen ihres stattlichen Aussehens, neue Besitzer finden, die deren rassetypischen Bedürfnissen aber überhaupt nicht gerecht werden.
Ehemals FCI - Standard Nr. 331 Anatolischer Hirtenhund (Coban Köpegi „Hund des Hirten“)
- Verwendung: Ursprünglich diente diese Rasse zum Hüten von Schafen. Er ist hartnäckig in der Arbeit und kann extreme Kälte oder Wärme ertragen.
- Klassifikation FCI: Gruppe 2, Pinscher und Schnauzer – Molossoide, Schweizer Sennenhunde und andere Rassen. Sektion 2.2 Molossoide, Berghunde. Ohne Arbeitsprüfung.
- Allgemeines Erscheinungsbild: Mächtig, aufrecht, großrahmig, kraftvolle Gestalt, Hütehund mit breitem, kräftigem Kopf und dichtem, doppeltem Haarkleid. Muss groß und ausdauernd sein; Ist in der Lage sich mit großer Geschwindigkeit fortzubewegen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang sicher, dass diese Begriffe mit den Türken wanderten. So finden wir den Begriff Karabash in all den Ländern, die mal unter türkischen Einfluss standen. Bekanntestes Beispiel, der Sarplaninac, der in Teilen des ehemaligen Jugoslawiens eben auch Karabash hieß, wenn er einen schwarzen Kopf hatte.
Als ein Beispiel der etwas verwirrenderen Art sei der Alabai genannt. So heißen in Turkmenien die zentralasiatischen Owtscharka. Gemeint wurde von den Hirten zunächst einmal ein weißgrundiger Hund mit Flecken der verschiedensten Größen und Farben. Aber das war noch nicht alles, ein Alabai zu sein, hieß auch, die Hunde mussten in genau der alten Tradition gezüchtet sein, wie schon Generationen vor ihnen. Leider wird mit dem Namen neuerdings in Deutschland Schindluder getrieben. Schindluder deswegen, weil nach dem Erlass der Hundeverordnungen in den Bundesländer Deutschlands auch der Zentralasiate in diesen Aufzählungen zu finden ist. Dies soll umgangen werden mit der Rassebezeichnung Alabai. Natürlich kommt mit diesem Namen noch ein Hauch Exotik hinzu und das wird sich sicherlich auf den Welpenpreis auswirken. Eigentlich ein Betrug, denn die Hunde, die in Deutschland als Alabai laufen, haben mit den Hunden der Turkmenen wenig zu tun, das heißt, sie stammen nicht aus Turkmenistan, sondern aus Russland und haben höchstens einen oder im günstigsten Fall zwei turkmenische Vorfahren in ihren Papieren stehen. Und im Übrigen kennt man den Begriff Alabai auch in anderen Ländern und Regionen Zentralasiens.
Wie wenig sich um Rassezucht geschert wurde, zeigt ein Beispiel aus Afrika. Angehörige eines Volkes hielten einen Hundetypen, der aber verschiedene Aufgaben hatte. Ein Teil unterstützte die Jäger erfolgreich bei der Affenjagd, ein anderer bewachte das Vieh, war also ein "Herdenschutzhund" und der dritte Teil bewachte das Dorf und hielt es von Raubzeug sauber. Hierbei ging es alleine darum, wie „nützlich“ der Vierbeiner für den Menschen war.
Südrussischer Ovtscharka (Juschnorusskaja Owtscharka)
Der Südrussischer Ovtscharka ist in den südlichen Regionen Russlands und in der Ukraine beheimatet.
FCI-Rassenomenklatur
- Gruppe 1: Hütehunde und Treibhunde (ohne Schweizer Sennenhunde)
- Sektion 1: Schäferhunde
- Juschnorusskaja Owtscharka (326) (Südrussischer Owtscharka)
Andere Hunderassen erhielten ihren Namen, weil sie aus einem bestimmten Gebiet stammten. Als Beispiel seien genannt der Estrela, benannt nach dem gleichnamigen Gebirge in Portugal, aber auch der Sarplaninac. Dieser Hirtenhund stammt aus dem gleichnamigen Gebirge, der Sar - Planina im Süden Ex-Jugoslawiens. Bekommen hat er diesen Namen, als sich die Erkenntnis durchsetzte, dass der bis dato gebräuchliche Name "Ilyrischer Schäferhund" nicht wirklich und korrekt seine Herkunft wiedergab, denn das alte Illyrien erstreckte sich von Slowenien im Norden über Teile Kroatiens und Serbiens entlang der Küste bis nach Montenegro.
War das 19. Jahrhundert das Jahrhundert der "Rassenentdeckungen", so kann das 20. Jahrhundert getrost als das Jahrhundert der Spezialisierung unserer Rassehunde bezeichnet werden. Ob dies immer sinnvoll war, könnte an vielen Beispielen hinterfragt werden. Warum zum Beispiel musste der Chow Chow mit anderen Hunden gekreuzt werden, um daraus den Eurasier zu bekommen und andere mehr. Über Sinn oder Unsinn solcher neuer Rassen ist viel gestritten worden und wird auch heute gestrichen. Heute sind es nicht mehr Chow Chow, sondern Kreuzungen (Hybridhunde) wie Labradoodle, Goldendoodle und leider zu viele mehr.
Bei Hirtenhunden ist diese Entwicklung ähnlich verlaufen. Heute unterscheiden wir bei vielen Rassen zwischen Berg - oder Steppen - bzw. Wüstentypen, zwischen Langstockhaar und Stockhaar, aber auch ein und derselbe Hund wird als andere Rasse geführt, nur weil eine Landesgrenze in der Ursprungsregion verläuft und beide Seiten etwas nationalistisch diese Rasse für sich beanspruchen.
Schlecht für die Zucht wird es bestimmt dann, wenn verschiedene Farbschläge in einem Land wie Rumänien dazu herhalten sollen, dass die hellen Hirtenhunde Rumäniens als Bukovina eine eigenständige Rasse sind, während die grauen Schläge wie bisher unter der Bezeichnung Carpatin geführt werden.
All diese Entwicklungen sind mit Vorsicht zu genießen, denn eine immer größere Entfernung von der alten Hirten - und Nomadenkultur verändert diese Hunde gewaltig. Zwar muss dies nicht immer schädlich sein, denn in dichtbesiedelten Ländern stellt sich schon die Frage, ob dort ein Hirtenhund nicht etwas fehl am Platze ist. Aber andererseits wäre es schade, wenn in den "Ursprungsländern" immer weniger Hunde benötigt werden, wir aber in unseren Breitengraden die alten Hirtenhunde zu Familien - oder Freizeitgeräten degradieren würden. Damit geht in der Regel nämlich nicht nur viel vom eigenständigen Charakter der Hunde verloren, sondern sie verändern sich auch äußerlich sehr stark. Als Beispiele seien genannt der ungarische Kuvasz und der Pyrenäenberghund, der erste fast schon ein gelockter weißer Windhund, der andere ein unbeweglicher Koloss.
Kuvasz
FCI-Standard Nr. 54 Ursprung Ungarn
Klassifikation FCI
Rassenamen laut FCI Kuvasz
Widerristhöhe
- Rüde 71-76 cm
- Hündin 66-70 cm
Gewicht
- Rüde 48-62 kg
- Hündin 37-50 kg
Pyrenäenberghund
Auch Pyrenäen-Berghund geschrieben und Patou genannt
Größe
- Rüden 70-80 cm
- Hündinnen 66-72 cm
Gewicht
- Rüden ca. 50-60 kg
- Hündinnen ca. 40kg
Obligatorisch sind die doppelten Afterkrallen an den Hinterläufen.
Der Pyrenäenberghund ist bei Familienanschluss ein absolut zuverlässiger Lebensgefährte, der durch konsequente Erziehung und Verständnis für den Herdenschutzhund typischen Eigenschaften als Familienhund seinesgleichen sucht.
So gesehen sollte niemand mit Verachtung auf Menschen herabschauen, die in "mühevoller Arbeit" diese Hunde geschaffen haben, denn wir haben zwar keine Schafe und Ziegen, die es zu beschützen gilt, aber der Faszination eines Hirtenhunde sind schon viele der ach so rationellen Verstandesmenschen erlegen.
Eines wollen wir in dieser Beschreibung der Hirtenhunde nicht tun, nämlich uns auslassen über die angeblichen Charaktere. Das haben andere schon hinlänglich getan und dabei mitgeholfen, dass Hirtenhunde auf die Listen gefährlicher Hunde in Deutschland gekommen sind. Für mich ist ein Hirtenhund ein normaler Hund, er hat seine Eigenarten, wie andere Rassen auch und über die muss informiert werden. Aber eines sind diese Hunde nicht, scharf, angriffslustig, aggressiv gegenüber anderen Hunden und ähnliches. Würde man Hirtenhunde strategisch einordnen, könnte man sie als Defensivhunde bezeichnen, die nur im äußersten Notfall von ihrer Kraft Gebrauch machen, das heißt also, ihre Reizschwelle ist besonders hoch (ebenso wie bei den Rassen American Staffordshire, Pitbull) höher, als zum Beispiel die der meisten Schutzhunderassen.
Hier schaut Nancy gemütlich aus ihrem Körbchen. Nancy kam mit 5 Jahren zu mir. Hatte da schon drei Besitzer in drei Jahren und zwei Jahre Tierheim hinter sich. Sie begleitete mich als meine Co-Trainerin überall hin, auch in Schulen und Kindergärten. Sie war eine tolle, entspannte „Knutschkugel. Sie wurde 16 Jahre alt.
FCI-Standard Nr. 286 Ursprung USA
Klassifikation FCI
Rassenamen laut FCI American Staffordshire Terrier
Widerristhöhe
- Rüde 46–48 cm
- Hündin 43–46 cm
Gewicht 18- 30kg
Ursprünglich stammen, wie wir ja nun wissen, die Hunderassen vom Wolf ab. Doch lassen archäologische Funde aus der frühen Bronzezeit den Schluss zu, dass es vor etwa 6.500 Jahren schon fünf verschiedene Hunderassen gab: wolfsähnliche Hunde, Greyhounds Mastiffs, Schäferhunde und Pointer.
Daraus entwickelten sich dann allmählich die zahlreichen heute existierenden Hunderassen, mehr als 350 sind offiziell anerkannt. Vom winzigen Chihuahua bis zum großen Bernhardiner entstanden sie zum einen durch natürliche Mutationen und zum anderen durch Weiterzüchtung durch den Menschen.
Heute werden Rassehunde auf Wesen, Schönheit und Leistung gezüchtet und beurteilt. Als Beurteilungskriterium gibt es für jede Hunderasse einen Rassestandard, der bei der Fédération Cynologique Internationale (FCI) hinterlegt ist. Diese Organisation ist der größte internationale Dachverband für Hundezüchter. Die FCI erkennt momentan 356 Hunderassen (Stand 2023) an. Sie hat für alle Hunderassen eine Einteilung in 10 Gruppen geschaffen, die sich am ursprünglichen Gebrauch der Rassen orientieren. Alle anerkannten Rassen findet ihr im Übrigen mit einem eigenen Rasseporträt in unserer Rubrik "Rassen".
Das sind:
Gruppe 1 | Hüte- und Treibhunde (ohne Schweizer Sennenhunde) |
Gruppe 2 | Pinscher und Schnauzer, Molossoide, Schweizer Sennenhunde u.a. |
Gruppe 3 | Terrier |
Gruppe 4 | Dachshunde |
Gruppe 5 | Spitze und Hunde vom Urtyp |
Gruppe 6 | Laufhunde, Schweißhunde und verwandte Rassen |
Gruppe 7 | Vorstehhunde |
Gruppe 8 | Apportierhunde, Stöberhunde und Wasserhunde |
Gruppe 9 | Gesellschafts- und Begleithunde |
Gruppe 10 | Windhunde |
Pro Land betraut die FCI nur einen nationalen Züchter- Verband mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zur Förderung der Rassehundezucht. Aus Deutschland ist der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) Mitglied der FCI. Der VDH und seine rassespezifischen Klubs haben die Aufgabe, die planmäßige Zucht der einzelnen Hunderassen anzuleiten, zu fördern und die Züchter fachgerecht zu betreuen. Unter den Zuchtzielen haben die Erhaltung von Wesen, Gesundheit und rassetypischen Merkmalen oberste Priorität. Um diese hohen Ziele zu erreichen, hat der VDH ein strenges Zuchtreglement geschaffen. Dadurch soll gesichert werden, dass nur gesunde und wesensmäßig einwandfreie Tiere in die Zucht gelangen und bei ihren Züchtern einwandfreie Haltungsbedingungen vorfinden. In vielen Rassen kennt man inzwischen Erbkrankheiten, die durch gute Zuchtplanung und Vermeidung von Inzucht bekämpft werden müssen. Auch dabei greifen die VDH-Klubs regulierend ein.
Interessenten, die sich einen Hund anschaffen möchten sind gut beraten, bei einem VDH-Züchter oder einem der angeschlossenen VDH-Hundeklubs nachzufragen. Dort erhält man Informationen zur Hunderasse, wissenswerten Eigenschaften und anderen Dingen, die sowohl für den Hund als auch für jeden zukünftigen Halter von Interesse sein können.
Natürlich warten leider auch viel zu viele Hunde (auch Rassehunde) im Tierschutz. Es ist letztlich Ihre Entscheidung, nur denken Sie daran, woher das vierbeinige Familienmitglied auch kommt, ein Hund, der im Haus mit uns lebt, der in meinem Text oft zitierte „Nachfahre“ des Wolfes, geht im besten Falle, eine lebenslange Gemeinschaft mit uns ein. Das bedeutet für uns, wenn wir Glück haben, oft 15 Jahre Verantwortung für ein Tier aufzubringen und diesem ein gutes Vorbild zu sein und ihm/ihr Schutz und Sicherheit zu geben.
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