Qualzucht – Wie Hunde unter der Qualzucht leiden

Was bedeutet Qualzucht im Allgemeinen und für Hunde im Besonderen?

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Zuletzt aktualisiert am: 2.1.2023

Mops Zunge.jpg

Verschiedene Hunderassen leiden durch extreme Zuchtmerkmale unter den Folgen ihres Aussehens. Was diese Qualzucht für Hunde bedeutet, beschreiben wir hier.

Um die 400 verschiedene Rassenhunde sind bei der Fédération Cynologique Internationale (FCI), dem größten kynologischen Weltdachverband anerkannt.

Ziel der Rassehundezucht war dabei in den allermeisten Fällen, die rassespezifischen körperlichen Eigenschaften und Anlagen sowie geistig/mentalen Wesensmerkmale stetig weiterzuentwickeln und spezifisch zu verfeinern, um im Hinblick auf den angestrebten Verwendungszweck, diese zu verbessern.

Seien es nun die verschiedenen Jagdhunderassen, Herdengebrauchshunde oder sonstige Arbeits- und Gebrauchshunderassen, man wollte stets ihre Leistungsfähigkeit verbessern, damit sie bei ihren Arbeitseinsätzen möglichst effektiv und erfolgreich waren. Sprich, hier steht und stand immer die Funktionalität bei gleichzeitig bester körperlicher und gesundheitlicher Konstitution im Vordergrund.

Einige Hunderassen hingegen sind aber über die Zeit hinweg immer mehr in den Fokus als Mode- und Gesellschaftshund bei vielen Menschen gerückt und gelten zudem in einigen Fällen als Statussymbol.

Da die Nachfrage, wie bei den allermeisten Modeerscheinungen immer weiter gestiegen ist, orientierten sich die Verantwortlichen der jeweiligen Zuchtverbände einiger Rassehunde, an den veränderten Ansprüchen und passten sukzessive die Zuchtstandards in Richtung des gewünschten Schönheitsideals an.

Die gesundheitlichen Folgen und körperlichen Beeinträchtigungen, wie beispielsweise die Brachyzephalie, sprich die Kurz- bzw. Rundköpfigkeit einiger Hunderassen wie beim Mops, Deutsche Boxer, Pekingese oder Petit Brabancon, wurden dabei schonungslos in Kauf genommen.

Ab wann man in diesen Fällen von Qualzucht spricht, welche Auswirkungen für die Hunde billigend in Kauf genommen werden, welche Rassen davon betroffen sind und viele weitere Informationen, werden wir in den weiteren Ausführungen des Artikels eingehend beleuchten.

Ein Pekingese in der Nahaufnahme
01

Was bedeutet Qualzucht?

Die gezielte Zucht und Weiterentwicklung von Rassenmerkmalen, unter billigender Inkaufnahme von gesundheitlichen und körperlichen Folgeschäden.

Die Definition der Qualzucht

Spricht man von Qualzucht bei Hunden, so handelt es sich um die Zucht von Hunden und Hunderassen, bei der bestimmte körperliche und geistige/mentale Merkmale und Eigenschaften gezielt weiterentwickelt und verändert, oder aber als Folgeerscheinung billigend in Kauf genommen und akzeptiert werden, bei denen die Hunde mit den Auswirkungen von gesundheitlichen, verhaltensseitigen und/oder körperlichen Defiziten, Schäden und Beeinträchtigungen zu kämpfen haben.

In der Folge leiden die betroffenen Hunde durch die Qualzucht vielfach unter Schmerzen, sind in ihrer gesamten Lebensqualität eingeschränkt und der Wohlfühlfaktor ist negativ beeinflusst.

02

Wie sieht die Gesetzgebung in Sachen Qualzucht aus?

Der § 11b Deutsches Tierschutzgesetz schreibt konkrete Regeln vor, die allerdings in der Praxis durch fehlende konkrete Definitionen zu kurz greifen.

Der § 11b Deutsches Tierschutzgesetz

Der §11 b des Deutschen Tierschutzgesetz verbietet Qualzucht ausdrücklich mit folgender Definition:

Es ist verboten, Wirbeltiere, zu denen auch Hunde gehören, zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass als Folge der Zucht oder Veränderung

  • bei der Nachzucht, den biotechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten, oder
  • bei den Nachkommen (Nachzucht)
    • mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten.
    • jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen, vermeidbaren Leiden oder Schäden führt
    • die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.

Gutachten zur Auslegung von §11 b des Tierschutzgesetzes

Da die Umsetzung in der Breite der gesetzlichen Vorgaben des §11 b Tierschutzgesetz lange Zeit aus Sicht des heutigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unbefriedigend war, wurde eine Sachverständigengruppe mit dem Ziel eingesetzt, dass eine verbindliche Leitlinie für alle Zuchtorganisationen, Züchter und zuständige Behörden geschaffen werden sollte.

Daraufhin hat die Sachverständigengruppe zur weiteren Veranschaulichung und Hilfestellung zur Umsetzung der obigen Gesetzesvorschriften ein „Gutachten zur Auslegung von §11 b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen)“ im Jahr 1999 erstellt.

Das Gutachten soll als Unterstützung für Züchter von Heimtieren, also somit auch alle Hundezüchter, dienen, damit sie ihrer Verantwortung bei der Zucht gerecht werden und dabei die Bestimmungen des Tierschutzgesetz einhalten.

Das Ziel, das der Gesetzgeber mit den Vorgaben des Tierschutzgesetzes und dem §11 b Verbot von Qualzüchtungen ausgibt, sind vitale, gesunde, schmerz- und leidensfreie Tiere.

Die Einzelheiten des Gutachtens können in Gänze (link https://www.bmel.de/cae/servlet/contentblob/631716/publicationFile/35840/Qualzucht.pdf) von jedem Interessierten nachgelesen werden.

Wir werden nun auf vereinzelte Punkte detaillierter eingehen, die ebenfalls von unserer Seite aus den Ausführungen des Sachverständigengutachtens entnommen, zur Aufarbeitung verändert oder in verkürzter Form wiedergegeben wurden.

Problematische Zuchtziele

Gemäß den Ausführungen des Gutachtens zur Auslegung von §11 b des Tierschutzgesetzes durch die vom Gesetzgeber eingesetzte Sachverständigengruppe, werden unter Punkt 1.4 Problematische Zuchtziele beschrieben, die u.a. beliebte Zuchtziele wie das Wachstum (Größe, Körperform), die Haut und das Haarkleid, einschließlich der Pigmentierung, sowie das Verhalten (Wesensmerkmale) einschließen.

Des Weiteren weist das Gutachten darauf hin, dass mit den vorgenannten Merkmalen, häufig Veränderungen im Bereich des Zentralnervensystems, der Sinnesorgane, der Fortpflanzung, der Muskulatur, des Bindegewebes und anderer Organe oder Gewebe verknüpft sind und zu Tage treten.

Das Gutachten schlüsselt weiters einige Zuchtziele auf, die aus dessen Sicht nicht mit dem geltenden Recht des Tierschutzgesetz vereinbar sind und macht in der Folge konkrete Verbesserungsvorschläge.

Wir geben nun einen kurzen Überblick über die betreffenden Zuchtziele, die in den Ausführungen der Sachverständigengruppe aufgeführt sind und übernehmen 1:1 die Nummerierung:

1.4.1 Wachstum

Wie bei fast allen Haustierarten ist auch bei Hunden die ursprüngliche Größe durch die Zucht verändert worden.

So gibt es sehr kleine Hunde und Hunderassen, mittelgroße, große aber auch riesige Ausprägungen.

Nimmt man z.B. den Russischen Toy (Russkiy Toy) mit der gültigen FCI-Standard Nr. 352, so findet man eine sehr kleine Hunderasse, mit einer Widerristhöhe laut Standard ab 22 cm und einem Körpergewicht von bis zu 3 Kg vor.

Ein Russkiy Toy in Nahaufnahme

Im Gegensatz dazu schauen wir uns nun den imposanten Irischen Wolfshund (Irish Wolfhound) mit der FCI-Standard Nr. 160 an. Hier gibt der Standard eine Körpermindestgröße von 79 cm bei den Rüden und 71 cm bei den Hündinnen vor, nicht selten werden aber Widerristhöhen von 100 cm erreicht. Das Körpergewicht liegt bei der relativ schmal gebauten Rasse bei einem Mindestgewicht bei den Rüden von 54,5 Kg und 40,5 Kg bei den Hündinnen.

Wie man nun unschwer erkennt, gibt es bei den Hunderassen sehr extreme Unterschiede in den Ausprägungen wodurch man oft von Zwergenrassen und Riesenrassen spricht.

Nun findet man laut den Angaben des Gutachtens dabei Rassen und Hunde, bei denen die Vergrößerungen oder Verkleinerungen aller Körperteile und Organe harmonisch ausfallen, bei denen dann von proportioniertem Riesen- und Zwergwuchs gesprochen wird.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch den sogenannten unproportionierten Wuchs, bei dem nur bestimmte Körperteile betroffen sind. Sprich ein Teil des Wachstums verschiedener Körperteile oder Organe kann frühzeitiger gestoppt werden, als andere, wodurch dann z.B. die Läufe kürzer im Vergleich des sonstigen normalen Körperbaus in ihrer Entwicklung bleiben.

Dieses unproportionierte Wachstum ist in der Folge gemäß dem Gutachten der Sachverständigen an krankhafte Prozesse geknüpft, auch wenn es zunächst den Anschein macht, dass die Funktionalität und das Zusammenwirken der Organe nicht beeinträchtigt ist.

1.4.2 Riesenwuchs mit Übergewicht

Von Riesenwuchs spricht man gemäß den Ausführungen des Gutachtens, wenn es sich um eine polygen determinierte hyperplastische bzw. partiell hyperplastische Skelettentwicklung mit auffallender Schädelvergrößerung, Vergrößerung der Extremitäten, besonders an deren Enden, und generalisierte oder partielle Bindegewebszubildung handelt.

Dabei liegt der Störung eine Veränderung der eosinophilen Zellen der Hypophyse mit erhöhter Produktion von Wachstumshormonen zugrunde.

Beginnt die erhöhte Hormonausscheidung vor dem Schluss der Epiphysenfugen, entsteht der hypophysäre Hochwuchs (Gigantismus).

Bei andauernder hoher Hormonausscheidung, nach Abschluss des physiologischen Wachstums, kommt es zu einer Vergrößerung prominenter Skelettabschnitte.

Durch stabilisierende Selektion werden die entsprechenden Allele in bestimmten Rassen erhalten.

Dies führt zur Erkrankungsdisposition, z.B. der Osteochondrosis dissecans, eine Hundekrankheit, die bevorzugt bei großen Hunderassen auftritt.

1.4.3 Zwergwuchs

Der Zwergwuchs wird durch verschiedene erblich bedingte Faktoren verursacht werden. Zudem sind verschiedene Formen des Zwergwuchs bekannt.

Dabei haben folgende Formen des Zwergwuchs bei der Heimtierzucht eine übergeordnete Relevanz:

a.    Echter Zwergwuchs

Spricht man von dem echten Zwergwuchs, so liegt die Ursache in einer genetisch bedingten Wachstumsschwäche, bei der bereits mit der Geburt eine allgemein proportionierte Unterentwicklung des gesamten Körpers, die nicht durch das postnatale Wachstum ausgeglichen wird, nachweisbar ist.

So wie es das Gutachten der Sachverständigengruppe ausweist, wird diese Form des Zwergwuchs bei verschiedenen Hunderassen systematisch gezüchtet.

b.    Unechter, unproportionierter Zwergwuchs

Spricht man von einem unechten, unproportionierten Zwergwuchs in Verbindung mit angeborenen und züchterisch erwünschten kurzen und krummen Läufen, ist dies die Folge einer genetisch fixierten Wachstumsstörung des Knorpelgewebes mit frühzeitigem Abschluss der perichondralen und enchondralen Ossifikation (Chondridysplasia fetalis).

Der Ausdruck dieser Knorpelwachstumsstörung kann von gering- bis zu hochgradigen Formen reichen.

Liegt eine derartige Störung vor, so kann man diese vor allen Dingen an den verkürzten Extremitätenknochen erkennen. Zudem stehen in diesen Fällen die verdickten Knochenenden mit ihren Gelenkflächen mehr oder minder abweichend von der Knochenachse.

Die Sachverständigen schreiben diesbezüglich in Verbindung mit der Hundezucht, dass diese „Erbkrankheit“ häufig rassebildend bei der Zucht eingesetzt wurde, besonders zur Verkleinerung, Verzwergung bzw. Miniaturisierung, aber auch um einen bestimmten Rassehabitus zu züchten.

Das Merkmal von dem hier gesprochen wird, bildet sich in den Knochen während der Knorpelwachstumsphase aus.

Mit der Einführung des Merkmals in der Hundezucht, besteht eine Disposition für eine größere Anzahl an Erkrankungen, z.B.

1.4.4 Brachyzephalie (Kurzköpfigkeit, Kurzschädeligkeit, Mopskopfbildung mit Hydrozephalie)

Ein Chihuahua in Nahaufnahme

Bei der Brachyzephalie handelt es sich um eine breite und runde Ausformung des Kopfes, teilweise in Verbindung mit einer Verkürzung des Gesichtsschädels, ausgeprägten Jochbögen und einer erheblichen Wölbung des Hirnschädels (Apfelkopf), bis hin zu Ausprägungen mit einem Rundkopf mit frontaler Orientierung der Augen, die Ähnlichkeiten zu Primaten aufweisen.

Gemäß den Angaben des Gutachtens ist die Brachyzephalie für bestimmte chondrodysplastische Rassen typisch.

Es kommt dabei zu einer Disproportion (Missverhältnis der Proportionen) zwischen Hirnschädel und Gesichtsschädel, da es zu Wachstumshemmungen in den betroffenen Regionen kommt.

Die Folge ist ein extremer Schädeltyp, der bei manchen Hunderassen sogar eine persistierende Fontanelle in der Schädeldecke und nahezu fetalem Habitus (Fetalisation) aufweist.

Im Regelfall kommt bei der Brachyzephalie eine Abknickung der Schädelbasis noch hinzu.

Des Weiteren können zeitgleich auch eine Unterentwicklung der Kaumuskultur (Hypoplasie) und/oder Gebiss- und Kieferanomalien (Brachygynathie mit fehlerhaftem Gebissschluss, Atemwegsverengung mit Atem- und Schluckbeschwerden) auftreten.

Eine dauerhafte Hornhautreizung wird durch den ständigen Kontakt der Hornhaut (Kornea) mit den Gesichtshaaren hervorgerufen.

Durch die ausgeprägte Einbuchtung des Gesichtsschädels (Glabella) wird eine hyperplastische Hautfaltenbildung begünstigt und damit die Disposition zu Dermatiden und zum Ektropium (Hängelid, Roll-Lid).

Eine weitere erbliche Veranlagung besteht für den Wasserkopf (Hydrozephalie), zu Geschwulstbildung und eine erhöhte Neigung zu Schwergeburten.

Des Weiteren weisen die Sachverständigen darauf hin, dass Hündinnen mit Brachyzephalie vielfach nicht in der Lage sind, ihre neugeborenen Welpen aus der Eihaut zu befreien und eigenständig abzunabeln.

1.4.5 Augen

Wenn bei Säugetieren das Zuchtziel darin besteht, dass das Tier tiefliegende oder kleine Augen haben soll, führt dies laut Gutachten der Sachverständigengruppe zu einer Einwärtsdrehung der freien Lidränder mit sekundärer Reizung und Entzündung der Hornhaut (Kornea) und Bindehaut (Konjunktiva).

Das Krankheitsbild wird dann von einer starken Expressivitätsschwankung bestimmt.

Das von den Sachverständigen als „offene Auge“ bzw. „das Rote sichtbar“ als Merkmal bezeichnet, ist durch eine Auswärtsdrehung des freien unteren Lidrandes mit Klaffen der Lidspalte, einem erhöhten Tränenfluss und der Entzündung der Bindehaut, gekennzeichnet.

Hunde mit dem sogenanntem „Kugelkopf“ und gleichzeitig großen Augen, sind von dem Risiko der Hornhautverletzung und dem partiellen Bulbusvorfall, gefährdet.

1.4.6 Ohren

Die Ohrmuscheln stellen für die Gestaltung des Kopfes eines Hundes eine Varianzkomponente dar.

Dabei findet man durch die züchterische Tätigkeit und Umgestaltung eine breite Variantenvielfalt an Ohrformen und Ohrarten, die von kleinen, enganliegenden Rosenohren bei Windhunderassen bis zu schweren Pendelohren bei verschiedenen Hunderassen, die häufig eine schlaffe, sehr faltenreichen Haut aufweisen, tendieren.

Dabei treten Verletzungen, Othämatome und eine erhöhte Otitisfrequenz auf.

Die Ohren übernehmen bei einigen Wirbeltieren eine weitere Funktion, nämlich die der Wärmeregulation. Werden diese nun durch die Zucht bewusst kleigezüchtet, kann dies bei sehr kurzen Ohren, z.B. bei Kaninchen, zu erheblichen Defiziten führen, wenn diese bei sehr hohen Temperaturen im Sommer sich im Außengehege aufhalten.

1.4.7 Haut, Haar- und Federkleid

In den Bereichen Haut, Haar- und Federkleid ist der Einfluss der künstlichen Selektion nach Aussage des Gutachtens besonders zu vernehmen.

Dabei seien die mutativen Änderungen der Hautanhangsorgane, sprich Haare und Federn, bei vielen Heimtieren, so auch beim Hund, gleich.

So würde die Haarstruktur beispielsweise bei einigen Hunderassen, explizit aufgeführt ist hier der Malteser, dem des Angorahaares bei anderen Tierarten (z.B. Katze, Kaninchen, Ziege u.a.) nahekommen.

Ein Malteser dreht sich zum Betrachter um.

Des Weiteren können laut Gutachten extreme Zuchtziele im Bereich der Haut und ihrer Anhangsorgane zu Krankheiten bzw. Krankheitsdispositionen (Veranlagungen) führen. An dieser Stelle seien einige genannt:

  • Falten können zu Neigung für Dermatitis führen
  • Haarlosigkeit können zu Störungen der Wärmeregulation, Hypodontie und Immundefekten führen
  • Pigmentmangel können zu Störungen im Zentralnervensystem und den Sinnesorganen

Was den vorgenannten Pigmentmangel betrifft, so ist dieser häufig mit Krankheitsdispositionen verknüpft, da einerseits Melanoblasten und Neuroblasten vom gleichen Keimblatt (Ektoderm) stammen und andererseits bei Albinos die farblose Iris nicht ausreichend vor zu viel Lichteinfall auf die Retina schützt.

Aus diesem Grund leiden Albinos vielfach unter Schwachsichtigkeit und einer ausgeprägten Lichtempfindlichkeit.

Anhand von Albinoratten ist nachgewiesen, dass bei diesen bereits sehr geringe Lichtintensitäten irreparable Schäden an den Photorezeptoren der Netzhaut auftreten.

Weiterhin werden in dem Gutachten verschiedene Beispiele anhand von Tauben, Haubenvögeln und Hühnerrassen aufgezeigt, die für uns an dieser Stelle keine weitere Relevanz spielen.

1.4.8 Wirbelsäule (An- bzw. Brachyurie: Schwanzlosigkeit bzw. Kurzschwänzigkeit)

Bei diesem Merkmal wird unter morphologischen Gesichtspunkten im Allgemeinen zwischen zwei verschiedenen Typen unterschieden:

  • Die Schwanzwirbel fehlen
  • Einige Schwanzwirbel sind vorhanden

Gemäß den Ausführungen des Gutachtens, wird der Faktor durch ein Modifikatorgen variabel exprimiert und kann deshalb weitere Wirbelsäulen- und Rückenmarksdefekte einschließen. Hier seien z.B. die Verkürzung von Lenden- und Brustwirbelsäule oder offene Wirbelsäule (Spina bifida) genannt.

Im Zusammenhang mit Schwanzlosigkeit und Kurzschwänzigkeit, wollen wir auf einen gesonderten Artikel mit einem weiteren heiklen Thema, dem Kupieren von Gliedmaßen bei Hunden hinweisen. Ihr habt die Möglichkeit bei Interesse unseren Magazinbeitrag „Kupieren von Ohren und Rute beim Hund - wie sieht die Rechtslage aus?“ zu lesen.

Des Weiteren beschreibt das Gutachten im Speziellen Teil, unter Punkt 2.1 Säugetiere einen weiteres relevantes Merkmal in Bezug auf Hunde:

2.1.1 Hunde (vorweg eine Tabelle mit Krankheit – Rasse – Empfehlung setzen wie im Gutachten?)

2.1.1.1 Monogen vererbte Merkmale

2.1.1.1.1 Blue-dog-Syndrom (Blauer-Dobermann-Syndrom)

Definition:

Dabei handelt es sich nach Aussage der Sachverständigen um eine blaugraue Farbaufhellung mit Veranlagung (Disposition) zu Alopezie und Hautentzündung. Die Krankheit gehört in die Gruppe der Pigmentmangel-Syndrome.

Vorkommen:

Das Blue-dog-Syndrom kommt gelegentlich und familiär gehäuft, bei folgenden Hunderassen vor:

Ein Greyhound schaut den Betrachter an.

Empfehlung:

Die Sachverständigengruppe empfiehlt an dieser Stelle ein Zuchtverbot für Hunde mit blaugrauer Farbaufhellung, da bei den Nachzuchten immer Welpen mit Farbaufhellung und Disposition zu Hautentzündungen auftreten und dies für die Hunde regelmäßig zu Schmerzen und Leiden führt.

2.1.1.1.2 Brachy- und Anurien sowie Verkrüppelung der Schwanzwirbelsäule

Definition:

Dabei handelt es sich um unterschiedlich ausgeprägte Verkürzungen der Schwanzwirbelsäule bis zur Stummelschwänzigkeit, mit oder ohne Verkrüppelung des Schwanzes (Korkenzieherschwanz, Knickschwanz)

Vorkommen:

Der Knick- und Korkenzieherschwanz tritt gelegentlich oder familiär häufiger bei den nachfolgenden Rassen auf:

Stummelschwänzigkeit (Hunde mit Stummelschwanz) findet man u.a. bei:

Ein Entlebucher Sennenhund steht in der Natur und schaut in Richtung Betrachter.

Empfehlung:

Hier lautet die Empfehlung der Sachverständigen, nach Röntgendiagnostik: Ein Zuchtverbot für Hunde, die neben Knick- und Korkenzieherschwanz bzw. Brachy- oder Anurie auch Wirbeldefekte an weiteren Abschnitten der Wirbelsäule zeigen, da bei den Nachzuchten mit Schmerzen und Leiden zu rechnen sein muss. Es wird sich für einen kompletten Verzicht für Korkenzieherruten im jeweiligen Rassestandard ausgesprochen.

2.1.1.1.3 Chondrodysplasie

Definition:
Dabei handelt es sich um einen disproportionierten Zwergwuchs mit Verkürzung der langen Röhrenknochen (oftmals auch der Gesichtsknochen) durch Störung der enchondralen Ossifikation mit vorzeitigem Wachstumsstillstand in den Epiphysenfugen, für den möglicherweise eine hormonelle Fehlsteuerung ursächlich ist, die sich auf den Ca- und P-Stoffwechsel auswirken.

Vorkommen:

Dieses Merkmal ist u.a. bei folgenden Hunderassen omnipräsent:

Empfehlung:

Bei der Chondrodysplasie schreiben die Verantwortlichen des Gutachtens, dass Hunde mit sehr langen und geraden Rücken und ausgeprägter Kurzbeinigkeit besondere Neigungen zur Diskopathie zeigen.
Daher sei eine Zucht gegen diese Merkmalsausprägung anstrebenswert, damit solle einer Übertypisierung entgegengewirkt werden. Es bestünde hier noch weiterer Forschungsbedarf nach geeigneten Selektionskriterien, so die Sachverständigen.

2.1.1.1.4 Dermoid / Dermoidzysten

Definition:

Hier handelt es sich um Hauteinstülpungen am Rücken, die bis in den Wirbelkanal hineinreichen können.

Vorkommen:

Hier wird im Gutachten nur eine Hunderasse explizit aufgeführt:

Empfehlung:

Die Sachverständigen sprechen sich an dieser Stelle für ein Zuchtverbot für Hunde aus, die mit Dermoidzysten behaftet sind, da die Nachzuchten von Schmerzen und Leiden betroffen sein können.

2.1.1.1.5 Grey-Collie-Syndrom

Definition:

Das Grey-Collie-Syndrom wird von der Sachverständigengruppe in ihrem Gutachten folgendermaßen definiert: Silbergraue Farbaufhellung (Depigmentierung) verbunden mit schweren Störungen der Hämatopoese (Blutbildung), insbesondere der Granulozyten, Leitsymptom: Zyklische Neutropenie.

Vorkommen:

Das Grey-Collie-Syndrom ist in den unterschiedlichsten Collie-Zuchtlinien zu finden, u.a.

Empfehlung:

Das Gutachten spricht sich explizit für ein Zuchtverbot mit Hunden, die eine silbergraue Farbaufhellung aufweisen und bekannte Defektgenträger sind, aus.

2.1.1.1.6 Haarlosigkeit (Nackt)

Definition:

Dabei handelt es sich um haarlose Defektmutante.

Vorkommen:

In allen Nackthundrassen mit unterschiedlicher Herkunft, z.B.

Ein Chinesischer Schopfhund in Nahaufnahme

Empfehlung:

Bei diesem Merkmal spricht sich die Expertenkommission für ein Zuchtverbot für alle Defektgenträger aus.

2.1.1.1.7 Merlesyndrom

Definition:

Hierbei handelt es sich um ein Depigmentierungssyndrom, bei dem neben der Depigmentierung regelmäßig variabel ausgeprägte Defekte der Sinnesorgane auftreten.

Vorkommen:

Das Merlesyndrom ist bei verschiedenen Hunderassen zu finden, u.a.

Empfehlung:

Für das Merlesyndrom schreibt die Sachverständigengruppe die Empfehlung aus, dass bei homosygoten Merle-Weißtigern (MM) regelmäßig Sinnesorganstörungen nachgewiesen werden und die betroffenen Tiere entsprechend Leiden ausgesetzt sind.

Daher muss aus Sicht des Gutachtens ein Zuchtverbot für Weißtiger und den Paarungstyp Tiger x Tiger (Mm x Mm) empfohlen werden.

Bei heterozygoten Merle-Tigern (Mm) treten zwar deutlich weniger häufig und mit geringerem Schweregrad als bei Weißtigern die Veränderungen der Sinnesorgane auf, die ursächlich für Leiden der Tiere verantwortlich sind, sollte ebenfalls ein generelles Zuchtverbot für Merlegen her.

2.1.1.1.8 Weitere monogen vererbte Einzeldefekte und Erkrankungen

Das Gutachten der Sachverständigengruppe zählt weiterhin eine Reihe von Defekten und Erkrankungen auf, die wir an dieser Stelle nicht näher beschreiben wollen, dennoch erwähnen:

  • Albinismus
  • Albinismus oculi
  • Augenlidkolobom
  • Brachygnathia inferior
  • Gesichtsspalten (Entwicklungshemmung)
  • Hämophilie
  • Hörschäden
  • Keratitis
  • Linsenluxation
  • Lipodystrophie
  • Myoklonie
  • Juvenile Pankreas-Atrophie
  • Progressive Retina-Atrophie
  • Retinadysplasie
  • Zahnfehler (Zahnunterzahl und Ausbleiben des Zahndurchbruches)

Vorkommen:

Die vorgenannten Defekte und Erkrankungen kommen in vielen Hunderassen gelegentlich vor, bei einigen Rassen allerdings vermehrt.

Empfehlung:

Sollten Hunde einen Defekt zeigen oder nachweislich heterozygote Defektgenträger sein, sollte ein Zuchtverbot ausgesprochen werden.

Da laut dem Gutachten die Wahrscheinlichkeit mit dem Verwandtschaftsgrad steigt, dass unbekannte Defektgenträger miteinander gepaart werden dadurch Nachzuchten entstehen, bei denen Welpen mit dem Defekt geboren werden, sollte auf die Verpaarung von Verwandten grundsätzlich, aber zumindest im engen Verwandtschaftsgrad, verzichtet werden.

2.1.1.2 Oligo- oder polygen vererbte Merkmale

2.1.1.2.1 Brachyzephalie / Brachygnathie

Definition:

Hierbei trifft man auf eine breite, runde Ausformung des Schädels (die Jochbögen sind ausgeprägt und es besteht eine größere Wölbung des Schädeldaches) bis hin zu primatenähnlichen Rundköpfen (z.B. Pekingese) und/oder einer Verkürzung der Kiefer- und Nasenknochen.

Vorkommen:

Diese Merkmale treten u.a. bei den nachfolgenden Hunderassen zu Tage:

Ein King Charles Spaniel an der Leine schaut den Betrachter an.

Empfehlung:

Die Sachverständigengruppe empfiehlt in diesem Fall, dass extreme Rundköpfigkeit, insbesondere disproportionierte Verkürzungen der Gesichtsknochen ausgeschlossen werden müssen.

Es muss ein Zuchtverbot für Hunde, die den vom Zuchtverband festzulegenden Grenzwert überschreiten, gelten.

2.1.1.2.2 Ektropium

Definition:

Spricht man vom Ektropium, so handelt es sich hierbei um das Auswärtsrollen des unteren Augenlidrandes.

Vorkommen:

Die Merkmale treten häufig bei folgenden Hunderassen u.a. auf:

Empfehlung:

Hierbei empfiehlt die Sachverständigengruppe ein Zuchtverbot für alle Hunde mit Ektropium. Dabei muss grundsätzlich nach Ansicht des Gutachtens auf das Ektropium als Rassemerkmal bzw. -charakteristikum verzichtet werden. Die Zuchtarbeit soll sich gleichzeitig gegen eine Übertypisierung von zu schlaffer und faltiger Haut richten.

2.1.1.2.3 Entropium

Definition:

Beim Entropium rollt sich der Augenlidrand nach innen, sprich einwärts.

Vorkommen:

Das Entropium ist bei vielen Hunderassen bekannt, besonders tritt es bei nachfolgenden Rassen auf:

Ein Chow-Chow liegt auf der Wiese und schaut nach rechts.

Empfehlung:

Hier lautet die Empfehlung gemäß Gutachten, auf einem generellen Zuchtverbot für Hunde mit Entropium.

2.1.1.2.4 Hautfaltenbildung (übermäßige, permanente)

Definition:

Dabei handelt es sich um Hautfalten, die dauerhaft partiell oder generalisiert in Erscheinung treten.

Vorkommen:

Die partielle Hautfaltenbildung tritt besonders im Kopfbereich bei Brachyzephalen mit ausgeprägtem Stirnabsatz auf.

Hier seien z.B. zu nennen:

Eine generalisierte Hautfaltenbildung weisen folgende Rassen auf:

Empfehlung:

Die Experten, die für das Gutachten verantwortlich sind, sprechen in dem vorliegenden Fall der Hautfaltenbildung folgenden Rat aus:

Es sind züchterische Maßnahmen notwendig, damit der Übertypisierung zu schlaffer und faltiger Haut entgegengewirkt wird. Eine Hautfaltenbildung darf nicht zu etwaigen funktionellen Störungen führen.

Daher sollten für Hunde, die einen festgelegten Grenzwert überschreiten, ein Zuchtverbot gelten.

2.1.1.2.5 Hüftgelenksdysplasie (HD)

Definition:

Bei der Hüftgelenksdysplasie (HD) spricht das Gutachten von einer mangelhaften Artikulation des Hüftgelenks.

Vorkommen:

Die Hüftgelenksdysplasie (HD) tritt bei großen und/oder schweren Hunderassen auf. Hier seien folgende Rassen u.a. zu nennen:

Ein Riesenschnauzer beim Hundesport.

Die Hüftgelenksdysplasie ist aber auch bei kleinen Hunderassen nachgewiesen, hier seien exemplarisch folgende Rassen genannt:

Ein brauner Cairn Terrier schaut den Betrachter an.

Empfehlung:

Bei der Hüftgelenksdysplasie (HD) spricht sich die Sachverständigengruppe für ein Zuchtverbot für Merkmalsträger aus, sprich Hunde, bei denen das Merkmal nachgewiesen ist.

Das Gutachten führt weiter an, dass Selektionsergebnisse zeigen, dass hierdurch die Frequenz von HD-positiv getesteten Hunden deutlich abgesenkt werden.

Allerdings würde es nicht ausreichen, nur gegen das HD-Merkmal zu selektieren, sondern es müsse z.B. auch gegen die Schnellwüchsigkeit selektiert werden. Demnach wird eine Selektion im Rahmen einer Zuchtwertschätzung empfohlen.

2.1.1.2.6 Verhaltensstörung: Hypertrophie des Aggressionsverhaltens

Definition:

Dabei handelt es sich um ein übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten, welches leicht auszulösen ist und biologisch sowohl im Hinblick auf Zweck als auch Ziel unsinnig ist.

Vorkommen:

Dieses Merkmal kann generell bei vielen Hunderassen oder Zuchtlinien auftreten.

Dennoch zeigt sich das Merkmal in besonderer Ausprägung bei bestimmten Zuchtlinien folgender Hunderassen:

Die vorgenannten Hunderassen gehören auf Grund etwaiger Verhaltensprobleme und Dispositionen für Verhaltensstörungen in den allermeisten Bundesländern zu den sogenannten gefährlichen Hunden / Kampfhunden / Listenhunden.

Die einzelnen landesspezifischen Hundegesetze und -verordnungen führen teilweise deutlich erweiterte Listen mit Hunden und Hunderassen mit erhöhtem Gefährdungspotential auf.

Welche Rassen dies im Einzelnen sind, welche Konsequenzen und besondere gesetzliche Vorgaben für das Halten und Führen eines solchen Hundes gelten, erfahrt ihr in unserem Leitartikel „Die private Hundehaltung in Deutschland“, der zu den wichtigsten rechtlichen Bestimmungen konkrete Aussagen und weiterführende Informationen liefert.

Empfehlung:

Hier schreibt das Gutachten, dass das hypertrophe Aggressionsverhalten artgemäßes Sozialverhalten verhindert, sprich erhebliche Probleme beim Sozialkontakt mit anderen Hunden auftreten. Hierin manifestiert sich eine Form des Leidens für die Hunde, wodurch die Sachverständigen züchterische Konsequenzen und Maßnahmen als zwingend erforderlich ansehen.

Näheres zum Sozialverhalten von Hunden erfahrt ihr in unserem Magazinartikel „Das Sozialverhalten von Hunden“.

Generell solle für potentielle Zuchttiere ein Wesenstest gefordert werden, in dem die Fähigkeit des einzelnen Hundes zum sozialen Verhalten gegenüber seinen Artgenossen nachgewiesen werden sollte. Sprich der jeweilige Hund wird im Hinblick auf seine Sozialverträglichkeit und Sozialkompetenz geprüft.

Sollte der Wesenstest negativ ausfallen, sprich nicht bestanden werden, so spricht man sich in diesem Fall für ein generelles Zuchtverbot aus.

2.1.1.2.7 Weitere oligo- oder polygen vererbte Einzeldefekte und Erkrankungen

Brachygnathia superior:

Definition:

Es handelt sich um eine Verkürzung des Oberkiefers. In extremen Fällen führt dies funktionalen Einschränkungen.

Vorkommen:

Insbesondere sind hiervon brachyzephale Hunderassen betroffen.

Empfehlung:

Hier sollten selektive Zuchtmaßnahmen vorgenommen werden.

Cauda-equina-Syndrom (CES)

Definition:

Beim Cauda-equina-Syndrom (CES) spricht man von einer Kompression des Rückenmarks im Bereich des letzten Lenden- und ersten Kreuzbeinwirbels und dort abgehender Nervenwurzeln.

Vorkommen:

Dieses Merkmal tritt besonders bei allen großen Hunderassen auf.

Empfehlung:

Hier sollten selektive Zuchtmaßnahmen nach Ansicht der Sachverständigengruppe erfolgen.

Collie-Augenanomalie (C.E.A.)

Definition:

Die Collie-Augenanomalie ist eine ein- oder beidseitig auftretende Fehlentwicklung im Auge.

Vorkommen:

Einige Hunderassen sind primär davon betroffen:

Ein Border Collie läuft im gedreschten Feld.

Empfehlung:

Es sollte gemäß dem Gutachten der Sachverständigengruppe für die Collie-Augenanomalie ein Zuchtverbot für Hunde ausgesprochen werden, bei denen der Defekt nachgewiesen ist.

Ellenbogengelenksdysplasie (ED)

Definition:

Bei der Ellbogendysplasie (ED) handelt es sich um eine Fehlbildung des Ellenbogengelenks, die eine mangelhaften Artikulation des Gelenks bedingen und zu Arthrose führen können.

Vorkommen:

Laut Gutachten tritt die Ellenbogengelenksdysplasie (ED) überwiegend bei großen, schweren Hunderassen auf.
Wir ergänzen die folgende Liste auch mit mittelgroßen und kleineren Hunderassen, die die Disposition mitbringen.

An dieser Stelle sind u.a. folgende Hunderassen zu nennen:

Ein Leonberger vor einer Hecke im Garten schaut aufmerksam nach rechts.

Empfehlung :

Es sollte nach Ansicht der Gutachter zu selektiven Zuchtmaßnahmen kommen.

Kiefergelenksdysplasie

Definition:

Hierbei handelt es sich um eine mangelhafte Ausbildung der Gelenkpfanne und Gelenkfortsätze, die eine Lockerung des Gelenks bedingt und zur Gelenkluxation führen kann.

Vorkommen:

Nachgewiesen ist die Kiefergelenksdysplasie z.B. bei:

Empfehlung:

Es wir eine Empfehlung zum Zuchtverbot für Hunde ausgesprochen, bei denen der Defekt bekannt ist.

Kraniomandibuläre Osteopathie

Definition:

Sklerotische, schmerzhafte Knochenablagerung um das Kiefergelenk, die das Gelenk zunehmend blockieren. Dadurch ist das Öffnen des Fangs nur noch eingeschränkt und unter Schmerzen möglich.

Vorkommen:

Ein West Highland White Terrier läuft über die Wiese.

Empfehlung:

Es werden selektive Zuchtmaßnahmen angeraten.

Megaösophagus

Definition:

Eine angeborene Erweiterung des Ösophagus bei Hundewelpen und Junghunden, die infolge Parese oder Paralyse mit Motilitätsstörungen verbunden ist, die Schluckstörungen verursachen und folglich jede Nahrungsaufnahme erschweren oder gänzlich verhindern können.

Der hier besprochene Megaösophagus ist dabei von dem erworbenen Megaösophagus der erwachsenen Hunde abzugrenzen.

Vorkommen:

Empfehlung:

Die Sachverständigengruppe spricht sich für selektive Zuchtmaßnahmen aus.

Patellaluxation

Definition:

Durch Fehlbildungen an verschiedenen Teilen des Kniegelenks kann es zur Verlagerung der Patella nach innen oder außen kommen, die als Patellaluxation bezeichnet wird.

Vorkommen:

Kleine Hunderassen sind von der medialen Luxation ( Verlagerung nach innen) und große, schwere Rassen von der lateralen Luxation (Verlagerung nach außen) überwiegend betroffen.

Hier sind folgende Hunderassen u.a. zu nennen:

Ein weißer Pudel mit roter Schleife steht auf einem abgesägtem Baumstamm

Empfehlung:

Selektive Zuchtmaßnahmen werden angeraten.

Perthes-Krankheit

Definition:

Degeneration am Oberschenkelkopf, zu lahmheitbedingenden Knochennekrosen führen.

Vorkommen:

Insbesondere bei proportionierten Zwergrassen, u.a. auch bei

Empfehlung:

Für alle Hunde, bei denen die Perthes-Krankheit nachgewiesen ist, sollte ein generelles Zuchtverbot gelten.

Spondylosen

Definition:

Knöcherne Zubildungen an der Wirbelsäule, die zu Versteifungen der Wirbelsäule und/oder Druck auf seitlich austretende Nerven führen können, so das Gutachten der Sachverständigen.

Vorkommen:

Bei allen Hunderassen, aber vermehrt bei den großen Rassen zu finden.

Unter anderem nachgewiesen bei:

Ein Deutscher Boxer mit offenem Fang steht im Wald und schaut den Betrachter an.

Empfehlung:

Es sollten selektive Zuchtmaßnahmen erfolgen.

Breite Datenbasis wird dem Gutachten besprochen

Liest man das Gutachten der Sachverständigengruppe aus 1999 bis in die Tiefe und setzt dieses als Maßstab, so fällt auf, dass aus Sicht der verantwortlichen Experten nicht nur die immer wieder im Zusammenhang mit Qualzucht propagierten typischen Merkmale z.B. bei Mops oder Nackthunderassen zu potentieller Qualzucht führen können, sondern auch viele weitere rassebedingte Krankheiten, Defekte und rassespezifische Dispositionen aufgeführt und beschrieben werden.

03

Reichen die vorgenannten Vorschriften des Gesetzgebers im Hinblick auf die Qualzucht aus?

Tierschutzorganisationen wollen weitreichendere Maßnahmen.

Konkretere und verbindlichere Vorschriften werden gefordert

Trotz dem geltenden Recht zum Tierschutz, hier insbesondere dem § 11 b Tierschutzgesetz und des sehr umfangreichen Gutachtens der Sachverständigengruppe zwecks Anwendung und Umsetzung der Rechtsvorschriften, beklagen Tierschutzorganisationen wie PETA und Deutscher Tierschutzbund, dass es rechtlich verbindliche Verordnungen geben muss, die die Definition von Qualzucht ins Detail ausdefinieren.

Denn bis heute sei aus deren Sicht die Umsetzung unzureichend und insbesondere die damit beauftragten Behörden, Juristen, Veterinärämter u.a. seien mit den bisherigen Vorschriften bei der Umsetzung in der Praxis überfordert, da es an Griffigkeit und Verbindlichkeit bei der aktuellen Rechtslage fehle.

Schaut man sich nach wie vor manche Hunde und Hunderassen an, die mit erheblichen Problemen im Alltag auf Grund ihrer körperlichen Vorgaben zu kämpfen haben, ist die Ansicht der Tierschutzorganisationen und Kritiker gut nachzuvollziehen.

Einige Merkmale sind augenscheinlich

Manche Hunderassen sind doch durch ihr vermeintlich süßes und schnuckeliges Aussehen begehrt, auf Grund der Haltung etlicher Prominenter in den Fokus der breiten Öffentlichkeit geraten, werden gehypte und teilweise über den ganzen Globus als „Musthave“ gekauft, ähnlich eines Autos, einer Uhr oder Handtasche.

Dabei machen sich die Käufer aber keine Gedanken, was das Wohlbefinden dieses Lebewesen und der Rasse angeht und ob die körperlichen Merkmale für die Verwendbarkeit eines Hundes unbedingt die geeigneten Voraussetzungen sind, denke man nur an die plattgedrückten Schnauzen, flachen Nasen, großen Kulleraugen, viel zu kurzen Gliedmaßen und für Hunde untypischen runden und kurzen Köpfe.

Was für ein trauriges Bild präsentiert sich dem Betrachter, wenn er eine Zwergenrasse beim Schnarchen, Schniefen, Luftschnappen, Grunzen in der Ruhephase im Haus, Atemproblemen beim Schlafen oder von Atemnot geplagt beim Spaziergang oder dem Nachlaufen von Herrchen oder eines Artgenossen entgegentritt?

Andere Hunderassen leiden durch Auswirkungen der Zuchtergebnisse wie weiter oben beschrieben, an ständigem Tränenfluss, permanenten Bindehaut- und Hornhautentzündungen, oder leiden auf Grund von Pigmentmangel an Störungen des Zentralnervensystems. 

An dieser Stelle muss dann schon erlaubt sein, die Frage zu stellen:

Sind dies nicht doch Anzeichen von Leid, Schmerz und Qual?

04

Was wollen wir mit dem Artikel zur Qualzucht erreichen?

Wir wollen Fakten liefern und zum Nachdenken anregen.

Am Ende des Tages sprechen wir über das Wohl und Wehe eines Lebewesens

Wir haben mit unseren Ausführungen einen sehr sachlich aufbereiteten Diskurs zum Thema Qualzucht bei Hunden vorgenommen.

Dabei lag der Fokus auf der gültigen Rechtslage und der angeratenen Umsetzungshilfe für alle handelnden Personen, seien es die Behörden, die die Umsetzung beaufsichtigen sollen, die Zuchtverbände, gewerblichen Züchter, Hobbyzuchten oder am Ende des Tages die Hundekäufer und potentiellen Halter.

Sicherlich gibt es weitere Experten, die anderer Ansicht als die Mitglieder der Sachverständigengruppe aus 1999 sind, was etwaige Rassedispositionen, Defekte und Krankheiten auf Grund von Qualzucht betrifft und die daraus resultierenden Empfehlungen hinsichtlich Zuchtverboten oder sonstigen Maßnahmen, angeht.

Bestimmt haben auch Zuchtverbände, Züchter, Halter und Hundeliebhaber weitere Einwände, Anmerkungen und Meinungen, die wir gerne auf sachlich vorgetragener Ebene weiter diskutieren und unseren Lesern und Mitgliedern zur Verfügung stellen wollen.

Gleichzeitig kann sich aber auch jede handelnde Person seine weiteren Gedanken machen, ob jeder Trend in Sachen Hundezucht notwendig ist und von jedem Einzelnen mitgetragen werden muss. Denn manche Hunde und Rassen sind den zunehmenden extravakanten Wünschen der potentiellen "Hundekäufer" ausgeliefert, wodurch deren Überzüchtung und dem weiteren Streben nach extremer Zuchtziele stetig zunimmt. Dieser Entwicklung sollte man sich aber im Sinne der betreffenden Hundeindividuen entziehen.

Definitiv gibt es im Hinblick auf die Zucht aber Grenzen, sobald das einzelne Lebewesen darunter leidet, sprich die Nachzuchten und erwachsenen Hunde kein normales, unbeschwertes, vitales, gesundes und vor allen Dingen schmerz- und leidensfreies Hundeleben auf Grund bestimmter rassenbedingter Merkmale, die billigend bei der Zucht in Kauf oder bewusst geschaffen wurden, führen können.

Quellen:

Tierschutzgesetz (TierSchG)
https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html#BJNR012770972BJNG000705360

Gutachten zur Auslegung von §11 b des Tierschutzgesetz
https://www.bmel.de/cae/servlet/contentblob/631716/publicationFile/35840/Qualzucht.pdf

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