Deutsch Drahthaar

Unser hartes Deckhaar, das uns nicht nur vor Wind und Wetter sondern auch vor Verletzungen durch Dornen etc. schützen soll und daher drahtig-hart wächst ist neben unserem Ursprungsland Namensgeber für unsere Rasse Deutsch Drahthaar.

Ende des 19. Jahrhunderts verlangte die in Folge der bürgerlichen Revolution von 1848 um das wohlhabende Bürgertum erweiterte deutsche Jägerschaft nach Rassen, die die Vorteile vieler anderer Jagdhunderassen in sich vereinigten um über noch wesensfestere, leistungsstärkere und vielseitigere Vollgebrauchsjagdhunde zu verfügen, die als Allround-Jagdhunde alle jagdlichen Aufgaben im Wald, auf offenem Feld und am Wasser jeweils vor und nach dem Schuss abdecken konnten. Eine der Rassen, die aus diesem Verlangen heraus geschaffen wurden, war die des Deutsch Drahthaar.

Im Wald wird von einem Deutsch Drahthaar als Vollgebrauchshund sowohl bei der Pirsch- und noch mehr bei der Ansitzjagd vor dem Schuss viel Ruhe abverlangt: Wir müssen still unserem Jäger folgen oder unter dem Ansitz liegen, damit wir das Wild nicht vor dem Schuss verschrecken. 

Ganz anders bei der Drückjagd, bei der wir vor dem Schuss das Wild in meist dornigen Dickichten, von unseren jagenden Herrchen Dickung genannt, aufstöbern und in gemächlichem Tempo auf die Schützen zu treiben sollen. Allerdings hält sich das Wild nicht immer an das gemächliche Tempo und von einem Deutsch Drahthaar wird hier teilweise eine hohe Geschwindigkeit aber auch Ausdauer verlangt.

Bleibt das Wild nach dem Schuss nicht an Ort und Stelle liegen, ist es Aufgabe eines Deutsch Drahthaar Hundes, angeleint der Geruchsfährte aus Blutspuren, auch Schweiss genannt, und Bodenverletzungen, die durch die Hufe, auch Schalen genannt, entstehen zu folgen und den Jäger an das Wild zu führen. Hierbei handelt es sich dann um eine Nachsuche. Wenn der Jäger der Meinung ist, dass sein Schuss für das Wild nicht tödlich war, beginnt die Nachsuche erst nach einigen Stunden, damit das Wild Adrenalin abbauen kann, was die Wahrscheinlichkeit verringert, dass es flüchtet und über eine lange Strecke und Zeit hinweg verfolgt werden muss und das Leiden des Wildes noch verlängern würde. Eine entsprechend feine Nase bringen wir Deutsch Drahthaar mit. Finden wir das Wild, kann es im Anschluss dennoch zu einer Hetze kommen, wenn das Wild weiter flüchtet. Möglich ist aber auch, dass es zu einer kämpferischen Auseinandersetzung mit wehrhaftem Wild wie Sauen kommt, was nicht immer gut für unsereins ausgeht.

Auf offenem Gelände wie Feldern oder Wiesen wird klar, warum wir zu den Europäischen Vorstehhunden zählen: Begleitet einer von uns einen einzelnen Jäger, wird vom Deutsch Drahthaar erwartet, dass er die Fläche systematisch nach Federwild und Haarwild, also beispielsweise Hasen, absucht. Wird ein solches gefunden, bleibt der Deutsch Drahthaar angespannt, häufig mit einer angehobenen und angewinkelten Vorderpfote stehen und weist mit der Nase in Richtung des Wildfundes. Er verharrt in dieser Position, bis der Jäger schussbereit ist und uns weitere Anweisung gibt. Dann bewegt er sich weiter auf das Wild zu und macht es hoch: Es steht auf und gibt dem Jäger so die Möglichkeit, einen Schuss anzubringen.

Jagen mehrere Jäger und Treiber mit ihren Hunden zusammen, spricht man von einer Treibjagd, bei der wir ebenfalls eingesetzt werden. Dabei müssen wir aber nicht lange vorstehen, sondern das Wild gemeinsam mit unseren Hundeführern zu den Schützen treiben.

In jedem Fall wird aber nach dem Schuss von uns erwartet, dass wir das Wild mit unserer feinen Deutsch-Drahthaar-Nase aufstöbern und unserem Führer bringen, es also apportieren. 

Auch bei der Jagd am oder im Wasser sind wir gut einsetzbar. Hier ist unsere Aufgabe, das teilweise auch im dichten Uferbewuchs schwimmende Wasserwild aufzustöbern und zum auffliegen zu bewegen, was unserem Jäger die Abgabe eines Schusses ermöglicht. 

Mit Sicherheit fällt der getroffene Vogel in Richtung Erde. Unsere Aufgabe ist es nun, den Vogel entweder an Land oder schwimmend auf dem Gewässer aufzustöbern. Eine besondere Herausforderung für ist, wenn der Vogel nicht tödlich getroffen ist und im Wasser landet: Er wird dann versuchen schwimmend und auch tauchend zu entkommen. Uns bleibt dann nur unser feiner Geruchssinn, der uns sogar getauchte Enten orten lässt. Ist der Vogel aufgestöbert, müssen wir seiner habhaft werden und ihn ohne Bissmarken zu hinterlassen unserem Hundeführer apportieren.

Wir haben unsere Existenz Sigismund Freiherr von Zedlitz und Neukrich aus dem östlichen Deutschland, genannt Hegewald, zu verdanken. Er wollte Ende des 19 Jahrhunderts eine in allen jagdlichen Belangen einsetzbare Rasse züchten, bei der die Leistung und nicht die Optik nach dem heute noch gültigen Motto „Über Leistung zum Typ“ im Vordergrund stand. Noch heute ist die Zuchtauswahlprüfung der Rasse Deutsch Drahthaar nach ihm als „Hegewald-Prüfung“ bekannt.

Nachdem wir uns durch unsere guten jagdlichen Leistungen in der deutschen Jägerschaft gut etablieren konnten und Anfang des 20. Jahrhunderts als Rasse anerkannt wurden, konnten erste Deutsch Drahthaar von Züchtern ins benachbarte Ausland verkauft werden. Es gelang uns sogar der Sprung über den Atlantik nach Nord- und Südamerika geschafft.

Heute werden wir, wenn auch nicht immer in großen Mengen, in vielen Ländern Kontentaleuropas, in Argentinien und Nordamerika gezüchtet. Größter Beliebtheit erfreuen wir uns bei Jägern, vor allem in deutschsprachigen Ländern. Wenn Du bedenkst, dass wir vor allem von Jägern geführt werden und dennoch in der Welpenstatistik des VDH auf Platz 3 stehen, erkennst Du, wie beliebt Deutsch Drahthaar in der Jägerschaft tatsächlich sind.

Die jagdliche Arbeit, vor allem beim Stöbern, benötigen wir Deutsch Drahthaar viel Intelligenz, um in der Zeit, in der wir nicht unmittelbar bei Herrchen sind, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Intelligenz benötigen wir aber auch, um die vielseitigen Aufgaben schnell zu lernen.

Agilität ist uns auch angezüchtet, da der dauerhafte Einsatz im Jagdrevier nicht vom Körbchen aus erledigt werden kann und mit viel Laufen verbunden ist.

Unbedingten Willen zum Jagen bringen wir schon mit: Wir haben den Willen, eine einmal angegangene Spur nicht einfach aufzugeben und das Stück Wild zu finden und damit entsprechend zu arbeiten.

Dass wir über einen extremen Jagdtrieb verfügen, bedarf eigentlich keiner Erwähnung: Deutsch Drahthaar werden nach dem Motto von der „Leistung zum Typ“ als Jagdhunde gezüchtet. 

Mit der entsprechenden Ausbildung, für die wir uns durchaus eignen, können wir auch als Wachhund eingesetzt werden, da wir neben der Wildschärfe auch zur Mannschärfe neigen.

Werden wir nicht richtig ausgelastet, zeigt sich die uns angezüchtete Passion für Stöberarbeit natürlich auch darin, dass wir die Stöberarbeit von selber aufnehmen, was dann wohl dem Streunen nahe kommt.

Als agile und ausdauernde Jagdhunde haben wir selbstverständlich ein ausgeprägtes Bewegungsbedürfnis. Wenn es nicht über jagdliche Aktivitäten gedeckt werden kann, solltest Du Deinem Deutsch Drahthaar viel Auslauf bieten und Dir spielerische Alternativen zur Jagd einfallen lassen.

Als Jäger, die sich mit Sauen und anderem Wild einlassen, sind wir durchaus keine Angsthasen. Bei entsprechender Sozialisierung sind wir also eher ausgeglichene Hunde, die niemandem etwas beweisen müssen oder nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung aus Angst aggressiv zu wirken.